• 250 Millionen Schüler haben an seiner Studie teilgenommen: John Hattie bei seinem Vortrag im Hörsaal der Universität Oldenburg.

  • Großer Andrang auch im Foyer: Rund 400 Besucher sahen Hatties Vortrag per Liveübertragung.

  • Präsentierten die erste deutschsprachige Ausgabe von "Visible Learning" (v.l.): Prof. Dr. Wolfgang Beywl, Prof. Dr. Klaus Zierer, Prof. Dr. John Hattie.

  • Nach seinem Vortrag beantwortete Hattie Fragen aus dem Publikum. Das Didaktische Zentrum (diz) organisierte die Veranstaltung.

Mit den Augen der Schüler

John Hattie zählt zu den einflussreichsten Bildungsforschern der Welt. Sein Buch „Visible Learning“ sorgt international für Furore, jetzt liegt es auf Deutsch vor. An der Universität Oldenburg widmete sich Hattie nun der Frage: Was entscheidet darüber, wie gut Schüler lernen?

John Hattie zählt zu den einflussreichsten Bildungsforschern der Welt. Sein Buch „Visible Learning“ sorgt international für Furore, jetzt liegt es auf Deutsch vor. An der Universität Oldenburg widmete sich Hattie nun der Frage: Was entscheidet darüber, wie gut Schüler lernen?

Wie schaffe ich es, eine lebendige Diskussion in der Klasse entstehen zu lassen? Eine Frage, die in deutschen Lehrerzimmern immer wiederkehrt. Für John Hattie, Bildungsforscher aus Neuseeland, liegt die Antwort auf der Hand: „Das einzige, was ich als Lehrer tun kann, um eine Diskussion in der Klasse in Gang zu bringen, ist, den Mund zu halten.“

John Hattie zählt zu den derzeit einflussreichsten Bildungsforschern der Welt, sein Buch „Visible Learning“, 2009 erschienen, hat in der internationalen Fachwelt für Furore gesorgt. Nun steht er bei seinem einzigen Besuch in Deutschland vor dem Rednerpult im Hörsaal der Universität Oldenburg und fesselt sein Publikum.

Anlass seines Besuchs ist die deutsche Übersetzung von „Visible Learning“ – jetzt vorgelegt durch den Oldenburger Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Klaus Zierer und seinen Schweizer Kollegen Prof. Dr. Wolfgang Beywl. Bis auf den letzten Platz ist der Hörsaal besetzt. Auch unten, im Foyer, ist der Andrang groß: Für die rund 400 Besucher, die nicht mehr hinein können, gibt es eine Liveübertragung.

Hattie redet frei, setzt gezielt Pausen und Pointen. Sein Vortrag ist die Demonstration eines Menschen, der von seinem Thema durchdrungen ist. Das Wort, das er oft nennt, ist „Leidenschaft“. Genau die ist es ihm zufolge, die einen Lehrer erst gut macht. Der, so Hattie, als „Change Agent“ Dialoge entfacht und seine Wirkung verstehen lernt. 

Hattie weiß, wovon er spricht: Am Anfang seiner Karriere war er als Englisch -und Musiklehrer tätig. Es folgten Tätigkeiten als Lecturer und wissenschaftlicher Assistent, bevor er Professor für Erziehungswissenschaften an der University of Auckland (Neuseeland) wurde. Seit 2011 ist Hattie Professor für Erziehungswissenschaften an der University of Melbourne (Australien).

„Lernen sichtbar machen“, so der Titel des übersetzten Buches, ist 440 Seiten stark, allein der Literaturteil umfasst knapp 90 Seiten. Das Buch ist Ergebnis harter Forschung, mit der sich Hattie 15 Jahre lang beschäftigt hat. 800 Meta-Analysen sind in das Werk eingeflossen; Daten von 250 Millionen Schülern hat Hattie für diese Analysen verwertet. Aus seinem Material arbeitete der Bildungsforscher 138 Faktoren für gutes Lernen heraus. Diese bringt er in eine Rangliste – je nach dem, wie groß der jeweilige Lernerfolg der Schüler ist.  

Ganz vorn in Hatties Rangliste: Der Faktor „Vertrauen der Schüler in die eigene Leistung“. An achter Stelle „Klarheit der Lehrperson“, an zehnter Stelle „Feedback an den Lehrer“. Die in Deutschland derzeit viel diskutierte „Klassengröße“ hat für Hattie eher wenig Einfluss auf den Lernerfolg der Schüler: Sie rangiert auf Platz 106, das Nichtversetzen liegt auf dem  drittletzten Platz.

Dass sich nicht vorschnell Schlüsse aus diesem Ranking ziehen lassen, darauf hat Klaus Zierer bereits vor Erscheinen der deutschen Übersetzung hingewiesen. Das Ranking erfordere eine „differenzierte Betrachtung der Ergebnisse“, schrieb er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 15. März. „Seine vorwiegend angloamerikanischen Ergebnisse lassen sich nur mit Vorsicht auf das deutsche Bildungssystem übertragen“, so Zierer, der vor einer vereinfachenden Hattie-Rezeption warnt: Parolen wie „Der Lehrer ist das Wichtigste“ überforderten die Lehrer. „Und sie sind falsch, weil nicht der Lehrer der wichtigste Faktor ist, sondern der Schüler selbst.“

Darauf weist auch Hattie hin – mit dem, was er sein „Mantra“ nennt: Lehrer, sagt er im Hörsaal der Universität Oldenburg, müssten das Lernen durch die Augen der Schüler sehen können. Sie müssten Schüler dahin bringen, sich als ihre eigenen Lehrer zu sehen. Und manchmal geht das am besten, wenn der Lehrer etwas Seltenes tut: nichts sagen. 

 

John Hattie: „Lernen sichtbar machen“, überarbeitete deutsche Ausgabe von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer, Schneider Verlag, 439 Seiten, 28 Euro. Ab nächste Woche im Handel.

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(Changed: 12 Apr 2024)  | 
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