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Absage an Ingenieurwissenschaften

"Prüfstein für die Glaubwürdigkeit"

Erklärung Prof. Dr. Michael Daxners

1 Der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen hat am 26. April 1996 in Oldenburg erklärt, daß die Elektrotechnik an der Universität Oldenburg nicht eingerichtet wird. Diese Erklärung kommt völlig unerwartet; die Absicht des Ministerpräsidenten war der Universitätsleitung nicht bekannt. Sie kann auch der Ministerin für Wissenschaft und Kultur nicht bekannt gewesen sein, weil die Universität erst vor kurzem - übrigens auf unseren eigenen Vorschlag hin - von ihr einen Auftrag zur Modifikation unserer Pläne erhalten hat. Dieser Auftrag steht kurz vor der Fertigstellung. Er wird die Hochschulentwicklungsplanung der Universität maßgeblich beeinflussen.

Die Universität hält an der Einrichtung von ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen vor allem in Verlängerung der bereits bestehenden naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fächer Physik und Informatik fest. Die angestrebten Modifikationen gegenüber den ursprünglichen Plänen werden der wissenschaftlichen Zukunftsperspektive der Universität ebenso gerecht wie unserer Verantwortung für künftige Generationen von Studierenden und unserer Mitbeteiligung an einer nachhaltigen Entwicklung von Stadt und Region.

2 Die Erklärung des Ministerpräsidenten gefährdet die Entwicklung der ganzen Universität. Seit fünf Jahren hat die Planung der Ingenieurwissenschaften erhebliche Ressourcen gebunden; kostspielige Berufungen und Strukturentscheidungen wurden in Hinblick auf diesen Ausbau getätigt und andere Prioritäten nicht rückholbar aufgegeben. Nicht nur die Universität, sondern auch die Region erleidet schweren Schaden, wenn das Vorhaben nicht zügig in die Wege geleitet wird.

Da es immer noch starke Abwanderungstendenzen in die Hochlohnzentren und technologischen Ballungsgebiete gibt, würde ein Verzicht auf hochqualifizierte technische Ausbildung die Gefahr verstärken, daß der Westen Niedersachsens zur technologischen Wüste wird.

Die regionalen Entwicklungsvorhaben in Richtung auf eine leistungsfähige Wissenschaftslandschaft werden ohne die Einrichtung der Elektrotechnik nachhaltig gefährdet. Damit sind unmittelbar auch unsere Partner in Bremen und den Niederlanden geschädigt.

3 Ich protestiere gegen die Festlegung des Ministerpräsidenten. Ich fordere die Landesregierung auf, die revidierten Pläne zur Einrichtung der Elektrotechnik in der vorgesehenen Form zu bestätigen und die Besetzung der beiden Eckprofessuren mit Ausstattung und angemessener räumlicher Unterbringung zum 1.1.1997 zu sichern.

Ich bitte alle maßgeblichen Repräsentanten von Stadt und Region, die Universität in ihrem Ausbau zu unterstützen und die Einrichtung der Elektrotechnik zum Prüfstein für die Glaubwürdigkeit der Landesregierung zu machen.

In den nächsten Wochen wird es darauf ankommen, den Ministerpräsidenten auf seine Verantwortung und seine Handlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Die Zerstörung eines langen und erfolgreichen Aufbaus kann weder in seinem Interesse noch im Handlungskonzept einer auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausgerichteten Finanzpolitik liegen. Universitäten sind keine Kostgänger staatlicher Ausgabenpolitik, sondern kulturelle, soziale und ökonomische Strukturfaktoren größter Bedeutung. Eine Entscheidung gegen die Elektrotechnik verhindert die Schaffung neuer Arbeitsplätze, gefährdet die Ansiedlung von innovativen Produktionsstätten in der Region und stellt die Existenz der Universität als leistungsfähige Einrichtung für Forschung, Lehre und Dienstleistung in Frage.

Die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg braucht die Elektrotechnik - und sie wird sie einrichten!

