Kontakt

Christoph Haker

Promotionsprojekt

Die soziologische Differenz. Ein Beitrag zur (Selbst)Kritik der Soziologie.

ABSTRACT

Die Problemstellung für mein Projekt ist folgende: Soziologische Theorien sind grundlegend auf die Gesellschaft bezogen, ohne dass diese Grundlegung ein festes Fundament bildet. Daher reflektiert das Fach Soziologie die Ordnungsbeziehung soziologischer Theorie zur Gesellschaft seit ihrer Entstehung. Diese Reflexion findet in der multiparadigmatischen Wissenschaft Soziologie sowohl durch Selbstreflexionen (Selbstbeschreibung), als auch in einem Metadiskurs über andere soziologische Theorien (Fremdbeschreibung) statt. Die Selbstreflexionen soziologischer Theorie sind der Gegenstand meiner Arbeit. Die Ordnungsbeziehungen der soziologischen Theorie, die durch Selbstreflexionen hergestellt werden, bezeichne ich als soziologische Differenz. Sie finden sich in der Textform soziologischer Selbstbeschreibungen und werden häufig in Reflexionsprogramme überführt.

Die wissenschaftssoziologische und -historische Betrachtung des deutschsprachigen Diskurses um die Ordnungsbeziehungen soziologischer Theorien zeigt, dass dieser eine Schieflage aufweist. Er wird und wurde in der Regel durch zwei Modi der Kritik bestimmt, die beide als Fremdbeschreibung agieren: Der erste Modus ist jener der Metatheoretisierungen, die entweder ein Interesse an einer Metatheorie der Soziologie oder an der Herstellung einer facheinheitlichen Theorie haben, die die Sozialwissenschaft auf das Niveau der Naturwissenschaften heben soll. Der zweite Modus ist jener der Supertheoretisierungen, die sich gegen alternative Theorien abschirmen, indem sie diese nur als Gegenstände der eigenen Theorie thematisieren können. Eine Schieflage tut sich hier auf, da beide Verfahren sich im Modus der externen Kritik vollziehen und soziologische Theorie unter ihrer je eigenen theoretischen Perspektive vergegenständlichen. Als Alternative zu dieser Fremdbeschreibung soziologischer Theorie verfolge ich eine immanente Kritik soziologischer Selbstbeschreibungen.

Um die Möglichkeiten einer immanenten Kritik soziologischer Theorie zu erkunden betrachte ich die Selbstverortungen soziologischer Theorie als Praxisform soziologischer Theorie. Diese Praxis hat zur Entwicklung vielfältiger Ordnungsbeziehungen geführt. Weil alle Versuche die Ordnungsbeziehung soziologischer Theorie zur Gesellschaft festzustellen als prinzipiell scheiternd und politisch kritisiert werden können, bestimmt diese Praxisform nicht nur die Beziehung von soziologischer Theorie zur Gesellschaft. Sie bestimmt zweitens auch die Relation zu alternativen und konkurrierenden soziologischen Theorien, weil erst durch die Herstellung der Ordnungsbeziehungen grundlegende Differenzen zu anderen Theorien und ihren Ordnungsbeziehungen entstehen. Drittens formt sich die soziologische Theorie in dieser Praxisform selbst, weil es sich um eine Selbstverortung als Selbstfeststellung handelt. Die angesprochene Praxisform der soziologischen Selbstverortung und die damit einhergehende Ordnungsbeziehung werde ich in meiner Arbeit als soziologische Differenz analysieren. Ich werde zeigen, dass sich soziologische Theorien in ihrer Praxis an der Differenz zur Gesellschaft, zu anderen Theorien und zu sich selbst formieren. Die Beschäftigung mit der soziologischen Differenz bildet den Kern meiner Arbeit, die folgende gegenstandsbezogene Frage beantwortet: Wie stellen soziologische Theorien ihre soziologischen Differenzen durch die Praxis der Theorie her?

Forschungsschwerpunkte

  • Theorie (insbesondere poststrukturalistische Theorie, Praxistheorie, kritische Theorie, Systemtheorie)
  • Soziologische Gegenwartsdiagnosen und Soziologie der Gegenwartsdiagnosen

Kurzbiografie

2008-2011

Universität Flensburg , B. A. Vermittlungswissenschaften in Mathematik und Wirtschaft/Politik

2011-2012

Universität Flensburg, M. Ed. Lehramt an Realschulen in Mathematik und Wirtschaft/Politik

2012-2015

Universität Freiburg, M. A. Soziologie

2015-

Universität Oldenburg, Promotionsstudium in Sozialwissenschaften im Promotionsprogramm „Kulturen der Partizipation“

2017-Universität Oldenburg, Promotionsstudium in Sozialwissenschaften im „DFG-Graduiertenkolleg Selbstbildungen“

