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Forschung und Lehre

Komfort, Gesundheit und Sicherheit

EU-Projekt für eine "freundlichen" Flugzeugkabine unter Leitung der Oldenburger Akustik-Gruppe

Vor knapp einem Jahr wurde im EU-Programm „Competitive and Sustainable Growth“ ein Aufruf veröffentlicht, der sich auf die Key Action 4: „New Perspectives in Aeronautics“ bezog, insbesondere auf die Entwicklung kritischer Technologien in Bezug auf die „Freundlichkeit“ vom Flugzeug und auf den „Komfort“ in der Flugzeugkabine. Darüber hinaus sollte in einer Technologieplattform alles Wissen zusammenfließen, das zum Entwurf und Bau einer „freundlichen“ Flugzeugkabine beiträgt. Der zuständige Vertreter aus Brüssel interpretierte eine der Forschungs- und Entwicklungsaufgaben kurz darauf in einer Konferenz so: „...prove the feasibility of achieving the target comfort levels inside the passenger and crew cabins by the integration in a multidisciplinary approach of acoustic/ vibration treatments and air distribution design solutions and enabling user friendly application of multimedia services....“

Da es bereits ein auslaufendes EU-Projekt zum Kabinenkomfort unter dem Aspekt der Wirkung von Schall und Vibration gab, lag es nahe, die Beteiligten zusammenzurufen, um ein weitergehendes Untersuchungsprogramm zu entwerfen, das dem zitierten Aufruf folgt. Die Akustik-Gruppe des Fachbereichs Physik war an jenem auslaufenden Projekt beteiligt. Nach kurzer Vorbereitung waren sich alle einig, einen neuen Antrag zu stellen, und Oldenburg sollte die Leitung übernehmen. Wir konzentrierten uns auf ein Vorhaben zur Entwicklung „kritischer Technologie“ und fokussierten insbesondere auf den Komfort-Aspekt in Bezug auf den Arbeitsplatz des Kabinenpersonals und der Flugzeugführer („flight- and cabin-crew“). Leitgedanke war, die objektiv vorhandenen physikalischen Umwelteinflüsse an diesen Arbeitsplätzen zu erfassen, die Wirkung auf den Menschen durch psycho-physikalische, medizinische und sozialwissenschaftliche Methoden zu erheben und diese Daten dann in einem „Human Response Model“ zusammenzuführen, das als Werkzeug beim Entwurf neuer und bei der Verbesserung vorhandener Flugzeuge eingesetzt werden kann. Dass der so verbesserte Arbeitsplatz allgemein das Sicherheitsniveau im Flugzeug erhöhen wird, war allen Beteiligten selbstverständliches Ziel. Durch die entsetzlichen Ereignisse des 11. September hat der Sicherheitsaspekt eine beängstigende Aktualität erhalten - darauf verwies jetzt der zuständige „scientific officer“ aus Brüssel bei dem Projektstart.

Bevor das Projekt mit dem Namen HEACE (Health Effect in Aircraft Cabin Environment) im Juli in die engere Wahl gelangte, waren allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Unser kleines Projekt mit „nur“ rd. 6 Mio. Mark Fördermitteln wird von Partnern aus den Fachgebieten Medizin (Universität Wien), Flugzeugentwicklung (EADS München), von der zentralen italienischen Luftfahrtforschung, einer großen englischen Forschungseinrichtung zur Untersuchung von Wohn- und Arbeitsumgebungen, zwei in Messtechnik ausgewiesenen „KMUs“ (klein- und mittelständische Unternehmen, eines davon ist die ITAP GmbH, Oldenburg) sowie von den beiden Universitäten Patras (mathematische Modellierung) und Oldenburg (Integration) getragen.