"Wohl kaum eine andere Universität ist in derartigem Maße politischen Täuschungen unterworfen worden"

Rede des Präsidenten des Niedersächsischen Landtages, Horst Milde, anläßlich der Verleihung der Ehrenbürgerschaft

Politikern werden Ehrungen zwar durchaus häufig zuteil. Positive Würdigungen ihres politischen Wirkens sind dagegen eher selten. Um so mehr freue ich mich über die mir verliehene Ehrenbürgerwürde der Universität Oldenburg (. . .)

Von Anfang an habe ich verfolgt und soweit wie möglich daran mitgearbeitet, daß die im Dezember 1973 gegründete Universität mehr und mehr ihren gesicherten Platz in der Forschungslandschaft erringen und schließlich ihr eigenständiges Profil schaffen konnte.

(. . .) Tatsächlich ist heute die Hochschule neben der Stadt Oldenburg nicht nur einer der größten Arbeitgeber der Region. Sie gibt auch aufgrund ihrer modernen, oft interdisziplinär angelegten Forschung und Lehre erhebliche wirtschaftliche und kulturelle Impulse.

Für das Profil dieser Universität spricht auch, daß sie mit mehr als 20 ausländischen Universitäten förmliche Kooperationsbeziehungen, die unter anderem den Austausch von Wissenschaftlern und Studierenden vorsehen, unterhält. Das ist Friedensarbeit im besten Sinne!

Die "Aktivposten" der Universität Oldenburg wären gewiß nicht hinreichend gewürdigt, wenn nicht auch ihre besondere aufklärerisch-demokratische Tradition hervorgehoben würde. In diesem Geiste ist es ihr nämlich gelungen, universitäre Studienmöglichkeiten für eine bis dahin vernachlässigte Region zu schaffen und damit den Anspruch auf eine gleiche hochschulmäßige Versorgung der hier wohnenden Menschen in einer geographischen Randlage Deutschlands und Niedersachsens geltend zu machen.

Die Universität Oldenburg hat es so geschafft, den jungen Menschen "vor der Tür" eine Zukunftsperspektive zu bieten und damit - zur Vermeidung von Nachteilen für unsere Wirtschafts- und Arbeitsplatzsituation - besorgniserregenden Abwanderungstendenzen entgegenzutreten.

Die Universität hat zu Einkommen und Nachfrage, Umsatz und Steuereinnahmen beigetragen. Sie hat einen "Wandel der Qualifikationsstrukturen" dieser Nordwestregion bewirkt. Diese "Folgeeffekte" sind nicht zu unterschätzen.

"Universität im Aufbau"

Ungeachtet dessen ist das heutige Ereignis für mich kein Tag der gänzlich ungetrübten Freude. Denn das Kapitel "Volluniversität Oldenburg" ist noch längst nicht zu Ende geschrieben. Im Gegenteil: Die Universität Oldenburg ist und bleibt bis auf weiteres eine "Universität im Aufbau". Den Eingeweihten dieses Auditoriums ist klar, worauf ich anspielen will: Der Universität Oldenburg fehlen Fachbereiche.

"Der Grad der Vollständigkeit einer Universität wird im wesentlichen durch die 'Diversität des Fächerkanons' bestimmt, der dort vertreten ist", hat mir vor fast genau siebzehn Jahren der damalige Minister für Wissenschaft und Kunst, Professor Dr. Pestel in einer Debatte erwidert.

Natürlich ist für eine Universität ihre Universalität, die Vielfalt ihrer wissenschaftlichen Methoden und Gegenstände der Forschung und Lehre, kennzeichnend. Darum geht es ja bis heute. Aber das wollte ich von Professor Dr. Pestel nicht erklärt haben. Ich wollte, daß er die von ihm richtig erkannte Tatsache realisiert. Die von ihm gegebenen Zusagen sind aber weder von ihm noch von seinen Nachfolgern eingehalten worden.

Politische Unglaubwürdigkeit

Wohl kaum eine Hochschule in der Bundesrepublik ist in derartigem Maße der Wahltaktik und politischen Täuschungen unterworfen worden wie die Universität Oldenburg. Und das, obwohl doch gerade eine Universität - eine im Aufbau befindliche allemal - ein Minimum an Kontinuität für ihre Planungen braucht.

