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3/2001
UNI-INFO
Inhalt 3/2001
Hochschulpolitik
Senat sagt "Ja" zur Organisationsreform
Endgültige Entscheidung soll aber erst Ende Juni fallen
Noch keine neue Organisationsstruktur für die Universität,
aber Grundsätze dafür hat der Senat in seiner mit Spannung erwarteten
Sitzung am 28. Februar verabschiedet. Über ein endgültiges Konzept,
das die Einrichtung von Fakultäten vorsieht, soll aber erst zum Ende
des Sommersemesters abgestimmt werden. Der Senat habe damit ein Signal
für die Zukunft gesetzt, sagte Präsident Prof. Dr. Siegfried
Grubitzsch. Die Beibehaltung des Status Quo sei nun ausgeschlossen.
Eine positive Entscheidung für eine grundlegende Reform war vom
Senat nicht unbedingt erwartet worden, obwohl ihm ein Papier vorlag, das
die Planungskommission mit großer Mehrheit verabschiedet hatte und
das vom Präsidium als Beschlussvorlage übernommen worden war.
Es sieht die Einrichtung von fünf Fakultäten mit nach Fächern
gegliederten Instituten vor. Damit sollen bessere Voraussetzungen für
interdisziplinäre Forschung und ein effektiveres Management im Wissenschaftsbereich
ermöglicht werden.
Doch viele Senatsmitglieder waren aus sehr unterschiedlichen Gründen
gegen diese neue Struktur: die einen, weil sie nicht mit anderen Fächern
eine gemeinsame Fakultät bilden, die anderen weil sie bewährte
Strukturen nicht aufgeben wollen. Die StudentInnen fürchten,
dass größere Einheiten ihre Mitspracherechte einschränken
würden. Im Senat wurde zudem bemängelt, dass weder die Planungskommission
noch das Präsidium nachgewiesen habe, dass durch Konzentrierung der
Struktur auch Verbesserungen in Forschung und Lehre einträten. Dafür
müssten mehr Argumente geliefert werden. Zudem sei eine auf breiterer
Ebene geführte Diskussion über das Reformvorhaben notwendig.
Um das Projekt nicht zu gefährden, stellte Grubitzsch als Sitzungsleiter
die Beschlussvorlage der Planungskommission und des Präsidiums gar
nicht erst zur Abstimmung, sondern ein Papier der Liste Hochschulautonomie,
das in zwei Schritten verabschiedet wurde. Im ersten Schritt sprach sich
das Gremium mit 11 : 2 Stimmen grundsätzlich für eine Organisationsreform
mit dem Ziel der Stärkung von Forschung und Lehre und Schaffung
effektiverer Verwaltungs- und Dienstleistungsstrukturen aus. Nur
die StudentInnen stimmten dagegen.
Sehr knapp wurde allerdings die Entscheidung, als es darum ging, einige
Grundsätze für die künftige Organisationsreform festzulegen.
Der in geheimer Abstimmung mit 7:6 gefasste Beschluss sieht Fakultäten
in der Größenordnung von 5 und darunter Institute, Forschungszentren
und Zentren vor. Forschungszentren werden als befristet eingerichtete,
selbständige Organisationseinheiten definiert, die sich aus Dritt-
und Sondermitteln finanzieren und nach DFG-Kriterien begutachtet und regelmäßig
evaluiert werden. Für die neue Forschergruppe Watt würde
sich eine solche Organisationsstruktur anbieten. Als Zentren
sollen solche Einrichtungen bezeichnet werden, die fach- bzw. fakultätsübergreifende
ständige Querschnittsaufgaben in Lehre und Forschung übernehmen
- wie zum Beispiel das Didaktische Zentrum (DIZ) und das Zentrum für
Frauen- und Geschlechterforschung.
Über den Zuschnitt und die Bezeichnung der Fakultäten sowie
die Einrichtung der zweiten Entscheidungsebene will der Senat nach Anhörung
der Fachbereiche und der betroffenen MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung
entscheiden - spätestens auf seiner Sitzung am 27. Juni 2001. Welche
Rolle das vom der Planungskommission und vom Präsidium verabschiedete
Papier spielen wird, steht dahin. Denn es gibt deutliche Bestrebungen,
mehr als vier Fakultäten zu schaffen.
