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Hochschulpolitik

"Wir haben die Universität ein Stück weit verändert, uns selber mit ihr, aber vielleicht zu wenig"

Auszüge aus der Rede von Präsident Prof. Dr. Michael Daxner vor dem Konzil

Ihnen liegt ein Bericht vor, dessen wesentliche Thesen ein Programm für diese Universität enthalten und - implizit - auch einen Fahrplan zur Umsetzung dieses Programms. Es ist nicht eigentlich ein Aktionsprogramm, sondern ein Rahmen, der ausgefüllt werden muß, soll diese Universität, unsere Universität, gut weiterbestehen. Sie können diesen Bericht nicht abhaken unter der Rubrik "Viel Licht, viel Schatten, zurück zur Tagesordnung", wenn Sie bedenken, was Universität heute und vor allem morgen sein soll, wenn sie überhaupt sein soll. Auch ihre endgültige Marginalisierung, die Gesellschaft ohne Universität, ist wieder denkbar, so wie schon einmal, am Vorabend der Aufklärung, der Erklärung der Menschenrechte, der bürgerlichen Revolutionen. (Gerhard Casper, der Präsident von Stanford, stellte jüngst bei den Siemens-Vorlesungen in München die dramatische Frage nach der Gesellschaft ohne Universität). Nun ist es mit dem dauernden Beschwören des "Eigentlichen" der Universität nicht getan, nichts drängt so sehr zur Praxis wie gute Theorie, nichts verlangt so sehr nach guter Theorie wie unabgeschlossene Praxis, - und das ist nicht individuell, sondern eine Res Publica, und als eine solche eine öffentliche Sache. Die aber ist immer konkret, hat ihren Ort, ihre Binnenkultur, ihre Außenwirkung, ihren Platz im Netz von Macht, Einfluß und Wirkung. Das gilt für jede Universität, das gilt für die Carl von Ossietzky Universität.

Wir werden unsere Autonomie nicht verteidigen können, wenn wir nicht die Realität, die Öffentlichkeit, die Nachfrager und die Klienten unserer Dienste, mitreden, manchmal auch mitentscheiden lassen. Autonomie ist nie an sich, sondern immer auch gegen etwas und jemanden gerichtet.

Die Zustandsbeschreibung ist eine Momentaufnahme, die - das liegt in der Natur einer solchen - nach rückwärts und nach vorne hin der Interpretation und des praktischen Programms bedarf. Mit den beschriebenen Ambivalenzen werden wir nur weiterleben können, wenn wir sie nicht einfach als gegeben akzeptieren - viel Licht, vielleicht etwas weniger Schatten - sondern wenn wir sie immer wieder aufzuheben versuchen. "Es kommt darauf an, sich zu verändern", so hat der sprachbehinderte Rudi Dutschke das Reden nach dem Attentat wiedergelernt, die letzte Feuerbachthese erweiternd und bereichernd. Was also ist zu tun? Uns verändern, weniger um unserer Vervollkommnung willen, - auf dem Weg sind wir in privaten Stunden ja schon weit gediehen, - sondern vor allem um zweier Zwecke willen, die unsere Existenzberechtigung als akademische, als kritische, intellektuelle Instanz zu rechtfertigen: Wir hätten als Universität keine Legitimation, wenn wir nicht vor allem um der Studentinnen und Studenten willen das Wissen ständig transformierten, und wenn wir nicht im Wechselspiel zwischen Theorie und möglicher Praxis uns an den Problemen versuchten, die unsere Gesellschaft wirklich umtreiben, die den Schritt vom Überleben zum guten Leben als Vision erscheinen lassen. So weit, so gut, - dem wird niemand offen widersprechen, sowenig, wie die Berliner Rede des Bundespräsidenten Beifall von allen Seiten fand, weil sie so eindringlich richtig war und doch niemanden konkret meinte, also ihre Kritik selbst zensierte: Keine Namen wurden genannt, keine Fehlentscheidungen an Ort und Zeit und Umstände gebunden, kein Mangel so zugespitzt dargestellt, daß personelle oder politische Konsequenzen unvermeidlich erschienen. Für die Gesellschaft im allgemeinen wie die Hochschulen im besonderen aber gilt der Druck der Realität, uns und damit die Umstände zu ändern, unter denen wir handeln:

Die Selbstreflexion unserer jüngsten Geschichte, einer Erfolgsgeschichte für die Universität, wird uns den Blick dafür schärfen, wie es nicht weitergeht, was wir nicht mehr wollen oder dürfen. Bleiben wir dabei nicht stehen: Prüfen wir nicht, was sich uns als Hindernis in den Weg stellt, wenn wir neue Studiengänge einführen und leer gewordene abschaffen oder reformieren, sondern prüfen wir, wie wir die Hindernisse - aus eigener Kraft oder mit politischer Hilfe - überwinden. Beispiele gefragt? Schauen Sie sich heute den Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an, und vergleichen sie ihn mit der gleichen Betriebseinheit vor vier Jahren. Schauen Sie sich die zaghaften Beziehungen zur Realität des lokalen Arbeitsmarktes an, und vergleichen Sie diese mit der Universität als größtem echten Arbeitgeber vor Ort, als Motor und Impulsgeber für eine ganze Region. Das müßte jedem Mitglied dieser Universität, und nicht nur den Exponenten, ein Gefühl dafür geben, wieviel unsere Umgebung noch nachzuholen hat an Anerkennung, Förderung, politischer Offenheit. Natürlich bedeutet das, daß wir uns alle exponieren müssen, - Erfolg muß nicht sein, was wir auch erfahren: wir genießen ihn im Bewußtsein unseres Potentials, das wir weitergeben und vergrößern.

Wir haben die Universität ein Stück weit verändert, uns selber mit ihr, aber vielleicht zu wenig. Das war eine Botschaft meines Lageberichts. Wie also weiter? ...

Viele Studiengänge, kombiniert und rekombiniert, mit breiteren, auch noch später dazugewonnenen Kompetenzen der Lehrenden ausgestattet, viele Abschlüsse, durchaus konkurrierend und nicht im Einheitsbrei dessen, was alle nur durchschnittlich versorgt. In grauer Vorzeit haben wir dies echte Exemplarik genannt, und die ist weit schwieriger als enzyklopädisches Trotten auf gerader Straße. Deshalb auch muß jeder Studiengang Forschung vorweisen können und die Studierenden mit ihr vertraut machen, vom ersten Augenblick an. Wer ist überfordert - die Studierenden oder die Lehrenden? Markt, das bedeutet auch Verlierer, aber es muß nicht Vernichtung, Abqualifizierung, Ausgrenzung bedeuten. Verlieren werden alle, die meinen, noch ginge es ja ganz gut.

Fortbildungsprogramme für die Lehrenden ersetzen viele Prüfungen für die Studierenden, das ist nicht zu verallgemeinern, aber es gilt in fast jedem Fach. Frühe Bekanntschaft mit der Praxis, gerade nicht, um ihr sich zu unterwerfen, sondern um sie kritisieren zu können und nicht nur schwache Theorie; Distanz zu all dem, dessen Nähe man sucht. Neue Studiengänge, die sich mit Europa, mit dem Widersinn vom Kampf der Kulturen, mit der menschlichen Dummheit, mit der Ressourcenknappheit, mit dem kulturellen Erbe und seiner Ungleichzeitigkeit und Gebrochenheit, mit der Ideologiebildung beschäftigen, am konkreten Inhalt, der da heißt Physik, Elektrotechnik, Kunst. Warum haben wir noch keinen Medienstudiengang? Der muß, an andere Disziplinen angebunden, noch in den nächsten Jahren her. Die Amtssprachen der Europäischen Union können nicht nur im Sprachenzentrum vermittelt werden, einige Area Studies müssen sie ergänzen, vielleicht kombiniert mit Jura, Kunst oder Wirtschaft. Wo ist die Kompetenz, die wir im Gesundheitsbereich besitzen, schon in konkrete Studiengänge und Module eingegangen? Wo nutzen wir die Kompetenz der uns umgebenden Fachhochschulen für gemeinsame Lehre? - in der Regionalplanung wurde die Chance vertan. Wie können wir erwarten, daß die Fachhochschulen unsere Kompetenz nutzen, wenn wir ihre Ressourcen nicht nutzen? Ich klage hier nicht, sondern erwarte, daß diese Fragen beantwortet werden. Beispiele dafür, daß wir uns auch ändern müssen. Wie kann ein Fach offen sagen, daß man sich zwar geringer Nachfrage bewußt sei, aber dafür überdurchschnittlich in der Forschung aktiv sei? Wozu taugt denn diese Forschung, wenn nicht auch, um Studierende von der Qualität des Faches zu überzeugen?