Ich gehe noch einen Schritt weiter: Wer einen Beweis sucht, wie unglaubwürdig Politik gelegentlich sein kann, der möge sich mit der Geschichte dieser Universität bezogen auf die Fachbereiche Jura und Ingenieurwissenschaften näher auseinandersetzen. Er wird reichlich fündig werden... ! Um es ganz deutlich zu machen: Es geht in dieser Frage nicht bloß um eine rein additive Ergänzung des Fächerkanons unserer Universität, um eine durch vordergründige Prestigegründe bestimmte Erweiterung ihres Ausbildungsangebots. Es geht um die Lebensfähigkeit und die Zukunft dieser Region. Doch das hat so mancher leider noch nicht begriffen!

Festhalten an Ingenieurwissenschaften

Wir müssen an der Errichtung von ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen vor allem in Verlängerung der bereits bestehenden naturwissenschaftlichen Fächer Physik und Informatik mit großem Nachdruck festhalten. Nur so werden wir der wissenschaftlichen Zukunftsperspektive der Universität, unserer Verantwortung für künftige Generationen von Studierenden und unserer Mitbeteiligung an einer nachhaltigen Entwicklung des Nordwestens unseres Landes gerecht. Dabei vergessen wir nicht:

1. Es gibt immer noch Abwanderungstendenzen in die Zentren und technologischen Ballungsgebiete unserer Republik. Daher würde ein Verzicht auf hochqualifizierte technische Ausbildung die Gefahr verstärken, daß der Nordwesten Niedersachsens zur technologischen Wüste wird.

2. Unsere kompletten Lebenswirklichkeiten sind nur durch ein differenziertes Rechtssystem in den Griff zu bekommen, deshalb brauchen wir junge Menschen, die eben auch davon etwas verstehen und die wir daher hier an der Carl von Ossietzky Universität für die entsprechenden Aufgaben qualifizieren müssen. Der Name dieser Universität ist nicht nur für die Studierenden und Lehrenden, sondern auch für die staatliche Verantwortung Tragenden Verpflichtung. Welchen Sinn sollte sonst eine Namensgebung haben? Carl von Ossietzky ist das Recht genommen worden, er wurde rechtlos gestellt. Um so unverständlicher ist es, daß der Universität, die seinen Namen trägt, der Fachbereich Jura von allen Regierungen und den jeweiligen Mehrheiten vorenthalten worden ist.

Bei gutem Willen wäre das früher ohne eine Erhöhung der Studienplätze im Lande möglich gewesen. Es hätte nur die Verlagerung eines Teiles der Kapazität anderer Universitäten bedurft. Carl von Ossietzky ist man auch hier bis heute nicht gerecht geworden. (. . .) Die regionale Bedeutung einer Hochschule gewinnt im übrigen in einem europäischen Differenzierungsprozeß zunehmend an Gewicht. Allein der Forschungssektor strahlt nicht nur durch Drittmittel aus, sondern produziert immer wieder Anschlußentwicklungen, die als Firmengründungen oder Beratungen in die unmittelbare Umgebung wirken.

Wirtschaftswachstum nd Bildungsinvestition

Es gibt aber nach meiner Einschätzung und Erfahrung in unserem Land zu wenige Politiker, die den Zusammenhang zwischen langfristigem Wirtschaftswachstum und Bildungsinvestitionen tatsächlich verstanden haben. Dabei haben Bildung und Wissenschaft gerade in einer hochindustrialisierten Gesellschaft einen besonderen Stellenwert. Die Leistungsfähigkeit der gesamten Ausbildung, die ihre höchste Ebene in den Hochschulen findet, bestimmt im Ergebnis das Qualifikationsniveau der Bevölkerung. Der universitären Forschung fällt in diesem Rahmen die Aufgabe zu, durch die ständige Weiterentwicklung des Wissens, der Methoden und der Techniken sowie ihrer Umsetzung in neue oder verbessere Produktionsverfahren zur Sicherung unseres Wohlstandes beizutragen. Sie leistet darüber hinaus wichtige Beiträge, um abträglichen Folgen der ökonomisch-technischen Entwicklung zu vermindern oder zu beseitigen.