Fakultät 1: Pädagogik/Sachunterricht/Sportwissenschaft,
Sonderpädagogik, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie, Ev.
Religion, Psychologie
Fakultät 2: Mathematik, Informatik, Wirtschafts- und Rechtwissenschaften
Fakultät 3: Bio-, Geo- und Umweltwissenschaften, Chemie, Physik,
ICBM
Fakultät 4: Germanistik, Neue Philologien (Anglistik, Niederländische
Philologie, Slawische Philologie), Kunstwissenschaft/Textilwissenschaft,
Geschichte, Musikwissenschaft
Siehe auch den untersten Artikel dieser Seite "Senat: Keine Stärkung
der Hochschulautonomie"
Mahnung an Regierung
"Spitzen aus Nordwest" legen Weißbuch vor
Eine konzertierte Aktion von Hochschulen und Wirtschaftskammern in Nordwest-Niedersachsen
fordert die Landesregierung auf, die öffentlichen Finanzströme
verstärkt in die Fläche fließen zu lassen. Mit einem im
Februar vorgelegten Weißbuch erinnert der Initiativkreis Spitzen
aus Nordwest Ministerpräsident Sigmar Gabriel an sein Versprechen,
sich nach der EXPO jenen Regionen zuzuwenden, die zugunsten der Weltausstellung
ein Jahrzehnt ihre Ansprüche zurückschrauben mussten.
Anstoß für die Initiative gab der ehemalige niedersächsische
Landtagspräsident Horst Milde (Oldenburg). Daran beteiligt sind neben
der Universität Oldenburg die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven
sowie die Industrie- und Handelskammern Oldenburg und Emden/Papenburg.
Das Memorandum zeigt deutlich die chronische Unterversorgung Oldenburgs
und Ostfrieslands in punkto Forschungsförderung. Im Pro-Kopf-Vergleich
erhalten die Hochschulen im Nordwesten nur 58 Prozent des Landesdurchschnitts.
Die Forschungs- und Entwicklungsinstitute kommen gerade auf ein Drittel
der Förderung im Vergleich zum übrigen Niedersachsen. Gerade
die Mittelständler des Nordwestens seien jedoch auf innovationsfördernde
Strukturen wie Hochschulen und Forschungsinstitute angewiesen. Die Steigerung
der regionalen Wertschöpfung, der Anstoß schnell wachsender
Branchen und Spin-Offs aus Hochschulen geht nicht ohne
Wissenschaft, erläuterte Professor Dr. Hans-Jürgen Appelrath
(OFFIS). So müsse Geld umgesteuert werden - zum Beispiel in die Oldenburger
Informatik.
Das Weißbuch soll nach Wunsch der Herausgeber der Stein
sein, der ins Wasser geworfen wird und Kreise zieht. Und die Steinewerfer
sind zuversichtlich: Auf lange Sicht wird die Studie, die die Vorzüge
und Defizite der Region komprimiert darstellt, der Landesregierung klarmachen,
dass die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Ressourcen der Region
verschleudert werden, wenn sie sich nicht auf den Ausbau der Spitzen
aus Nordwest besinnt.
Deutliche Kritik an NHG-Entwurf
Die geplante Neufassung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes
(NHG) ist beim Senat der Universität auf entschiedene Kritik gestoßen.
In einer ausführlichen Stellungnahme lehnt er die Eingriffe
in die akademische Selbstverwaltung ab und fordert das Niedersächsische
Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) auf, den Entwurf so
zu verändern, dass Wissenschaftsfreiheit und Autonomie auch tatsächlich
garantiert werden. Die Entschließung wurde am 28. Februar 2001 mit
11:2 Stimmen verabschiedet.