Parallel zu HEACE gab es einen Zusammenschluss für eine Technologieplattform, die - vom finanziellen Umfang her fast eine Größenordnung gewichtiger - den Komfort in der Flugzeugkabine in Bezug auf die Passagiere als zentrales Thema hat. Maßgeblich sind an diesem Konsortium Airbus und einige kleinere europäische Flugzeughersteller beteiligt. Bevor auch den Brüsseler Gutachtern die offensichtliche (methodische) Parallelität der Untersuchungsprogramme auffiel, gab es informelle Vorgespräche zur Abgrenzung der Forschungsaufgaben zwischen den Projektverantwortlichen. Dabei wurde deutlich, dass es in der Technologieplattform harte Interessenskollisionen zwischen verschiedenen europäischen Flugzeugherstellern gibt, die sich nicht nur auf die jeweiligen Märkte (Langstreckenflug, Großraumflugzeug vs. Kurzstreckenverbindungen, „kleine Business-Flieger“) beziehen, sondern insbesondere auch auf den Aufbau konkurrierender Forschungs- und Testplattformen am Boden. Diese Widersprüche hätten beinahe dazu geführt, dass der große Antrag zur Technologieplattform geplatzt wäre (und damit auch das HEACE-Projekt gefährdet hätte). Oldenburg fiel in dieser Auseinandersetzung auf einmal die eigentümliche Rolle eines Vermittlers von Interessensgegensätzen zu - vielleicht, weil das HEACE-Projekt nicht so stark von den unmittelbaren Plänen bedeutender Flugzeughersteller dominiert ist. Jedenfalls ist es gelungen, die erforderliche Punktzahl in der Begutachtung in Brüssel (für beide Projekte) zu erreichen. HEACE wird nun (nach Vorgabe aus Brüssel) methodisch und auch bei konkreten Testaufbauten in enger Kooperation mit Airbus Hamburg arbeiten, was aus Oldenburger Sicht vom wissenschaftlichen Inhalt und auch unter einem regionalpolitischen Blick sehr zu begrüßen ist. Das HEACE Projekt hat zum 1. November begonnen, die große Technologieplattform (an der die Akustik-Gruppe der Universität Oldenburg ebenfalls im Bereich „sound & vibration“ beteiligt ist) wird voraussichtlich zum 1. April kommenden Jahres starten. Das „kick-off meeting“ mit Beteiligten aus Griechenland, England, Italien, Österreich und Gästen des europäischen Herstellers Airbus fand unter Leitung des Brüsseler verantwortlichen „Scientific Officers“ im Gästehaus der EWE Anfang November statt. Die zwei Tage intensiver Beratung wurde von allen Beteiligten als sehr konstruktiv und zielführend angesehen. Die gelungene Ausrichtung des offiziellen Projektstarts in Oldenburg hatte darüber hinaus den großen Vorteil, dass die künftig im Projekt arbeitenden Doktoranden von Anfang an in die Diskussion einbezogen werden konnten.

Prof. Dr. Volker Mellert

Zentrum für E-Learning Zukunft der Universität?

Senat beschließt "Center for Distributed Learning" (CeDeL)

Der Senat hat die Einrichtung eines „Center for Distributed Learning“ (CeDeL) beschlossen, das sich mit Fragen von Bildungs- und Wissensmanagement sowie mit Internet Communities beschäftigen wird. Zudem soll das Zentrum die vielen Oldenburger Projekte im E-Learning bündeln, ausbauen und Forschung betreiben. Ein weiteres wichtiges Ziel: die Entwicklung von internetbasierten Master- und Bachelor-Studiengängen, die sich vornehmlich an Berufstätige wenden und kostenpflichtig sind.
„Mit der Gründung des CeDeL haben wir eine Tür zu einem Bereich aufgestoßen, dessen Ausmaß für viele erst in einigen Jahren sichtbar werden wird“, erklärte Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch dazu. Das CeDeL könne ein Stützpfeiler der Universität werden. Schon jetzt rangiere die Universität Oldenburg beim E-Learning mit im vorderen Bereich der deutschen Hochschulen.

Grubitzsch spielte damit auf die vielen Oldenburger Internet-Projekte in den Fächern Informatik, Biologie, Mathematik, Ökonomie und Pädagogik mit einem Volumen von 15 Millionen Mark an. Im vergangenen Jahr wurden allein vom Bundesministerium für Ausbildung und Forschung drei Großprojekte nach Oldenburg vergeben, die Studierenden z. B. bundesweit das Studium der Statistik oder der Gentechnik über das Internet ermöglichen sollen. Ein weiteres großes Projekt ermöglicht LehrerInnen ein Wirtschaftsstudium mit gymnasialer Fakultas.