Im Zuge der weltweiten Konkurrenz wird auch die Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Dienstleistungsstandortes Deutschland - und natürlich auch diejenige des Nordwestens von Niedersachsen - in Zukunft noch stärker auf Faktoren gründen müssen, die unter anderem mit den Stichworten Humankapital, Hochtechnologie und organisatorisches Wissen umrissen werden können. Die fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen, nicht zuletzt die Verwirklichung des EG-Binnenmarktes, erfordern in einem Hochlohnland ein hohes Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen. Sie müssen sich zur Erreichung dieses Ziels auf leistungsfähige Universitäten gründen können. Besonders positive Wirkungen auf die Wirtschaftsstruktur von Regionen werden regelmäßig von dem Technologie- und Wissenstransfer der Hochschulen allgemein, insbesondere aber von dem Forschungspotential der ingenieurwissenschaftlichen Fachbereiche erwartet.

In Oldenburg wissen wir das, und darum kämpfen wir dafür. Gerade diese Fachbereiche sind innerhalb Niedersachsens im wesentlichen im Südosten konzentriert, und eine starke Klientel pocht auf die Beibehaltung bestehender - ungleicher - Strukturen. Also müssen wir uns hier allein helfen. Das geplante Technologie-Zentrum das ohne staatliche Förderung gebaut wird, ist die Antwort. Allerdings muß die Universität erwarten dürfen, daß das Land bei der Ausstattung - ich erinnere an zwei Professorenstellen - seine Mithilfe nicht verweigert.

Genug der Thesenpapiere

Bis jetzt hat es genug Thesenpapiere, Strukturberichte, parlamentarische Initiativen, wissenschaftliche Gutachten und Kommissionsvoten gegeben. Es muß jetzt einmal im Sinne früher gegebener Zusagen entschieden und gehandelt werden! Etwas anderes ist ein Affront gegen diese Universität, gegen diese Region und vor allem gegen die hier lebenden Menschen!

Das gilt auch für die neuerdings aufgekommene Diskussion um unsere Fachhochschule. Wer vorher eine Zusammenarbeit zwischen Universität und Fachhochschule propagiert hat, dem sollte es eigentlich auch nicht schwer fallen, zu einem Gesamtverbund der Universität mit den drei Fachhochschulen des Nordwestens zu kommen. Hier kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Ich weiß, daß die jetzt verantwortliche Ministerin, Frau Schuchardt, unsere Universität mit großem Verständnis behandelt und ihr zu danken ist, daß nicht manches noch schlimmer geworden ist. Um so mehr sollte es möglich sein, hier zu einer vernünftigen, dauerhaften Lösung zu kommen.

"Wir brauchen eine neue Denkgeneration"

Lassen Sie mich hier nun bitte noch zwei - mehr grundsätzliche - Gedanken vortragen:

1. Ich meine, daß wir sowohl unter den Politikern wie in den Universitäten eine neue Denkgeneration brauchen. Es geht nicht, daß die Gesellschaft und die Politik nur eine inhaltlich nicht näher definierte Servicefunktion der Hochschulen abruft und anschließend zur Tagesordnung übergeht. Vor allem aber: Die Hochschulen müssen sich den brennenden gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit mit dem wissenschaftlichen Anspruch, den sie vertreten, mehr und deutlicher stellen.

Lassen Sie mich dazu ein Beispiel anführen: Wenn die "Fünf Weisen" bei der Vorstellung ihres Jahreswirtschaftsberichts von einer "konzeptionslosen Finanzpolitik" gesprochen haben, so kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch zur Analyse, aber wo bitte bleibt die eigene Konzeption?

Mir erscheint es zu wenig, wenn sich die Universitäten als bloße Analytiker und Kommentatoren unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit verstehen. Sie müssen selber Konzeptionen entwerfen, wenn die Politik es nicht kann oder - noch schlimmer - es nicht will. (. . .)

In einer Zeit, in der wir - rein kalendermäßig betrachtet - an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend stehen und im übrigen - wie spätere Geschichtsschreiber vielleicht einmal feststellen werden - in einer Zeitenwende, die dem Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit entsprechen mag, müssen die Universitäten "aus der Deckung kommen" und alternative Zukunftskonzepte entwickeln. Über diese Alternativvorschläge mag sodann politisch gestritten und entschieden werden.

