Insight into Medical Physics

Medizinische Physik: eine besondere Kombination!

Der Hörforscher Prof. Dr. Dr. Birger Kollmeier gibt Auskunft

Was ist eigentlich ein Medizin-Physiker?

Ein Medizin-Physiker interessiert sich für alles, was zwischen der Medizin und Physik passiert. Mediziner arbeiten zwar an interessanten Fragestellungen, aber sie kennen sich nicht mit den nötigen Methoden aus. Physiker wiederum beherrschen zahlreiche Methoden; doch die Fragestellungen der reinen Physik sind manchmal sehr abstrakt. Ein aus- gebildeter Physiker ist deshalb sehr gut für die medizinische Forschung geeignet.

Wo kann ich mich als Medizin-Physiker bewerben?

Zum Beispiel in Kliniken: Dort gibt`s Felder wie die Strahlenphysik oder die Diagnostik mit Bildgebenden Verfahren, die Audiologie oder Augenheilkunde. Nicht zu vergessen: die boomende Medizin-Technik-Industrie.

Medizin-Physiker- Ein Beruf mit Zukunft?

Auf jeden Fall. Wir haben eine stark wachsende alternde Bevölkerung und der Anspruch an Gesundheit und Lebensqualität steigt unaufhörlich. Beide Entwicklungen sorgen für eine große Nachfrage im Bereich Medizin-Technik. Als Basis für diesen neuen Beruf brauche ich eine fundierte Grundausbildung in der Physik. Und das lerne ich im Bachelor- Studium? Ja, dazu gehören die Bereiche der theoretischen, experimentellen und angewandten Physik. Gegen Ende des Studiums legt sich dann jede/r auf einen Bereich fest: einer ist eben die Medizinische Physik. Anschließend kann der Absolvent /die Absolventin in ein Master-Studium einsteigen, um sich noch weiter zu spezialisieren.

Und was kann ich hier an der Uni im Bereich Medizinische Physik studieren?

Wir bieten verschiedene Richtungen an: das größte Feld ist die Audiologie. Darunter versteht man die Anwendung der Physik im Bereich Akustik, Hören sowie Signal- und Sprachverarbeitung. Dieser Bereich hängt sehr eng mit der Neurophysik zusammen, deshalb spielen auch so genannte Bildgebende Verfahren der Neurologie, wie funktioneller Kernspin oder EEG eine große Rolle. Sie bilden eine Voraussetzung für unser „Internationales Graduiertenkolleg Neurosensorik“, bei dem es um die Erfassung der menschlichen Sinne geht.

Wie kann ich mir das konkret vorstellen?

Wir fragen uns: Auf welchen Weg gelangen die Bilder vom Auge in unser Gehirn? Oder wie kommen akustische Signale vom Ohr in unserem Gehirn an? Und wie werden sie weiter verarbeitet? Wir Physiker gehen dabei von einem Modell aus: Das menschliche Gehör ist wie eine Maschine, die es in allen Einzelheiten zu verstehen gilt, um das Wissen auch auf die Technik zu übertragen. Das ist aber nicht ein reines Feld der Physik, oder? Nein, wir arbeiten mit Neurobiologen, Psychologen und Medizinern zusammen. Das erzielte Wissen wollen wir für praktische Anwendungen, nämlich der Entwicklung von Hörgeräten oder auch für künstliche Sehhilfen nutzen. Auch ein Operations-Roboter, die dem Operateur über Vibrationen auf dem Handrücken Ortskenntnisse liefert, ist so eine Anwendung.

Wie sieht die Betreuung in der Medizinischen Physik aus?

Meist entsteht der erste Kontakt mit der Arbeitsgruppe während der Praktika. Wenn sich StudentInnen stärker für unsere Arbeit interessieren, können sie als Studentische Hilfskraft an einem wissenschaftlichen Projekt mitarbeiten. Wer noch weiter einsteigen will, kann seine Bachelor- oder Masterarbeit bei uns schreiben. Dabei steht immer ein Doktorand oder Post-Doc zur Seite. Je fortgeschrittener die wissenschaftliche Arbeit wird, desto aktiver werde ich als Professor. Die Betreuung ist bei uns insgesamt sehr intensiv, was in den Uni Rankings der vergangenen Jahre immer wieder bestätigt wurde.

In Oldenburg wird aber nicht nur an der Uni in diesem Bereich geforscht, oder? 

Stimmt. Als Einzel-Institut sind wir zu wenig schlagkräftig. Wir an der Uni können hauptsächlich Grundlagenforschung machen, d.h. wir interessieren uns dafür, wie das Hören funktioniert und wie man bessere Verfahren entwickeln kann, um verschiedene Ursachen von Hörstörungen auszumachen. Getestet werden diese Verfahren am Patienten dann in anderen Institutionen.

Ah und das passiert im Hörzentrum Oldenburg. 

Genau, im Hörzentrum wird angewandte Hörforschung bei Patienten gemeinsam mit der Industrie betrieben und zum Beispiel Hörgeräte getestet. Ein weiterer Partner ist die Fachhochschule Oldenburg. Dort gibt es den Bachelor-Studiengang: Hörtechnik/Audiologie, der als Masterstudiengang an der Uni fortgesetzt werden kann. Zusammengefasst sind all diese Hör-Institutionen im Kompetenzzentrum HörchTech. Durch diese besondere Verzahnung von Forschung und Anwendung sind wir in diesem Bereich bundesweit wie auch international führend.

Kontakt:  Birger Kollmeier

(Stand: 16.03.2023)  |