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Arbeitsgruppe "Ultraschnelle Nano-Optik"

"Die kleinste aller Welten": Forschungsmagazin "Einblicke 59"

Kontakt

Prof. Dr. Christoph Lienau
Institut für Physik
Tel: 0441-798/3485
christoph.lienau@uni-oldenburg.de 

  • Grüner Laserstrahl im Dunkeln mit Prismen.

    Viele der in Oldenburg durchgeführten Experimente wären ohne die Entdeckung von Gérard Mourou und Donna Strickland nicht möglich. Foto: Universität Oldenburg

  • Christoph Lienau mit Nobelpreisträgerin Donna Strickland und einer Urkunde

    Christoph Lienau ist seit 2012 Fellow der Optical Society of America. Zu der Auszeichnung gratulierte seinerzeit die jetzige Nobelpreisträgerin Donna Strickland. Foto: Privat

„Physik ist unglaublich cool“

Der Physik-Nobelpreis 2018 ging an drei Laserphysiker. Christoph Lienau, Leiter der Arbeitsgruppe Ultraschnelle Nano-Optik an der Universität Oldenburg, wirft im Interview einen Blick in die Zukunft seines Fachs.

Der Physik-Nobelpreis 2018 ging an drei Laserphysiker. Christoph Lienau, Leiter der Arbeitsgruppe Ultraschnelle Nano-Optik an der Universität Oldenburg, freut sich mit den ausgezeichneten Kollegen. Im Interview wirft er einen Blick in die Zukunft seines Fachs.

FRAGE: Professor Lienau, hat Sie die Verleihung des Physik-Nobelpreises an Arthur Ashkin, Gérard Mourou und Donna Strickland überrascht?

ANTWORT: Nein, eigentlich nicht. Den ausgezeichneten Forschern sind bahnbrechende Entdeckungen gelungen, die nicht nur das Feld der Laserphysik revolutioniert  haben, sondern eine große Zahl völlig neuartiger technologischer Anwendungen ermöglicht haben. Daher galten sie schon länger als mögliche Kandidaten. Gleichzeitig gibt es natürlich sehr viele preiswürdige Forschungsleistungen in der Physik, so dass es mich dann doch etwas überrascht hat, dass wieder einmal Kollegen aus dem eigenen Fachgebiet ausgezeichnet wurden.

FRAGE: Worin besteht die Leistung der drei Forscher?

ANTWORT: Arthur Ashkin hat eine berührungslose, optische Pinzette für kleinste Teilchen entwickelt, zum Beispiel für kleine Plastikkugeln oder biologische Zellen. Er hat entdeckt, dass Laserlicht starke mechanische Kräfte auf diese Teilchen ausüben kann. Wenn man das Licht mit einer Mikroskoplinse sehr stark fokussiert, werden Partikel in den Brennfleck hineingezogen. Bewegt man den Lichtfleck, kann man die Teilchen berührungslos hin- und her schieben. Diese Entdeckung hat zahlreiche neue Anwendungen in der Biologie und Medizin ermöglicht. Man kann jetzt zum Beispiel einzelne Zellen isolieren und ihre Eigenschaften analysieren.

Laserimpulse mit extrem hoher Energie

FRAGE: Und Strickland und Mourou?

ANTWORT: Donna Strickland und Gérard Mourou haben eine neue Technik entwickelt, um extrem intensive, ultrakurze Laserblitze zu erzeugen. Es ist ihnen gelungen, die Helligkeit der Blitze massiv zu erhöhen. Donna Strickland hat in ihrer Doktorarbeit zum ersten Mal gezeigt, dass sich solche ultrakurzen Lichtblitze sehr viel besser verstärken lassen, wenn sie vor der Verstärkung zeitlich gestreckt, wir sagen: „gechirpt“ werden. Erst nach dieser „chirped pulse amplification“ werden sie dann wieder zeitlich komprimiert. So können Festkörperlaser ultrakurze Laserimpulse mit extrem hohen Impulsenergien erzeugen.

FRAGE: Wofür kann man solche ultrakurzen Laserimpulse gebrauchen?

ANTWORT: Ultrakurzpulslaser werden inzwischen sehr erfolgreich bei Augenoperationen, in der Zahnmedizin oder auch zur hochpräzisen Materialbearbeitung eingesetzt. Außerdem können sie inzwischen auch verwendet werden, um Protonen zu beschleunigen, etwa für die Krebstherapie.

FRAGE: Sie nutzen in Ihrer Forschung ebenfalls ultrakurze Laserimpulse. Was untersuchen Sie damit?

ANTWORT: Wir möchten Dinge sehen, die uns vorher verborgen geblieben sind. Bei uns in Oldenburg setzen wir ultrakurze Lichtimpulse ein, um Kameras zu bauen, mit denen wir zum Beispiel chemische Reaktionen filmen können. Oder wir beobachten, wie sich Elektronen in neuen Materialien, zum Beispiel organischen Solarzellen, bewegen.

FRAGE: Wie lange dauern die Laserblitze?

ANTWORT: Inzwischen können wir Lichtblitze herstellen, die nur wenige Attosekunden dauern. Eine Attosekunde ist der Milliardste Teil einer Milliardstel Sekunde. Diese Blitze sind so kurz, dass währenddessen sogar die Elektronen und Atomkerne, aus denen Moleküle und Festkörper aufgebaut sind, einfach nur noch still stehen.

FRAGE: Was haben Sie als nächstes vor?

ANTWORT: Gemeinsam mit meinen Kollegen Niklas Nilius, Sascha Schäfer und Matthias Wollenhaupt richten wir in Wechloy gerade ein Labor für Attosekunden-Physik ein, eins der aktuellsten Themen der Experimentalphysik. Wir wollen insbesondere deutlich besser verstehen, wie sich Elektronen in kleinsten Nanostrukturen bewegen. Das könnte ganz erheblich zur Entwicklung neuer optoelektronischer Bauelemente beitragen, zum Beispiel von Photokatalysatoren, Solarzellen oder nanophotonischen Schaltkreisen.

Schaltkreise aus Licht

FRAGE: Was hat es damit auf sich?

ANTWORT: Nanophotonische Schaltkreise sind winzige Schaltkreise, die mit Licht statt mit elektrischem Strom funktionieren. Idealerweise hätten wir dafür gerne Ultrakurzpulslaser, die so klein sind, dass sie in miniaturisierte Bauelemente eingebaut werden können. Das erfordert sicher noch einige Jahre Grundlagenforschung an Nanolasern. Die Entwicklung solcher Laser könnte ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zu schnellen optischen Computern sein. Untersuchungen dazu finden in der Oldenburger Nachwuchsgruppe von Martin Silies statt.

FRAGE: Donna Strickland war die erste Physik-Nobelpreisträgerin seit 55 Jahren – wie kann man Frauen in der Physik besser fördern?

ANTWORT: Erst einmal denke ich, dass sowohl Frauen als auch Männer zunächst erfahren müssen, dass Physik einfach Spaß macht oder – auf Neudeutsch – unglaublich cool ist. Wenn sie sich die Interviews mit Donna Strickland anhören, merken sie ganz genau, wieviel Begeisterung sie für ihren Beruf empfindet. Ich selbst habe am Anfang der Diplomarbeit Feuer gefangen, als ich von meinem späteren Doktorvater das erste Mal in ein großes, dunkles Laserlabor mit allen möglichen bunten Laserstrahlen geschickt wurde. Die Faszination für Optik und Physik hat mich seitdem nie verlassen.

FRAGE: Was bringen Veranstaltungen speziell für Frauen wie die Deutsche Physikerinnentagung, die im September in Oldenburg stattfand?

ANTWORT: Sie bieten Physikerinnen eine hervorragende Möglichkeit, sich zu vernetzen. Auf der von meiner Kollegin Jutta Kunz organisierten Tagung kamen 150 hochtalentierte Nachwuchswissenschaftlerinnen nach Oldenburg, um miteinander zu diskutieren und voneinander zu lernen. Unser Ziel muss es sein, dieses kreative Potenzial nutzen und möglichst vielen jungen Frauen zeigen, dass Physik nicht nur eine Möglichkeit ist, sich einen recht sicheren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern unheimlich spannend und begeisternd ist.

Interview: Ute Kehse

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