Der Senat beklagt besonders, dass das neue Hochschulgesetz den Übergang
von der gremiengeleiteten zur effizienzgesteuerten Hochschule mit top-down-Strukturen
bewirken will, die sich lediglich an betriebswirtschaftlichen Modellen
orientierten. Der Entwurf zeige nicht, dass durch die Neubestimmung der
Entscheidungsstrukturen die überregionale Bedeutung der Oldenburger
Universität gestärkt, die gewünschte Exzellenz in Forschung
und Lehre dem gegenwärtigen internationalen Standard angenähert
werde und die Attraktivität für StudentenInnen, WissenschaftlerInnen
sowie für das MTV-Personal gesteigert werden könne.
Basisdemokratischer AStA
Aus einer Koalition der Listen Taubenschlag, Alternative Liste, Bündnisliste
AfA/grüLiLi/GL, Feministische Linke und Das erste Mal hat sich der
neue AStA gebildet. Insgesamt verfügen diese Listen über 28
der 50 Sitze im Studierendenparlament. SprecherInnen des neuen AStA sind
Ole Giebel und Ulrike Bielefeld.
Abgelöst wurde die bisherige Koalition aus Juso-Hochschulgruppe,
Grüne unabhängige Mitte (GUM) und AStA für Alle.
Der neue, sich links-basisdemokratische verstehende AStA will eine kritische
Gegenöffentlichkeit organisieren, wenn es um Sozial- oder Bildungsabbau
geht. Wachsamkeit sei besonders bei der Neustrukturierung des Niedersächsischen
Hochschulgesetzes (NHG) geboten, um der drohenden Umwandlung der
Bildungsinstitution Universität in ein entdemokratisiertes Unternehmen
zu begegnen.
Warnung vor Festungsmentalität
Hochqualifizierten ausländischen WissenschaftlerInnen sollen langfristige
Forschungsaufenthalte in Deutschland ermöglicht werden. Doch Angebote
deutscher Hochschulen für diese Studierenden werden oft durch aufwendige
Formalia der Verwaltungspraxis konterkariert, klagt der Leiter der Grundsatzabteilung
der Alexander von Humboldt-Stiftung, Dr. Georg Schütte. Schütte
nahm in der Zeitung Forschung und Lehre, Ausgabe 2/2001, dazu
konkreter Stellung. GastwissenschaftlerInnen beklagten nach seiner Erfahrung
häufig eine unfreundliche Einstellung der deutschen Bürokratie
zu den Ausländern sowie Arroganz, mangelnde Offenheit und Spontaneität.
Das Selbstverständnis der deutschen Behörden gleiche einer Festungsmentalität
und statt aufwendiger Bürokratie seien viel eher alle Gesetze und
Vorschriften, die auf der nationalen Ebene, bei den Ländern und Kommunen
zur Anwendung kommen, daraufhin zu überprüfen, was notwendig,
was widersprüchlich und was überflüssig ist.
Senat: Keine Stärkung der Hochschulautonomie
Auszug aus der Stellungnahme zum Regierungsentwurf des neuen Niedersächsischen
Hochschulgesetzes (NHG)
Mit der Neufassung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes strebt
die Landesregierung eine größere Autonomie der Hochschulen
durch Abbau der Regelungsdichte an. Den Hochschulen soll im Rahmen der
Selbstverwaltung durch eine engere Kopplung von Entscheidungskompetenz
und persönlicher Verantwortung der Entscheidungsträger mehr
Raum für ihre Selbstgestaltung gegeben werden. Mit der angestrebten
Reform sollen durch die Einführung zusätzlicher Steuerungsmechanismen
(Ziel- und Leistungsvereinbarungen, Qualitätskontrollen etc.) Voraussetzungen
für eine größere Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen
geschaffen werden. Der Senat der Universität Oldenburg stellt fest,
dass die angestrebte Zielsetzung einer Stärkung der Hochschulautonomie
mit diesem Gesetz nicht erreicht wird.
Gütekriterien
der NHG-Reform
Die Arbeitsgruppe ist bei ihrer Beurteilung der geplanten NHG-Reform
davon ausgegangen, dass eine tragfähige Reform unter dem Aspekt ihrer
rechtlichen wie ökonomischen und sozialen "Nachhaltigkeit"
folgenden Gütekriterien genügen muss: Erstens muss das Projekt
juristische Bestandssicherheit gewährleisten ("Rechtssicherheit").