Insgesamt haben sich bisher acht ProfessorInnen, die im E-Learningbereich engagiert sind, unter dem Dach des CeDeL zusammen geschlossen - darunter auch die Ökonomen Prof. Dr. Schneidewind und Prof. Dr. Taeger, die die Schaffung von internetbasierten Studiengängen mit Bachelor- oder Masterabschlüssen für unerlässlich halten. In den USA schätzt man den Anteil der insgesamt 22 Millionen Studierenden, die zu Hause am Bildschirm ihr Studium bewältigen, auf etwa 10 Prozent. In der Regel sind es Berufstätige, die sich durch weitere Studienabschlüsse bessere Aufstiegsmöglichkeiten versprechen.

Im Rahmen eines Projektes, das von Prof. Dr. Anke Hanft geleitet wird, soll schon bald ein internetbasierter Studiengang für Nachwuchskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen angeboten werden, der mit einem Bachelor abschließt. Die Teilnahme wird 1.000 Euro pro Lerneinheit kosten, 15 müssen bis zum Bachelor absolviert werden. „Ein bedeutender Teil der Zukunft der Universitäten liegt in der Organisation weiterbildender internetgestützter Studiengänge“, ist Hanft überzeugt.

Dem CeDeL gehören neben den o. g. die Professoren Dr. Hans Kaminski (FB 3 Sozialwissenschaften), Dr. Udo Kamps (FB 6 Mathematik) sowie Dr. Hans-Jürgen Appelrath, Dr. Norbert Gonau und Dr. Claus Möbus (alle FB 10 Informatik) an.

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Totalitarismus-Konferenz

50 Jahre "The Origins of Totalitarianism"

Unter dem Thema „Totalitäre Herrschaft und republikanische Demokratie“ findet in Oldenburg am 13. und 14. Dezember eine internationale Tagung statt. Die Konferenz wird vom Hannah Arendt-Zentrum organisiert. Das 50-jährige Jubiläum des Erscheinens der amerikanischen Originalausgabe von Hannah Arendts Klassiker „The Origins of Totalitarianism“ (New York 1951) wird zum Anlass genommen, Werk- und Wirkungsgeschichte in ihren theoretischen wie historischen Dimensionen zu beleuchten. Neben einer historisierenden Bewertung verfolgt die Tagung das Ziel, Beiträge zu einer vergleichenden Erforschung des Totalitarismus, zu aktuellen Aspekten des Arendtschen Buches sowie zu spezifischen, bisher wenig beachteten Dimensionen (beispielsweise eines genuin jüdischen Denkens in Arendts Buch) zusammenzu führen.

Der Tagung geht eine eintägige Konferenz zum gleichen Themenkomplex voraus, die das Hannah Arendt-Zentrum am 8. Dezember in Berlin in Kooperation mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Berlin) und dem Einstein Forum (Potsdam) durchführt. In Berlin werden besonders zwei Aspekte beleuchtet. Hier geht es zum einen um die Frage der Offenheit der Moderne gegenüber totalitären Brüchen und zum anderen um die Gründung von Demokratie nach dem Ende des Totalitarismus. Fragen nach Begründungsdefiziten in modernen Demokratien schließen sich daran an.
Weitere Informationen und Tagungsablauf unter: www.uni-oldenburg.de/arendt-zentrum/

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Einblicke erschienen

Einblicke, das Forschungsmagazin der Universität Oldenburg, ist mit einer neuen Ausgabe erschienen (Nr. 34). Die Themen:

• Soziologie: Moralisch empfindsam in unmoralischen Zeiten;
• Literaturwissenschaften: Weibliche Faustgestalten;
• Physik: Mit einem Sarfatti-Telegraphen zurück in die Vergangenheit?
• Oberflächenchemie: Hat der Teufel die Oberfläche erfunden?
• Elektrochemie: Bild und Spiegelbild aus elektrochemischer Sicht;
• Sonderpädagogik: Wege der Unterstützung für Familien behinderter Kinder.


Außerdem enthält das Heft im „Uni-Fokus“ wichtige Ereignisse des vergangenen halben Jahres. Einblicke kostet im Oldenburger Buchhandel 5 Mark. Internet: www.uni-olden-burg.de/presse/einblicke/

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Arendt-Briefwechsel

Das Archiv des „Hannah Arendt-Zentrums“ an der Universität hat eine bedeutende Neuerwerbung zu verzeichnen. Die in den USA lebende Germanistin Dr. Lotte Köhler, Freundin, langjährige Mitarbeiterin und Nachlassverwalterin Hannah Arendts, hat ihren Briefwechsel mit der jüdischen Philosophin und Publizistin dem Arendt-Zentrum vermacht.