Vielfache Rückmeldung bringt mich zu einer Klarstellung. Im schriftlichen Bericht habe ich auf stagnierende studentische Nachfrage hingewiesen. Die ist keineswegs überall in der Hochschullandschaft anzutreffen. Das hat etwas mit uns und unserer Qualität zu tun. Ich habe aber nie von zurückgehenden Zahlen gesprochen, die Anfängerzahlen sind ja ganz erfreulich. Aber unser Gesamtbestand wird in nächster Zeit stagnieren, weil wir endlich mehr Abschlüsse, und zwar überwiegend erfolgreiche, vorzuweisen haben. Das bedeutet aber, daß wir diese Anstrengung teilweise honoriert bekommen wollen, indem der Zugangsindikator schwächer, der Abschlußindikator aber stärker vom Staat akzeptiert wird. Versprochen seit Jahren, aber nicht verwirklicht. Hier müssen wir fordern, anstatt den Mythos von der Überlast hier, der schlechten Auslastung da zu verlängern. In freie Kapazitäten müssen nicht einfach mehr Studierende hinein, sondern andere, neue, mit neuen Studienbiographien, ausländische, Fachhochschulabsolventen, Abendstudentinnen, Teilzeitstudierende, Zweit- und Mehrfachstudenten.

Wir halten unsere Forschungsstatistik aufrecht. Einzig vom ICBM wurde eine verständliche Kritik geübt, die sich in besonders hohen Vakanzen 1991 und einigen institutionellen Ungereimtheiten begründet, wir werden das erläutern und ergänzen. Aber insgesamt ist das Bild hier eindeutig: wer sich nicht in den Markt um öffentliche und private Forschungsförderung begibt, ist schon umgekommen, vor allem um den Anspruch, Universität zu sein, gekommen. Die quantitativen Vorstellungen zum Antragsverhalten und zur Drittmittelerweiterung sind nicht nur sehr ernst gemeint; wenn sie umgesetzt werden, wird es eine Differenzierung nach Leistung und Mittelverteilung geben müssen, die uns sehr wohl brauchbare Indikatoren liefert - ich habe nicht gesagt, daß Mißerfolg bestraft wird, aber auch Förderung und Nachbesserung wollen verdient sein.

Unser Potential ist gut. Seine Realisierung muß effektiver werden, auch effizienter. Berufungspolitik kann gar nicht mehr von uns allein verantwortet werden, dazu geht die wissenschaftliche Laufbahn zu vieler Kolleginnen und Kollegen in nächster Zeit zu Ende. Wir müssen in neue Forschungsfelder und Studiengänge hineinberufen, die wir zum Teil noch gar nicht alle kennen. Der externe Sachverstand in Berufungs- und Planungskommissionen nimmt uns nichts von unserer Verantwortung für die Berufungen, aber steigert unsere Kompetenz.

So könnte ich jetzt meinen Katalog durcharbeiten, aber das wäre unangemessen zeitaufwendig. Sie haben den Bericht, so überzeugen mich die Rückmeldungen, in dieser Hinsicht recht gut verstanden. Auch über die Hochschulpolitik im Allgemeinen werde ich jetzt nicht sprechen, ich denke, hier konnte ich seit Jahren Ihrem Informationsbedürfnis Rechnung tragen, auch wenn das Angebot ziemlich ungleichmäßig genutzt wurde. Aber wie steht es mit unserem Änderungspotential?Das ist auch eine Frage der symbolischen Politik und des organisierten Umgangs miteinander.

Erwarten Sie keinen erhobenen Zeigefinger, und keine "To do-"Liste. Aber lassen Sie sich bitte sagen, daß es für die geforderten Veränderungen, Ziele, Qualifikationen und Verhaltensweisen Maßstäbe gibt, vor denen man noch eine Zeit lang seine Augen verschließen kann, aber nur bis zu einer Schmerzgrenze, wenn die Dunkelheit weniger erträglich wird als die Realität.

