Sonderpädagogische Psychologie

Projektbeschreibung „Selbstkontrolle und kindliche Entwicklung“

Gemeinsam mit Studierenden der Sonderpädagogik führen wir mit Kitas und Familien im Raum Oldenburg und Bremen ein Projekt zur Erforschung der Selbstregulationsfähigkeit im Kindesalter durch. Das Ziel des Vorhabens ist es, den Einfluss selbstkontrollierender Kompetenzen auf die kindliche Entwicklung zu analysieren. In diesem Rahmen sollen Zusammenhänge zwischen der Selbstkontrollfähigkeit im Kindergartenalter und der sozial-emotionalen Entwicklung sowie der Schulleistungsfähigkeit im frühen Schulalter untersucht werden. Im Längsschnittdesign finden dazu über zwei Jahre zwei Erhebungszeitpunkte im Kindergarten und etwa 1,5 später, im zweiten Halbjahr der ersten Grundschulklasse, statt. Die Ergebnisse des Projekts sollen Hinweise für vorschulische und schulische Fördermaßnahmen und frühzeitige Trainingsmöglichkeiten von Selbstkontrolle erbringen. Das übergeordnete Ziel besteht darin, dass Kinder positiv und lernbereit den Schuleintritt bewältigen. Eine angemessene Selbstkontrolle stellt eine schulbezogene Vorläuferfertigkeit dar. Daher ist es wichtig, bereits im Kindergarten angemessene Selbstkontrolltechniken und -fertigkeiten zu erlernen. Aus den Projektergebnissen möchten wir Trainingseinheiten ableiten, um so Kinder in ihren Fähigkeiten zur Selbstkontrolle zu stärken und zu fördern.

Ansprechpartnerin: Annika Rademacher

Projektbeschreibung
„Entstehungsfaktoren und aufrechterhaltende Bedingungen somatoformer Symptome im Kindesalter in Familie und Schule“

In der kinder- und jugendpsychiatrischen bzw. -psychotherapeutischen Praxis zeigen sich Probleme wie Schulvermeidung, Einschränkung kindlicher Aktivitäten und sozialer Rückzug bei Kindern und Jugendlichen (Bernstein et al., 1997) oftmals im Zusammenhang mit immer wiederkehrenden körperlichen Krankheitsanzeichen, wie beispielsweise Kopf- oder Bauchschmerzen (Sumathipala et al., 2008). Wenn die auftretenden körperlichen Symptome nicht vollständig durch medizinische Diagnosen erklärt werden können, könnten sie einem somatoformen Störungsbild zuzuordnen sein. In unserem Forschungsvorhaben möchten wir, gemeinsam mit der Kinderklinik des Josef-Hospital Delmenhorst, mögliche Entstehungsfaktoren und aufrechterhaltende Bedingungen somatoformer Symptome im Kindesalter untersuchen. Zentrale Fragestellungen zielen dabei auf die Betrachtung von Zusammenhängen zwischen kindlichen Bindungsmustern, der emotionalen Kompetenz, dem individuellen Krankheitsverhalten der Kinder und der Entstehung somatoformer Symptome ab. Insbesondere werden Einflussfaktoren innerhalb der Familie und der Schule fokussiert, welche zur Aufrechterhaltung der Symptome beitragen können. Dabei sollen das Konstrukt des „sekundären Krankheitsgewinns“ im Zusammenhang mit lerntheoretischen Ansätzen, wie beispielsweise der Wirkung von negativer Verstärkung, betrachtet werden. Die wirkenden Interaktionsprozesse in den zentralen Lebensräumen von Kindern, wie der Schule und der Familie, sind bislang noch wenig untersucht worden. Vorliegendes Forschungsvorhaben setzt an dieser Stelle an. Unter Betrachtung der theoretischen Grundlagen ergeben sich Annahmen, die Unterschiede in Interaktionsverhalten und -auswirkungen vermuten lassen. Insbesondere ist ein Verständnis von unterschiedlichen Entstehungsfaktoren und aufrechterhaltender Bedingungen des Symptombildes für die therapeutische Behandlung der Kinder von zentraler Bedeutung.

