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Veranstaltung

Semester: Wintersemester 2020

4.03.1107 Was sind Naturgesetze? -  


Veranstaltungstermin | Raum

  • Donnerstag, 22.10.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 29.10.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 5.11.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 12.11.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 19.11.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 26.11.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 3.12.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 10.12.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 17.12.2020 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 7.1.2021 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 14.1.2021 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 21.1.2021 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 28.1.2021 10:00 - 12:00
  • Donnerstag, 4.2.2021 10:00 - 12:00

Beschreibung

Mit Newtons Veröffentlichung der Philosophiæ Naturalis Principia Mathematica (1687) wurden moderne Naturgesetze formuliert, die ihren Grund in den Eigenschaften der Materie selbst haben. Während in der Principia philosophiae (1644) von Descartes die Gesetze der Bewegungslehre noch auf die Vollkommenheit und Beständigkeit Gottes zurückgeführt wurden, sind es nun Naturkräfte, die als Ursachen mechanischer Bewegungen identifiziert werden. Dass Naturgesetze erkannt werden können, beweist sich tagtäglich durch ihre technische Anwendung und seit Newton wurden viele weitere Gesetze erkannt und zahlreiche Rätsel des Universums durch den Fortschritt der Naturwissenschaften gelöst. Für die Philosophie fing mit Newton dagegen das Rätsel der Naturgesetze erst an. Denn es tut sich ein offensichtliches Problem auf, wenn unser Wissen um diese Gesetze als empirischen Ursprungs angenommen wird: von notwendig auftretenden Zusammenhängen sehen wir nichts in der Welt. Alles, was wir beobachten, sind Einzelereignisse, die erst denkend in einen Zusammenhang gebracht werden. Bereits die newtonschen Kräfte entziehen sich unserer direkten Wahrnehmung, umso mehr die gesetzartigen Kausalbeziehungen. David Hume nahm dies zum Anlass, die Existenz von Naturgesetzen in der Welt grundsätzlich in Frage zu stellen: „Blicken wir auf die uns umgebenden Außendinge und betrachten wir die Wirksamkeit der Ursachen, so sind wir in keinem einzigen Falle in der Lage, irgendeine Kraft oder einen notwendigen Zusammenhang zu entdecken, irgendeine Eigenschaft, welche die Wirkung an die Ursache bindet und die eine zur unausbleiblichen Konsequenz der andern macht. Wir finden nur, daß die eine in Wirklichkeit tatsächlich auf die andere folgt.“ Nach Hume sind Naturgesetze daher nicht mehr als eine Zusammenfassung bisher beobachteter Regelmäßigkeiten, deren scheinbare Notwendigkeit nur unserer gewohnheitsgemäßen Zuschreibung entspringt. Es war diese Analyse Humes, von der Immanuel Kant sagte, sie habe seinen transzendentalen Schlummer unterbrochen und ihn zu der Frage nach den erfahrungsunabhängigen Bedingungen unserer Erkenntnis geführt. In seiner kopernikanischen Wende der Erkenntnistheorie kehrte er das Bedingungsverhältnis um: „Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über die a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntnis erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht […] damit besser fortkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten“. Die Kausalität als „allgemeines Naturgesetz“ entspringe nicht der Erfahrung, sondern sei ihr als notwendige Bedingung a priori immer vorausgesetzt. Diese im Subjekt der Erkenntnis liegende Bedingung ermögliche erst die Erfahrung der Gegenstände als kausal verbundene und sei darum zugleich objektiv. So haben Naturgesetze nach Kant notwendige Allgemeinheit, während sie nach Hume bloß komparative Allgemeinheit beanspruchen können.

In der modernen Physik, die vor etwa 140 Jahren mit Maxwell begann, taucht die Frage nach dem Status der Naturgesetze wieder auf. Während die klassische Mechanik mit notwendigen und allgemeinen Gesetzen arbeiten konnte, lassen sich z.B. Bewegungen von einzelnen Atomen oder der radioaktive Zerfall von Isotopen nur mit statistischer Wahrscheinlichkeit angeben. Ausgehend von Hume und Kant und unter Bezugnahme auf Texte von Erwin Schrödinger, Albert Einstein, Max Planck und Werner Heisenberg soll in diesem Seminar die Aktualität der Frage nach notwendiger oder komparativer Allgemeinheit der Naturgesetze und ihre epistemologische Bedeutung für unser Weltbild untersucht werden.

Das Seminar wird online über BBB stattfinden. Als Prüfungsleistungen werden schriftliche Arbeiten und Referate angeboten. Die Referate können auch asynchron gehalten und dann hochgeladen werden (z.B. als PPP mit Ton oder Video).

Literatur:
David Hume: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand, Reclam, Stuttgart 1998
Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, Suhrkamp, F.a.M. 1997
Erwin Schrödinger: Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild, Oldenbourg, München 2008
Erhard Scheibe: Die Philosophie der Physiker, Verlag C.H.Beck, München 2016
Max Planck: Physikalische Rundblicke (Gesammelte Reden und Aufsätze), Leipzig 1922
Albert Einstein: Mein Weltbild, hrsg. von Carl Seelig, Europa-Verl., Zürich 2005
Werner Heisenberg: Ordnung der Wirklichkeit, Piper, München 1990
Annette Schlemm: Wie wirklich sind Naturgesetze? LIT, Münster 2005

lecturer

SWS
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(Stand: 19.01.2024)  | 
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