Interesse für das Andere
Dr. Ulrike Sallandt ist zur Professorin für Evangelische Theologie mit dem Schwerpunkt Systematische Theologie und Ökumene am Institut für Theologie berufen worden. In ihrer Forschung untersucht sie, welchen Beitrag theologisches Denken für die Verständigung zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen leisten kann.
Willkommen an der Uni Oldenburg! Was hat Sie hierhergebracht?
Umwege, ehrlich gesagt, haben mich an die Universität – und so auch an die Uni Oldenburg – geführt; fachlich wohl deswegen, so mein Eindruck, weil die Theologie sich hier den inter- und transkulturellen, gesellschaftlich-politischen Fragestellungen öffnet, die mich interessieren. Oder anders gesagt: Der klassische Kanon bricht kulturwissenschaftlich in vielerlei Hinsicht auf, ob im Hinblick auf Lektüre, Referenzen, Methoden, geopolitische Räume – um nur ein paar Andeutungen zu machen.
Woran forschen Sie?
Mit dieser Frage sind wir mitten in meinem Forschungsgebiet, denn ich kann Ihnen nicht den einen Gegenstand, geschweige denn die sogenannte Forschungslücke nennen, an der ich arbeite. Vielmehr bin ich permanent auf der Suche, welchen Beitrag theologisches Denken, Sprechen und Handeln heute leisten kann – insbesondere für eine neue ökumenische, inter- und transreligiöse kulturelle Verständigung. Meine Suche bildet sich im Grundriss meiner Theologie des Verlassens ab, und konkretisiert sich – wenn Sie so wollen – in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Handlungsräumen und Herausforderungen: in den transkulturellen Transformationenprozessen, im Global Christianity, in der Kultur der Digitalität, in der kritischen Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Rassismus, den Fragen nach sexueller Vielfalt und differenzierten Lebensmodellen, religionsästhetischer Forschung und ihren Methoden – die Liste ist nie zu Ende! Anders gesagt: Ich lasse mich auf Alteritätsphänomene jeglicher Art ein, sie fordern mein theologisches Denken und Sprechen permanent heraus… da weiß man nie so genau, wohin die Reise geht!
Was ist das Tolle an Ihrem Fach?
Denken ohne Geländer, wie Hannah Arendt sagt. Theologisches Denken und Sprechen ist auf eine gewisse Weise inter-essen-los, das heißt, es steht nicht oder sollte nicht zwischen System und Struktur verharren, vielmehr diese Zwänge aufbrechen und darüber hinausdenken; das macht das kritische Potenzial der Theologie aus und sie zugleich so unglaublich komplex und spannend.
Was haben Sie sich für die die ersten Monate an unserer Uni vorgenommen?
Meine Kolleg*innen und deren Arbeit kennenzulernen. Während meines 14-jährigen Lateinamerikaaufenthaltes ist mir immer wieder klar geworden, dass eine gute Zusammenarbeit primär davon abhängt, sich für die Anderen und deren Anliegen zu interessieren, ohne nur das Eigene im Blick zu haben. Es ist erstaunlich, was dabei am Ende herauskommen kann.
Wer oder was hat Sie im Studium besonders geprägt?
Mein Aufenthalt in Peru, insbesondere die Begegnung mit einer christlichen Frömmigkeit meiner pentekostalen Geschwister, die ich bis dato noch nicht kannte. Ohne einseitig glorifizieren zu wollen, wurde mir erst damals langsam bewusst, dass die mir bekannte europäisch-abendländisch geprägte Theologie nicht die ultima ratio ist.
Ihr Tipp fürs Überleben auf dem Campus?
Ich finde die Frage überraschend! Mir geht es eigentlich um die Fülle des Lebens, die ich vor allem in Beziehung mit Mitwelt und Mitmensch erfahre. Das gilt nicht nur auf dem Campus, aber eben auch da. Kollegiale Kontakte pflegen, Bereitschaft für Gespräch und Austausch, Räume sozialer Begegnung schaffen, links und rechts schauen… !
Und sonst noch?
Ich bin unendlich dankbar für diese Chance! Gracias! Muchas gracias!