Hierfür ist erforderlich, dass es mit den verfassungsrechtlichen
Vorgaben insbesondere der Garantie der Wissenschaftsfreiheit und der Autonomie
der Hochschulen in Einklang steht. Die mit der Reform verfolgten Ziele
müssen im Sinne dieser Prinzipien normativ richtig sein. Gleiches
gilt für die zur Erreichung dieser Ziele eingesetzten Mittel ("normative
Richtigkeit und Zielkonformität"). Zweitens muss die Reform
den Anforderungen der Funktionalität genügen: Sie muss das,
was sie legitimerweise erreichen will, auch erreichen können. Unter
diesem As-pekt war zu prüfen, ob die intendierte Stärkung der
Selbstbestimmung der Hochschule, die Steigerung ihrer Flexibilität
und Anpassungsfähigkeit, die Optimierung des Ressourceneinsatzes
und die Stärkung von Strukturen selbstverantwortlichen Handelns durch
klarere Abgrenzung von Zuständigkeiten und Verantwortungsbereichen
durch die geplanten Strukturveränderungen voraussichtlich bewirkt
werden kann oder nicht. Drittens bedarf eine Reform, damit ihre Impulse
der Praxisveränderung auch wirksam werden können, der Akzeptanz
durch die Adressaten. Und viertens müssen die eingesetzten Ressourcen
in angemessenem Verhältnis zu den mutmaßlichen und gewollten
Effekten stehen.
Nach Auffassung der Arbeitsgruppe ist der vorgelegte Reformentwurf in
allen genannten Hinsichten defizitär. Das Gewicht der Mängel
wird in Bezug auf den Maßstab der normativen Richtigkeit und Rechtssicherheit
als sehr erheblich angesehen. Es nimmt sodann in der Reihenfolge der genannten
Kriterien ab.
Struktur
des Präsidium
Die Präsidiumsstruktur wird in der vorgeschlagenen Form nicht gut
geheißen. Der Referentenentwurf vom 22. September 2000 eröffnete
im § 33, Abs. 2 den Hochschulen noch die Möglichkeit, in ihrer
Grundordnung neben dem Präsidenten/Präsidentin, einem hauptamtlichen
Vizepräsidenten/in (ehemals Kanzler) und einem weiteren nebenamtlichen
mindestens zwei weitere nebenamtliche VizepräsidentInnen vorzusehen.
Mit der nunmehr vorgegebenen Mitgliederzahl drei (Präsident/in, hauptamtliche/r
Vizepräsident/in, ein/e nebenamtliche/r Vizepräsident/in) wird
der Grundgedanke einer flexiblen Gestaltungsmöglichkeit des Präsidiums
in Abhängigkeit vom Willen der Hochschule aufgegeben.
Folgen aus der
Umstrukturierung
Das neue Hochschulgesetz wird den Übergang von der gremiengeleiteten,
durch Diskussionskultur geprägten Universität der 70er bis 90er
Jahre zur effizienzgesteuerten, durch top-down-Strukturen bestimmten und
an betriebswirtschaftlichen Modellen orientierten Hochschule zur Folge
haben. Verbindet man die wissenschaftliche Kompetenz von Entscheidungsträgern
mit ihrer Profession, so führt die Funktions- und Relationsänderung
der Institutionen Konzil (Wegfall), Senat, Präsidium und Hochschulrat/Stiftungsrat
zur Minderung der Wissenschaftsadäquatheit und das heißt auch
der Funktionalität und Akzeptanz der zu treffenden Entscheidungen.
Die Entmachtung des Senats, insbesondere durch den Entzug der Entscheidungsbefugnis
über die Leitlinien des Haushalts - sie ist nunmehr dem Präsidium
und dem Hochschulrat/Stiftungsrat übertragen - , geht mit einer nicht
hinnehmbaren Minderung der inneruniversitären Beteiligungsrechte
einher. Das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Regelsetzung und Regelanwendung
wird aufgegeben zugunsten der Bündelung dieser Kompetenzen im wesentlichen
in der Hand des Präsidiums. Insbesondere ist für Berufungsverfahren
durch die nur noch periphere Beteiligung des Senats eine Minderung der
Wissenschaftsadäquatheit und damit auch der Funktionalität der
Entscheidungen zu befürchten.