Viele von Ihnen haben, bewußt oder intuitiv, mich zu einer Entscheidung getrieben, die seit längerem feststeht, die ich aber nicht explizit veröffentlichen wollte, weil einer Universität ein jahrelanger Wahlkampf nicht guttut. Wenn sich aber die Phantasie derer, die mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind, darauf reduziert, ob ich zu einer dritten Amtszeit zur Verfügung stehe oder nicht, und wenn die, die gut und erfolgreich mit mir unsere Universität gestalten, Opfer dieser Polarisierung zu werden drohen, dann entziehe ich den Gerüchten ihre Nahrung. Die Optionen der Wahltaktik sind klar; in einem von Ilse Dröge-Modelmog und Edit Kirsch-Auwärter herausgegebenen Buch schreibt die Kollegin Elisabeth Lenk als Resümee der Hochschulinnenpolitik die folgenden Zeilen: "Universitätspräsidenten wissen meist sehr gut über die Zustände an ihren Universitäten Bescheid und geben schmunzelnd auf internen Feiern Kostproben davon zum Besten. Sie wissen, daß das in der Öffentlichkeit noch manchmal geltend gemachte Argument, die Professoren vernachlässigten nur deshalb die Lehre, weil sie sich ganz der Forschung widmeten, falsch ist. Sie wissen, daß die anonymen Professoren der Clique sich eben deshalb ausschließlich den Intrigen der Gremien widmen können, weil sie gar nicht forschen und infolgedessen auch nicht veröffentlichen; daß sie sogar nur in dem Maße als vollwertige Mitglieder akzeptiert werden, in dem sie unbekannt sind und sich nicht in den Vordergrund drängen; daß die vielen Dienstreisen eine forschungsrelevante Tätigkeit meist nur vortäuschen. Die Universitätspräsidenten wissen das alles, aber sie wollen wiedergewählt werden (darin unterscheiden sie sich nicht von Politikern). Und nur die Clique garantiert jene Mehrheit, die sie gewählt hat und die sie (wenn sie sie nicht verärgern) wiederwählen wird."

Diesem Zwang kann ich mich auch entziehen. Ich werde darum nicht wieder kandidieren. Natürlich habe ich einigen von Ihnen ihr Feindbild genommen. Mit konstruktiver Kritik und personellen Alternativen, vielleicht auch mit einer Art von Koalition hätten Sie es da leichter gehabt. Aber jetzt werden Sie selbst sich um Namen, Programme und Vergleiche bemühen müssen, ich biete Ihnen dazu keine Folie. Und ich füge diesem Entschluß weder gesundheitliche, noch berufliche, noch persönliche Gründe an. Darum hielte ich es auch für eine falsche Konsequenz, jetzt etwa zurückzutreten; der geforderte Neuanfang ist ja nicht vorrangig mein Problem. Ich werde bis zum Ende meiner zweiten Amtszeit das fortsetzen, wozu ich ein eindrucksvolles Mandat und einige Kompetenz, vor allem aber die Lust an dieser Universität besitze. Und ich werde versuchen, diese Zeit zu nutzen, um mit Ihnen allen eine neue Hochschulleitung und die geforderten Reformen und Veränderungen weiter ins Werk zu setzen....

Frühe Entscheidung: Daxner wird nicht mehr kandidieren

Geteiltes Echo auf Erklärung vor dem Konzil

Die Ankündigung von Präsident Prof. Dr. Michael Daxner, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, sondern im September 1998 abzutreten, hat in der Universität ein geteiltes Echo gefunden. Während Daxner-Befürworter in dem profilierten Hochschulreformer einen Garanten dafür sehen, daß die Universität Oldenburg den Anschluß an die tiefgreifenden Änderungen im Hochschulbereich nicht verliert, hoffen seine Kritiker im Haus auf mehr Integrationswillen einer neuen Universitätsspitze.

Daxner selbst begründete seine Entscheidung gegenüber der TAZ mit der Bemerkung, daß zwei Amtszeiten, in denen er mit vielen Leuten "ganz schön was auf die Beine" gestellt habe, genug seien. Zudem sei es ungeheuer schwierig, weitere Zuwächse zu erbringen. Vor dem Konzil erklärte er, viele in der Universität hätten ihn "bewußt oder unbewußt" zu der Entscheidung getrieben, die er lieber später bekanntgegeben hätte, um der Universität einen langen Wahlkampf zu ersparen. "Wenn sich aber die Phantasie derer, die mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind, darauf reduziert, ob ich zu einer dritten Amtszeit zur Verfügung stehe oder nicht, und wenn die, die gut mit mir zusammenarbeiten, Opfer dieser Polarisierung zu werden drohen, dann entziehe ich den Gerüchten ihre Nahrung," sagte er wörtlich. (Auszüge aus Daxners Rede vor dem Konzil auf Seite 5 sowie einen offenen Brief von Prof. Dr. Dieter Sterzel an Daxner mit Antwort auf Seite 6).