Ansprechpartnerin: Christina Vesterling 

Literatur

Bernstein, G.A, Massie, E.D, Thuras, P.D, Perwien, A.R, Borchardt, C.M & Crosby, R.D.   (1997).     Somatic symptoms in anxious-depressed school refusers. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 36, 661-668.

Sumathipala, A., Ssiribaddana, S., Hewege, S., Sumathipala, K., Prince, M. & Mann, A. (2008). Understanding the explanatory model of the Patient on thier medically unexplaint Symptoms and the implication on Treatment development Research: ASri Lanka Study. BMC Psychiatry. 8, 54.

Schüler*innen-Lehrer*innen-Beziehung bei Schüler*innen mit externalisierenden und internalisierenden Verhaltensproblemen (SLB-ESE)

Eine tragfähige Schüler-Lehrer-Beziehung (SLB) stellt eine grundlegende „[...] Voraussetzung für wirkungsvolles pädagogisches Handeln [...]“ (KMK, 2000, S. 56) im schulischen Arbeitsfeld des Förderschwerpunktes der emotionalen und sozialen Entwicklung dar. Des Weiteren bildet die Weiterentwicklung der Fähigkeiten emotionalen Erlebens und sozialen Handelns und explizit die Stärkung der Beziehungsfähigkeit der Schüler*innen einen wesentlicher Aufgabenbereich sonderpädagogischer Förderung bzw. Auftrag pädagogischen Handelns im schulischen Arbeitsfeld des Förderschwerpunktes der emotionalen und sozialen Entwicklung (KMK, 2000). Übergeordnet unterstreichen eine Vielzahl empirischer Studien aus dem englischen Sprachraum, dass die positive Gestaltung der Schüler*innen-Lehrer*innen-Beziehung einen bedeutsamen Einfluss auf das akademische Lernen (z. B. Pianta & Hamre, 2001; Howes et al., 2008; Roorda, Jak, Zee & Koomen, 2017), die schulischen Leistungen (z. B. Baker, 2006; Hughe, 2012), die sozial-emotionale Entwicklung (z. B. Curby, Brock & Hamre, 2013; Hamre & Pianta, 2001; Roorda et al., 2011; Roorda et al., 2017; Obsuth et al., 2017), das schulische Wohlbefinden der Schüler*innen (Tain, Tain & Huebner, 2016) sowie die Berufszufriedenheit und psychische Gesundheit von Lehrkräften (z. B. Aldrup, Klusmann & Ludkte, 2017; Aldrup et al., 2018; Spilt, Koomen & Thijs, 2011) einnimmt. Andererseits korreliert eine konfliktreiche SLB mit Lern- und Verhaltensproblemen sowie schulischem Dropout (z.B. Lei, Cui & Chiu, 2016; Roorda et al., 2017). Hinsichtlich der Entwicklung der Qualität der SLB über die Zeit und der Rolle von Verhaltensproblemen auf Schüler*innenseite weisen Studienbefunde auf differenzielle Effekte externalisierender und internalisierender Verhaltensprobleme (Roorda, Verschueren, Vancraeyveldt, Van Craeyevelt & Colpin, 2014) sowie Unterschiede zwischen Allgemeiner Schule und Förderschule (Breeman et al., 2015) hin.

Im deutschen Sprachraum und insbesondere im Kontext externalisierender und internalisierender Verhaltensprobleme bleibt die empirische Analyse dieser Zusammenhänge sowie der Entwicklung bzw. Adaption und Evaluation beziehungsförderlicher Interventionen weitestgehend aus (Bolz, Wittrock & Koglin, 2019).

