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05. April 2012 121/12
Gravitationsphysik im Gleichgewicht
Graduiertenkolleg setzt Gleichstellungsidee konsequent um
Oldenburg. Mit einem Eröffnungsworkshop startete kürzlich das erste deutsche Graduiertenkolleg, das sich ausschließlich dem Thema Gravitationsphysik widmet. Eine der Besonderheiten dieses Graduiertenkollegs der Universitäten Oldenburg und Bremen wurde schon beim Betreten des Vortragsraums deutlich: Unter den über 100 Physikerinnen und Physikern waren mindestens die Hälfte Frauen.
Dass dies in einem Fachgebiet gelungen ist, in dem der Frauenanteil nur in seltenen Fällen die 20 Prozent-Hürde nimmt, ist keinesfalls ein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis engagierter Vorarbeit. Die hauptverantwortlichen OrganisatorInnen Prof. Dr. Jutta Kunz von der Universität Oldenburg und Prof. Dr. Claus Lämmerzahl vom Bremer Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) haben es geschafft, ein hochkarätiges Workshop-Programm mit elf Rednerinnen und elf Rednern aus aller Welt zusammenzustellen.
So war es auch kein Zufall, dass die Gleichstellungsbeauftragten der Universitäten Oldenburg und Bremen Begrüßungsansprachen hielten. Beide waren früh in die Bewerbung um das Graduiertenkolleg bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingebunden worden. Eine so intensive Zusammenarbeit „sei die absolute Ausnahme“, betonten sie. Die Bemühungen der AntragstellerInnen wurden belohnt: Die DFG bescheinigte der Umsetzung des Gleichstellungsthemas Vorbildcharakter.
Jutta Kunz engagiert sich an der Universität Oldenburg seit langem für die Gleichstellung von Frauen und ist seit Jahren stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät V Mathematik und Naturwissenschaften. „Meine Erfahrungen sind auch in die Planungen des Graduiertenkollegs eingeflossen“, betont die Physikerin. Gerade in der Physik sehe sie noch großen Handlungsbedarf. „Wir müssen gemeinsam Anstrengungen unternehmen, dass sich die wissenschaftliche Perspektive für junge Frauen in diesem Fach deutlich verbessert, und mehr Physikerinnen auf Professuren berufen werden oder leitende Positionen in der Industrie erhalten.“ Kunz bemüht sich konsequent um die Förderung junger Frauen: 60 Prozent der Promotionen in ihrer Arbeitsgruppe werden von Frauen erstellt. Auch für das jetzt gestartete Graduiertenkolleg hat sie für ihre Arbeitsgruppe drei Doktorandinnen und eine Postdoktorandin ausgewählt.
Vorbildcharakter hat auch die Arbeitsgruppe von Claus Lämmerzahl am ZARM, die innerhalb des Instituts seit Jahren mit dem höchsten Frauenanteil aufwarten kann. Für ihn ist es selbstverständlich, sich darüber hinaus für den weiblichen Nachwuchs in den MINT-Fächern zu engagieren: „Das ZARM-Institut legt bei seinen Aktivitäten in der Nachwuchsförderung großen Wert darauf, speziell Mädchen für Themen aus Physik und Raumfahrt zu begeistern – und das gelingt eigentlich am besten über „role models“. Gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Dr. Meike List hat er daher parallel zur Auftaktveranstaltung des Graduiertenkollegs für die jungen ForscherInnen der Kinder-Uni spannende Fragen wie „Was sehen wir eigentlich im Weltraum?“ und „Was sind schwarze Löcher?“ verständlich aufbereitet.
Doch nicht nur die Art der Wissensvermittlung muss stärker auf die Bedürfnisse von Mädchen und Frauen abgestimmt werden. Eine große Problematik ergebe sich – so die Verantwortlichen des Graduiertenkollegs – häufig nach der Promotion, wenn über einen langen Zeitraum nur befristete Arbeitsverträge möglich seien. Erfahrungsgemäß sei dies insbesondere für Frauen der Grund, die Universitätslaufbahn zu verlassen. Dementsprechend niedrig ist noch immer die Quote der Professorinnen an deutschen Universitäten. Neben den gezielten Aktivitäten in der Nachwuchsförderung für Mädchen machen sich die Verantwortlichen in dem Graduiertenkolleg daher auch Gedanken darüber, wie promovierte Frauen in den Naturwissenschaften gehalten werden können.
ⓘ | www.models-of-gravity.org |
ⓚ | Kontakt: Prof. Dr. Jutta Kunz, Universität Oldenburg, Institut für Physik, Tel.: 0441/798-3184, E-Mail: jutta.kunzuni-oldenburg.de, Prof. Dr. Claus Lämmerzahl, Universität Bremen, Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation, Tel.: 0421/218-57834, E-Mail: claus.laemmerzahlzarm.uni-bremen.de |