Zur Entwicklung eines Beschreibungsprofils für eine
nationale Langzeit-Archivierungs-Strategie digitaler
Dokumente
- ein Beitrag aus der Sicht der Wissenschaften
Thomas Severiens und Eberhard R. Hilf [ hilf at isn-oldenburg.de ]
ISN
Institute for Science Networking Oldenburg GmbH an der Carl von Ossietzky Universität
Auftrag: Enwicklungen im Ausland abfragen und
auswerten als
Expertise als [nestor Materialie No. 7
(zum downloaden [pdf] sowie als Print on demand)
Diese Seite trägt als shadow file die Metadaten und
den Verweis auf den Quellort:
www.isn-oldenburg.de/~hilf/vortraege/nestor06/
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Die ISN GmbH erarbeitet Expertisen für den Bereich der wissenschaftlichen Information
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I. Was ist die Herausforderung?
Gespräch unserer Generation mit den zukünftigen hat
natürliche Schwierigkeiten..
Wir kennen ihre Kommunikations-Gewohnheiten,
Erwartungen, technischen Möglichkeiten, Fragestellungen
und Kenntnisse nicht.
Beispiel: die Hohmann-Karte: die 'BILD-Zeitung'
von 1717.
Zitat:
Geographische Vorstellung der jämmerlichen Wasser-Flutt
in Nieder-Teutschland, welche den 25.Dec. A.171, in der heiligen Christnacht
mit unzählichen Schaden, und Verlust vieler tausend Menschen einen großen theil derer herzogth. Holstein und Bremen, die Grafsch.
Oldenburg, Frislandt, Gröningen und Nort-Holland überschwemet hat, ediert von Joh. Bapt. Homann Der Röm. Keis. Mai. Geogr.
In Nürnbergi
siehe Altkartendatenbank IKAR des Verbundes der
Staatsbibliothek zu Berlin, ...
Drucke ab 1718;
Wie man heute weiß, gibt die Karten nicht unbedingt Fakten, wie wir Heutigen das erwarten, sondern
will einen Eindruck verschaffen, wie schlimm die Flut damals war,
die Schraffuren der Überflutungsgebiete enthalten dann schon mal
wissentlich die eingezeichnete
höchste Erhebung Norddeutschlands....
- Heute emailen wir ein Digitalisat;
- heute wollen wir, dass die Vorväter mehr Fakten aufbewahrt hätten;
- heute haben wir GPS und Autos, um die Küste abzufahren;
- heute wollen wir wissen, wo es überschwemmt war anno 1717;
- heute wissen wir mehr als die Archivare damals über sich...
Zum heutigen Verständnis eines Werkes aus der fernen Vergangenheit braucht
es die Summe der seither gewonnenen Erkenntnisse über es.
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Den Generationenvertrag kann nur der Staat erfüllen
Die Verlage von 1717 gibt es lange nicht mehr.
Ihr Gewinnstreben (und damit ihr Interesse an einer Vorratshaltung)
erlosch mit ihrem Ende.
Aber wie soll der Staat vorgehen?
Welche Vorgaben muss er machen?
II. Was können wir von anderen Staaten lernen?
Verfahren: Web-Umfrage
Fragestellungen erarbeitet mit H. Neuroth, R.Sietmann
- Aktivitäten von wem? Stand?
Gibt es eine nationale LZA-Policy?
- Gibt es eine institutionelle LZA-Policy? Erfahrungen?
- Gibt es eine zuständige Institution?
Vereinbarungen?
- Auswahlkriterien: wer wählt was aus? Formate?
- Zugang? Finanzierung?
- Nutzung? Erwartungen?
Adressaten: Nationale Bibliotheken
(über 500)
Eine Webumfrage zu staatlichen Aufgaben ist ungeeignet
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Typische Antworten
- Aktivitäten von wem? Stand? Some early discussion
Gibt es eine nationale LZA-Policy? Nein
- Gibt es eine institutionelle LZA-Policy? nur teilweise
Erfahrungen? Ja (aber bekannt)
- Gibt es zuständige Institution?