Das Projekt geht vor diesem Hintergrund unter anderen folgende Leitfragen nach:

  • Wie kann die Qualität der SLB (bei Schüler*innen mit Verhaltensproblemen) deutschsprachig aus verschiedenen Perspektiven erfasst werden?
  • Welche Zusammenhänge bestehen zwischen der SLB und Outcomes auf Schüler*innen und Lehrer*innenebene?
  • Wie nehmen Schüler*innen und Lehrkräfte die SLB wahr?
  • Welchen Einfluss haben Bindungsrepräsentationen auf den Outcome von Schüler*innen und Lehrkräften?
  • Wie wirken beziehungsförderliche Interventionen auf die SLB und Outcomes auf Schüler*innen- und Lehrkrafteben?

Projektteam: Tijs Bolz und Prof. Dr. Ute Koglin

Kooperationsprojekt mit: Dr.‘ Tatjana Leidig, Meike Vösgen, Janik Nitz, Prof. Dr. Thomas Hennemann (Universität zu Köln) Prof. Dr. Gino Casale (Bergische Universität Wuppertal), Prof.‘ Dr.‘ Helma Koomen (Universität Amsterdam)

Bisherige Projektpublikationen:

Bolz, T., Wittrock, M. & Koglin, U. (2019). Schüler-Lehrer-Beziehung aus bindungstheoretischer Perspektive im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung. Zeitschrift für Heilpädagogik. 560-571.

Bolz, T. & Koglin, U. (2020). Unsichere Bindung und aggressives Verhalten von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf der Emotionalen und sozialen Entwicklung. Empirische Sonderpädagogik. 3, 175-192.

Bolz, T. & Wittrock, M. (2020). Unsichere Bindungsrepräsentationen und psychosoziale Auffälligkeiten von Schüler*innen an Förderschulen mit dem Schwerpunkt der Emotionalen und Sozialen Entwicklung. Wissenschaftliche Jahreszeitschrift Emotionale und Soziale Entwicklung (ESE) in der Pädagogik der Erziehungshilfe und bei Verhaltensstörungen, 2, 122-134.

Leidig, T., Bolz, T., Niemeier, É., Nitz, J. & Casale, G. (2021). Erfassung der Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehung - ein Überblick über Erhebungsverfahren und -instrumente für die (sonder-)pädagogische Forschung und Praxis. Wissenschaftliche Jahreszeitschrift Emotionale und Soziale Entwicklung (ESE) in der Pädagogik der Erziehungshilfe und bei Verhaltensstörungen, 3, 30-52.

Bolz, T. (2021). Beziehung als Grundlage der Pädagogik bei Verhaltensstörungen?!. In H. Ricking, T. Bolz, B. Rieß & M. Wittrock (Hrsg.), Prävention und Intervention bei Verhaltensstörungen. Gestufte Hilfen in der schulischen Inklusion (S. 128 – 143). Stuttgart: Kohlhammer.

Bolz, T. (2021). Schüler*innen-Lehrer*innen-Beziehung aus bindungstheoretischer Perspektiver im Förderschwerpunkt der Emotionalen und Sozialen Entwicklung. (Dissertationsschrift)

Förderung: Eigenmittel, Mittel der Marius Eriksen-Stiftung Oldenburg sowie geplante Beantragung von Fördermitteln

Assoziationen zwischen elterlichem Erziehungsstil und Emotionsdysregulation bei Kindern und Jugendlichen

Das Team Psychologie in der Sonder- und Rehabilitationspädagogik arbeitet an einem gemeinsamen systematischen Review und einer Metaanalyse zum Thema „Assoziationen zwischen elterlichem Erziehungsstil und Emotionsdysregulation bei Kindern und Jugendlichen“.

