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Forschung und Lehre
- Komfort, Gesundheit und Sicherheit
EU-Projekt für eine "freundlichen" Flugzeugkabine unter Leitung der Oldenburger Akustik-Gruppe - Zentrum für E-Learning Zukunft der Universität?
Senat beschließt "Center for Distributed Learning" (CeDeL) - Totalitarismus-Konferenz
50 Jahre "The Origins of Totalitarianism" - Einblicke erschienen
- Arendt-Briefwechsel
- Magier der Moderne
- Juden in Oldenburg
- Tomaten-Replik im Internet
Brief an die Redaktion
Komfort, Gesundheit und Sicherheit
EU-Projekt für eine "freundlichen" Flugzeugkabine unter Leitung der Oldenburger Akustik-Gruppe
Vor knapp einem Jahr wurde im EU-Programm Competitive and Sustainable
Growth ein Aufruf veröffentlicht, der sich auf die Key Action
4: New Perspectives in Aeronautics bezog, insbesondere auf
die Entwicklung kritischer Technologien in Bezug auf die Freundlichkeit
vom Flugzeug und auf den Komfort in der Flugzeugkabine. Darüber
hinaus sollte in einer Technologieplattform alles Wissen zusammenfließen,
das zum Entwurf und Bau einer freundlichen Flugzeugkabine
beiträgt. Der zuständige Vertreter aus Brüssel interpretierte
eine der Forschungs- und Entwicklungsaufgaben kurz darauf in einer Konferenz
so: ...prove the feasibility of achieving the target comfort levels
inside the passenger and crew cabins by the integration in a multidisciplinary
approach of acoustic/ vibration treatments and air distribution design
solutions and enabling user friendly application of multimedia services....
Da es bereits ein auslaufendes EU-Projekt zum Kabinenkomfort unter dem
Aspekt der Wirkung von Schall und Vibration gab, lag es nahe, die Beteiligten
zusammenzurufen, um ein weitergehendes Untersuchungsprogramm zu entwerfen,
das dem zitierten Aufruf folgt. Die Akustik-Gruppe des Fachbereichs Physik
war an jenem auslaufenden Projekt beteiligt. Nach kurzer Vorbereitung
waren sich alle einig, einen neuen Antrag zu stellen, und Oldenburg sollte
die Leitung übernehmen. Wir konzentrierten uns auf ein Vorhaben zur
Entwicklung kritischer Technologie und fokussierten insbesondere
auf den Komfort-Aspekt in Bezug auf den Arbeitsplatz des Kabinenpersonals
und der Flugzeugführer (flight- and cabin-crew). Leitgedanke
war, die objektiv vorhandenen physikalischen Umwelteinflüsse an diesen
Arbeitsplätzen zu erfassen, die Wirkung auf den Menschen durch psycho-physikalische,
medizinische und sozialwissenschaftliche Methoden zu erheben und diese
Daten dann in einem Human Response Model zusammenzuführen,
das als Werkzeug beim Entwurf neuer und bei der Verbesserung vorhandener
Flugzeuge eingesetzt werden kann. Dass der so verbesserte Arbeitsplatz
allgemein das Sicherheitsniveau im Flugzeug erhöhen wird, war allen
Beteiligten selbstverständliches Ziel. Durch die entsetzlichen Ereignisse
des 11. September hat der Sicherheitsaspekt eine beängstigende Aktualität
erhalten - darauf verwies jetzt der zuständige scientific officer
aus Brüssel bei dem Projektstart.
Bevor das Projekt mit dem Namen HEACE (Health Effect in Aircraft Cabin
Environment) im Juli in die engere Wahl gelangte, waren allerdings noch
einige Hürden zu überwinden. Unser kleines Projekt mit nur
rd. 6 Mio. Mark Fördermitteln wird von Partnern aus den Fachgebieten
Medizin (Universität Wien), Flugzeugentwicklung (EADS München),
von der zentralen italienischen Luftfahrtforschung, einer großen
englischen Forschungseinrichtung zur Untersuchung von Wohn- und Arbeitsumgebungen,
zwei in Messtechnik ausgewiesenen KMUs (klein- und mittelständische
Unternehmen, eines davon ist die ITAP GmbH, Oldenburg) sowie von den beiden
Universitäten Patras (mathematische Modellierung) und Oldenburg (Integration)
getragen.