Weiterhin wird die demokratische Legitimation der Entscheidungsträger
dadurch vermindert, daß die bislang entscheidenden Senatsmitglieder
durch alle Mitglieder der Universität gewählt werden, während
für die Wahl der künftig entscheidenden Mitglieder des Präsidiums
nur noch die Mehrheit der Stimmen der Senatsmitglieder erforderlich ist.
Die Möglichkeit der Abwahl von Mitgliedern des Präsidiums wird
begrüßt. Im Falle prinzipieller Entscheidungen über Bestand
und Grundstruktur der Universität scheint neben dem Senat eine weitere
Einrichtung (Universitätsparlament) erforderlich, die eine bessere
Legitimation dieser Beschlüsse ermöglicht.
Neustrukturierung
des Mittelbaus
Die Umstrukturierung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch Junior-
und Zeitprofessuren anstelle der bisherigen C1- und C2-Stellen hat ambivalenten
Charakter, solange nicht der alternative Qualifikationsnachweis der Habilitation
in ein kalkulierbares Verhältnis gebracht ist (cf. Bewerbung in anderen
Bundesländern oder in Österreich). Bei Wegfall der Habilitation
wird die Evaluation der Bewerber/innen von bisher zwei Universitäten
(am Ort der Habilitation und am Ort der Bewerbung) auf nur noch eine -
die aufnehmende - Hochschule verringert. (Die Karriere befördernde
resp. behindernde Funktion der Habilitation ist von den Mitgliedern der
Kommission kontrovers beurteilt worden, wobei die Kritik an der Habilitationspraxis
überwog.) Falls die Qualifikation in Juniorprofessuren durch Einwerbung
von Drittmitteln und Durchführung von Drittmittelprojekten erfolgen
soll, ist die Qualifikationszeit mit zwei mal drei Jahren knapp bemessen
und dem Nachwuchs ein hohes Risiko aufgebürdet. Die ökonomische
Attraktivität dieserStellen ist bei ihrer Einrichtung als Angestelltenstellen
in Konkurrenz zu vergleichbaren Positionen in der Wirtschaft fraglich.
Da die Herkunft der Ressourcen zur Ausstattung der Juniorprofessoren ungeklärt
ist, ist eine weitere Belastung der Universitätshaushalte zu befürchten.
Rechtsunsicherheit besteht mit Blick auf die Entscheidungsprozedur bei
der Festlegung von Zeit- bzw. Dauerprofessuren sowie beim Übergang
einer Wissenschaftlerin/eines Wissenschaftlers aus einer Zeit- in eine
Dauerprofessur an ein und derselben Universität (Problem der Hausberufung).
Der kompensatorische Ersatz von C1-Stellen durch BAT IIa-Stellen mit höherem
Lehrdeputat wird den wissenschaftlichen Nachwuchs behindern.
Gleichstellung
der Frauen
Die Effektivität der Frauenförderung - als einem Prüfkriterium
für die Funktionalität der NHG-Novelle - wird nur partiell durch
die Regelungen im Anhörungsentwurf hergestellt:
- Positiv anzumerken ist zunächst, dass der qualitative Regelungsgehalt
des derzeit geltenden NHG zur Frauenförderung in der Tendenz erhalten
geblieben ist bzw. notwendige Anpassungen, die die veränderten Willensbildungs-
und Entscheidungsstrukturen betreffen, erfolgt sind (z. B. Teilnahme der
Frauenbeauftragten an den Sitzungen von Hochschul- bzw. Stiftungsrat mit
beratender Stimme; Vortrags-, Antrags- und Rederecht der Frauenbeauftragten
im Präsidium).
- Allerdings ist die Fortschreibung der gesetzlichen Regelungen zur Frauenförderung
nicht generell von einer Optimierung bestimmt (z. B. unbegründete
zeitliche Verkürzung des Veto-Rechts, zu eingeschränkte Definition
des Gleichstellungsauftrags), und grundlegende Detailregelungen bedürfen
nunmehr der konkreten Ausgestaltung bzw. der Ergänzung (z. B. der
Frauenförderplan, Beteiligung der Frauenbeauftragten an der Hochschulentwicklungsplanung).