Daxner leitet die Universität Oldenburg seit 1986. 1992 wurde er mit zwei Drittel der Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt. Als Hochschulreformer von nationalem Rang machte er sich spätestens mit seinem Buch "Ist die Uni noch zu retten?" einen Namen. In der bundesweit beachteten kritischen Bestandsaufnahme schlägt er eine radikale Wende in der Hochschulpolitik vor, auch einen Abschied von der in den 70er Jahren eingeführten Gruppenuniversität, in der er kein Erfolgsmodell sieht.

Die Daxner -Nachfolge soll nach ersten Planungen bereits im kommenden Wintersemester entschieden werden. Danach soll der Ausschreibung im Herbst die Wahl des neuen Präsidenten im Februar 1998 folgen.

Leitung durch ein Präsidium

Stärkung der Vizes / Grundordnung verabschiedet

Die Universität Oldenburg wird ab dem nächsten Jahr von einem Präsidium geleitet. Diese Möglichkeit, die das Niedersächsische Hochschulgesetz vorsieht, schreibt jetzt die neue Grundordnung fest. Sie mußte in der letzten Konzilssitzung am 7. Mai nochmals verabschiedet werden, nachdem das Wissenschaftsministerium einige Korrekturen an der ursprünglich Fassung verlangt hatte. Wieder kam die erforderliche Zweidrittelmehrheit für die "Verfassung" der Universität zustande.

Die Leitung durch ein Präsidium besagt, daß wichtige Entscheidungen gemeinsam von Präsident, Vizepräsidenten und Kanzler getroffen werden. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Präsidenten ausschlaggebend. Zudem nehmen VizepräsidentInnen, die bisher nur stellvertretende Funktionen haben, ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahr.

Nach der jetzt verabschiedeten Grundordnung wird das Präsidium allerdings erst nach der Amtsperiode des jetzigen Präsidenten eingeführt - also im Oktober 1998. Prof. Dr. Michael Daxner sagte jedoch, er wolle diese Arbeitsform noch in seiner Zeit praktizieren.

Als Besonderheit enthält die Oldenburger Grundordnung eine Schlichtungskommission, die angerufen werden kann, wenn sich jemand bei der Verteilung von Mitteln und Stellen ungerecht behandelt fühlt. Ihr gehören je zwei Mitglieder jeder Statusgruppe an.

Große Aufmerksamkeit wird in der neuen Grundordnung der Gleichstellung der Frauen in der Universität gewidmet. Allein vier Paragraphen mit 12 Artikeln regeln die Wahrnehmung dieser Aufgaben - durch die Frauenversammlung, Frauenbeauftragte, die Gleichstellungsstelle und den "Rat der Frauenbeauftragten".

"Mit weniger Geld gleiche Dienstleistungen erbringen"

Interview mit Prof. Dr. Rüdiger Meyenberg *

UNI-INFO: Herr Meyenberg, Sie haben vor dem Konzil die Ankündigung der Bibliothek kritisiert, angesichts der Sparauflagen keine Bücher mehr zu beschaffen. Wie soll man das verstehen?

MEYENBERG: Ich habe beobachtet, daß sehr viele Dienstleistungsbereiche, wenn sie sparen müssen, mit einer Reduzierung ihrer Dienstleistungen reagieren. Das halte ich nicht für sinnvoll. Zwar wird die Universität mit einer sehr harten Einsparauflage überzogen, was u.a. bedeutet, daß bis zum Jahr 2004 etwa 20 Stellen im Wissenschaftsbereich abgegeben werden müssen. Aber das darf sich nicht auf den Wissenschaftsbereich allein beschränken, während das Verwaltungspersonal in diesem Umfang beibehalten wird.

UNI-INFO: Wie soll sich die Bibliothek verhalten?

MEYENBERG: Ich denke, daß alle Dienstleistungseinrichtungen sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie sie in Zukunft mit weniger Geld die gleiche Dienstleistung erbringen. Dies erfordert ein Umdenken, bedarf aber auch eines Personalabbaus. Richtig ist ja, daß wir effizienter werden wollen, daß wir auch Studiengänge, die vielleicht in diesem Umfang nicht so effektiv waren, abbauen müssen. Das muß einhergehen auch mit einer Reduzierung des Personals in den Dienstleistungseinrichtungen. Was ich, wie gesagt fordere, ist ein Konzept aller - nicht nur der Bibliothek, mit weniger Geld die gleiche Dienstleistung zu erbringen. Dazu gehört Phantasie und auch Konfliktbereitschaft, um ausgetretene Pfade zu verlassen.

