Dissertation Dietz
Dissertation Dietz
Ein effektives Modell der binauralen Verarbeitung basierend auf interauralen Phasendifferenzen, Dissertation Mathias Dietz
In der Arbeit wird die Verschaltung von rechtem und linkem Ohr untersucht. Wenn sich eine Schallquelle seitlich befindet, trifft der Schall früher und lauter auf das zugewandte Ohr auf. Bereits seit über 100 Jahren weiß man, dass Menschen diese Zeit- und Pegelunterschiede wahrnehmen können. Dadurch ist es möglich, die Richtung von Schallquellen zu schätzen oder um sich in einem Stimmengewirr auf einen bestimmten Sprecher zu konzentrieren (Cocktail Party Effekt).
Eine im Detail bislang ungeklärte Frage ist jedoch wie genau diese binaurale (zweiohrige) Verschaltung im Hörsystem des Menschen funktioniert. Die gängige Annahme für die Bestimmung des Zeitunterschiedes ist, dass die Signale von den Ohren im binauralen System gegeneinander zeitlich verschoben werden, bis die interne „künstliche“ Zeitverzögerung genau den externen eigentlichen Zeitunterschied aufhebt. In der Signalverarbeitung bezeichnet man dieses Verfahren als Kreuzkorrelation. Während physiologische Studien gegen ein System mit Zeitverzögerung sprechen, gab es bislang keine Alternative, um bestimmte psychoakustische Experimente zur Richtungswahrnehmung zu erklären.
Das in dieser Arbeit entwickelte Modell bestimmt Zeitunterschiede durch instantanen Phasenvergleich und kommt ohne interne Zeitverzögerung aus. Durch Ausnutzung von sogenannten Modulationsfrequenzen, die ähnlich wie im Transistorradio durch eine Halbwellengleichrichtung erzeugt werden (beim Menschen durch die Haar-Sinneszellen), ist es mit diesem Modell erstmals möglich eine Vielzahl von psychoakustischen Experimenten zu erklären ohne den physiologischen Studien zu widersprechen.
Als Anwendung wird ein realistischer Richtungsschätzer vorgestellt, der die Richtung von bis zu fünf gleichzeitigen Sprechern schätzen kann. Damit wird die prinzipielle Eignung des Modells für Algorithmen in binauralen Hörgeräten gezeigt.