- Besonders positiv hervorzuheben ist die ausdrückliche Berücksichtigung
der Frauenförderung bei der staatlichen Mittelvergabe im Rahmen neuer
Steuerungsinstrumente (z. B. bei dem Abschluss von Zielvereinbarungen).
- Im Zuge der Gesetzesfolgenabschätzung ist die Wirksamkeit der gesetzlichen
Regelungen für die Frauenförderung, z. B. im Hinblick auf die
Juniorprofessur, die Beibehaltung der Habilitation sowie die Verlagerung
der Kompetenzen von Senat zu Hochschulleitung etwa bei Berufungsverfahren,
zu prüfen.
Hochschulrat
Dass der Hochschulrat in seiner Zusammensetzung nunmehr mehrheitlich
mit Mitgliedern besetzt ist, die von der Universität vorgeschlagen
werden, wird begrüßt. Gleichwohl sieht der Senat anläßlich
der angekündigten Autonomiezuwächse für die Hochschulen
diese Regelung als noch immer unzureichend an. Vielmehr fordert der Senat,
dass bis auf einen Sitz alle Mitglieder des Hochschulrates zwecks Sicherstellung
wissenschaftlicher Kompetenz und Professionalisierung von der Hochschule
bestimmt werden. Für ein Mitglied soll das Ministerium Vorschlagsrecht
erhalten.
Stiftungsuniversität
Ob und wann eine Universität in eine öffentlich-rechtliche
Stiftung überführt wird, sollte der Entscheidung der Hochschule
vorbehalten bleiben. Der angestrebte Systemwechsel für die Organisationsstruktur
der Universitäten mit der Einführung hierarchischer Strukturen
in die universitäre Selbstverwaltung findet in der Möglichkeit
der Errichtung von Hochschulen in der Trägerschaft einer öffentlich-rechtlichen
Stiftung seine konsequente Fortsetzung. Auch hier wird der versprochene
größere Autonomiespielraum der Hochschulen nicht eingelöst.
Der Eigenständigkeit der "Stiftungshochschule" steht die
dominierende Rolle des Stiftungsrates als dem neben dem Präsidium
maßgeblichen Lenkungsorgan der Universität entgegen. Der Stiftungsrat
besitzt in allen Grundsatzangelegenheiten Entscheidungsgewalt. Der/dem
Vertreter/in des Ministeriums im Stiftungsrat wird hierbei - ausgenommen
die Ernennung und Entlassung der Mitglieder des Präsidiums - ein
Vetorecht eingeräumt. Da von den sieben Mitgliedern dieses "Hochschulorgans"
sechs Mitglieder vom Ministerium, davon fünf nach Anhörung der
Hochschule, und nur ein Mitglied vom Senat bestimmt wird, wird in diesem
Modell eine mit dem Autonomieanspruch der Hochschulen (Art. 5 Abs. 3 GG)
unvereinbare Außensteuerung hergestellt.
Verzerrte
Wettbewerbsbedingungen
Mit der möglichen Überführung der Hochschulen in die Trägerschaft
von Stiftungen will das Gesetz vor allem die Bedingungen für die
Einwerbung von externem Stiftungskapital aus Unternehmen oder von vermögenden
Privatpersonen verbessern. Damit besteht aber auch die Gefahr, dass sich
der Staat aus der Finanzierung der Hochschulen sukzessive zurückzieht.
Problematisch sind in diesem Zusammenhang die in Niedersachsen sehr unterschiedlichen
Wettbewerbsbedingungen für die Einwerbung privaten Kapitals:
Durch starke regionale Disparitäten in der Wirtschaftsstruktur ist
die Universität im strukturschwachen und landwirtschaftlich geprägten
Nordwesten gegenüber Hannover und dem Südosten des Landes, aber
auch gegenüber Osnabrück mit seiner mittelständischen Industrie
benachteiligt.
