„Wegen ungünstiger Witterung fand die deutsche Revolution in der Musik statt“, schrieb Kurt Tucholsky über die – aus seiner Sicht letztlich gescheiterte – Novemberrevolution 1918. Doch trifft diese satirische Gegenüberstellung das Verhältnis von Musik und Politik – zur Zeit der Weimarer Republik, aber auch heute? Musikalisches und politisches Handeln waren während der 1920er Jahre eng verflochten: Singen als politische Praxis (Kampflieder, politisch-satirische Kabarettchansons oder rassismuskritische Kunstlieder), die Aufladung ästhetischer Diskurse mit politischen Ideen (z.B. Demokratisierung und gesellschaftliche Teilhabe einerseits, Antisemitismus andererseits) oder politisch-sozialkritische Themen im Musiktheater, wie in Kurt Weills Dreigroschenoper, Alban Bergs Wozzeck oder Walter Braunfels’ Die Vögel, sind nur einige Beispiele. Im Seminar werden wir der Frage nachgehen, wie sich Musik und Politik in den 1920er Jahren gegenseitig durchdrangen, und dabei auch immer wieder aktuelle Bezüge herstellen. Teil des Seminars ist u.a. die Inszenierung der Oper Die Vögel am Oldenburgischen Staatstheater, die wir am 26.06. gemeinsam besuchen werden.