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Hochschulpolitik

Zahl der Fachbereiche soll in Zukunft halbiert werden

Präsidium legt Planungspapier zur Diskussion vor / "Effektiver" und "flexibler"

Eine Verringerung der Fachbereiche wird schon seit zwei Jahren in der Universität diskutiert. Der vom Senat verabschiedete Hochschulentwicklungsplan formuliert dieses Ziel ausdrücklich. Jetzt hat das Präsidium einen ersten konkreten Entwurf vorgelegt. Danach soll es künftig nur noch fünf statt elf Fachbereiche geben unter Einbeziehung einiger Zentraler Einrichtungen: FB 1 Erziehung und Gesundheit, FB 2 Kulturwissenschaften, FB 3 Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, FB 4 Informatik, Mathematik, Physik, Technik, FB 5 Bio-, Geo- und Umweltwissenschaften.

Als ein Konzept, das in der Hochschule diskutiert werden solle und offen sei für Änderungsvorschläge, bezeichnete Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch die Vorlage des Präsidiums. Dabei betonte er, daß die jetzige Struktur nicht beibehalten werden könne. Für die Zukunft der Universität seien größere Fachbereiche unabdingbar, um effektiver und vor allem flexibler arbeiten zu können sowie die Innovationsfähigkeit zu erhöhen. Die Strukturveränderung müsse möglichst bald geschehen. Alle Beteiligten hätten schließlich das Recht zu wissen, wie es weiter geht. Wenn die Gremien die Umstrukturierung nicht selbst vornähmen, würden sie durch das in Planung befindliche neue Niedersächsische Hochschulgesetz wohl dazu gezwungen.

Das Präsidium verspricht sich von der neuen Gliederung große Vorteile. So wird sich die Zahl der Gremien erheblich verringern, da es weniger Fachbereichsräte, Promotions- und Habilitationsausschüsse geben wird. Zum Teil könnten wissenschaftliche Einrichtungen die Aufgaben von Fachkommissionen übernehmen. Außerdem wird die Verringerung der Dekanate dazu führen, daß in anderen Bereichen andere bzw. neue Aufgaben angesiedelt werden können. Weitere wichtige Argumente für die Neugliederung sind nach Auffassung von Hochschulplaner York Hener Erleichterungen beim fächerübergreifenden Arbeiten und bei der Abstimmung zwischen den Fachbereichen auf Verwaltungsebene.

Grubitzsch möchte noch im Sommersemester einen Beschluß des Senats über die Umstrukturierung erreichen. Bleibt es bei dem Präsidiumsvorschlag wird der Fachbereich 3 von den StudentInnen her der größte sein, vom wissenschaftlichen Personal her wird es der Fachbereich 5 mit 101 Stellen sein.

Vorschlag zur Fachbereichsstruktur

FB1: Erziehung und Gesundheit

(Pädagogik, Sonderpädagogik, Sachunterricht, IBKM, Psychologie, Sportwissenschaft, Didaktisches Zentrum, Zentrum für pädagogische Berufspraxis)

FB 2: Kulturwissenschaften

(Philosophie, Sprach- und Literaturwissenschaften, Geschichte, Religion, Jüdische Studien, Kunst, Musik, Fremdsprachenzentrum)

FB 3: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

(Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Soziologie, Politikwissenschaft, Arbeit/Wirtschaft)

FB 4: Informatik, Mathematik, Physik, Technik

(Informatik, Mathematik, Physik, Technik, Institut für technische und angewandte Physik, GBI-Werkstätten)

FB 5: Bio-, Geo- und Umweltwissenschaften

(Biologie, Chemie, Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Botanischer Garten)

"Kein Spiel in der Sandkiste"

Präsident Grubitzsch kritisiert Oppermanns Überlegungen zur Lehramtsausbildung

Die Überlegungen des Niedersächsischen Wissenschaftsministers Thomas Oppermann (SPD), die LehrerInnenausbildung mit Ausnahme des Gymnasialzweiges an die Fachhochschulen zu verlagern, stoßen innerhalb der Universität Oldenburg auf deutliche Kritik. Eine derartige "Reform" hätte negative strukturpolitische Folgen für den gesamten Nordwestraum, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch in einer Stellungnahme.

Grubitzsch erinnert daran, daß gerade die SPD in der Vergangenheit die wissenschaftliche LehrerInnenausbildung propagiert habe. So seien auf ihre Initiative hin wissenschaftlich fundierte Modelle der Verknüpfung von Theorie und Praxis etwa in der Einphasigen LehrerInnenausbildung mit Erfolg erprobt worden. Die Abschaffung dieses Reformmodells sei auch auf den Protest der SPD gestoßen.

Es mache keinen Sinn, so der Universitätspräsident, wenn die in den Universitäten unter erheblichem wissenschaftlichen, finanziellen und politischen Aufwand geschaffenen Kapazitäten auf dem Gebiet der LehrerInnenausbildung mit wiederum erheblichem Aufwand und Kosten an einen anderen Ort verlagert würden. Nicht zuletzt weil allerorten die schulische Ausbildung beklagt und etwa für den Rückgang der Studierendenzahlen in den Naturwissenschaften verantwortlich gemacht werde, sollte angesichts einer gut ausgebauten und forschungswilligen Hochschuldidaktik und Schulforschung die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern an den Universitäten verbleiben. Grubitzsch verweist in diesem Zusammenhang auf entsprechende Stellungnahmen der Hochschulrektorenkonferenz, die dafür plädiert, die LehrerInnenausbildung – von Ausnahmen abgesehen – bei den Universitäten zu belassen.

Grubitzsch mahnt in diesem Zusammenhang eine "verantwortliche Hochschulpolitik" an. Sie dürfe kein "Spiel in der Sandkiste" sein. Es gehe gar nicht darum, alles beim alten zu belassen, aber um im Interesse künftiger Generationen neue Wege in Wissenschaft und Forschung zu beschreiten, seien konstruktive Diskussionsprozesse unter Einbeziehung derjenigen, die über Erfahrung und Kompetenz verfügen, vonnöten.

"Lehramtsausbildung muß an der Universität bleiben

Überlegungen aus Hannover sind wirklichkeitsfremd / Von Ulrich Kattmann*

Nachdem die Kultusministerin bei Abiturienten für das Lehramtsstudium wirbt, wird bekannt, daß der Wissenschaftsminister eine Verlagerung in Fachhochschulen erwägt. Schon zuvor hatte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) wegweisende Empfehlungen zur Lehrerbildung beschlossen. Darin wird die Lehrerbildung als Aufgabe der Universitäten wahrgenommen, indem die Veränderungen in der Schulpraxis und der Lebenswelt der Schüler reflektiert und anerkannt wird, daß die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer berufsorientierte Elemente erfordert.

Fachdidaktische Forschung fördern

Die HRK bezeichnet die Berufsorientierung im Lehramtsstudium als Kernaufgabe der Fachdidaktiken. Fachdidaktiker der Universität Oldenburg haben diese Empfehlung antizipiert, indem sie im Oktober 1998 eine Tagung des Didaktischen Zentrums mit dem programmatischen Titel "Fachdidaktik als Zentrum professioneller Lehrerbildung" veranstaltet haben (Veröffentlichung der Beiträge in Oldenburger Vordrucke 387/99). Die Fachdidaktiken sind der Ort, in denen die für die Lehrberufe nötigen pädagogischen und fachwissenschaftlichen Kompetenzen zusammengebracht und systematisch aufeinander bezogen werden.

Nach den HRK-Empfehlungen sollen die Aufgaben der Fachdidaktiken an den Hochschulen in diesem Sinne schärfer umrissen und es soll die dazu nötige Lehrkapazität bereitgestellt werden. Besonders beachtet werden sollte die Feststellung der HRK, daß die Fachdidaktiken sich wenigstens an einigen Universitäten als forschende Disziplinen etabliert haben. Damit wird von der HRK anerkannt, daß die häufig schwache Stellung der Fachdidaktiken gegenüber den sogenannten Fachwissenschaften in diesen Fällen keine sachliche Begründung mehr findet. Um diese Entwicklung voranzutreiben, wird dazu aufgefordert, die fachdidaktische Lehr-Lernforschung besonders zu fördern.

Oldenburg muß Nr. 1 bleiben

Die Universität Oldenburg sollte angesichts der Bewegung, in die die Überlegungen zur Lehrerausbildung geraten sind, alle Anstrengungen unternehmen, um hier ihrem Ruf als Nummer Eins im Lande Niedersachsen weiterhin gerecht zu werden. Dem Ziel, die Lehrerbildung in Oldenburg auszubauen und weiter zu profilieren, wird jedoch häufig ein argumentatives Hindernis entgegengesetzt, das vorderhand auch Gutmeinenden einleuchtet und ihren Elan bis zur Wirkungslosigkeit bremst: Die Universität dürfe nicht zu einer "reinen Lehreruniversität" werden und damit auf das Niveau einer Pädagogischen Hochschule zurückfallen.

Bei einer genauen Betrachtung ist dieses Argument unzutreffend und schädlich, weil es sich lediglich dazu eignet, die an sich für nötig erkannten Schritte aus Angst vor nicht näher definierten Nebenwirkungen zu unterlassen.

Selbst bei einer unerwartet großzügigen Förderung der Lehrerbildung stünde die Universität keinesfalls in der Gefahr, eine reine Lehrerbildungsstätte zu werden. Wie bewerten eigentlich diejenigen, die eine solche Befürchtung aussprechen, die wissenschaftlichen Leistungen der Universität, zum Beispiel in den Umweltwissenschaften, den Neurowissenschaften, den Sozialwissenschaften oder der Informatik? Wer von den erstklassigen Fachwissenschaftlern kann ernsthaft annehmen, daß seine Stellung in der Universität durch einen Ausbau der Lehrerausbildung und einer Förderung der fachdidaktischen Forschung gefährdet werden könnte? Wie kann er dann annehmen, daß die Universität in den Augen der Öffentlichkeit und der Geldgeber zu einer "Lehreruniversität" geriete? Hätten, die solches befürchten, dann nicht selbst in ihrer eigenen Arbeit versagt? Statt mit Negativargumenten die Lehrerausbildung kleinhalten zu wollen, hätten sie sich also auf Optimierung ihrer eigenen wissenschaftlichen Qualitäten zu besinnen.

Natürlich steckt hinter der Warnung vor einem Rückfall bei manchen auch die Meinung, die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sei eigentlich eine gegenüber der fachwissenschaftlichen Forschung und Lehre zweitrangige oder sogar minderwertige Tätigkeit. Hier ist viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um zu einem anderen professionellen Selbstverständnis zu gelangen. Selbst Vertreter von Fächern, in denen die Lehramtsstudierenden die überwiegende Mehrheit ausmachen, richten ihre Lehre fast ausschließlich auf die Diplomstudierenden aus und nehmen jede auf die Bedürfnisse der Lehramtsstudierenden gerichtete Überlegung als ungebührliche Ablenkung von ihren eigentlichen Aufgaben wahr. Vielen ist dabei gar nicht bewußt, daß sie für ihre Arbeit Stellen und Mittel verwenden, die der Universität nur aufgrund der eingerichteten Lehramtsstudiengänge zugewiesen sind. Diese Stellen und Mittel sind auf Dauer nur zu sichern, wenn die Fachvertreterinnen und -vertreter die Lehrerausbildung als eine wichtige Aufgabe ihres wissenschaftlichen Tuns und ihrer Profession in der Universität begreifen (lernen). Die in allen entsprechenden Ausschreibungen erwartete Beteiligung an der Lehrerausbildung darf sich nicht darin erschöpfen, in die für andere Studiengänge konzipierten Veranstaltungen auch einige Studierende der Lehramtsstudiengänge aufzunehmen. Vielmehr sind auch einige spezifische fachliche Veranstaltungen anzubieten, die wichtigen Zielen des Lehramtsstudiums entsprechen.

Ohne sich den abfälligen Teil zu eigen zu machen, der mit der Rede vom Rückfall auf das Niveau Pädagogischer Hochschulen verbunden ist, kann darauf hingewiesen werden, daß eben mit der Beteiligung fachwissenschaftlich forschender Lehrender ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Lehrerausbildung an den Universitäten verbunden ist. Um dieses Qualitätsmerkmal zu erreichen, muß die Beteiligung aber verantwortlich im Blick auf ein für die Lehramtsstudierenden geeignetes Lehrangebot wahrgenommen werden. Ein weiteres Qualitätsmerkmal universitärer Lehrerausbildung ist ihr Bezug zur fachdidaktischen Forschung. Die nach wie vor anzustrebende Einheit von Forschung und Lehre wird so in der universitären Ausbildung für das Lehramtsstudium in besonderer Weise verwirklicht.

Schlag ins Gesicht

Angesichts der Notwendigkeit, die universitäre Lehrerausbildung nach den Beschränkungen des letzten Jahrzehnts wieder zu konsolidieren und auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten, wirken Überlegungen des Wissenschaftsministers wie ein Schlag ins Gesicht der lehrerausbildenden Universitäten. Es handelt sich um die Bitte des Ministers, der Wissenschaftsrat möge grundsätzlich prüfen, ob die Ausbildung für das Lehramt von Grund-, Haupt- und Realschulen an die Fachhochschulen verlagert werden könnte. Eine solche Anfrage an den Wissenschaftsrat taugt eigentlich nicht dazu, mit ihr Tagespolitik zu machen. Es wird mehrere Jahre dauern, bis eine vom Wissenschaftsrat abgesegnete gutachterliche Stellungnahme vorliegen wird. Eine Verlagerung wäre zwar mit einem Abzug von Stellen und Mitteln aus den lehrerbildenden Universitäten – insbesondere also Oldenburg – verbunden, aber dennoch auch wegen parallel an den Fachhochschulen zu schaffender Fächer sehr kostspielig. Sie würde sicher ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen. So ist die Aktion des neuen, mit den Problemen der Lehrerausbildung noch nicht voll vertrauten Ministers nur dazu geeignet, Unruhe zu stiften, die kontraproduktiv ist, weil die mit ihr verbreitete Unsicherheit die für die Lehrerausbildung notwendigen Maßnahmen an den Universitäten behindern oder hinauszögern kann.

Der Minister erwähnt in seinem Schreiben an den Wissenschaftsrat, daß er sich noch keine abschließende Meinung gebildet habe. Die Hochschulrektorenkonferenz ist dagegen zu einem Ergebnis gekommen, das auch dem Minister helfen könnte, bereits jetzt die nötigen Schlüsse zu ziehen. Im ersten Entwurf der Empfehlungen zur Lehrerbildung war ebenfalls der Vorschlag einer Verlagerung von Teilen der Lehrerausbildung an die Fachhochschulen enthalten. Die HRK kommt jetzt jedoch zu dem Schluß, daß die Lehreramtsstudiengänge auf absehbare Zeit überwiegend den Universitäten zugeordnet bleiben. Sie hat die Verlagerung daher durch ein Kooperationsmodell zwischen Universitäten und Fachhochschulen ersetzt, das vor allem die Ausbildung für das Lehramt an Berufsschulen betrifft.

Einheit wahren

Der entscheidende Fehler aller Überlegungen zu einer Verlagerung der Lehrerausbildung an die Fachhochschulen besteht darin, daß in ihnen das Lehramt an Gymnasien nicht eingeschlossen ist. Wenn eine Verlagerung damit motiviert wird, daß von ihr eine größere Praxisnähe der Ausbildung erwartet wird, dann ist ernsthaft zu fragen, warum dasselbe Ziel nicht auch für das gymnasiale Lehramt gelten soll. Schließlich werden diese angehenden Lehrerinnen und Lehrer dieselben Klassenstufen unterrichten wie Haupt- und Realschullehrer.

Bei einer Verlagerung von Teilen der Lehrerausbildung müßten die Fachdidaktiken parallel in Fachhochschulen und Universitäten eingerichtet werden. Oder will man in Kauf nehmen, daß das Lehramtsstudium für Gymnasien an den Universitäten erneut didaktisch und pädagogisch verödet?

Eine Auslagerung nur der Lehrämter für Grund-, Haupt-, und Realschule sowie der Sonderpädagogik aus den Universitäten würde die gerade hergestellte Einheit der Lehrerausbildung zerreißen und die von den neuen Prüfungsordnungen geförderte und auch von der HRK geforderte Durchlässigkeit der Lehramtsstudiengänge zueinander erschweren, wenn nicht blockieren.

Die Universität ist gut beraten, die Ausbildung in allen Lehramtsstudiengängen weiter zu verbessern und zu profilieren. Die Weiterentwicklung der Praxisnähe und der Berufsbezogenheit bei solider wissenschaftlicher Ausrichtung und Reflexion sind die besten Argumente für den Verbleib der Lehrerausbildung an der Universität Oldenburg. Der Wissenschaftsminister und die Kultusministerin sind aufgefordert, verbesserte Bedingungen dafür zu schaffen. Die Überlegungen, bei der Neufassung der Prüfungsordnungen neue Kooperationsmöglichkeiten zu eröffnen und gemeinsame Verantwortung von Mitwirkenden in der 1. und 2. Phase der Lehrerbildung zu fördern, drohen gegenwärtig im Sande verlaufen. Eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Ausbildungs-, Studienseminaren und Schulen würden die zweifellos bestehenden Schwierigkeiten in der Lehrerausbildung überwinden lassen.

Ein Versprechen wurde nun eingelöst

Professuren für Regel- und Meßtechnik endgültig da

Überschrieben ist er mit "Stärkung der ingenieurwissenschaftlichen Bezüge in den Fächern Informatik und Physik" - der Erlaß der Wissenschaftsministeriums, in dem endgültig die beiden Professuren "Regelungstechnik" und "Meßtechnik" für die Besetzung freigegeben werden - zwar nicht gleich mit der Ausstattung wie vereinbart, aber doch immerhin so, daß "wir einen großen Schritt nach vorn tun können" - so Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch.

Grubitzsch bezeichnete die Freigabe als einen großen Erfolg. Die Regierung habe ein Versprechen halten müssen, das sie nicht habe einlösen wollen. Der öffentliche Druck und das Votum der Wissenschaftlichen Kommission habe letztlich den Ausschlag gegeben. Als abwegig bezeichnet Grubitzsch die vom Wissenschaftsministerium selbst in Umlauf gebrachte These, die Freigabe der Professuren sei der Preis für die Zustimmung der Region zur Fusionierung der Fachhochschulen des Nordwestraumes. Das Ministerium habe bereits im Frühjahr seine Entscheidung über die Professuren vom Votum der Wissenschaftlichen Kommission abhängig gemacht. Dieses Gremium in den Verdacht eines politischen Kuhhandels zu setzen und sie für andere Ziele zu instrumentalisieren, sei sehr befremdlich.

In dem Erlaß werden zunächst 664.600 Mark zur Finanzierung der Professuren und ihrer Ausstattung bereitgestellt, 400.000 Mark weniger als vereinbart und über 800.000 Mark weniger als benötigt. Erst für 2001 wird in Aussicht gestellt, mehr Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Ein erfreuliche Botschaft für den Fachbereich Informatik indes bleibt: 6,5 Stellen, die er aus dem sogenannten Überlastprogramm erhalten hat, werden im Haushalt 1999/2000 etatisiert.

Ausdrücklich verneint der Erlaß den Anspruch der Universität auf Einrichtung eines Studienganges Elektrotechnik. Der von der Universität beantragte praxisorientierte Studiengang "Physik-Ingenieur" wird wahrscheinlich in einen Master of Science-Studiengang verwandelt (siehe auch das Interview mit Prof. Dr. Volker Mellert).

Auf ins 21. Jahrhundert

Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Agenda 21 eingesetzt

Die Universität Oldenburg sollte sich mit Nachdruck um ihren Beitrag zur zukunftsfähigen Entwicklung der Gesellschaft kümmern. Darin sind sich die Mitglieder der Umweltschutz-AG "Copernicus" einig, die Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch Anfang Dezember letzten Jahres eingesetzt hat. Auf ihrer zweiten Sitzung am 21. Januar hat die statusgruppenübergreifende Arbeitsgruppe in einem einstimmigen Beschluß empfohlen, eine Senatskommission "Nachhaltige Entwicklung und Universität" einzusetzen.

Die Kommission soll dafür Sorge tragen, daß an der Universität Oldenburg gemäß den Zielen der Copernicus-Charta der europäischen HochschulrektorInnen ein Prozeß initiiert wird, der die Universität in Lehre, Forschung, Weiterbildung sowie als Betrieb und Lebenswelt auf das 21. Jahrhundert vorbereitet. So soll sie gemäß ihrem Selbstverständnis an der Förderung und Gestaltung einer friedlichen, ökologischen und sozialen Entwicklung der Gesellschaft mitarbeiten.

Grubitzsch hatte bereits in seiner Antrittsrede darauf gedrungen, die herausragenden Kompetenzen der Universität in ökologie- und umweltbezogener Forschung und Lehre durch ein ganzheitliches Konzept im Sinne der Agenda 21 abzurunden. Die Universität als Bildungseinrichtung habe eine entsprechende Vorbildfunktion.

< Die Copernicus-Charta wurde im Hinblick auf das Ziel formuliert, die Umsetzung der Agenda 21 an Hochschulen zu ermöglichen. Hierzu werden in einem 10 Punkte-Aktionsplan Vorschläge gemacht, die "Nachhaltigkeit" als handlungsleitende Richtschnur durch breite Beteiligung der Universitätsangehörigen in allen Funktions- und Tätigkeitsbereichen einer Universität implementieren sollen.

Nähere Informationen: Walter Neddermann, Tel.: 798-3264, E-Mail: nedman@hrz2.uni-oldenburg.de

"Profilgewinn für die gesamte Universität"

Prof. Dr. Volker Mellert über die neuen Professuren für Meß- und Regeltechnik

UNI-INFO: Herr Mellert, von Ihnen stammt der Satz: "Wenn die beiden Ingenieurprofessuren für Meß- und Regeltechnik kommen, dann ist das ein Durchbruch". Durchbruch wohin?

MELLERT: Diese Professuren sind geplant als Brücke zwischen der Physik und der Informatik. Konkreter: der angewandten und technischen Physik und der angewandten Informatik. Und das ist insofern ein Durchbruch, als hier eine neue Qualität für die Ausbildung und Forschung an der Universität Oldenburg entsteht.

UNI-INFO: Unter dem Dach eines Instituts?

MELLERT: Ja. Das neue, von den Gremien bereits verabschiedete Institut für "Komplexe integrierte Systeme und Mikrosensorik", abgekürzt KISUM. Dort werden sich die beiden Professuren etablieren zusammen mit einer Reihe weiterer Professuren aus der Informatik und der Physik.

Außerdem ist ein Sonderforschungsbereich mit dem Arbeitstitel "Verteilte eingebettete Echtzeitsysteme" geplant.

UNI-INFO: Was ist darunter zu verstehen?

MELLERT: Wie der Name schon sagt, sind das Systeme, die nicht in klassischer Weise konzentriert in einer zentralen Intelligenz installiert sind, sondern auf verschiedene räumlich voneinander mehr oder minder entfernte Teilbereiche verteilt sind. Im Auto z.B. gibt es keinen Zentralcomputer, aber es gibt viele intelligente Sensoren an vielen Stellen. Der eine sagt beispielsweise ‚Jetzt kommt die Stoßstange an ein Hindernis' und erzählt dem Airbag, daß dieser aufgehen muß. Dabei spielt die Echtzeit eine besonders große Rolle. Wenn der Airbag aufgeblasen werden muß, um eine Person zu schützen, muß der Sensor ziemlich schnell entscheiden.

UNI-INFO: Das hört sich sehr anwendungsorientiert an?

MELLERT: Ja. Der Sonderforschungsbereich hat tatsächlich auch konkrete Anwendungen im Auge. Aber er wird in erster Linie tief in die Grundlagenforschung gehen: Wie entwerfe ich überhaupt solche Systeme? Mit welchem Informatik-Handwerkszeug kann man neuartige Systeme, die diesen konkreten Anforderungen entsprechen, entwickeln? Es geht also weniger darum, konkret etwas für die Industrie hier am Ort zu fertigen, als vielmehr um die exakten Entwurfshilfsmittel, um z.B. Systeme für das Auto von morgen oder andere Vehikel konstruieren zu können.

UNI-INFO: Müssen Sie da nicht mit der Industrie zusammenarbeiten?

MELLERT: Selbstverständlich arbeiten wir dabei mit der Industrie zusammen, aber nicht nur mit der Autoindustrie. Wir haben viele Kontakte.

UNI-INFO: Auch zur Region? Oder gibt es Verbindungen nur nach Wolfsburg, Stuttgart und München?

MELLERT: Natürlich profitiert die Region von diesen Vorhaben. Sie sehen das an OFFIS - ein großes An-Institut im Bereich der Informatik, eine Einrichtung, die in vielen Projekten europaweit tätig ist. Aber an der Entwicklung von bestimmten Vorhaben im Institut profitieren unmittelbar auch Firmen der Region. Und so wird es auch mit dem neuen Institut und dem Forschungsschwerpunkt sein. Wer weiß heute schon, wieviele Firmengründungen durch diese Verbindung von Physik und Informatik morgen möglich werden.

UNI-INFO: Und die Auswirkungen für die Lehre? Sie hatten im Hinblick auf die neuen Professuren einen praxisorientierten Studiengang Dipl.-Ing. Physik beantragt? Werden Sie ihn einrichten können?

MELLERT: Ich hoffe doch, auch wenn wir ihn nicht als ingenieurwissenschaftlichen Studiengang ausweisen dürfen. Das ist aber auch nicht nötig. Wir werden ein überarbeitetes Konzept mit einem Master-Abschluß anbieten können. Ein solcher Abschluß ist in Zukunft wahrscheinlich für die Absolventen sogar universeller und nachgefragter als ein Diplom-Ingenieur.

UNI-INFO: Physik und Informatik haben also große Chancen, sich weiter zu profilieren.

MELLERT: Die Profilierung gilt nicht nur für unsere Fächer. Profil gewinnt die gesamte Universität. Wir können ein wirklich differenzierteres Ausbildungsangebot in zwei Fächern präsentieren, deren Absolventinnen und Absolventen allerbeste Chancen haben, sofort einen Job zu bekommen.

Boykott gegen Gebühren?

Der AStA möchte erreichen, daß mindestens ein Drittel der StudentInnen die Zahlung der Verwaltungsgebühr von 100 Mark, die das Ministerium ab Sommersemester einführen will, boykottiert. Dann, so meint er, könne das Wissenschaftsministerium gezwungen werden, die Gebühren zurückzunehmen. Es sei davon auszugehen, daß es weder verwaltungstechnisch noch politisch durchsetzbar sei, über 4000 StudentInnen zu exmatrikulieren. Der AStA stützt sich auf den Beschluß einer Vollversammlung vom 13. Januar, an der etwa 400 StudentInnen teilnahmen. Auf einem Treuhandkonto sollen bis zum 15. Februar die Gebühren der boykottbereiten StudentInnen gesammelt werden.

 

Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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