Anforderungen der Wissenschaft,
die Zukunft der Dokumentenversorgung und -Sichtbarkeit

Führt das BMJ uns ins internationale Abseits?

• Abstract;
• Volltext des Beitrages: Als html-file zum Browsen, als slide show und als Druckfassung;

  link: http://www.isn-oldenburg.de/~hilf/vortraege/urhg-vv04/;

• Copyright-Verfügung;
• Weiterführende Literatur.

  Gliederung

  • I. Es bleiben erhalten: Die Anforderungen der Wissenschaft
  • II. Beispiele heutiger Forschung und Lehre
  • III. Was sagt der Referenten-Entwurf dazu?
  • IV. Was kann das Aktionsbündnis tun? Struktur und Aktionen

  I. Es bleiben erhalten: Die Anforderungen der Wissenschaft

  Staatsinteresse: Optimale professionelle Förderung von Forschung und Lehre
  [Riesiger katalytischer Mehrwert durch Ergebnisse und Absolventen für Wissenschaft und Volkswirtschaft]
  1. Literaturversorgung der Wissenschaft:
     Bequemer Zugang zu möglichst allen wissenschaftlichen Informationen zu fairen Preisen.

  2. Sichtbarkeit:
     Maximale Verbreitung und möglichst vollständiges Finden von wissenschaftlichen Informationen.

  Dazu müssen, wie immer, (auch im Internet-Zeitalter!) alle technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

  Kosten sind bei Staatsmitteln an der Leistung zu messen, nicht am Shareholder Value der Informationsindustrie selbst.
  

  Ein Beispiel für mehrere Probleme:

  Für Vorlesung /oder Forschung/ will der Dozent, was er immer tat:
  1. Material Dritter sichten und lokal vorrätig halten
  2. Teile davon einarbeiten
  3. Seinen Hörern/Kollegen an verschiedenen Standorten simultan vortragen/mitteilen
     Die Hörer/Kollegen dies zuhause nacharbeiten lassen.

  Beispiel [K. Lukin]: Bragg-Winkel: Anleitung: klicken Sie 'details' an und versuchen Sie, durch Variation der Wellenlänge lambda, des Einfallswinkels und des Plattenabstandes die Reflektion maximal zu machen. Prüfen Sie dafür die Bragg-Relation.

  Das hat er immer so gemacht im Papierzeitalter

  - Das darf er nun entsprechend für digitale Dokumente nicht mehr!

  1. wenn der Autor sein Material einem kommerziellen Verwerter überantwortet hat;
  2. wenn er in einem Drittmittelvorhaben beschäftigt ist.

  Die UrhG-Reform des BMJ für das digitale Zeitalter in Deutschland strebt an:

  1. Nur analoge Kopien sich zusenden zu lassen (view on demand)
  2. Kommerzielle Dienste haben Vorfahrt vor universitären
  3. Material nicht lokal digital speichern und für nächstes Semester verwenden
  4. Material in UB an einem Bildschirm analog ansehen
  5. Nur Hörer lokal in einer Klasse bedienen
  6. Keine Verteilung an die heimarbeitenden Studenten
  7. Maschinellen Kopierschutz nicht selbst knacken, auch wenn er der Zugang erlaubt ist.
  [Paragraphen 52a, 52b]

  Aber wenn man den Autor fragt:

  ,,Wolltest Du mich so quälen und behindern?''

  Dann sagt ihm die Gesetzesreform:

  Auch nachträglich sind ihm alle Rechte auch für zukünftige Nutzungsarten abgetreten worden, es sei denn, er hat sich von sich aus gewehrt. [Paragraph 31a]

  Wie ist das UrhG formuliert?

  Wenn das Recht dem Nutzer nicht vermittelbar ist, steigt der Rechts-Verdruss:

  1. Für den normalen Wissenschaftler unverständlicher Text [Paragraph 52a]

  2. Formuliert als ,,Schranken von Verboten'' statt einer Definition von Rechten

  3. Verschiedene Nutzertypen, Nutzungszwecke, Formate in einem Gesetz verrührt:
     Wissenschaftler und Privatleute, Konsum von Filmen, analoge und digitale Formate

  4. Verfallsdatum der Rechte: 2006 [Paragraph: 137k].
  Die jetzige Urhg-,,Reform'' versucht, die Handels- und Vertriebswege des Papierzeitalters des alten professionellen Produkts ,,referierte Zeitschrift'' im Internetzeitalter zu sichern.