Parallel zu HEACE gab es einen Zusammenschluss für eine Technologieplattform,
die - vom finanziellen Umfang her fast eine Größenordnung gewichtiger
- den Komfort in der Flugzeugkabine in Bezug auf die Passagiere als zentrales
Thema hat. Maßgeblich sind an diesem Konsortium Airbus und einige
kleinere europäische Flugzeughersteller beteiligt. Bevor auch den
Brüsseler Gutachtern die offensichtliche (methodische) Parallelität
der Untersuchungsprogramme auffiel, gab es informelle Vorgespräche
zur Abgrenzung der Forschungsaufgaben zwischen den Projektverantwortlichen.
Dabei wurde deutlich, dass es in der Technologieplattform harte Interessenskollisionen
zwischen verschiedenen europäischen Flugzeugherstellern gibt, die
sich nicht nur auf die jeweiligen Märkte (Langstreckenflug, Großraumflugzeug
vs. Kurzstreckenverbindungen, kleine Business-Flieger) beziehen,
sondern insbesondere auch auf den Aufbau konkurrierender Forschungs- und
Testplattformen am Boden. Diese Widersprüche hätten beinahe
dazu geführt, dass der große Antrag zur Technologieplattform
geplatzt wäre (und damit auch das HEACE-Projekt gefährdet hätte).
Oldenburg fiel in dieser Auseinandersetzung auf einmal die eigentümliche
Rolle eines Vermittlers von Interessensgegensätzen zu - vielleicht,
weil das HEACE-Projekt nicht so stark von den unmittelbaren Plänen
bedeutender Flugzeughersteller dominiert ist. Jedenfalls ist es gelungen,
die erforderliche Punktzahl in der Begutachtung in Brüssel (für
beide Projekte) zu erreichen. HEACE wird nun (nach Vorgabe aus Brüssel)
methodisch und auch bei konkreten Testaufbauten in enger Kooperation mit
Airbus Hamburg arbeiten, was aus Oldenburger Sicht vom wissenschaftlichen
Inhalt und auch unter einem regionalpolitischen Blick sehr zu begrüßen
ist. Das HEACE Projekt hat zum 1. November begonnen, die große Technologieplattform
(an der die Akustik-Gruppe der Universität Oldenburg ebenfalls im
Bereich sound & vibration beteiligt ist) wird voraussichtlich
zum 1. April kommenden Jahres starten. Das kick-off meeting
mit Beteiligten aus Griechenland, England, Italien, Österreich und
Gästen des europäischen Herstellers Airbus fand unter Leitung
des Brüsseler verantwortlichen Scientific Officers im
Gästehaus der EWE Anfang November statt. Die zwei Tage intensiver
Beratung wurde von allen Beteiligten als sehr konstruktiv und zielführend
angesehen. Die gelungene Ausrichtung des offiziellen Projektstarts in
Oldenburg hatte darüber hinaus den großen Vorteil, dass die
künftig im Projekt arbeitenden Doktoranden von Anfang an in die Diskussion
einbezogen werden konnten.
Prof. Dr. Volker Mellert
Zentrum für E-Learning Zukunft der Universität?
Senat beschließt "Center for Distributed Learning" (CeDeL)
Der Senat hat die Einrichtung eines Center for Distributed Learning
(CeDeL) beschlossen, das sich mit Fragen von Bildungs- und Wissensmanagement
sowie mit Internet Communities beschäftigen wird. Zudem soll das
Zentrum die vielen Oldenburger Projekte im E-Learning bündeln, ausbauen
und Forschung betreiben. Ein weiteres wichtiges Ziel: die Entwicklung
von internetbasierten Master- und Bachelor-Studiengängen, die sich
vornehmlich an Berufstätige wenden und kostenpflichtig sind.
Mit der Gründung des CeDeL haben wir eine Tür zu einem
Bereich aufgestoßen, dessen Ausmaß für viele erst in
einigen Jahren sichtbar werden wird, erklärte Universitätspräsident
Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch dazu. Das CeDeL könne ein Stützpfeiler
der Universität werden. Schon jetzt rangiere die Universität
Oldenburg beim E-Learning mit im vorderen Bereich der deutschen Hochschulen.
Grubitzsch spielte damit auf die vielen Oldenburger Internet-Projekte
in den Fächern Informatik, Biologie, Mathematik, Ökonomie und
Pädagogik mit einem Volumen von 15 Millionen Mark an. Im vergangenen
Jahr wurden allein vom Bundesministerium für Ausbildung und Forschung
drei Großprojekte nach Oldenburg vergeben, die Studierenden z. B.
bundesweit das Studium der Statistik oder der Gentechnik über das
Internet ermöglichen sollen. Ein weiteres großes Projekt ermöglicht
LehrerInnen ein Wirtschaftsstudium mit gymnasialer Fakultas.
Insgesamt haben sich bisher acht ProfessorInnen, die im E-Learningbereich
engagiert sind, unter dem Dach des CeDeL zusammen geschlossen - darunter
auch die Ökonomen Prof. Dr. Schneidewind und Prof. Dr. Taeger, die
die Schaffung von internetbasierten Studiengängen mit Bachelor- oder
Masterabschlüssen für unerlässlich halten. In den USA schätzt
man den Anteil der insgesamt 22 Millionen Studierenden, die zu Hause am
Bildschirm ihr Studium bewältigen, auf etwa 10 Prozent. In der Regel
sind es Berufstätige, die sich durch weitere Studienabschlüsse
bessere Aufstiegsmöglichkeiten versprechen.
Im Rahmen eines Projektes, das von Prof. Dr. Anke Hanft geleitet wird,
soll schon bald ein internetbasierter Studiengang für Nachwuchskräfte
in kleinen und mittleren Unternehmen angeboten werden, der mit einem Bachelor
abschließt. Die Teilnahme wird 1.000 Euro pro Lerneinheit kosten,
15 müssen bis zum Bachelor absolviert werden. Ein bedeutender
Teil der Zukunft der Universitäten liegt in der Organisation weiterbildender
internetgestützter Studiengänge, ist Hanft überzeugt.
Dem CeDeL gehören neben den o. g. die Professoren Dr. Hans Kaminski
(FB 3 Sozialwissenschaften), Dr. Udo Kamps (FB 6 Mathematik) sowie Dr.
Hans-Jürgen Appelrath, Dr. Norbert Gonau und Dr. Claus Möbus
(alle FB 10 Informatik) an.
Totalitarismus-Konferenz
50 Jahre "The Origins of Totalitarianism"
Unter dem Thema Totalitäre Herrschaft und republikanische
Demokratie findet in Oldenburg am 13. und 14. Dezember eine internationale
Tagung statt. Die Konferenz wird vom Hannah Arendt-Zentrum organisiert.
Das 50-jährige Jubiläum des Erscheinens der amerikanischen Originalausgabe
von Hannah Arendts Klassiker The Origins of Totalitarianism
(New York 1951) wird zum Anlass genommen, Werk- und Wirkungsgeschichte
in ihren theoretischen wie historischen Dimensionen zu beleuchten. Neben
einer historisierenden Bewertung verfolgt die Tagung das Ziel, Beiträge
zu einer vergleichenden Erforschung des Totalitarismus, zu aktuellen Aspekten
des Arendtschen Buches sowie zu spezifischen, bisher wenig beachteten
Dimensionen (beispielsweise eines genuin jüdischen Denkens in Arendts
Buch) zusammenzu führen.
Der Tagung geht eine eintägige Konferenz zum gleichen Themenkomplex
voraus, die das Hannah Arendt-Zentrum am 8. Dezember in Berlin in Kooperation
mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Berlin)
und dem Einstein Forum (Potsdam) durchführt. In Berlin werden besonders
zwei Aspekte beleuchtet. Hier geht es zum einen um die Frage der Offenheit
der Moderne gegenüber totalitären Brüchen und zum anderen
um die Gründung von Demokratie nach dem Ende des Totalitarismus.
Fragen nach Begründungsdefiziten in modernen Demokratien schließen
sich daran an.
Weitere Informationen und Tagungsablauf unter: www.uni-oldenburg.de/arendt-zentrum/
Einblicke erschienen
Einblicke, das Forschungsmagazin der Universität Oldenburg, ist
mit einer neuen Ausgabe erschienen (Nr. 34). Die Themen:
Soziologie: Moralisch empfindsam in unmoralischen Zeiten;
Literaturwissenschaften: Weibliche Faustgestalten;
Physik: Mit einem Sarfatti-Telegraphen zurück in die Vergangenheit?
Oberflächenchemie: Hat der Teufel die Oberfläche erfunden?
Elektrochemie: Bild und Spiegelbild aus elektrochemischer Sicht;
Sonderpädagogik: Wege der Unterstützung für Familien
behinderter Kinder.
Außerdem enthält das Heft im Uni-Fokus wichtige
Ereignisse des vergangenen halben Jahres. Einblicke kostet im Oldenburger
Buchhandel 5 Mark. Internet: www.uni-olden-burg.de/presse/einblicke/
Arendt-Briefwechsel
Das Archiv des Hannah Arendt-Zentrums an der Universität
hat eine bedeutende Neuerwerbung zu verzeichnen. Die in den USA lebende
Germanistin Dr. Lotte Köhler, Freundin, langjährige Mitarbeiterin
und Nachlassverwalterin Hannah Arendts, hat ihren Briefwechsel mit der
jüdischen Philosophin und Publizistin dem Arendt-Zentrum vermacht.
Die gebürtige Rostockerin, die Hannah Arendt im Winter 1955/56 kennen
lernte, hatte nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Romanistik
1948 in Münster promoviert. 1955 wanderte sie in die USA aus und
lehrte als Professorin für Germanistik am City College of New York/CUNY
(CCNY).
Magier der Moderne
Hans Poelzig (1869-1936), einer der großen Architekten des 20.
Jahrhunderts, steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die das Museum Ostdeutsche
Galerie in Regensburg vom 9. Dezember 2001 bis 27. Januar 2002 zeigt (Hans
Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900-1916). Die Präsentation
ist ein Gemeinschaftsprojekt des Oldenburger Bundesinstituts für
Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), einem
An-Institut der Universität, und des Architekturmuseums Breslau (Muzeum
Architektury we Wroclawiu). Die Ausstellung widmet sich insbesondere dem
Frühwerk des Magiers der Moderne. Sie wurde in Breslau/Wroclaw
bereits gezeigt und von der dortigen Kritik begeistert aufgenommen und
überdies mit mehreren Preisen bedacht.
Juden in Oldenburg
Knapp 600 Juden lebten in Oldenburg, mindestens 167 von ihnen wurden
Opfer des Holocaust. In einem Erinnerungsbuch des ausgeschiedenen Politologen
Prof. Dr. Ahlrich Meyer und des Sozialwissenschaftlers Jörg Paulsen
wird jetzt das Schicksal der jüdischen Einwohner dokumentiert. In
biographischen Artikeln ist festgehalten, was über Herkunft und Verwandtschaftsverhältnisse,
Berufe, Gewerbe, Wohnadressen und Hausbesitz zu ermitteln war. Besonderes
Gewicht wurde auf die Rekonstruktion von Emigrations-, Haft- und Deportationswegen
gelegt.
Erinnerungsbuch - Ein Verzeichnis der von der nationalsozialistischen
Judenverfolgung betroffenen Einwohner der Stadt Oldenburg 1933-1945, Edition
Temmen, Bremen, 39,90 Mark.
Tomaten-Replik im Internet
Brief an die Redaktion
Wer weiß jetzt noch genau, was alles in der Juni-Ausgabe vom Uni-Info
dieses Jahres stand? Ich nicht. Wohl aber ist mir noch immer tagtäglich
peinlich bewusst, dass das, was Anabella Weismann in dieser Ausgabe behauptet
hat über holländische Tomaten, Mentalität, Sprache und
Kultur als Produkte einer Art calvinistischen Fundamentalismus, noch ausführlicher
dargestellt wird in dem nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Niederländisch
erschienenen Handbuch Die Niederlande und Deutschland, das laut dem Untertitel
zum Ziel hat, einander [zu] kennen und verstehen (herausgegeben von Jan
Vis und Gebhard Moldenhauer, Münster 2000).
Handbücher werden, jedenfalls in Holland, gewöhnlich nicht so
wie Zeitungen schon am nächsten Tag benutzt, um Matjes oder Tulpen
darin einzupacken. Außerdem fühle ich mich als Mitglied des
Faches Niederlandistik der Carl von Ossietzky Universität mit verantwortlich
für das Bild von den Niederlanden, welches von dieser Universität
aus verbreitet wird. Weil meiner Überzeugung nach Weismanns Behauptungen
in dieser Sache empirisch und wissenschaftstheoretisch so inhaltslos und
unhaltbar sind wie die von ihr prototypisch aufgeführten holländischen
Tomaten, habe ich reagiert, denn, wie Weismann es formuliert: Der
Calvinismus kennt eine Kollektivverantwortung der Laien in essentiell
religiösen Angelegenheiten. Leider kam meine Reaktion für
Uni-Info zu spät. In krassem Widerspruch zu meiner calvinistisch
geprägten Knauserigkeit ist meine Stellungnahme aber ganz umsonst
zu lesen an folgender Kirchentür : www.uni-oldenburg.de/niederlandistik
(Kontakte/Lehrende/Arie Sturm).
Arie Sturm