JASPERS JAHR 2008    »Wahrheit ist, was uns verbindet«

„Kunst und Krankheit: Karl Jaspers als Pathograph“

Dr. Matthias Bormuth (Tübingen)

Bekannt wurde Karl Jaspers zuerst als Psychiater mit dem klassischen Werk  „Allgemeine Psychopathologie“. Auf dem weiteren Weg in die Philosophie bildete seine Studie „Strindberg und van Gogh. Versuch einer vergleichenden Pathographie“ einen wichtigen Markstein im interdisziplinären Grenzgebiet. Die Erfahrung der Moderne, gespiegelt in der zeitgenössischen Malerei und Dichtung, provozierte den werdenden Existenzphilosophen, das Verhältnis von fragmentarischer Kunst und psychischer Krankheit auszuloten. Das um 1900 neu belebte psychiatrische Genre der Pathographie erhielt durch Jaspers einen philosophischen Akzent, der zugleich nah und fern zum expressionistischen Zeitgeist stand. Im spannungsreichen Grenzgebiet von Kunst und Krankheit, das Jaspers auch bei Hölderlin und Nietzsche gedanklich kartierte, nahmen die schöpferischen Antworten auf den modernen Nihilismus eine janusköpfige Gestalt an. Seine pathographischen Studien spiegeln in ihren ambivalenten Urteilen über die Moderne die gärenden Anfänge seiner Existenzphilosophie, die sich zugleich als bürgerlich außergewöhnlich und bewahrend verstand.
Moderation: Prof. Dr. Reinhard Schulz (Institut für Philosophie)

2. Mai 2008
20.00 Uhr
A 14, Hörsaal 3