  Kommerzielle Marktgesetze: Durch Monopol auf das Dokument und Informationsverknappung wird die Handelsspanne gesichert,

  werden große kommerzielle Verlage begünstigt (daher die Aufkäufe),

  der volkswirtschaftliche Mehrwert verringert,

  dem Fortschritt der Forschung geschadet.

  Wir koppeln uns international ab
  [insbesondere USA, Uk, Ca, Au, die bessere Regelungen haben (fair use, teach-act)].

  Eine UrhG-Reform für das digitale Zeitalter muss optimale Verhältnisse für die Zukunft sichern.

  Was werden die Informationswege in Wissenschaft und Lehre sein:

  1. Information finden
  Suche im Web durch professionelle fachverständige Dienste (ViFaPhys)
  [PhysNet findet so gut wie alle lokal gespeicherten Physik-Dokumente]
  [LiLi findet mehr als 10.000 Lernmaterial-Quellen der Physik]

  2. Dokumentenlieferdienste im Wettbewerb
  Firmen dürfen mit staatlichen Diensten in Wettbewerb treten.
  [Sparsamer Umgang mit staatlichen Mitteln] [kostendeckende Preise, nicht Marktpreise]

  3. Was werden die Anforderungen im Internetzeitalter wirklich sein?

  1. Fragmentierte, verteilte Quellen verschiedener Erzeuger

  2. Aktive, interaktive, nachverwendbare Quellen

  3. Vernetzung der Quellen
  Beispiel: Interaktive verteilte Chemie-Dienste
  Anleitung: DB auswählen; 2. Beispiel anklicken; im schwarzen Feld erscheint das Molekül: durch Parameterwahl kann man es drehen, mit Elektronenverteilung versehen, etc.; rechts sieht man die Kodierung.

  IV. Urhg-Reform I: Grundsätzliche Forderungen

  Eine Urhg-Reform muss daher
  (Forderung siehe Seminar mit Bundesministerin Fischer; Berlin 2001)
  1. Pflicht zur Integrität von Fragmenten

  2. Pflicht zur offenen und offen lesbaren Klartext-Verbreitung
  3. Pflicht zur vollständigen Information (zur Nachvollziehbarkeit)

  V. Urhg-Reform II (Praktische Anforderungen)

  1. verständliche Formulierung

  2. allein vom Zweck der Nutzung für Bildung und Wissenschaft

  3. unabhängig von Formaten

  4. lokale Speicherung und Wiederverwendung

  5. vom Zweck (Vorlesung) definierter begrenzter, auch verteilter Nutzerkreis

  Aber der Ruf von Einzelnen von uns war ungehört verhallt.

  Daher: Gründung des Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft

  Erfolg übertrifft alle Vorstellungen.
  

  VI. Was sind nun aber die derzeitigen Herausforderungen für das Bündnis?

  Etablierung einer durchsetzungsstarken Lobby im politischen Prozeß - Einflussnahme auf Parteien, Ministerien, Länder.

  Drei Säulen:

  1. Wissenschafts-Organisationen:
     Handlungserfahren im politischen Raum
     Wenig inhaltliche Arbeit möglich, da Organisationen eigenständiger Dritter.

  2. Wiss. Fachgesellschaften, wiss. Institutionen:
     Durchsetzungsstark gegenüber den Nutzern/Autoren/Wissenschaftlern
     Verteilte, kompetente, wenig vernetzte Fachleute

  3. Nutzer/Autoren, Einzelpersönlichkeiten:
     wichtig für die Akzeptanz,
     liefern die Anforderungen,
     loten die Machbarkeit aus.

     Oft keine Juristen.. , wenig politischer Einfluß

  V.-2 Drei Richtungen des Handelns

  nach außen: Politisches Lobbying im parlamentarischen Raum

  nach innen: Optimierung des Informationsmanagements in den Institutionen unter den jeweils gegebenen Randbedingungen

  nach vorne: Die Wissenschaftler werden Dokumente aus USA, UK, beziehen oder per email vom Autor anfordern.

  
  Dokumente open access stellen: individual, institutional, central, OAJournal.

  'Der Baum' der Urheberrechts-Reform

  1. Der Stamm: Die Wissenschaftsorganisationen: Macher im politischen Raum

  2. Der Saft: Die Experten aus den Institutionen
     
  3. Die Blätter: Die Autoren und Nutzer als die eigentlichen Adressaten.

  4. Der Humus: Juristische Berater.

  Brainstorming für die Gefahren

  1. Der Stamm könnte verführt sein, zu glauben, den Widerstand gegen das Schadwild leistet nur er.
  2. Der Saft muss angesaugt statt verschreckt werden.
  3. Die Blätter wissen zu wenig, was unter ihnen ist.

