Call for Papers
Leitung des Arbeitsbereichs
Call for Papers
Lehrkräftebildung in der Bedarfskrise.
Programme – Positionierungen – Empirie
Die Geschichte der modernen Schule und des Lehrkräfteberufs ist geprägt durch einen Wechsel von Bedarfs- und Überfüllungskrisen. Seit gut zehn Jahren herrscht ein Mangel an Lehrkräften in Deutschland vor, von dem die Bundesländer in unterschiedlichem Ausmaß betroffen sind. Um auf diesen Bedarf zu reagieren, haben die meisten Bundesländer in den letzten Jahren Sonderprogramme des Quer- und Seiteneinstiegs zur Gewinnung von Lehrkräften aufgelegt. Nur aus einer sehr übergreifenden summarischen Sicht lässt sich die gegenwärtige Lage insgesamt als Mangelsituation einschätzen. Wird genauer in die Segmente des Systems geblickt, werden regionale, schulart- und fachbezogene Differenzen und ein kompliziertes Zusammenspiel von zu viel und zu wenig Lehrkräften offenbar.
Die Reaktionsweisen, Erfahrungsbestände und Positionen sind innerhalb Deutschlands regional unterschiedlich, weshalb bereits der Blick nach innen ausreichend breit und vergleichend angelegt sein muss. In den alternativen Formen einer beschleunigten Nach- und Weiterqualifizierung werden in den Bundesländern auf ganz unterschiedliche Weise Elemente und Orte der für Deutschland spezifischen ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung kombiniert. Für Staaten mit anderen Institutionalisierungsmodellen und Strukturierungen der Lehrkräftebildung (etwa einphasige Systeme, konsekutive Fachstudienmodelle) sind diese Arrangements keineswegs Sonderformen. Die Schulpädagogik und Bildungswissenschaften sind in mehrfacher Weise in diesen Prozess eingebunden: zumindest teilweise auf der Angebotsseite der Lehrkräftebildung, indem universitäre Settings einbezogen werden, im Kontext von Evaluations- und Begleitstudien der Professions- und Professionalisierungsforschung und als Akteur in der Professionalisierungsdebatte um die Qualität der Lehrkräftebildung. Über die alternativen Wege in den Lehrkräfteberuf, die damit verbundene soziale Diversifizierung der Lehrer:innenschaft, die Wirkungen der Sonderprogramme des Seiten- und Quereinstiegs, die Wissensbestände, Kompetenzen und Orientierungen der Quer- und Seiteneinsteiger:innen und ihren Umgang mit den Anforderungen im Übergang in die Berufstätigkeit liegen erste Befunde aus der Professionsforschung vor.
Vor diesem Hintergrund ist es Ziel der Tagung, die Diskussion um die Entwicklung der Lehrkräftebildung und des Lehrkräfteberufs in der gegenwärtigen Bedarfskrise im Spannungsfeld belastbarer Empirie, aber auch Berichten zu institutionellen Entwicklungsprogrammen, politischen Positionierungen und professionstheoretischen Kommentaren zusammenzuführen und zu diskutieren. Dabei gilt es auch, die Perspektive über Deutschland hinaus zu weiten, um die Spezifik und Partikularität der deutschen Diskussion erkennen und gleichzeitig überschreiten zu können. Willkommen sind historische, konzeptionelle, theoretische und empirische sowie nationale und international-vergleichende Beiträge zu folgenden Themenschwerpunkten:
- Programme: Beiträge zu Formen, Spielarten, Problemstellungen der Quer- und Seiteneinstiegsprogramme in den Bundesländern, nach Schularten bzw. Lehrämtern und international (z.B. Qualifizierungsprogramme für Lehrkräfte mit Fluchtgeschichte, teach first, Second Career Teacher); Perspektiven auf andere bildungspolitische Reaktionsweisen auf die Bedarfskrise etwa in Form der Anstellung von studentischen Aushilfslehrkräften, der Aktivierung von Pensionär:innen etc.; Analysen zur Steuerung und Planung des Lehrkräftearbeitsmarkts;
- Positionierungen: historische, diskursanalytische und professionalisierungstheoretische Einordnungen der sog. „Sondermaßnahmen“ und flexibilisierten Ausbildungsprogramme; professions-, disziplin- und bildungspolitische Konzeptvorschläge zur übergreifenden Reform der Lehrkräftebildung; Analysen zum Nebeneinander von grundständiger und diversifizierter Lehrkräftebildung und -weiterbildung über die gesamte Berufsbiographie;
- Empirie: Systematische Analysen, Prognosen und Modellierungen zur Entwicklung des Lehrkräftebedarfs; Forschung zu systemischen Bedingungen und zur auch ausbildungsbezogenen Verursachung von Mangelsituationen; Forschung zu personalen und sozialen Dimensionen der Quer- und Seiteneinsteiger:innen (soziale Herkünfte, Motivstrukturen, Kompetenzen, Überzeugungen etc.); Forschung zu Formen, Prozessen und Wirkungen des Quer- und Seiteneinstiegs in den verschiedenen Bundesländern und Schulformen; Studien zur Veränderung der Berufskultur und des Berufsalltags in Einzelschulen durch diversifizierte Kollegien.
Wir freuen uns bis zum 31.12.2021 über elektronische
Einzeleinreichungen von Abstracts (max.1800 Zeichen, inkl. Leerzeichen) für Vorträge.
Über die Auswahl der Beiträge werden die einreichenden Kolleg:innen bis zum 31.03.2022 informiert. Das Tagungsprogramm wird im Mai 2022 veröffentlicht.
Das Vorbereitungsteam
Dorthe Behrens (Oldenburg), Gabriele Bellenberg (Bochum), Axel Gehrmann (Dresden), Till-Sebastian Idel (Oldenburg), Manuela Keller-Schneider (Zürich), Sven Pauling (Oldenburg), Raphaela Porsch (Magdeburg), Christian Reintjes (Osnabrück), Martin Rothland (Münster), Carolin Rotter (Duisburg-Essen), Ricarda Katrin Rübben (Magdeburg), Matthias Forell (Bochum/Oldenburg)
Kontaktpersonen vor Ort an der Universität Oldenburg
Dr. Dorthe Behrens
Prof. Dr. Matthias Forell
Prof. Dr. Till-Sebastian Idel
Sven Pauling M.Ed.
Studentische Hilfskraft: Leah Klußmann