Die gebürtige Rostockerin, die Hannah Arendt im Winter 1955/56 kennen lernte, hatte nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Romanistik 1948 in Münster promoviert. 1955 wanderte sie in die USA aus und lehrte als Professorin für Germanistik am City College of New York/CUNY (CCNY).

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Magier der Moderne

Hans Poelzig (1869-1936), einer der großen Architekten des 20. Jahrhunderts, steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die das Museum Ostdeutsche Galerie in Regensburg vom 9. Dezember 2001 bis 27. Januar 2002 zeigt („Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900-1916“). Die Präsentation ist ein Gemeinschaftsprojekt des Oldenburger Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), einem An-Institut der Universität, und des Architekturmuseums Breslau (Muzeum Architektury we Wroclawiu). Die Ausstellung widmet sich insbesondere dem Frühwerk des „Magiers der Moderne“. Sie wurde in Breslau/Wroclaw bereits gezeigt und von der dortigen Kritik begeistert aufgenommen und überdies mit mehreren Preisen bedacht.

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Juden in Oldenburg

Knapp 600 Juden lebten in Oldenburg, mindestens 167 von ihnen wurden Opfer des Holocaust. In einem Erinnerungsbuch des ausgeschiedenen Politologen Prof. Dr. Ahlrich Meyer und des Sozialwissenschaftlers Jörg Paulsen wird jetzt das Schicksal der jüdischen Einwohner dokumentiert. In biographischen Artikeln ist festgehalten, was über Herkunft und Verwandtschaftsverhältnisse, Berufe, Gewerbe, Wohnadressen und Hausbesitz zu ermitteln war. Besonderes Gewicht wurde auf die Rekonstruktion von Emigrations-, Haft- und Deportationswegen gelegt.

Erinnerungsbuch - Ein Verzeichnis der von der nationalsozialistischen Judenverfolgung betroffenen Einwohner der Stadt Oldenburg 1933-1945, Edition Temmen, Bremen, 39,90 Mark.

 

Tomaten-Replik im Internet

Brief an die Redaktion

Wer weiß jetzt noch genau, was alles in der Juni-Ausgabe vom Uni-Info dieses Jahres stand? Ich nicht. Wohl aber ist mir noch immer tagtäglich peinlich bewusst, dass das, was Anabella Weismann in dieser Ausgabe behauptet hat über holländische Tomaten, Mentalität, Sprache und Kultur als Produkte einer Art calvinistischen Fundamentalismus, noch ausführlicher dargestellt wird in dem nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Niederländisch erschienenen Handbuch Die Niederlande und Deutschland, das laut dem Untertitel zum Ziel hat, einander [zu] kennen und verstehen (herausgegeben von Jan Vis und Gebhard Moldenhauer, Münster 2000).

Handbücher werden, jedenfalls in Holland, gewöhnlich nicht so wie Zeitungen schon am nächsten Tag benutzt, um Matjes oder Tulpen darin einzupacken. Außerdem fühle ich mich als Mitglied des Faches Niederlandistik der Carl von Ossietzky Universität mit verantwortlich für das Bild von den Niederlanden, welches von dieser Universität aus verbreitet wird. Weil meiner Überzeugung nach Weismanns Behauptungen in dieser Sache empirisch und wissenschaftstheoretisch so inhaltslos und unhaltbar sind wie die von ihr prototypisch aufgeführten holländischen Tomaten, habe ich reagiert, denn, wie Weismann es formuliert: „Der Calvinismus kennt eine Kollektivverantwortung der Laien in essentiell religiösen Angelegenheiten“. Leider kam meine Reaktion für Uni-Info zu spät. In krassem Widerspruch zu meiner calvinistisch geprägten Knauserigkeit ist meine Stellungnahme aber ganz umsonst zu lesen an folgender Kirchentür : www.uni-oldenburg.de/niederlandistik (Kontakte/Lehrende/Arie Sturm).

Arie Sturm

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Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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