Vereinbarungen? Nein
- Auswahlkriterien: wer wählt was aus? Selbst
Formate? Alles
- Zugang? Beschränkt
Finanzierung? Selbst
- Nutzung? Mengenproportional
Erwartungen? Hoch
Statt einer Webumfrage daher eigene Recherchen, Gespräche
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Was lernen wir von der Vielfalt anderer Staaten?
- Große, mittlere und kleine Staaten
[Von der Vielfalt gewachsener Institutionen bis zu 'Einer macht es';]
- Industriestaaten und Entwicklungsstaaten
[Von technologisch die Entwicklung treibend bis zu 'niemand da';]
- Interne Organisationsformen
Von Commonwealth bis zu Diktaturen
Mitverantwortung Deutschlands für andere Staaten; [über
Unesco, EU]
Lernen von und kooperieren mit vergleichbaren Staaten; |
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Die Expertise gibt eine Übersicht über aktuelle
Aktivitäten
- Es gibt bisher keine nationalen LZA-Policies,-- aber alle wollen sie
- Pragmatische Vorerfahrungen mit der Archivierung von
digitalen browsing/printing Images (insbesondere im kommerziellen pdf-Format)
- Es gibt gute institutionelle Policies
- Es werden internationale Vereinbarungen gefordert:
- zu LZA-Metadaten (Nachweis)
- zur Spiegelung von digitalen Materialien
- zur gemeinsamen Erarbeitung der notwendigen Techniken
- zur Auswahl und Arbeitsteilung
Ansprechpartner sind die nationalen Bibliotheken und Archive
von 195 Ländern ...
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III. Vielfalt der nationalen Herausforderungen
1. Vielfalt der Fachgebiets-Kommunikationskulturen
- Wissenschaft: Exakte Wissenschaften vs. Geisteswissenschaften
[Fakten, Formen, Phrasen als Mittler und Content]
- Originale aus Kultur, Bildung, Museen
- Kommunikationswege ändern sich
[Kollaborationen (CREW); vs. Mathematik (Beweise)]
- Vielfalt der Fragen: Ist es richtig? Ist es original?, ...
Mitwirkung der Fachgebiets-Experten bei der Definition,
was wie langzeit-archiviert werden soll. (ungewohnt ...) |
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2. Vielfalt der LZA-Anforderer
- Wissenschaftler
- Industrie und Wirtschaft
- Museen
- Behörden: National-, Landes-, Lokal-; Vereine;
- Privatpersonen.
Mitwirkung der Anforderer und der Nutzer ist das Tor zur Akzeptanz
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2. Vielfalt der Dokumenten-Arten
- Text-Dokumente;
- Graphiken;
- Ton/Bild-Mitschnitte;
- Digitalisate;
- Konglomerate, Patchwork, Kondensate.
Technische Herausforderung:
Konditionierung vor dem Eingangstor zur LZA
als nationale Policy.
Mitwirkung der Autoren und der Erzeuger
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2. Vielfalt der Nutzer, Nutzung, Autoren
- Lesen (Entziffern, verstehen, einordnen können)
- Weiterverarbeiten, z. B.:
- Chemie (Reaktionen);
- Mathematik (Beweise);
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Physik (Numerische Beispiele)]
- kopieren, downloaden
- Integrieren in eigene Werke (Kondensate; Reviews; ... )
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Verwenden in Veranstaltungen
(eLearning)
Kondensieren, Einbetten, Aktualisieren, Quelltexte aufbewahren
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IV. Realisierungs-Herausforderungen
1. Organisationsmodell
Verschiedene Staaten diskutieren dies:
zentral, verteilt, oder verteilt mit starker Leitungsstruktur?
