Projekt McLaw
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Projekt McLaw
Forschungsprojekt McLaw
Mobile Commerce and Law – Rechtssicherheit im M-Commerce
in Kooperation mit Prof. Dr. techn. Susanne Boll
gefördert von der DFG
in Kooperation mit Prof. Dr. techn. Susanne Boll
gefördert von der DFG
Das Forschungsprojekt McLaw beschäftigt sich mit rechtlichen – insbesondere verbraucherschutzrechtlichen – und technischen Lösungen zur Realisierung von Vertragsabschlüssen über mobile Endgeräte. McLaw wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und hat eine Laufzeit bis in das Jahr 2010.
Seit der Jahrtausendwende sind dem mobilen Handel im Internet (M-Commerce) immer wieder phantastische Geschäftsaussichten prognostiziert worden. Tatsächlich aber entwickelte sich jahrelang auf diesem Feld recht wenig – sieht man einmal vom vorübergehenden Boom der Anbieter von Handy-Klingeltönen ab. Die Situation hat sich entscheidend im Jahre 2008 mit der Einführung einer neuen Generation von „Smartphones“ – auch als Multimediahandys bezeichnet – in Verbindung mit einer Flatrate für die Internetnutzung per Mobilfunk verändert. Das iPhone hat technisch den Weg für Handys zum gesamten Internet geöffnet. Andere Hersteller haben dies schnell aufgegriffen. Flatrate-Angebote der Mobilfunk-Provider haben zeitgleich dafür gesorgt, dass die psychologisch sehr wirksame Hürde hoher bzw. unkalkulierbarer Kosten schwindet. Als Ergebnis entwickelt sich im Jahre 2010 das massenhafte freie mobile Surfen mit dem Handy im Netz, das selbstverständlich den Besuch von Online-Anbietern und den Online-Vertragsabschluss über die Warenkorbroutine der Internetshops einschließt – also Mobile Commerce im großen Stil.
Die gesetzlichen Vorschriften des Verbraucherschutzes wurden jahrelang als weitere – praktisch unüberwindliche – Hürde des M-Commerce angeführt. Denn das Display eines Handys in der Größe, wie es bis 2008 üblich war, ließ die vorgeschriebene Information der Verbraucher nicht zu. Den Onlinehandel treffen zahlreiche Informationspflichten, wonach der Anbieter bereits vor Vertragsschluss dem Verbraucher umfängliche Informationen klar und verständlich zur Verfügung zu stellen hat. Darüber hinaus setzt die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen durch den Onlinehandel voraus, dass die AGB dem Kunden vor Vertragsschluss in zumutbarer Form verfügbar gemacht werden. Auch dies scheiterte regelmäßig an der Größe und den eingeschränkten Darstellungsmöglichkeiten der üblichen Handy-Displays.
In den rechtlichen und technischen Analysen der Problematik ging man bisher einhellig davon aus, dass es eine Lösung für die genannten Darstellungsprobleme, die am Wortlaut der Gesetze orientiert ist, nicht gibt. Juristische Lösungsvorschläge gehen daher in die Richtung, das gesetzliche Recht speziell für den M-Commerce so auszulegen, dass die Anforderungen des Verbraucherschutzes wesentlich zurückgenommen werden. Das Forschungsprojekt McLaw hat sich demgegenüber zum Ziel gesetzt, die Belange des Verbraucherschutzes mit den technischen Gegebenheiten des M-Commerce in Einklang zu bringen. Dafür sind im Rahmen des Projekts eine Reihe von Lösungen entwickelt worden.
Projektleitung: | Prof. Dr. Susanne Boll |
Prof. Dr. Jürgen Taeger | |
Mitarbeiter: | Dr. jur. Edgar Rose |
Dipl.- Inform. Nils Krüger | |
Websites: | http://medien.informatik.uni-oldenburg.de/mclaw/ |
http://www.privatrecht.uni-oldenburg.de/19411.html | |
Laufzeit: | 1.7.2006 bis 15.3.2010 |
Online verfügbare Publikationen
- Rose, Die rechtskonforme Darstellung der Widerrufsbelehrung im M-Commerce, Oldenburg 2010
- Rose, Verzicht des Verbrauchers auf Informationsansprüche wegen technischer Beschränkungen im M-Commerce, in: Taeger/Wiebe (Hg.) Von Adwords bis Social Networks, Tagungsband Herbstakademie 2008, Edewecht 2008, 415-430
- Krüger/Rose, Kleingedrucktes im Handy-Display – Standardisierte AGB als Grundlage einer automatisierten Vertragseinbeziehung, in: Taeger/Wiebe (Hg.), Aktuelle Entwicklungen im Informationstechnologierecht, Tagungsband Herbstakademie 2007, Edewecht 2007, 233-245
McLaw – Lösungen
Problem 1: Gesetzliche Informationspflichten
Gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Informationspflichten des Online-Handels schien eine Lösung noch vor wenigen Jahren ausgeschlossen. Ein übliches Handy-Display zeigte bis zu 150 Zeichen an. Die gesetzlichen Informationspflichten fordern jedoch insgesamt die Anzeige von bis zu 11000 Zeichen. Das wären insgesamt 70-100 Bildschirmseiten, die jeweils oft nur Satzbruchstücke anzeigen. Dies gilt allgemein als unzumutbar. Im Jahre 2010 haben Smartphones mit einer Displaygröße, die 3 bis 4mal mehr Zeichen anzeigen können, einen erheblichen Marktanteil – Tendenz: wachsend. Gleichzeitig gibt es Initiativen auf gesetzgeberischer Ebene, die gesetzlichen Informationslasten für den M-Commerce zu senken.