  Welche Linien sind zu verfolgen?

  Urheberrechtsbemerkung mittels Creative Commons

  - erfüllt die Anforderungen der Wissenschaft an die Rechte,
  z.B. die AB-Stellungnahme selbst (Vertriebsweg) (+ - -).

  Weiteste Verbreitung: free access,

  Schnellste Entwicklung: open software

  Finanzierung: Mittel aus der Wissenschaft: (Autoren oder ihre Institutionen zahlen).

  Sparsame effektive Verwendung der Mittel
  Digitale Dokumente erlauben neben dem traditionellen erst bewerten dann publizieren im kommerziellen Verlag
  eine Vielzahl neuer und die Anforderungen besser erfüllender Modelle:

  • Das CERN Modell gestufter hausinterner Filterung und Qualitässiegel
  • Instituts-, Fachbereichs-, Universitaets-OA-Data Provider
  • Zentrale Archive mit Referierungs-Ovelays
  • ACP-Modell mit zwischengeschalteter Diskussionsphase
  Weitere neue Aktivitäten des BMJ: Korb 12

  Verlage sind in der Klemme:
  Papierzeitalter: Erst referieren, dann publizieren.
  Misuse of traditional publishing and peer review; London IUPAP Conference; 2003 und Beitrag dazu.

  Internetzeitalter:
  Erst verbreiten (Open Access), dann durch die Community und Gutachter bewerten [siehe: OA-Conference at CERN ]
  Beispiele: CERN Qualitätsfilter-Ebenen. und ACP Journal: Atmospheric Chemistry and Physics; Diese oline-Zeitschrift nimmt zur Zeit 20 Euro pro Seite vom Autor.

  IV. Das Aktionsbündnis: Strukturen und Aktionen

  Professionalisierung der Strukturen:

  • Beirat

  • Verteilte technisch Ebene (GST, Unterzeichnerliste, Server, juristische Beratung).

  Mögliche Aktionen

  • Einladung zu Workshop auf Einladung von DINI

    Internet-Forum

  • Anleitungen für die Nutzer zum Ausschöpfen der Möglichkeiten

  ---

  Literatur

  1. Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft
  2. Zugang zum Wisen; Sammlung von Links und Hinweisen zu Open Access wissenschaftlicher Dokumente [ERH].
  3. Sammlung von Links zur Urheberrechtsreform [ERH]
  4. Verfassung für den Umgang mit Information in den Wissenschaften -- Besonderheiten, Beispiele, Handlungsbedarf der Politik. Eberhard R. Hilf; in: WISSENSWERT, das Internet und die neue Wissensordnung Tagung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung 17. und 18. April 2002;
  5. Mitarbeiter des ISN Institute for Science Networking Oldenburg GmbH: Vorträge und Beiträge
  6. New Website Copyright Management for Scholarship of the Dutch SURF Foundation
  7. Stevan Harnad: Self-Archiving FAQ
  8. Stevan Harnad: What can researcher/authors do to facilitate self-archiving?
  9. Stevan Harnad: Is self-archiving legal?
  10. Initiative der Grünen, Professoren zur Publikation im Internet zu verpflichten,
  11. zur Diskussion des Regierungsentwurfs
  12. Rundbrief der Initiative 'Privatkopie'
  13. E. R. Hilf, Hans-Joachim Wätjen:
      Publishing and Refereeing in a Distributed World - the Views of a Physicist and a Librarian
      Presentation given at the workshop The Open Archives initiative (OAI) and Peer Review journals in Europe, Geneva, 22 - 24 Mar. 2001
  14. All institutional Eprints-Archive rights statements should specify clearly that the full-text is provided free for any research or academic use as long as the text is (1) kept intact, (2) authorship and locus of publication are fully attributed, (3) no endorsement of other material it might re-appear with is implied, and (4) it is not used for sale or resale, online, on paper, or in any other medium.
  15. Nicht-kommerzielle Bildung im TEACH Act: USA von Bush unterzeichnet!): [html, pdf] ; Summary.
      Für Bildungszwecke wird der Zugang dort sogar vergütungsfrei gestellt!
  16. Umfassende Linksammlung zum Urheberrecht; Pascal Oberndörfer
  17. Akzeptable Lösungen
  18. Diskussionsliste: ODELL der Univ. of Maryland, USA.

  Copyright-Verfügung

  Eberhard R. Hilf ; Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft; Vollversammlung 12.2004, Göttingen

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