GRUNDINFORMATIONEN UND HINTERGRÜNDE
ZUM KONTROLLIERTEN TRINKEN

Die Informationen erstrecken sich auf folgende Themenbereiche:

  1. Was ist zu verstehen unter "normalem Trinken", "soziales Trinken" und "moderates oder mäßiges Trinken"? (Definitionen)
  2. Was ist zu verstehen unter "kontrolliertem Trinken"? (Definition)
  3. Für welchen Adressatenkreis, für welche Personen ist das Ziel kontrolliertes Trinken denkbar? (Indikationen)
  4. Welche Möglichkeiten zum Erlernen des kontrollierten Trinken gibt es? (Hilfsangebote)
  5. Selbsthilfegruppen zum kontrollierten Trinken
  6. Weitere Informationen, Diskussionsforen, Literatur zum kontrollierten Trinken

Ich betone nochmals, dass ich in den nachfolgenden Ausführungen weitgehend aus den Ausführungen von PROF.DR. JOACHIM KÖRKEL zitieren werde, ohne jeweils die konkreten Zitate im Einzelnen zu benennen. Insgesamt und mit weiteren Informationen zu Forschungsergebnissen, praktischen Erfahrungen mit den Programmen etc. nachzulesen unter der Homepage von Prof.Dr. Körkel www.kontrolliertes-trinken.de.

 

1. Was ist zu verstehen unter "normalem Trinken", "soziales Trinken" und "moderates oder mäßiges Trinken"? (Definitionen)

Von normalem Trinken kann gesprochen werden, wenn jemand ohne vorherigen Trinkplan aus der Situation heraus entscheidet,
ob er Alkohol (weiter) trinken will oder nicht.

In diesem Sinne wäre zum Beispiel in folgenden Fällen von normalem Trinken zu sprechen: Jemand geht ohne bestimmten Trinkvorsatz auf eine Geburtstagsfeier. Dort stellt er fest, dass er im Moment Lust auf Orangensaft hat und trinkt deshalb nicht den ihm angebotenen Sekt. Oder: Jemand sitzt vor dem Fernseher und hat keinen Plan, wie viel Alkohol er an diesem Abend Trinken wird. Aus Gewohnheit öffnet er eine Flasche Bier und bemerkt nach einiger Zeit, dass er einen >dicken Kopf< bekommt. Deshalb verzichtet er an diesem Abend auf weiteren Alkoholkonsum.

Von sozialem Trinken kann gesprochen werden, wenn der Alkoholkonsum sich im Rahmen der von einer Gesellschaft
für akzeptabel befundenen Trinkgepflogenheiten bewegt.

Das Glas Sekt bei einem Sektempfang, das 'gepflegte Glas Bier' beim Stadtfest, die 1 bis 2 Gläser Wein beim Besuch von Freunden, das Bier beim (nicht ausufernden) 'Frühschoppen': All das sind - wenn der Alkoholkonsum nicht überhand nimmt - Beispiele für soziales Trinken.
Obwohl gerade der Begriff des 'sozialen Trinkens' einigen Auslegungsspielraum eröffnet und von der herangezogenen sozialen Norm bzw. Vergleichsgruppe abhängig ist, sind doch Grenzbestimmungen möglich. Ein Trinkverhalten, das z.B. die Arbeitsfähigkeit oder familiäre Pflichten beeinträchtigt, mit Gewaltausbrüchen einhergeht oder die Kriterien der physischen oder psychischen Abhängigkeit erfüllt, wird zumindest in unserem Kulturkreis üblicherweise nicht als soziales Trinken eingestuft.

Von moderatem oder mäßigem Trinken kann gesprochen werden, wenn der Alkoholkonsum weder auf körperlicher, psychischer, familiärer, sozialer, arbeitsbezogener, finanzieller noch juristischer Ebene Probleme oder Schäden nach sich zieht.

'Moderates Trinken' ist damit nicht dem 'kontrolliertem Trinken' gleichzusetzen. Von dem für Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit zuständigem Teil der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde (National Institut on Alcohol Abuse and Alcoholism - NIAAA -) wird moderates Trinken wie folgt definiert: "Moderates Trinken lässt sich als ein Alkoholkonsum definieren, der weder bei einem selbst noch in der Gesellschaft Probleme nach sich zieht" (1992).