Hinzu kommt, dass die alten Universitäten über ein weit größeres
Stifterpotential bei den Alumni verfügen als eine Neugründung
wie Oldenburg.
Auch die Fächerstruktur der Universität Oldenburg wirkt sich
durch den hohen Anteil der Lehramtsausbildung sowohl auf die Finanzkraft
der Alumni als auch auf die Attraktivität für potentielle Stifter
negativ aus.
Insgesamt sind dadurch die Wettbewerbsbedingungen für die Einwerbung
privaten Kapitals zum Nachteil der Universität unabhängig von
ihrer Qualität in Lehre und Forschung verzerrt. Wenn dann noch das
Ministerium große Stiftungen privaten Kapitals komplementär
mitfinanzieren würde, was nicht ausgeschlossen werden kann, hätte
dies für die Universität Oldenburg außerdem nachteilige
Umverteilungen in der Hochschulfinanzierung zur Folge.
Vor einer Umwandlung in Stiftungen sollten daher die Rahmenbedingungen
und Folgewirkungen für die Hochschulen untersucht werden, um ggf.
Ausgleichsregelungen in das System der staatlichen Hochschulfinanzierung
aufzunehmen.
Partizipation
Der NHG-Entwurf schränkt in erheblichem Umfang Beteiligungsrechte
der Mitglieder der Hochschule an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen
ein. Das Konzil, ein aus der Urwahl der verschiedenen Gruppen hervorgehendes
Kollegialorgan der Hochschule, das als eine wichtige Aufgabe die Wahl
des Präsidiums vornimmt, entfällt. Der Senat verliert bedeutsame
Kompetenzen und behält lediglich schwache Informationsrechte und
Kontrollfunktionen. Durch die Schwächung der gewählten Gremien
wird die Stellung des Präsidiums ausgebaut und gestärkt. Es
heißt im Gesetzentwurf, dass das Präsidium durch unternehmerisches
Handeln die Entwicklung der Hochschule gestalten soll. Ein solches Leitbild
des Dienstleistungsunternehmens Hochschule wird vom Senat abgelehnt. Der
Erhalt der verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung dient der
Pflege und Entwicklung der Wissenschaften, die Abschaffung hingegen behindert
sie.
Studierendenschaft
Der jetzige Kabinettsentwurf läßt einige überflüssige
Regelungen im Bereich der Verfassten Studierendenschaft (VS) weg, ohne
die Substanz (Körperschaft des öffentlichen Rechts, Satzungs-
und Beitragshoheit) anzutasten. Allerdings eröffnet er die Möglichkeit
einer Umstrukturierung der VS in eine über die Fachschaften organisierte
Interessenvertretung. Dies wird auf Grund von Mängeln in praktischen
und in Mitbestimmungsfragen abgelehnt. Es wäre zudem wünschenswert,
wenn die Studierenden nicht in einer eigenen Wahl ihre VertreterInnen
in den zentralen Organen der Hochschule bestimmen müssten, sondern
diese vom Studierendenparlament gewählt würden. Positiv ist
anzumerken, dass die Studierenden in der Kommission für Lehre und
Studium sowie bei der Bewertung der Lehre im Senat mehr Gewicht erhalten
sollen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob dies angesichts der geringen
Entscheidungskompetenz dieser Gremien praktische Auswirkungen auf die
Qualität der Lehre haben wird. Insgesamt eröffnet der NHG-Entwurf
aus studentischer Sicht dem Ministerium Tür und Tor, ohne Parlamentsbeschluss
Gebühren und Abgaben zu erheben. Dies wird strikt abgelehnt.
Beschäftigungssicherheit
Erforderlich ist in jedem Falle, dass eine eventuell eingerichtete Stiftungsuniversität
zur Weiterführung der Tarifverträge und zur Mitgliedschaft im
Arbeitgeberverband des Öffentlichen Dienstes verpflichtet wird. Für
den Fall der Schließung einer Stiftungsuniversität ist zu garantieren,
dass alle Beschäftigten im Landesdienst verbleiben und ihre tariflichen
Rechte auf Dauer erhalten und gesichert werden.
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