2. Ein weiterer Aspekt: Wir haben im vergangenen Monat des Reaktorunfalls in Tschernobyl vor zehn Jahren gedacht. Der Name dieses Unglücksortes ist zum Synonym für von Menschen verschuldete technische Katastrophen schlechthin geworden. Tschernobyl und insbesondere das schreckliche Los der Kinder dieser Region einerseits und der grausame Krieg im ehemaligen Jugoslawien, der in seiner Unmenschlichkeit dem letzten Weltkrieg in nichts nachstand, sowie die vielen anderen gegenwärtigen Kriege auf der Welt andererseits sollten uns eindeutig lehren:

Es muß endlich das begriffen und erreicht werden, was unter anderen Andre Sacharow erträumte und was er von seinen Zeitgenossen einforderte, nämlich die Einheit von Politik, Wissenschaft und Moral. Denn diese Einheit ist unverzichtbare und entscheidende Voraussetzung dafür, daß unser Planet überhaupt bewohnbar bleibt.

"Der Bestand unserer Zivilisation hängt" - so formulierten Albert Einstein und Thomas Mann im September 1945 in einer gemeinsam verfaßten Erklärung - "davon ab, daß wir die Wissenschaft der menschlichen Beziehungen pflegen: Die Fähigkeit von Menschen verschiedenster Art, in derselben Welt in Frieden zusammen zu leben und zusammen zu arbeiten."

Damit ist - wie ich finde - in der Tat ein wirklich wichtiges Objekt wissenschaftlicher Betrachtung beschrieben worden, wie sie der Universität Oldenburg durch die Benennung mit dem Namen "Carl von Ossietzky" vorgegeben ist. Deshalb müssen wir die dem neuzeitlichen Menschen offensichtlich ureigene Hybris abschütteln und uns bewußt werden, daß wir Rechenschaft abzulegen haben über unser Tun.

Risikophilosophie entwickeln

Wir müssen sowohl auf der Ebene der Politik als auch auf der Ebene der Wissenschaft eine - wie Hans Jonas vorgeschlagen hat - neue Risikophilosophie entwickeln, die sich auf der präventiven Vorahnung von Risiken gründet und in einem stärkeren Maße die Verantwortung für unsere Menschen und gegenüber künftigen Generationen als Grundlage einer Ethik für die heutige technologische Zivilisation betont:

"Handle in einer Weise" - so hat er den kategorischen Imperativ Kants neu formuliert - "daß die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden!"

Wilhelm von Humboldt hat im Jahre 1810 versucht, Wesen und Zweck der Universität zu beschreiben und alles aus "einer Idee" abzuleiten - aus der Idee der Universität. Wer redet aber heute noch über die "Idee" der Universität? Was soll diese Idee der Universität sein, der konstituierende Grund also, der über die bloße zweckhafte Existenz hinausreicht und ihr über das bloße Funktionieren als Institution den Weg zu Reformen und - wichtiger noch - zu zukunftsweisenden Leistungen für unsere Menschheit weist? Ich bin der Meinung: Wir müssen uns gerade in der jetzigen Phase dieser Grundfrage in nachhaltiger Weise stellen.

Wer den Universitäten eine Zukunft geben, sie reformieren und in ihrer Leistungsfähigkeit fördern will, muß zuerst einen Begriff von der Universität haben, der sich aus einer Idee ableitet. Denn: "Wer sich vor der Idee scheut, hat zuletzt den Begriff nicht mehr", so schreibt Goethe in seinen Maximen und Reflexionen".

Damit genug der Reflexionen meinerseits. Die Universität Oldenburg ist ein Segen für diese Region, und sie kann noch besser werden, wenn man in Hannover und anderswo die Weichen dafür richtig stellt.

Ich wünsche uns allen auf dem langen Weg zu einer "Volluniversität" einen langem Atem und keine Müdigkeit, gute Argumente und keine Resignation, vereinzelte Rückschläge vielleicht, aber am Ende den so bitter notwendigen Erfolg!


(Stand: 19.01.2024)  | 
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