Wo man die Grenzen moderaten Trinkens festlegt, hängt vom wissenschaftlichen Erkenntnisstand und den sozialen Konventionen ab. Die internationale Diskussion, bis wann noch von moderatem Trinken zu sprechen ist, orientiert sich nahezu ausschließlich an der somatischen Ebene (und vernachlässigt negative soziale, finanzielle u.a. Folgen).

Wie hoch die Grenzwerte im Hinblick auf einen körperlich nicht riskanten Konsum anzusetzen sind, ist umstritten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt gegenwärtig täglich 20g Reinalkohol bei Frauen und 40g bei Männern als Obergrenzen für (vermutlich) nicht schädigenden Alkoholkonsum vor. Das entspricht bei Frauen etwa einer 'Standard-Getränkeeinheit' von 0,5l Bier (5%) oder 0,2l Wein bzw. Sekt (12,5%) oder drei einfachen Schnäpsen (40%); für Männer ist die doppelte Menge (zwei 'Standard-Drinks') anzusetzen.

Das National Institut on Alcohol Abuse and Alcoholism - NIAAA - (US-amerikanische Gesundheitsbehörde) setzt die unschädliche Tagesmenge an Alkohol wesentlich niedriger an: ca. 12g bei Frauen und Menschen über 65 Jahren, ca. 24g bei Männern. Körperlich Vorgeschädigten, Schwangeren und 'trockenen' Alkoholabhängigen wird völlige Abstinenz empfohlen.

Die Britische Ärztevereinigung sprach 1995 Empfehlungen für wöchentliche Höchstmengen aus und bemisst diese auf 112g Alkohol bei Frauen udn 168g bei Männern. Außerdem werden 1-2 abstinente Tage pro Woche empfohlen, wodurch man bei einer nicht schädigenden maximalen Tagesmenge von etwa 20g bei Frauen und 30g bei Männern angelangt.

Resümee: Es gibt unterschiedliche Grenzwertfestlegungen für körperlich wahrscheinlich nicht schädlichen Alkoholkonsum. Alle Grenzwerte bewege sich in einem Bereich, der von Millionen Deutschen fast täglich überschritten wird. Insofern ist die Frage, welcher Grenzwert nun der richtige sei, müßig: jeder von ihnen kann mit Gewinn für die Orientierung im Alltag herangezogen werden.

 

 

2. Was ist zu verstehen unter "kontrolliertem Trinken"? (Definition)

Reinert und Bowen haben 1968 den Begriff des kontrollierten Trinkens geprägt. Nach diesen Autoren muss derjenige, der kontrolliert trinkt, "sorgfältig und sogar zwanghaft die Zeit, den Ort und die Umstände seines Trinkens vorbestimmen, und er muss rigide die Trinkmenge begrenzen". Danach läßt sich "kontrolliertes Trinken" wie folgt definieren:

Von kontrolliertem Trinken ist dann zu sprechen, wenn jemand sein Trinkverhalten an einem zuvor festgelegten Trinkplan bzw. Trinkregeln ausrichtet.

Wer kontrolliert trinkt, trinkt somit nicht aufs Geradewohl, sondern nach vorherigen Festlegungen. Ein Beispiel für kontrolliertes Trinken: Jemand lebt nach dem Vorsatz, pro Tag nicht mehr als einen Liter Bier zu trinken und zwei alkoholfreie Tage pro Woche einzulegen. Zudem legt er fest, nicht vor 18 Uhr mit dem Trinken zu beginnen und vor dem Alkohol ein nichtalkoholisches Getränk zu konsumieren.

Für einen Trinkplan im kontrollierten Trinken müssen zwei Bereiche berücksichtigt werden:

2.1. Das Muss: Festlegung der Konsummenge

Die wichtigste und unverzichtbare Festlegung in einem Trinkplan ist die Menge an Alkohol, die man trinken möchte. Es hat sich hierzu bewährt, drei Zielgrößen festzulegen:

Bei der Mengenfestlegung kann man sich an zwei Bezugsgrößen orientieren:

2.2. Das Kann: Festlegung der Umstände des Trinkens

Hilfreich ist es, außer in Bezug auf die Alkoholmenge weitere Festlegungen darüber zu treffen, unter welchen Umständen bzw. in welcher Form man trinken möchte. Einschränkungen des Alkoholkonsums kann man zum Beispiel in Bezug auf die folgenden Merkmale vornehmen:

 

3. Für welchen Adressatenkreis, für welche Personen ist das Ziel
kontrolliertes Trinken denkbar? (Indikationen)

Die wichtigste bzw. am meisten interessierende Frage ist sicherlich:

Die KONTRAINDIKATION

ABSTINENZ - und nicht kontrolliertes Trinken -
sollte als Ziel erster Wahl in folgenden Fällen gelten:

Wenn für Sie einer oder mehrere der dargestellten Gründe zutreffen, sollten Sie vom Versuch des kontrollierten Trinkens Abstand nehmen und Schritte unternehmen, um Abstinenz zu erreichen.