Deutschland ist eine Bundes-Republik, daher
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durchsetzungsstarke nationale LZA-Policy
- Viel engere Kooperation der verteilten Kompetenz- und LZA-Institutionen
Organisations-Netz ist notwendig
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2. Technische Besonderheiten
digital weniger heterogen und problematisch als bei analogen Quellen
- Annahme nur von korrekten Codes [TeXDocCenter; W3C-Checker]
- Refreshing (halbjährlich)
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Migration, dynamische Erzeugung von Ansichten
- Redundanz [Calliau: digitale Kopien sind Klone]
- Spiegelungen im In- und Ausland
- Instanz für das Reagieren bei Ausfall von LZA-Archiven
Best Practise Beispiele:
Alle .tex Dokumente seit 1987 weltweit;
Alle .html seit 1993; [z.B. alle meine Vorträge
[
nestor Workshop 2004; oder Kooperation in der Fachinformation, Darmstadt Januar 1995 oder
Integrated Information Management in PhysicsAPS E-Print workshop; Los Alamos, Oktober 1994... ]
Alle Dokumente im ArXiV
seit 1991.
Respekt vor dem Werk: Quelldokument mit archivieren. |
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3. Langzeit-Archivierung des Inhalts
- Metadaten: bibliographisch, LZA, Struktur, Inhalt
[Beispiel: OmDoc als neue Sprache für Semantik]
[Beispiel: Mathematik braucht inhaltliche Prüfbarkeit: contentMML]
- Vollständigkeit zur Rekonstruktion des Inhalts
[numerische Programme, Daten, Rohdaten, Beschreibungen]
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Auswahl nach der Relevanz unabhängig von der Quelle.
Archivieren mit Einbettung; Erläuterungsmaterial; Übertragung in Verstehbares
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5. Nutzbarkeit und Retrieval
- Intelligente Add-On-Dienste (werden vom Leser erwartet)
- Vernetzung der LZA-Institutionen zu weltweitem Nachweissystem
- Mehrwertdienste über dem Archiv.
Vom Vorhalten auf Verdacht (Bibliothek) zum Anliefern on demand
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6. Der Umgang mit Innovation durch Menschen
Das Tempo der technologischen Innovation wird sich weiter
erhöhen (Vergleich nestor 2004 zu nestor 2006)
- Bundesweite Standards für Anforderungen an
Ausbildungslinien, sodass LZA professionell betrieben werden kann.
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Engere Kopplung an die technologische und wissenschaftliche
Entwicklung
Von LZA-Bibliotheken zu LZA-Institutionen digitaler Materialien
durch Verzahnung mit der Wissenschaft
(Wie schwer taten Sie sich schon mit einem Wissenschaftler)
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V. Zu einer Nationalen LZA-Policy
Was ist als Nächstes zu tun?
- Den Pozess in Gang bringen zu einem straffen Gesetz
[sehr viele politische Partner machen es zu einem zähen Geschäft.]
- spezifische LZA-Metadaten festlegen und verbreiten
- Internationale Beteiligung und Vernetzung professionalisieren
- Best Practise Beispiele von professioneller LZA unter Beteiligung
der Erzeuger/Nutzer Community.
- Wege zur Nutzerakzeptanz mit den Erzeugern/Nutzern erproben
- Vernetzung der LZA-Beauftragten und Vernähung mit der Wissenschaft
- Autoren-Incentives schaffen (Zertifikate, Zitierungen)
Wo liegen die Chancen, im internationalen Wettbewerb voranzukommen?
- Straffes Gesetz, dass die entsprechende Förderung langfristig
sichert
- Öffnung der LZA-Institutionen zur Wissenschaft und zum Ausland
- Best Practise mit der Community eines kleinen Bereichs
statt 'pragmatischem Archivieren'.
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Schluss:
Was muss auf der Wissenschaftlerseite getan werden:
- Exemplarisch für einzelne Wissenschaftscommunities
die Nützlichkeit, die Anforderungen an den Autor demonstrieren
und die Kommunikation mit der gewählten Community
zu Auswahlkriterien, Metadaten, Formaten, Erwartungen an die LZA in Gang setzen.
Sie
stehen vor einer Langzeit-Herausforderung: die Aufgaben und die Komplexität werden mit der Erfahrung wachsen ...
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