Systematic Review and Meta-Analysis:
Associations between Parenting Styles and Children’s and Adolescent’s Emotion Dysregulation

Authors

Naska Goagoses, Tijs Bolz, Jule Eilts, Neele Schipper, Jessica Schütz
Annika Rademacher, Christina Vesterling, Ute Koglin

Abstract

Emotion dysregulation is characterized by a deficient use of functional emotion regulation strategies and frequent reliance on dysfunctional strategies. Preceding studies demonstrate that emotion dysregulation is a transdiagnostic factor of various mental disorders in children and adolescents (e.g., depression, anxiety disorders, eating disorders). Familial factors, such as parenting styles, can prevent or promote the development of dysfunctional emotion regulation. Understanding how parenting styles act as a risk or protective factor provides important insights for prevention and intervention approaches. Therefore, we aim to systematically and meta-analytically review the association between parenting styles and children’s and adolescent’s emotion dysregulation. We hypothesize (1) that there will be a negative association between ‘positive’ parenting styles (e.g., warmth, structure, and autonomy support) and children’s and adolescent’s emotion dysregulation, and (2) that there will be a positive association between ‘negative’ parenting styles (e.g., harsh, rejection, and coercive) and children’s and adolescent’s emotion dysregulation. The systematic review and meta-analysis will follow the Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses (PRISMA) guidelines. After a literature-based formulation of search terms, a systematic literature search will be performed in the bibliographic databases Web of Science, Scopus, PsycINFO, and PubMed, in April 2021. Eligibility criteria will be applied in a title, abstract, and full-text screening, resulting in a selection of included and excluded articles. We will create a summary table of the included articles, as well a writing a narrative synthesis (qualitative) and conducting meta-analytic calculations (quantitative).

Keywords: Parenting Styles; Emotion Dysregulation; Childhood; Adolescence; Systematic Review; Meta-Analysis

Assoziationen zwischen elterlichem Erziehungsstil und Emotionsdysregulation bei Kindern und Jugendlichen

Zusammenfassung

Emotionsdysregulation ist gekennzeichnet durch einen mangelhaften Einsatz funktioneller Emotionsregulationsstrategien und einen häufigen Einsatz dysfunktionaler Strategien. Bisherige Studien zeigen, dass Emotionsdysregulation ein transdiagnostischer Faktor für verschiedene psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen ist (z. B. Depressionen, Angststörungen, Essstörungen). Familiäre Faktoren wie Erziehungsstile können die Entwicklung einer dysfunktionalen Emotionsregulation verhindern oder fördern. Das Verständnis, wie Erziehungsstile als Risiko- oder Schutzfaktor wirken, liefert wichtige Erkenntnisse für Präventions- und Interventionsansätze. Daher ist es unser Ziel, den Zusammenhang zwischen Erziehungsstilen und der Emotionsdysregulation von Kindern und Jugendlichen systematisch und metaanalytisch zu überprüfen. Wir nehmen an, dass es eine negative Assoziation zwischen "positiven" Erziehungsstilen (z. B. Wärme, Struktur und Autonomieunterstützung) und der Emotionsdysregulation von Kindern und Jugendlichen gibt, und dass eine positive Assoziation zwischen "negativen" Erziehungsstilen (z. B. Strenge, Ablehnung und Zwang) und emotionaler Dysregulation bei Kindern und Jugendlichen besteht. Die systematische Überprüfung und die Metaanalyse folgen den Richtlinien für systematische Reviews und Metaanalysen (PRISMA). Nach einer literaturbasierten Formulierung von Suchbegriffen wird eine systematische Literatursuche in den Datenbanken Web of Science, Scopus, PsycINFO und PubMed durchgeführt. Die vorab festgelegten Kriterien werden im Titelscreening, im Screening der Zusammenfassungen und im Volltextscreening angewendet und führen zu einer Auswahl von eingeschlossenen und ausgeschlossenen Artikeln. Weiterhin wird eine Übersichtstabelle der enthaltenen Artikel erstellt sowie eine narrative Synthese (qualitativ) und metaanalytische Berechnungen (quantitativ) durchgeführt.

Schlüsselwörter: Erziehungsstile; Emotionsdysregulation; Kindheit; Jugend; Systematisches Review; Meta-Analyse

 

(Stand: 19.01.2024)  | 
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