UNI-INFO: Fordern Sie einen Einstellungsstop für die Bibliothek?

MEYENBERG: Ich werde mich hüten, der Bibliothek im Detail Vorschläge zu machen, dafür haben wir eine Leitung im BIS, die das sehr viel kompetenter machen kann: Gleichwohl gehe ich davon aus, daß alle Stellen, sowohl im Dienstleistungsbereich wie im Wissenschaftsbereich auf ihre Notwendigkeit und ihre Dotierung hin überprüft werden. So wie es das Hochschulgesetz auch fordert. Und ich denke, daß auch in der Bibliothek wie anderswo Bereiche zusammengelegt werden müssen.

UNI-INFO: Es gibt Ihrer Meinung nach also genügend Ressourcen, um die Arbeit in der Universität ohne qualitativen Verlust aufrecht zu erhalten.

MEYENBERG: Die Wissenschaft hat in letzter Zeit pro Jahr drei Millionen Mark weniger zur Verfügung als in den fetteren Jahren, ohne daß das zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Dienstleistung in Forschung und Lehre geführt hat. Wir bauen Polster, die unter dem Sparzwang entdeckt wurden, ab. Ein solches Denken erwarte ich auch in den zentralen Einrichtungen und der zentralen Verwaltung, weil wir sonst, wie der Präsident es gesagt hat, zu einer zweitklassigen Universität herabsteigen würden. Wir wissen doch, das Land wird in Zukunft in die Wissenschaft nicht mehr die Summen investieren wie in der Vergangenheit. Wir müssen gleichwohl mit den vorhandenen Kräften ein hocheffizientes wissenschaftliches Angebot aufrechterhalten.

UNI-INFO: Mit dieser Position werden Sie sich nicht nur Freunde machen.

MEYENBERG: In Zeiten, in denen es wenig zu verteilen gibt, ist es immer schwer, sich Freunde zu machen. Nur macht es keinen Sinn, Spiegelfechterei zu betreiben und das, was auf uns zukommt oder bereits da ist, zu ignorieren. Die Universitäten gehen wie andere Gesellschaftsbereiche durch eine schwierige Phase. Sie müssen sie bewältigen - auch indem sie die Regierungen dafür kritisieren, daß sie fahrlässig mit der wichtigsten Ressource eines Industriestaates, nämlich der Bildung, umgehen. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben und uns im rituellen Protest erschöpfen.

* Prof. Dr. Rüdiger Meyenberg ist Dekan des FB 3 Sozialwissenschaften und Sprecher der Dekane.

Wieder Minderheiten-AStA

RCDS erhebt Vorwurf des Wahlbetrugs

Auch in diesem Jahr wird es keine klaren Mehrheitsverhältnisse für den AStA geben. Auf der Sitzung des StudentInnenparlaments (StuPa) am 30. April wurde, wie in den vergangenen zwei Jahren auch, ein Minderheiten-AStA gewählt, der von der "alternativen Liste" toleriert wird. Zur "Regierungskoalition" schlossen sich die Gruppen "AStA für alle", "und draußen lagen die Igel" sowie die "Grüne Hochschulgruppe" zusammen. Neuer AStA-Sprecher ist Thomas App. Zur Finanzreferentin wurde Britta Seidel gewählt.

Wie der Sprecher betonte, werde auch der neue AStA ein "umfassendes politisches Mandat wahrnehmen". Schwerpunkt im Bereich der Hochschulpolitik werde die kritische Auseinandersetzung mit der geplanten Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und der Einführung von Studiengebühren sein.

Unterdessen warf der Vorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), Michael Daum, den linken Hochschulgruppen "Wahlbetrug" vor. Der Minderheiten-AStA habe sich seine Tolerierung durch die Abwahl des RCDS aus sämtlichen Gremien des StuPa sowie durch die Einrichtung einer mit erheblichen Finanzmitteln ausgestatteten Arbeitsgruppe der "alternativen liste" im wahrsten Sinne des Wortes "erkauft". Als zweitstärkste Fraktion im StuPa (10 Sitze) war der RCDS im vergangenen Jahr erstmals an der Bildung eines AStA beteiligt und hatte Positionen in den StuPa-Gremien besetzen können, indem er einen Minderheiten-AStA bestehend aus der "Bündnisliste Jusos/Simply Red", der "Grünen Hochschulgruppe", der Liste "Picard" sowie der Gruppe "und draußen lagen die Igel" toleriert hatte.


Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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