Diese Entwicklung wird im Projekt McLaw so gedeutet, dass Mobilfunkgeräte schon jetzt nicht mehr generell ungeeignet für eine rechtskonforme Darstellung gesetzlich vorgeschriebener Informationen sind. Ein wachsender Anteil der eingesetzten Handys – und zwar mutmaßlich gerade jene, die vorwiegend für das Surfen im Internet Verwendung finden – ist in der Lage, die vorgeschriebenen Texte zumutbar darzustellen. Das zu lösende Problem besteht daher im Wesentlichen nur noch darin, zielsicher die mobilen Geräte herauszufiltern, mit denen eine rechtskonforme Darstellung nicht möglich ist, und diese vom Geschäftsabschluss im Internet auszuschließen. Für diese Aufgabe hat das Projekt McLaw eine Filtertechnik entwickelt, mit der Onlineshops ausgestattet werden können. Der Shop erkennt damit, wenn der Bildschirm des Kunden eine bestimmte Darstellungskapazität unterschreitet. In die Bestellroutine ist eine Sperre geschaltet, die in diesem Fall den Kunden an der Bestellung hindert.
Weiter hat sich das Projekt McLaw mit eigenen Vorschlägen in die rechtliche Debatte um eine Entlastung des M-Commerce von einem Teil der gesetzlichen Informationspflichten eingeschaltet. Aus Projektsicht dient das dazu, den Anteil der Mobilfunkgeräte, die rechtskonform am M-Commerce teilnehmen können, möglichst auszudehnen. Je geringer die Informationslasten, desto mehr Handys können von der zuvor genannten Filtersoftware zum Geschäftsabschluss zugelassen werden. Allerdings dürfen die geforderten Informationen nicht soweit reduziert werden, dass die Ziele des Verbraucherschutzes nicht mehr erreicht werden können. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission (RL-Entwurf über Rechte der Verbraucher vom 8.10.2008), der die Widerrufsbelehrung im vorvertraglichen Bereich fast vollständig abschafft, geht in diesem Sinne zu weit. Das Projekt hat erstmals wissenschaftlich begründete Vorschläge für eine verbrauchergerechte Reduktion der Informationspflichten erarbeitet, indem es gezielt die für die vorvertragliche Situation des Onlineshoppings notwendigen Verbraucherinformationen identifiziert hat.
Problem 2: Allgemeine Geschäftsbedingungen
Allgemeine Geschäftsbedingungen, wie sie im Onlinehandel verwendet werden, haben nach den Erhebungen des Projekts McLaw einen Umfang zwischen 3000 und 16000 Zeichen. Auf kleinem Handy-Display (150 Zeichen) würde dies 20 bis über 100 Scrollseiten erfordern, was den Rahmen des Zumutbaren nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB durchweg sprengt. Würden allerdings unter Einsatz der erwähnten Filtertechnik nur Handys, die wenigstens 300 Zeichen anzeigen, am Onlinehandel teilnehmen, so könnten kurze AGB mit nicht mehr als 2500 Zeichen auf unter 10 Seiten zumutbar dargestellt werden. Für die Formulierung entsprechend kurzer AGB, die für die Zwecke des Onlinehandels zugeschnitten sind, hat das Projekt einen Vorschlag entwickelt.
Allerdings gibt es Anbieter, die aus Gründen der Einheitlichkeit auf ihre im E-Commerce verwendeten ausführlichen AGB auch im M-Commerce nicht verzichten wollen. Für derartige AGB, die meist mehr als 10000 Zeichen umfassen, ist eine zumutbare Darstellung auf dem Handy auch weiterhin nicht möglich. Für dieses Problem hat das Projekt McLaw ein automatisiertes Verfahren entwickelt, beim Einkauf mit dem Handy die gestellten AGB des Shops mit den voreingestellten Präferenzen des Kunden abzugleichen. Das Geschäft kann dann ohne weiteres mobil zustande kommen, wenn der jeweilige Anbieter nur solche Klauseln verwendet, mit denen sich der Kunde generell einverstanden erklärt hat. Ein solcher automatisierter Abgleich ist nur auf Grundlage eines standardisierten AGB-Katalogs möglich, aus dem die Anbieter ihre AGB auswählen und für den die Kunden ihre Präferenzen (akzeptabel oder nicht akzeptabel) vorab am PC für alle künftigen mobilen Geschäfte festlegen. Das Projekt hat einen solchen Katalog sowie die erforderliche Technik entwickelt und erprobt.