 

Nur wenn für Sie keiner der dargestellten Gründe zutreffend ist oder wenn Ihnen das Ziel der Abstinenz momentan unrealistisch hoch gesteckt erscheint oder aus einem anderen Grund nicht erwünscht ist, kann kontrolliertes Trinken die zweitbeste Alternative zu unkontrolliertem Zuviel-Trinken sein.

 

 

4. Welche Möglichkeiten zum Erlernen des kontrollierten Trinken gibt es? (Hilfsangebote)

Professionelle Hilfsangebote zum Erlernen des kontrollierten Trinkens sind in der Bundesrepublik noch recht neu und von daher sehr rar. Soweit mir bekannt, existiert ein professionelles Angebot als "Ambulantes Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken" (AkT) bisher erst seit dem Oktober 1999 vom Autor dieses Programmes Prof.Dr. Joachim Körkel in Zusammenarbeit mit der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle für Suchtkranke des Caritasverbandes Nürnberg. Dieses ambulante Gruppenprogramm umfasst in der aktuellen Konzeption (Stand: Juli 2000) 10 wöchentliche Termin zu je 2 1/4 Stunden Dauer sowie 2 bis 3 vorgeschalteten diagnostischen Einzelsitzungen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass das Programm in den nächsten Jahren stärkere Verbreitung finden wird und nicht auf Angebote im Raum Nürnberg beschränkt bleibt.

Darüber hinaus gibt es ein
10-Schritte-Programm zum selbständigen Erlernen des kontrollierten Trinkens.
Dieses 10-Schritte-Programm wendet sich an Personen,

Das Programm kann zum Preis von DM 39,80 über den Link www.kontrolliertes-trinken.de bestellt werden.

Falls Sie Interesse an einer Reduzierung Ihres Alkoholkonsums oder an dem Erlernen des kontrollierten Trinkens haben, können Sie sich auch mit mir in Verbindung setzen: Tel. 798-3019 oder guenter.schumann@uni-oldenburg.de.

 

 


5. Selbsthilfegruppen zum kontrollierten Trinken

Eine Selbsthilfegruppe kann für das Erreichen und vor allem das Stabilisieren des Ziels, gemäßigt / kontrolliert Alkohol zu trinken eine sehr wichtige Unterstützung sein. Allerdings gibt es bisher in Deutschland äußerst selten Selbsthilfegruppen, für die mäßiges / kontrolliertes Trinken ein akzeptiertes Ziel darstellt. Meines Wissens gibt es im Raum Weser-Ems bisher keine derartige Selbsthilfegruppe, sondern lediglich Selbsthilfegruppen mit dem Ziel der Abstinenz.

Für Personen, die gerne selbst eine Selbsthilfegruppe zum kontrollierten Trinken initiieren möchten, ist ggfls. ein Informationsaustausch mit der Nürnberger Selbsthilfegruppe zum moderaten / kontrollierten Trinken möglich (selbsthilfe-nuernberg@kontrolliertes-trinken.de). Diese Selbsthilfegruppe besteht aus Teilnehmern bisheriger Gruppenprogramme zum kontrollierten Trinken.

In den USA gibt es inzwischen eine Reihe von Selbsthilfegruppen - auch online - die sich dem Konzept des "Moderation Management" (MM) verschrieben haben. "Moderation" bedeutet das Vermeiden von Extremen, der Begriff "Management" bringt die angestrebte Selbstkontrolle zum Ausdruck. Ziel der MM-Gruppen ist es, Menschen mit Alkoholproblemen durch ein strukturiertes Vorgehen ("9-Schritte-Programm") zu einem mäßigen Trinkverhalten zu verhelfen. Weitere Informationen zu diesem Ansatz finden Sie unter Moderation Management auf der MM-Homepage (www.moderation.org).

 


6. Weitere Informationen, Diskussionsforen, Literatur
zum kontrollierten Trinken

Wenn Sie sich weiter über das Thema informieren möchten, sind hier noch einige Quellen aufgelistet: