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Eine göttlich komische Tragödie

Zum Ökologischen Centrum Oldenburg (ÖCO) schreibt Peter Säverin (8. Semester Philosophie, ev. Religionslehre):

Da ist ein ganzes Jahrzehnt an der Carl von Ossietzky Universität verstrichen, ohne dass die typischen Waschbetonbauten vergrößert, verschönert oder verstanden worden wären, und dann, auf einmal, steht das neue Hörsaalgebäude und schimmert an der Rückseite in frech-fröhlichem Hellblau. Doch damit nicht genug. Flugs wandert die Baustelle noch vor der Einweihung des neuen Hörsaalgebäudes auf die andere Seite des Uhlhornswegs. Das ÖCO begann in schwedischem Seehüttenholz und schwarzem Klinker wie aus der Vergangenheit der Industrialisierung aus der grünen Wiese zu wachsen.

So weit, so gut. Die wirkliche Neuerung ist jedoch, dass im Erdgeschoss nun eine Geschäftszeile entstanden ist. Gab es vor gar nicht allzu langer Zeit einen Eklat, ob im Mensafoyer einzelne Verkaufspavillions entstehen sollten, war es für die Mehrheit nun eine große Überraschung, die ersten Eröffnungsplakate in den Schaufenstern zu erblicken. Und WER da in Zukunft den Umsatz machen möchte:

Zuerst ein Geldautomat, wenn man von der Mensa zur "Uni-Mall" schlendert. Es folgt ein Geschäft für Naturwaren. Dort gibt es Knitterleinen für die Lehrenden, damit das viele Sitzen nicht die Kleidung ruiniert, und Hanfwesten für die Studierenden als Erkennungszeichen für Marihuana-Verbundenheit. In der neuen Apotheke kann man vorurteilsgetreu Verhütungsmittel und Kopfschmerztabletten bekommen. Und das Reisebüro - ein Indikator dafür, dass alle Theorie doch grau ist und man deshalb möglichst häufig möglichst lange in die Sonne muss. Der Gipfel der zieloptimalen Produktpräsentation ist jedoch der Naturkostladen. Das Gros der Schaufensterfläche zeigt eine Rotweinwand. Naturkost? Na ja, mit etwas Käse und Oliven und einem Vollkornbrot dazu vielleicht noch.

Für die "Restbevölkerung" ist es eine Gnade, dass das Café zur Ammerländer Heerstraße hin DANTE ALIGHIERI genannt wurde. Es kann sich nur um eine "göttliche Komödie" handeln, bei solcher Absurdität. Mussten sich Studenten und Lehrende früher noch hämische Blicke in der Innenstadt gefallen lassen, wenn sie freudestrahlend aus dem Reisebüro kamen oder den Einkaufswagen bei Famila mit Rioja Gran Reserva über den Parkplatz schoben, können sie alle nun ganz selbstverständlich das tun, was sowieso alle anderen von ihnen denken.

Selten wurde es einem so leicht gemacht, zu polarisieren, nur gibt es bald keine gemeinsame Plattform mehr zum polarisieren - durch die Uni-Enklave "ÖCO".


Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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