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Hochschulpolitik

Grundlage für die Zukunft geschaffen

Senat beschließt "Qualitatives Soll der Fachbereiche"

Einen richtungweisenden Beschluß für die Universität hat der Senat am 23. September gefaßt. Mit einer Mehrheit von 8 : 5 Stimmen wurde das "Qualitative Soll der Fachbereiche" festgelegt, womit die Grundlage für Zukunftsplanungen der Fachbereiche und der Universitätsleitung geschaffen ist.

Der Senat schloß sich damit der Planungskommission an, die nach langen und kontroversen Beratungen ein Empfehlungspapier verabschiedet hatte. Das "Qualitative Soll" ist Bestandteil des Hochschulentwicklungsplanes (HEP), der in seinem allgemeinen Teil bereits vor zwei Jahren verabschiedet worden war. In dem HEP wird die Universität als "mittelgroße Hochschule mit Schwerpunkten in den Kultur-, Sozial- und Naturwissenschaften" charakterisiert, wobei vom Grundsatz her die Förderung einer "friedlichen, ökologischen und sozialen Entwicklung der Gesellschaft" angestrebt wird. Die Universität sei "in erster Linie dem Studium auf wissenschaftlicher Grundlage verpflichtet". Das schließe "Forschungseinrichtungen ohne Bezug zur Qualifikation von Studierenden" ebenso aus wie Studiengänge und Lehrbereiche, die "einen unvertretbar geringen Bezug zur Forschung haben". Im Hinblick auf die LehrerInnenausbildung wird der Anspruch formuliert, "ein möglichst vollständiges Kombinationsangebot für alle Schulstufen und Schularten vorzuhalten". Im übrigen behalte "das alte Prinzip von Fortschreibung und Besitzstandswahrung für keinen Bereich Gültigkeit".

 Besonders starke Veränderungen zeichnen sich nach dem neuen Beschluß für den Fachbereich 1 Pädagogik ab, der statt bisher 21 künftig nur noch 16 Professuren haben soll. Auch der Fachbereich 3 Sozialwissenschaften verliert eine Reihe von Professuren. So sollen die Fächer Soziologie/Politikwissenschaft statt bisher mit 16 künftig mit 10 Professuren ausgestattet sein. Kriterium für das "Qualitative Soll" waren Empfehlungen des Wissenschaftsrats, wonach die angebotenen Fächer so ausgestattet sein sollen, daß die erforderliche fachliche Breite mit den etablierten Schwerpunkten gewährleistet ist. Über den Umfang der Lehrkapazität - und damit über die Anzahl der Studierenden - sagt dies noch nichts aus.

Nach Angaben von Planungsdezernent Yorck Hener wird längerfristig eine Veränderung der Stellenstruktur im Wissenschaftsbereich angestrebt. Ein Teil der Professuren und anderer Dauerstellen solle in befristete Stellen umgewandelt werden. Ziel sei eine verbesserte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und eine flexibleren Anpassung an Erfordernisse der Lehre.

Möglich werden die Veränderungen durch zahlreiche Neubesetzungen in den kommenden Jahren. Aus Altersgründen scheiden bis zum Jahr 2007 von ca. 200 ProfesorInnen 137 aus.

 Die Kritiker auf der Senatssitzung, wie Prof. Dr. Armin Lewald (FB 3 Sozialwissenschaften), beklagten ein "fehlendes Uni-Design für die Zukunft". Bis heute habe kein wirkliche Entwicklungsplanung an der Universität stattgefunden. Auch sei unklar, welche Rolle eigentlich die Lehrerausbildung künftig spielen solle.

 Von studentischer Seite hieß es, daß am "gesellschaftlichen Bedarf vorbei" geplant werde. Außerdem geschehe dies "durch die Hintertür", nämlich in dem Semesterferien. Dagegen sprachen die Befürworter von einem "demokratischen Prozeß der Planung" (Prof. Dr. Volkert Mellert, FB 8 Physik). Es handele sich um "schmerzhafte Einschnitte", die notwendig seien, um die Universität "am Leben zu halten" (Prof. Dr. Werner Damm, FB 10 Informatik).

Präsident: Die Schnellen "fressen" die Langsamen

Grubitzsch übernahm Präsidentenamt - Service für StudentInnen soll größeres Gewicht bekommen

Die Konzipierung eines Leitbildes wird der neue Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch schnell in Angriff nehmen, um der Universität Oldenburg eine gute Ausgangsposition im immer stärker werdenden Wettbewerb zu verschaffen. Wenn bald die Mittelverteilung nach Leistungskriterien erfolge, dann müsse die Universität ein Profil haben, das den Kriterien der Verteilung möglichst nahe komme, sagte Grubitzsch bei der Feier zur Amtsübergabe am 12. Oktober im neuen Hörsaalzentrum, an der zahlreiche VertreterInnen des öffentlichen Lebens teilnahmen, darunter auch Wissenschaftsminister Thomas Oppermann.

 In seiner programmatischen Rede betonte Grubitzsch, die Universität werde in ihrem Bemühen um Erhalt der Fächervielfalt im Nordwesten auf die enge Zusammenarbeit mit Bremen setzen. Einen besonderen Stellenwerde auch die wissenschaftliche Weiterbildung haben. Es solle keinen neuen Studiengang mehr geben, für den nicht auch gleich ein Konzept für Weiterbildung vorgelegt werde.

Für den MTV-Bereich kündigte Grubitzsch große Anstrengungen an,, um die Arbeitsabläufe auf ein höheres Niveau zu heben. Dabei gehe es nicht nur um Leistungsoptimierung, sondern auch um ein größeres Maß an Zufriedenheit. Nachdrücklich wies er auf den Faktor Zeit hin, der die Universität zwinge, zügig zu handeln und sich zu reorganisieren. In einem Interview mit der NWZ hatte er zuvor geäußert: "Nicht die großen Hochschulen werden die kleinen fressen, sondern die schnellen die langsamen".

 Oppermann beschäftigte sich in seiner Rede vornehmlich mit den Verdiensten des ausgeschiedenen Präsidenten Prof. Dr. Michael Daxner, der, so der Minister, sich nie auf das Verwalten einer Universität beschränkt, sondern ihre Entwicklung stets vorangetrieben habe. Bei der selbstbewußten Amtsführung habe es nicht immer Klarheit in der Frage gegeben, ob die Universität einen Präsidenten gehabt habe oder umgekehrt. Oppermann forderte Daxner auf, nicht nur als Berater für Joschka Fischer und Jürgen Rüttgers zur Verfügung zu stehen, sondern auch für ihn.

 Daxner hatte in seiner Ansprache zuvor Oppermann um Unterstützung dabei gebeten, die Universität vor den Haushaltsrestriktionen der Bürokratie zu bewahren, die die Funktion des Globalhaushaltes in Frage stellten. Für die Hochschule und sich selbst zog er eine positive Bilanz seiner zwölfjährigen Leitungstätigkeit, erklärte aber gleichzeitig, er gebe einer Volluniversität keine Zukunftschance, wenn sie nicht vor Ort mit anderen großen Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Instituten zusammenarbeiten könne. Die Landesregierung forderte er auf, stärkere politische Gestaltungskraft gegenüber den Vorständen der großen Forschungsorganisationen aufzubringen, damit Institut

 Vizepräsident Prof. Dr. Jost von Maydell wies in seiner Würdigung darauf hin, daß Daxner das Präsidentenamt gelebt habe, 24 Stunden am Tag, 52 Wochen im Jahr. Er habe die Universität überzeugend repräsentiert, gestaltet und verändert. Amtskollegin Ina Grieb erklärte, Daxner habe dazu beigetragen, daß Oldenburg zu einem Markenzeichen für den Typ der jungen offenen Universität geworden sei.

 Kritische Worte gab es von ASTA-Sprecher Jochen Haake. Er konzedierte zwar, daß Daxner die Universität modernisiert habe, aber im Umgang mit den studentischen VertreterInnen habe ihm die Fähigkeit zum Zuhören gefehlt, und er habe sie häufig eingeschüchtert.

Den Schlußpunkt der Veranstaltung setzte der Vorsitzende Peter Waskönig, der Grubitzsch ein überdimensionales Zepter überreichte.

 Großen Beifall fand die erstklassige musikalische Umrahmung der Festveranstaltung durch die beiden Jazzmusiker Dietmar Kirstein und Eckhard Petri (Klavier).

"Innovation ist ausschlaggebend"

Shell-Vorstand begrüßt auf Einladung des Fachbereichs Chemie die Erstsemester

Technische Innovationen sind ausschlaggebend für das Wirtschaften in einer Welt mit 12 Milliarden Menschen im nächsten Jahrhundert." Diese Ansicht vertrat Dr. Fritz Vahrenholt, Mitglied des Vorstands der Deutschen Shell AG, in seinem Festvortrag auf der feierlichen Begrüßungsveranstaltung der Erstsemester, die in diesem Jahr vom Fachbereich Chemie organisiert wurde.

Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch begrüßte die Erstsemester im Namen der Universität. Grubitzsch rief die neu immatrikulierten Studierenden dazu auf, die Universität nicht als erstarrte Institution, sondern als lernfähige Organisation zu begreifen und Vorschläge zur Verbesserung sowohl in der Lehre als auch in den Organisationsstrukturen zu machen. Als AStA-Vertreter kritisierte Jochen Hake in seiner Ansprache, unterstützt von zwei Studenten mit einem Transparent, das Auftreten von Vahrenholt wegen der Politik und des Engagements von Shell in Nigeria.

In seinem Vortrag zum Thema "Innovation und Umweltschutz" führte Vahrenholt als Beispiel für eine zukunftsweisende Innovation ein von Shell entwickeltes Verfahren an, mit dem auf kleinstem Raum z.B. für einen PKW mit Wasserstoffantrieb aus Methan, Benzin, Diesel und anderen flüssigen Kohlenwasserstoffen Wasserstoff hergestellt werden könne. Sein Unternehmen gehe davon aus, daß der weltweite Energieverbrauch sich bis 2050 verdreifachen und dennoch der Verbrauch an Gas, Öl und Kohle etwa ab 2020 zurückgehen werde. Den regenerativen Energiequellen Wind, Sonne, Biogas und Erdwärme maß Vahrenholt zunehmende Bedeutung bei und bezeichnete die Reduzierung der klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen als "unausweichlich". Vahrenholt, Autor des Buches "Seveso ist überall", war mehrere Jahre im Bundesumweltamt und zuletzt als Umweltsenator in Hamburg tätig, bevor er im Frühjahr zu Shell wechselte.

Aktiv für eine nachhaltige Entwicklung

Agenda 21: Universitäten sollen zukunftsfähiges Wissen schaffen und verbreiten

Die Universitäten sollen aktiv für eine nachhaltige Entwicklung eintreten. Darin waren sich die TeilnehmerInnen der internationalen COPERNICUS Konferenz "The Role of Universities for Sustainable Development" einig, die im September im niederländischen Utrecht stattfand. An konkreten Beispielen diskutierten sie, welche Rolle die Universitäten bei der Umsetzung der Agenda 21 spielen können.

 In der 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedeten Agenda 21 ist neben anderen Akteuren im Kapitel 35 auch die Wissenschaft explizit aufgefordert, sich in den Dienst einer nachhaltigen Entwicklung zu stellen.

 Die Beiträge von Universitäten aus unterschiedlichen Ländern zeigten einerseits die Chancen eines nachhaltigen Profils und des Dialogs mit anderen Gruppen, andererseits aber auch die noch bestehenden Defizite. So waren alle dargestellten Beispiele thematisch auf Umwelt und bezüglich der Kooperationspartner auf die Industrie beschränkt. Allein studentische Initiativen aus Skandinavien, den Niederlanden und Österreich verfolgten hier einen weitergehnden Ansatz.

 Deutlich wurde auf der Konferenz, daß zur Verwirklichung der ,Basic elements of the COPERNICUS action plan' noch einiges zu tun ist: zum einen sollten Universitäten entsprechend ihrer Schlüsselkompetenzen zukunftsfähiges Wissen schaffen und verbreiten. Dazu fordert zukunftsfähige Entwicklung einen integrierten multidisziplinären Ansatz, sollte also in den Curricula möglichst aller Fakultäten verankert werden.

Zum anderen sollten Universitäten eine Rolle als lokales Wissens-Center für zukunftsfähige Entwicklung spielen. Damit sind einerseits neue Ansätze des lebenslangen Lernens für neue Zielgruppen und andererseits zukunftsfähige Partnerschaften zwischen Hochschulen, Regierungen, Industrie und anderen Akteuren gefordert.

Zu guter Letzt sind Hochschulen selbst als große und umweltbelastende Betriebe gefordert, Verkehrsaufkommen, Energie, Wasserverbrauch usw. durch ein geeignetes Umweltmanagement zu minimieren.

 Die Universität Oldenburg bringt hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Kompetenzen, der Erfahrungen mit interdisziplinär angelegten Studiengängen und aufgrund ihrer vielfältigen Kooperationsbeziehungen für einen solchen Weg gute Voraussetzungen mit.

 Der lokale Agenda 21 - Prozeß, der in Oldenburg am 6. November seinen offiziellen Auftakt erfährt, bietet der Universität die Gelegenheit, im obigen Sinne aktiv gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Walter Neddermann/Günter Siehlmann

Das qualitative Soll der Hochschulentwicklungsplanung

Zwei Meinungen: Prof. Dr. Werner Damm (FB 10) und Dr. Reinhard Schulz (wissenschaftlicher Mitarbeiter) zur Entscheidung des Senats

Hochschulentwicklungsplanung (HEP) steht auf der Tagesordnung. Vorbei sind die (guten?) Zeiten, in denen Universitäten Wissenschaft als Summe der Einzelaktivitäten ihrer Hochschullehrer erzeugten – Profilbildung ist nicht nur gefragt, sondern überlebensnotwendig im Wettbewerb der Universitäten. Zu Recht wurde daher in der Senatssitzung die Frage nach dem zukünftigen Profil, unserem Profil, mit den Worten unseres frisch gewählten Präsidenten, nach der Corporate Identity gestellt. So weit sind sich wohl alle (?) einig: wir müssen unsere Stärken betonen, uns auf unsere Kernkompetenzen besinnen. Danach wird es schwierig ...

 Qualitatives Soll (QS) – das ist mitnichten die Antwort auf die Frage nach unserem Profil. Im vom Senat verabschiedeten allgemeinen Teil der HEP findet man dort deutlich mehr. Dort findet sich auch die "Definition" des QS, und es ist ein Phänomen, das anscheinend auch die Presse & Kommunikation einer Fehlinterpretation unterliegt, die wohl auch Studierende mit Sorge erfüllt. "Das QS stellt unabhängig von der Zahl der Studierenden die mindestens nach der vorherrschenden fachspezifischen Differenzierung oder nach Prüfungsgebieten ... erforderliche Zahl der Professuren sicher." Soweit das Zitat, und damit – um es auch explizit zu sagen – die triviale (?) Folgerung, daß natürlich aus quantitativen – sprich: Auslastungs – Gründen auch eine größere Anzahl von Professuren für die Aufrechterhaltung der Lehre erforderlich sein könnte. Dies läßt zumindest die Definition des QS offen; ob aus anderen Erwägungen heraus es günstiger ist, Kapazitätsfragen eher durch zeitlich befristete Stellen abzufangen und damit flexibler auf fluktuierende Nachfragen reagieren zu können und gleichzeitig mehr Nachwuchsstellen zu schaffen, steht auf einem zweiten, allerdings bedenkenswerten Blatt. In jedem Fall ist unstrittig, daß eine studentische Nachfrage sich niederschlagen muß in einer adäquaten Personalausstattung.

 Die Planungskommission (PK) hat in einem, übrigens keineswegs kontroversen, aber langwierigen Prozeß – orientiert an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates und unter Einbeziehung der lokalen Gegebenheiten – das QS für, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, sämtliche Fächer zur Beschlußfassung dem Senat vorgelegt. Mysterriöse Formulierungen wie die "Einbeziehung lokaler Gegebenheiten" lassen sich leicht entmystifizieren: Prominentes Beispiel ist die Berücksichtigung der ICBM Professuren bei der Festlegung des QS der naturwissenschaftlichen Fachbereiche. Hier lagen zwar eindeutige Empfehlungen des Wissenschaftsrates vor – dieser kann jedoch kein ICBM antizipieren, in dem Professoren tätig sind, die natürlich mit zur Abdeckung der fachlichen Breite in den naturwissenschaftlichen Fächern beitragen, mithin beim QS zu berücksichtigen sind. Kontroversen entstanden hier nur, weil eine PK-Vorlage versehentlich diese manchmal bei den Fächern mitzählte, manchmal nicht. Wohlgemerkt: kein inhaltlicher Dissenz, lediglich keine einheitliche Vorgehensweise in der Umsetzung.

 Und der Bezug zur HEP? QS ist – in meinen Augen – nur ein Baustein, ein Schritt auf dem Weg zur Corporate Identity. Wenn man so will: Wir wissen jetzt, was uns welches Fach "kostet". Was fehlt, ist – auf der Basis der Stärken dieser Universitäten – die Reduktion auf die Kernkompetenzen, Reduktion, weil diese überlebensfähig sein müssen, um im nationalen und internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen. Und was dies mindestens heißt an Ausstattung mit Professorenstellen – das sagt uns das nun definierte QS.

Werner Damm

Bei der Diskussion des Qualitativen Solls habe ich beklagt, daß die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg keine Idee von sich selbst habe, was zu einem weitgehend blinden Planungsprozeß führen müsse. Ich möchte verdeutlichen, was ich mit dieser Aussage gemeint habe.

 In den vergangenen Jahren hat unsere Universität einen dringend notwendigen Normalisierungsprozeß durchlaufen, der eine ganze Reihe von Erfolgen zu verzeichnen hat (z. B. Konturierung des Forschungsprofils, Eintritt in die DFG, Erweiterung der Auslandskontakte). Im Mittelpunkt dieser Anstrengungen stand dabei die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Hochschulen. Heute muß festgestellt werden, daß über diese Normalisierungs- und Anpassungsanstrengungen hinaus der ebenso notwendige Prozeß der Besonderung vergessen worden ist. Wenn die ser Aspekt bei der Konkurrenz der Hochschulen untereinander keine Rolle spielen würde, dann hätten kleine Hochschulen langfristig keine Chance zu überleben. In Wirklichkeit zeigt sich ein anderes Bild. Damit stellt sich für eine mittelgroße Universität wie Oldenburg im Hinblick auf ihr Leitbild die Frage, worin sie sich von anderen Hochschulen unterscheiden will - worin also längerfristig ihr nach außen erkennbares Profil gegenüber anderen Hochschulen sowohl für Studierende wie auch neue HochschullehrerInnen zu finden sein soll. Es handelt sich um die ganz unbescheidene Frage, warum wir alle ein wenig stolz sein dürfen, Mitglieder dieser Universität zu sein. An diesem Gefühl besteht ein großer Mangel, weil die Planungskommission sich in ihrer Arbeit noch zu sehr von den Empfehlungen des Wissenschaftsrats und damit einhergehenden Anpassungsbestrebungen an die Hochschullandschaft hat leiten lassen. Zudem ist es der Kommission bisher m.E. nicht gelungen, ihre Empfehlungen sowohl nach innen wie auch nach außen auf eine das Verständnis fördernde Weise zu popularisieren.

Am Beispiel der LehrerInnenausbildung kann man zeigen, daß eine Universität, die Probleme mit ihrer Vergangenheit hat (PH-Tradition), auch Probleme mit ihrer Zukunft haben kann. Wie sonst ist zu erklären, daß in völliger Verkennung der Bedeutung der einzigen nennenswerten AbsolventInnengruppe (neben den WirtschaftswissenschaftlerInnen) das negative Schicksal der LehrerInnenausbildung allein an Hand der massiven Stellenstreichungen im FB1 und nicht zusätzlich an Hand der miserablen Stellensituation aller Fachdidaktiken der einzelnen Unterrichtsfächer diskutiert wird?

 Nun besteht die Ironie des universitären Schicksals darin, daß genau in dem Moment, in dem ich hier die Besinnung auf das besondere sich von anderen Hochschulen unterscheidende Profil- einklage, in der darauffolgenden Senatssitzung vom 21.Oktober die Kooperation mit Bremen gefeiert wird. "Fusionieren, um zu überleben" wird zunehmend zur Maxime unserer Hochschulpolitik. Wer will es angesichts dieser Entwicklung den Mitgliedern der Universität verdenken, wenn sie statt über eine auf die stolze Einzigartigkeit von sich selbst abhebende Idee zukünftig über Stellenstreichungen, Fächerverlagerungen, zusätzliche Fahrzeiten und den damit verbundenen Verlust liebgewonnener Bequemlichkeiten nachdenken? Hätten sie das alles vorher gewußt, hätten sie sich vielleicht schon viel früher Gedanken darüber gemacht, wie diese Universität gemeinsam so zu verändern ist, daß sich die Frage der überlebensnotwendigen Fusion gar nicht erst stellt. Eine überzeugend gespielte Nebenrolle kann u.U. attraktiver sein als eine schlecht gespielte Hauptrolle im Konzert der Großen, die nach ihren Maßstäben sowieso schon alles besser können. Aber müssen diese Maßstäbe, noch dazu zum "Qualitativen Soll", auch die unseren sein?

Reinhard Schulz


(Stand: 19.01.2024)  | 
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