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Hochschulpolitik
- Vier Bewerber um die Präsidentschaft
- Mit Phantasie und Disziplin"
- Bald Eckprofessoren?
- Grenzüberschreitende Wissenschaftskooperation
- Die Zukunft der Universität nur mit Hochschulräten?
- "Es ist eigentlich egal, was wir Studenten sagen"
Interview mit dem Biologie- und Politikstudenten Ekkehard Darg (26) zum Streik
Beim zweiwöchigen Studenstreik ging es nicht nur um die materielle Misere
Gemeinsame Tagung der nördlichen Hochschulen
Heftige Diskussion um die geplanten "Aufsichtsräte" der Universitäten
Vier Bewerber um die Präsidentschaft
Vier Bewerber um das Präsidentenamt der Universität Oldenburg werden zu der am 21. Januar stattfindenden hochschulöffentlichen Anhörung im Vortragssaal der Bibliothek eingeladen. Ihnen wurde vom Wissenschaftsministerium ihre Eignung für das Amt bestätigt. Insgesamt hatten sich sieben Männer um die Nachfolge von Prof. Dr. Michael Daxner beworben, der nicht mehr kandidiert. Die Wahl findet am 11. Februar statt. Die Kandidaten:Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch (56), Psychologe am Fachbereich 5, studierte in Mainz und Braunschweig Psychologie und als Nebenfächer Betriebswirtschaft, Politik und Philosophie. Nach seinem Diplom 1967 in Braunschweig war er zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter in Braunschweig. Seiner Promotion 1972 schloß sich ein erster Ruf an die Pädagogische Hochschule Weinheim an, wo er zwei Jahre lehrte. 1974 wurde er an die neu gegründete Universität Oldenburg berufen, wo er von 1992 bis 95 Dekan seines Fachbereichs war und von 95 bis 97 das Amt des Vizepräsidenten wahrnahm
Dr. Hans-Georg Husung (47), Historiker und Leiter des Referates Lehre, Studium und wiss. Nachwuchs beim Wissenschaftsrat, studierte in München und Bielefeld Geschichte, Politik und Pädagogik. Nach seiner Promotion 1978 war er zunächst Referent des Präsidenten der Universität Braunschweig, bevor er 1980 als Research Fellow an das Deutsche Historische Institut nach London wechselte. 1985 wurde er persönlicher Referent des Präsidenten der Max-Plank-Gesellschaft. Von dort ging er zum Wissenschaftsrat, wo er zunächst das Referat Hochschulplanung leitete
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Scheibe (52), Hochschullehrer an der Hochschule Bremerhaven, nahm erst nach mehrjähriger Tätigkeit als Kaufmann das Studium auf. Von 1973 bis 1977 studierte er in Bremen Wirtschaftswissenschaften. Dem Diplom schloß sich drei Jahre später 1980 die Promotion an. Noch im selben Jahr wurde er auf die Professur für Transportwesen an der Hochschule Bremerhaven berufen. 1991 wurde er deren Rektor - ein Amt, das er bis 1996 bekleidete
Prof. Dr. Walter Schmitz (44), Germanist und Prorektor der Technischen Universität Dresden, studierte in Trier Germanistik und Latein und promovierte in München, wo er auch von 1979 bis 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter war. Seiner Habilitation 1988 folgte drei Jahre später der Ruf an die Technische Universität Dresden. Dort wurde er 1994 Dekan des Sprach- und Literaturwissenschaftlichen Fachbereichs, bis er sein jetziges Amt als Prodekan für Bildung an der Universität Dresden übernahm.
Mit Phantasie und Disziplin"
Beim zweiwöchigen Studentenstreik ging es nicht nur um die materielle Misere Donnerstag, 11. Dezember, zehn Uhr, der Student Stefan S. betritt gutgelaunt die Universität, um zur Vorlesung zur gehen. Er trifft Kommilitonen, hält einen Schwatz, trinkt noch einen Kaffee. Alles wie gewohnt? Nein, heute ist alles anders: Denn es ist nicht zehn Uhr morgens, sondern abends, und Stefan S. hat eine lange Nacht vor sich. Von 20.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens werden insgesamt 34 Veranstaltungen angeboten, mehrere hundert StudentInnen haben sich eingefunden, um den nächtlichen Vorlesungen zu lauschen und die Nacht zum Tage zu machen. Studentischer Streik an der Universität Oldenburg, eine Aktion von vielen, mit denen die Studierenden gegen die sich verschlechternden Studienbedingungen und die ihrer Meinung nach schleichende Entdemokratisierung der Hochschule protestieren.Insgesamt zwei Wochen, vom 1. Dezember bis zum 12. Dezember hatten sich die Studierenden der Universität Oldenburg der bundesweiten Protestbewegung der Studenten mit einem Streik angeschlossen: Vorlesungen und Seminare wurden boykottiert, statt dessen besuchten die Studierenden selbstorganisierte Arbeitskreise. In über 50 "AKs" wurde diszipliniert und phantasievoll zu mehr oder weniger hochschulpolitischen Themen von "Pressearbeit" bis "Kabarett", von "Bildungsstau" bis "Streikchor", von "Dokumentation" bis "Frust", von "Hintergründe der Hochschulpolitik" bis "Kontakt zu Schulen und Gewerkschaften", von "Professoren-Check" bis "Astronomie", gearbeitet.
Der Arbeitskreis Presse organisierte die Öffentlichkeitsarbeit, der Streikrat hielt das Ganze zusammen und versuchte die Übersicht zu bewahren. Der "AK Vorlesungen draußen" organisierte Veranstaltungen in der Oldenburger Innenstadt, die bei der Bevölkerung gut ankamen. Auch im Internet waren die Studierenden aktiv: Unter der Adresse https://uol.de/streikt/ waren ständig aktualisierte Informationen und Links zu finden.
Die Demonstration von der Universität über Fachhochschule und Bezirksregierung bis in die Innenstadt mit über 4.000 TeilnehmerInnen war eine der größten in Oldenburg der letzten Jahre. Präsident Prof. Dr. Michael Daxner bekam Besuch, die Senatssitzungen fanden eine sonst ungewohnte Öffentlichkeit. Mit Aktionen in Innenstadt wie dem "Bildungsengpaß" in der Gaststraße, Lichterkette, Staffellauf ("Wir haben den längeren Atem"), Glücksrad, Studentenversteigerung, Akrobatik, Versteigerung "des letzten Hemdes" und Vorlesungen in Bussen machten die Studierenden auf ihre Anliegen aufmerksam.
Neben der Forderung nach mehr Geld war auch der in den Medien meist wenig thematisierte Wunsch nach demokratischeren, offenen Strukturen an der Hochschule zentrales Anliegen der Studierenden. So wurden Leitungs- und Hochschulräte ebenso abgelehnt wie eine leistungsabhängige Mittelvergabe.
Zu einer breiten Unterstützung der Studierenden durch die Lehrenden kam es allerdings nicht, umso stärker war das Engagement einzelner WissenschaftlerInnen, die sich nicht scheuten, auf die Straße zu gehen, und sich solidarisch erklärten. Auch die Beschäftigten der Universität begrüßten die "berechtigten Forderungen" der Studierenden mit einer von der Personalversammlung einstimmig verabschiedeten Resolution und wünschten den Streikaktionen Erfolg.
Die zweite Woche brachte dann die Wende. Der Stimmungswechsel kündigte sich an mit den VVs der Fachschaft Anglistik und der Fachschaft Mathematik, die sich gegen eine Fortsetzung des Streiks aussprachen. Die Gesamt-VV am 12. Dezember, in guter Stimmung auch durch Beiträge des Streikchors, applaudierte zwar noch den vorhergegangenen Nachtvorlesungen. Später aber beschloß sie mit etwa zwei Dritteln der Stimmen die "Aussetzung" des Streiks. Hintergrund der Aussetzung des Streiks war die Befürchtung vieler Studierender, das Semester ohne "Schein-Erfolg" zu beenden. Mit der Entscheidung bröckelte auch die Arbeit in den AKs.
Während an anderen Universitäten die studentischen Proteste andauerten, war damit in Oldenburg vorerst vorweihnachtliche Ruhe eingekehrt. Doch im Januar wollen die Oldenburger Studierenden ihre Proteste mit "Mittwochsdemonstrationen" fortsetzen.
Wolf Hertlein
Bald Eckprofessoren?
Die Universität Oldenburg rechnet fest mit der baldigen Freigabe der beiden ingenieurwissenschaftlichen Eckprofessuren, die seit einem Jahr im Haushalt verankert sind, aber noch nicht besetzt werden dürfen. Ihre Freigabe ist Voraussetzung für den von den Fachbereichen Physik und Informatik geplanten ingenieurwissenschaftlich orientierten Diplomstudiengang Physik, der stark berufsorientiert ausgerichtet werden soll. Prof. Dr. Volker Mellert (Fachbereich 8 Physik) zeigte sich nach einem Gespräch mit Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt optimistisch. Es gehe bei der Freigabe nur noch um Details, die Anfang des Jahres geklärt sein müßten.Ursprünglich waren die beiden Eckprofessuren "Regelungstechnik" und "Meßtechnik" für den 1992 vom Kabinett beschlossenen Fachbereich Ingenieurwissenschaften vorgesehen. Er ist aber angesichts leerer öffentlicher Kassen und der derzeit geringen Nachfrage nach Ingenieurstudienplätzen in weite Ferne gerückt.
Grenzüberschreitende Wissenschaftskooperation
Gemeinsame Tagung der nördlichen Hochschulen
Eine Tagung mit dem Thema "Grenzüberschreitende Wissenschaftskooperation", an der auch die Niedersächsische Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt und der Kommissar der niederländischen Provinz Groningen, Hans Alders teilnehmen, findet am 29. Januar 1998 ab 10.00 Uhr im Sitzungssaal des ehemaligen Landtages in Oldenburg statt. Sie soll den derzeitigen Stand sowie Modelle und Beispiele der Kooperation in den Bereichen Lehre und Forschung zwischen den Hochschulen Nordwestdeutschland und derNordniederlande aufzeigen und Impulse für die ökonomische Entwicklung sowie die sozialen und ökologischen Bedingungen der Region geben. So werden durch grenzüberschreitende Studienmöglichkeiten AbsolventInnen der Hochschulen auf zukünftige Berufsaufgaben adäquater vorbereitet. Zur Durchführung innovativer Ansätze und Verfahren wird die Abstimmung mit der Industrie, kleinen und mittleren Unternehmen, mit Kommunen und Verwaltung immer wichtiger. Aus diesen Gründen wurden vor allem Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung eingeladen. Organisiert wird die Tagung von der Arbeitsstelle Dialog.
Die Zukunft der Universität nur mit Hochschulräten?
Heftige Diskussion um die geplanten "Aufsichtsräte" der Universitäten
Über Hochschulräte wird seit einiger Zeit - besonders auch während der Streiks - heftig gestritten. Was könnte dieses nicht nur aus HochschulvertreternInnen zusammengesetzte wichtige Entscheidungsgremium leisten, welche Kompetenzen sollte man ihm geben? York Hener, Leiter des Dezernates für Hochschulplanung, zeigt die Möglichkeiten auf. Prof. Dr. Theodor Berchem, Präsident der Universität Würzburg und in den 80er Jahren Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz, warnt dagegen vor Institutionen dieser Art.Ob Hochschulräte, ob Kuratorien, ob boards of trustees oder welche Bezeichnung auch immer in der Diskussion um dieses neue Aufsichtsgremium für die Hochschulen steht: Keiner der Begriffe verbindet damit ein abgrenzbares Modell. Insofern steht "Hochschulrat" für alle begrifflichen Varianten. Das gilt auch für das "Kuratorium", das im Niedersächische Hochschulgesetz (§ 5 Abs. 4) vorgesehen, aber noch nirgendwo eingeführt ist. Es liegt (noch) allein in der Hand der Universitäten, sich eines solchen Gremiums zu bedienen.
Hochschulräte sollen, das ist das Ziel, die Autonomie der Hochschulen verstärken, wobei Autonomie als eine größere Unabhängigkeit von staatlichen Eingriffen im einzelnen und eine größere Handlungsfähigkeit gegenüber der Offentlichkeit verstanden wird. Beides soll dazu beitragen, den Prozeß der Forschung, der Ausbildung, der weiteren Dienstleistungen an den Hochschulen zu entbürokratisieren. Wenn dies die vorrangige Aufgabe ist, dann dienen Hochschulräte den Hochschulen selbst, indem sie den Abstand zwischen Staat und Hochschule vergrößern und als Schnittstelle zwischen diesen beiden auch die Interessen der Hochschule gegenüber dem Staat vertreten können. In dieser Funktion sind Hochschulräte vergleichbar mit Aufsichtsräten. Sie sollen aber auch in die Gesellschaft, in die Öffentlichkeit hineinwirken können. Dafür müssen sich die Hochschulen auch die Einflußnahme z.B. beim Hochschulentwicklungsplan und wichtigen Entscheidungen seiner Umsetzung gefallen lassen.
Hochschulräte können in die Hochschule hinein moderierend und damit ausgleichend wirken. Die sehr unterschiedlichen und divergierenden Interessen und Ausrichtungen der Fachgebiete machen gerade in der Entwicklungsplanung oder in der Profilbildung, aber auch neuerdings in den neueren Steuerungsmodellen bei Leistungsvereinbarungen einen Ausgleich über die Fachgebiete notwendig. Hier kann eine Außeninstanz helfen, den Konsens schneller zu erzielen und damit höhere Akzeptanz für Prioritäten zu schaffen. Aufgaben des Hochschulrates müßten daher insbesondere sein:
- die Genehmigung der Grundordnung der Hochschule
- die Genehmigung von Prüfungs- und Promotionsordnungen
- Errichtung und Änderung von Fachbereichen, Einrichtungen, Betriebseinheiten usw.
- Beschluß über den Hochschulentwicklungsplan einschließlich Frauenförderplan
- Beschluß über die Haushaltsanmeldungen.
Ein Mitwirkungsrecht sollte eingeräumt werden bei folgenden Punkten:
- Kandidatenvorschlag für die Leitung der Hochschulen
- laufende Entwicklungsplanung der Hochschulen (neue Forschungsschwerpunkte und Fächer)
- Verwendung der Professorenstellen sowie die Modalitäten von Ressourcen bei der Besetzung
- Grundsätze der Bewirtschaftung der staatlichen Mittel für die Hochschulen,
- Bewertung der Leistung der Hochschule.
Hier finden sich viele Gesichtspunkte wieder, die auch in anderen Modellen auftauchen. Möglicherweise ist hier in diesem Vorschlag zweierlei abweichend: Mit der letzten Entscheidung über die Verwendung von Professuren und die Ressourcen bei der Besetzung wird ein wichtiger Bereich in den Hochschulrat gebracht, der wesentlicher Motor von Veränderungen ist, wobei es einer klaren Abstimmung mit der Hochschule bedürfte. Aber es erscheint sinnvoll, die letzte Entscheidung aus einer Hochschule dann herauszunehmen, wenn zwischen den Fachbereichen konkurriende Vorstellungen bestehen
Wichtig ist die Frage der Entscheidung über die Leitung der Hochschule. Das letzte Wort über die Wahl der Leitung sollte der Hochschule nicht genommen werden. Auf der anderen Seite sollte der Hochschulrat die Möglichkeit haben, durch Kriterien für die Auswahl von Bewerbern auf die Wahl Einfluß nehmen zu können. Im Rahmen der neuen Steuerungsmodelle werden die Hochschulen sich zunehmend neben ihren traditionellen Entwicklungsplanungen, die längst nicht an allen Hochschulen etabliert sind, mit der eigenen Leistungsbeschreibung und -bewertung beschäftigen müssen. Dazu müssen auch die Umsetzungen von Evaluationen gezählt werden. Hier braucht es eine Instanz wie den Hochschulrat außerhalb der Hochschule, die eine Art von Kontrolle ausübt und damit den internen Prozeß befördert.
Wer soll in den Hochschulrat? Klar ist, daß sowohl Sachverständige für Bildung, Wissenschaft und gesellschaftliche Verbände (u.a. Wirtschaft, Gewerkschaft) vertreten sein sollten wie auch Vertreter-
Innen der betroffenen Hochschulen einschließlich Studentinnen und Hochschulabsolventinnen. Um den Aufgaben Rechnung zu tragen, sollte die Hochschulseite einschließlich der Wissenschaftsverwaltung nicht die Mehrheit in diesem Gremium haben.
Aber das Wissenschaftsministerium sollte sich bei der Ernennung der VertreterInnen mit der Hochschule abgestimmen. Politiker in den Hochschulrat aufzunehmen, erscheint dabei nicht sinnvoll. Die Politik hat nach wie vor eine Verantwortung für das Hochschulsystem insgesamt und setzt die Rahmenbedingungen. Sie soll sich von den Hochschulen die Leistungsbilanz darlegen lassen, aber bei einzelnen Hochschulen kann sie nur die Aufgabe von regionalen Interventionisten übernehmen.
Die Zusammensetzung im einzelnen sollte aber von den Interessen und Ausrichtungen der Hochschulen abhängen. So können Fachhochschulen und Technische Hochschulen eine andere Beteiligung der Wirtschaft bevorzugen als Universitäten. Außerdem sollte klargestellt sein, daß Hochschulräte auch nicht notwendig auf eine Hochschule konzentriert sein müßten. Verbünde von Hochschulen - wie sie für Bremen und Oldenburg denkbar wären - würden auch einen gemeinsamen Hochschulrat nahelegen.
Schließlich ist auch zu erwägen, diese neuen Instanzen ebenso befristet und auf Probe einzusetzen, wie dies zunehmend für die Schwerpunkte an Hochschulen gemacht wird.
"Es ist eigentlich egal, was wir Studenten sagen"
Interview mit dem Biologie- und Politikstudenten Ekkehard Darge (26) zum Streik
UNI-INFO: Herr Darge, beteiligen Sie sich am Streik?DARGE: Ja. Ich finde es spannend, wie gerade bundesweit eine Welle des Protestes durch die Universitäten geht und die Studenten anfangen, auch über ihren Hochschulrahmen hinaus gesellschaftliche Probleme wahrzunehmen. Ich bin nicht ganz vorne mit dabei, mache aber im Arbeitskreis "Hochschul- und Leitungsrat" mit, wo wir uns ansehen, was geplant ist und über Alternativen nachdenken. Bei den Demos und Vollversammlungen bin ich dabei, und eigentlich steckt man dauernd in irgendwelchen Diskussionen. Also, beteiligt bin ich schon.
UNI-INFO: Was ist für Sie Motivation mitzustreiken?v DARGE: Eigentlich bin ich schon immer politisch interessiert. Inhaltlich zeichnet sich immer offener das Bestreben ab, die Hochschulen, speziell auch die Carl von Ossietzky-Universität, in Unternehmen umzuwandeln. Die Einführungen von Globalhaushalt, Hochschulrat, Leitungsrat und Leistungskriterien stehen als deutliche Charakteristika dafür.
UNI-INFO: Warum lehnen die Studierenden in Oldenburg die Mittelvergabe nach Leistungskriterien ab?
DARGE: Wir sind nicht dagegen, daß die Lehre evaluiert wird. Manche Lehrenden bringen wirklich eine schlechte Lehre. Darüber würden wir auch gern mit den Lehrenden reden. Wir sind aber gegen eine Überprüfung der Uni nach Kriterien, die über Inhalte und Qualität wenig aussagen. Wissen braucht Zeit, und Studiengänge wie Bachelor und Master als Quickie-Studium helfen da nicht. Die Entwicklung der Persönlichkeit ist wichtig, weil wir nicht nur Absolventen brauchen, die für den Arbeitsmarkt fit sind. Wir brauchen auch Menschen, die fähig sind, diese Demokratie zu tragen sowie in breitem Maße in der Lage sind, die Probleme dieser Gesellschaft bearbeiten zu können
UNI-INFO: Woher kommt plötzlich und scheinbar ohne Anlaß diese Protestwelle?
DARGE: Ich stelle mir vor, daß da etwas über Jahre geschwelt hat, ohne daß man viel davon mitbekam, und irgendwann gab es dann einen Ausbruch. Anfangs ging es ja nur um volle Hörsäle bei den Erstsemestern in Gießen, die plötzlich sehr existentiell erkannten, daß sie nicht richtig studieren können. Es sind dann viele andere Sachen mit aufgebrochen.
UNI-INFO: Wie erleben Sie selbst den Streik?
DARGE: Ich glaube, wir haben in diese Woche einen besseren Umgang miteinander gelernt. Am Anfang gab es bei den Vollversammlungen heftige Auseinandersetzungen unter den Studierenden z. B. um den Stellenwert antirassistischer Forderungen. Bei späteren VVs waren viele sensibler und haben besser zugehört. Das ist eine Reifung, die wir nie machen würden, wenn wir uns nicht mal so zusammensetzen würden. Was auch positiv war, daß man mal die Studierenden aus allen Fachbereichen der Universität in ihrer Gesamtheit zusammen erlebt.
UNI-INFO: Glauben Sie, daß der studentische Protest Erfolg haben wird?
DARGE: Ich glaube, daß wir jetzt, Mitte Dezember, an einem Scheideweg sind. Wir haben insofern Erfolg, daß das Thema stark in die Medien gekommen ist und auch ein Problembewußtsein entstanden ist. Die bisher gebotenen "paar Mark mehr" sind eine typische Reaktion der Politiker, um die Studenten abzuspeisen. Jetzt kommt es darauf an, auch andere Protestformen zu wählen, die den Politikern auch mehr wehtun, wo sie merken, jetzt wird's langsam brenzlig, jetzt müssen wir wirklich was tun. Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ich hoffe, daß wir in der nächsten Zeit auch Gebäude besetzen, auf die großen Straßen gehen, die Bannmeile des Bundestages verletzen etc. Nichts kaputtmachen und niemanden gefährden, aber deutlicher ins öffentliche Leben einschneiden.
UNI-INFO: Wie sieht Ihre Wunschhochschule aus?
DARGE: Ich wünsche mir mehr Kontakt zu den Lehrenden. Ich wünsche mir, daß es eine echte studentische Mitbestimmung in den Gremien gibt. Zur Zeit ist es eigentlich egal, was wir Studierenden sagen, wenn sich die Profs einig sind, werden wir abgebügelt. Zudem wäre eine anderen Konfliktkultur von Nöten: Durch gute Moderation und Mediation könnten Unigremien ohne einen Verlust an Demokratie fairer und effizienter arbeiten. Die Profs sollten sich fragen, ob der Genuß der Fäuste und Ellenbogen ihrer KollegenInnen, wie es im Wirtschafts- oder Hochschulrektoren-Modell weiter geplant ist bzw. beim Globalhaushalt schon exerziert wird, so erstrebenswert ist. Ich denke, nein! Weiter wünsche ich mir eine stärkere Einbindung der Universitäten in die Gesellschaft, aber es sollen nicht einige honorige Leute und Wirtschaftsfunktionäre, wie im Hochschulrat geplant, über die Belange der Universität entscheiden. Damit kommen die Interessen der unteren zwei Drittel der Gesellschaft zu kurz. Alle könnten z.B. auf der Ebene einer beratenden und evtl. mitentscheidenden Senatskommission ihre VertreterInnenplätze bekommen. Ich wünsche mir damit eine Universität, die sensibler die eigentlichen Probleme der Gesellschaft wahrnimmt, und sich auch als Dienstleister für die Gesellschaft versteht, aber ihre demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen dabei nicht aufgibt, sondern diese im Gegenteil weiter stärkt.