Weitere wissenschaftliche Tätigkeiten

2011-2012 

Studentische Hilfskraft am Institut für allgemeine Soziologie der Universität Flensburg

2012-2017

Lehrbeauftragter am Seminar für Soziologie der Universität Flensburg

2013

Wissenschaftliche Hilfskraft im Projekt „Rekonstruktion von Governance Regimen des BNE Transfers“ am Institut für Erziehungswissenschaften der Pädagogischen Hochschule Freiburg

2013-2014

Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Soziologie der Universität Freiburg

2014-2015

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Rekonstruktion von Governance Regimen des BNE Transfers“ am Institut für Erziehungswissenschaften der Pädagogischen Hochschule Freiburg

2017

Lehrbeauftragter am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien der Universität Bremen

Publikationen

Haker, C./Schmechel, C. (2016): Kein Selbstzweck – Kritiken an den Versprechen der Partizipation. Bericht zur Summer School „Partizipation als Versprechen und Forderung der Moderne“ des Promotionsprogramms „Kulturen der Partizipation“, Universität Oldenburg, 14.–18. September 2016. In: Soziopolis – Gesellschaft beobachten, 28.10.2016 (www.soziopolis.de/vernetzen/veranstaltungsberichte/artikel/kein-selbstzweck-kritiken-an-den-versprechen-der-partizipation/).

Haker, C./Wolf, L. (2016): Überwachen und Strafen heute. Bericht zur Tagung an der Universität Bremen, 5.–7. November 2015. In: Soziopolis – Gesellschaft beobachten, 06.01.2016, (abrufbar unter: www.soziopolis.de/vernetzen/veranstaltungsberichte/artikel/ueberwachen-und-strafen-heute-1/

Bormann, I./Heinrich,M./Hamborg, S./Lambrecht, M./Nikel, J./Haker, C./Brüsemeister, T. (2016): Governance von Transferprozessen im Mehrebenensystem. Gegenstandsbezogene und methodologische Überlegungen. In: I. Bormann, S. Hamborg & M. Heinrich (Hg.): Governance-Regime des Transfers von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Qualitative Rekonstruktionen. Wiesbaden, VS, S. 7-41.

Haker, C./Nikel, J. (2016): Inhaltsanalytisch-prozessuale Mechanismenanalyse. Ausführungen zu einer mechanismenorientierten Erklärung von Governanceprozessen mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse. In: I. Bormann, S. Hamborg & M. Heinrich (Hg.): Governance-Regime des Transfers von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Qualitative Rekonstruktionen. Wiesbaden, VS, 49-66.

Heinrich,M./Bormann, I./Hamborg, S./Lambrecht, M./Nikel, J./Haker, C./Brüsemeister, T. (2016): Rekonstruktion des Governance-Regimes des Transfers von Bildung für nachhaltige Entwicklung. In: I. Bormann, S. Hamborg & M. Heinrich (Hg.): Governance-Regime des Transfers von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Qualitative Rekonstruktionen. Wiesbaden, VS, 289-341.

Nikel, J./Haker, C. (2016): Handlungskoordination zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren im BNE-Transfer. Eine inhaltanalytische-prozessuale Mechanismensanalyse auf Bundeslandebene. In: I. Bormann, S. Hamborg & M. Heinrich (Hg.): Governance-Regime des Transfers von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Qualitative Rekonstruktionen. Wiesbaden, VS, 151-180.

Nikel, J./Haker, C. (2015): Intermediäre Aushandlungsräume. Herausforderung für die Governanceanalyse und grenzüberschreitende Handlungskoordination im BNE-Transfer. In: Zeitschrift für Bildungsforschung, Jg. 5, Heft 2, S. 219-233.

Gils, C./Haker, C. (2014): Quantified Self. Gefangen in der Ambivalenz der Moderne. In: 360° – Das Studentische Journal für Politik und Gesellschaft, Jg. 9, Heft 1, S. 90-99.

Nikel, J./Haker, C. (2014): BNE International: Die UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. In: Pädagogik Unterricht, Jg. 34, Heft 2/3, S. 7-8.

Nikel, J./Haker, C./Franz, K. (2014): Staatlich organisierte Partizipation? Prozesskarten als Heuristik der Rekonstruktion von Governanceprozessen des BNE-Transfers auf Bundeslandebene. In: W. Bos, K. Drossel & R. Strietholt (Hg.): Empirische Bildungsforschung und evidenzbasierte Reformen im Bildungswesen. Münster: Waxmann,  S. 211-227.
 

Auszeichnungen

2013-2014Deutschlandstipendium für begabte und leistungsstarke Studierende
2017Georg-Christoph-Lichtenberg-Stipendium im Promotionsprogramm „Kulturen der Partizipation“ an der Universität Oldenburg.
(Stand: 16.03.2023)  |