Hinter dem Horizont
Hinter dem Horizont
„Hinter dem Horizont ...“
Bäuerlich-bürgerliche Eliten in den friesischen Marschen und den angrenzenden Geestgebieten
Dokumentation, Erforschung und Präsentation des Bestandes an Sach- und Schriftkultur (2. H. 17. – 1. H. 19. Jahrhundert)
Das Gesamtprojekt bezieht sich auf die europäische Verflechtung der bäuerlich-bürgerlichen Eliten in den friesischen Marschen und den angrenzenden Geestgebieten, die sich in zahlreichen Handelsnetzwerken, der (beobachtenden) Partizipation an globalem Marktgeschehen sowie im Konsumverhalten und der Sachkultur niederschlägt. Durch die Verflechtung verstärkte diese Gesellschaftsschicht ihr eigenes Selbstverständnis als ländliche Elite und hob sich in ihren Praktiken und Formen sozialer Distinktion deutlich von anderen sozialen Gruppen dieser Region ab. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stehen Fragen nach dem Lebensstil von Großbauern, sozialen Praktiken, Konsumverhalten, Bildung und Kennerschaft, Selbstverständnis als Angehörige des ländlichen Patriziats und als Amtsträger.
Das Projekt geht davon aus, dass diese Form der Selbst-Bildung untrennbar verknüpft ist mit regionalen gesellschaftlichen Strukturen und Bedingungen und globalen Verflechtungen und Konsumverhalten. Erst in diesem Wechselspiel lokaler und globaler Kultur, so die These, lässt sich die Herausbildung der bäuerlich-bürgerlichen Eliten im 18. und 19. Jahrhundert und damit gesellschaftlicher Wandel erklären. Methodisch-theoretisch reiht sich das Projekt zum einen in neueste globalisierungstheoretische Ansätze ein, die u.a. die Frage nach grenzüberschreitender Gesellschaftsbildung aufgeworfen haben. Zum anderen soll mithilfe praxeologischer Ansätze die zentrale Bedeutung von Sachkultur als „Ko-Akteure des Sozialen“ wie Räume und Artefakte (Sprache, Bilder, Dinge etc.) methodisch fruchtbar gemacht werden.
Ziel des Projektes ist es, durch eine Verknüpfung wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtlicher/-wissenschaftlicher Fragestellungen im Kontext praxeologischer Ansätze und moderner Globalisierungstheorien das Selbstverständnis der bürgerlich-bäuerlichen Elite in den friesischen Marschen nachzuzeichnen, ihr Innovationspotential zu untersuchen und damit einen Beitrag zu einer differenzierteren Betrachtungsweise der vormodernen ländlichen Gesellschaft in Nordwestdeutschland sowie ihrer interkulturellen Verflechtung und Transformation zu leisten. Durch die ergänzende Analyse von vorhandener Sachkultur und Schriftquellen wird es erst möglich, gesellschaftliche Transformationsprozesse über soziale Praktiken, die die Verwendung von Artefakten dezidiert mit einbeziehen, zu untersuchen. Hier liegt auch das methodische und theoretische Innovationspotential des Gesamtprojekts.