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"Man kommt sich vor wie in einem Ameisenhaufen"

Interview mit den Interessenvertretern der Gasthörer

Helge Thormann und Doris Müller.

Mehr als 500 Männer und Frauen, die zum größten Teil das 50. Lebensjahr überschritten haben, sind an der Universität Oldenburg als GasthörerInnen eingeschrieben und zahlen pro Semester 77 Gebühren. Dafür können sie Veranstaltungen belegen, die in dem Verzeichnis „Studium generale“, das vomZentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) herausgegeben wird, aufgeführt sind. Ende des Jahres wählte ein Forum von GasthörerInnen erstmals eine eigene Vertretung. Helge Thormann und Doris Müller gehören dem Team an und äußerten sich in einem Interview über ihre Situation im Studienbetrieb und über ihre Funktion.

UNI-INFO: Wie fühlt man sich, wenn man als älterer Mensch auf den Campus kommt.

THORMANN: Man kommt sich vor wie in einem Ameisenhaufen. Über 10.000 junge Menschen beleben den Campus, und da fühlt man sich selbst erst einmal als Fremdkörper. Man ist total orientierungslos und weiß überhaupt nicht, wie man sich verhalten soll. Aber es gibt ja Unterstützung besonders durch das ZWW und auch durch erfahrene GasthörerInnen. Und so lernt man dann allmählich den Studienbetrieb und auch die Einrichtungen kennen, die wir auch nutzen dürfen, wie die Bibliothek und die Mensa.

UNI-INFO: Was ist gewöhnungsbedürftig?

THORMANN: Dass alles eine viertel Stunde später anfängt! Die akademische Viertelstunde wird hier eingehalten. Das war ungewohnt. Im Arbeitsleben musste ich immer pünktlich zum Glockenschlag meine Arbeit aufnehmen.

UNI-INFO: Werden Sie von den jungen Studierenden angenommen?

THORMANN: Ich habe fast nur positive Erfahrungen gemacht. Wir werden von den Jüngeren akzeptiert, sind also keine Fremdkörper. Es wird nicht gesagt: „Was will der Gruftie denn eigentlich hier? Der nimmt uns doch nur den Platz weg.“ Es ist angenehm, in den Vorlesungen neben den Jüngeren zu sitzen und sich inhaltlich auszutauschen. Es gibt keinen Abstand zwischen jung und alt.

UNI-INFO: Sprechen Sie auch außerhalb der Seminare mit den jungen Kommilitonen?

MÜLLER: Das ergibt sich in der Cafeteria oder vor den Vorlesungen und Seminaren immer mal wieder. Wie haben hier in Oldenburg wirklich überhaupt keine Schwierigkeiten, mit den jungen Leuten zu kommunizieren.

UNI-INFO: Halten Sie auch selbst mal ein Referat oder sind sie eher passive Zuhörerin?

MÜLLER: Jetzt im Moment bin ich noch passive Zuhörerin, aber es gibt auch in den Seminaren Fragen, die ich sehr gerne mit meiner Lebenserfahrung beantworte.

UNI-INFO: Können Sie von den Jungen lernen?

MÜLLER: Ja, unbedingt - von deren Aufgeschlossenheit. Es ist für mich das Wichtigste, deren für mich neues Denken aufzunehmen und mit meinen Erfahrungen und Kenntnissen zu verbinden. Dann gewinnt man plötzlich neue Blickwinkel. Und die sind manchmal viel wichtiger als die thematischen Auseinandersetzungen in den Seminaren selbst.

UNI-INFO: Seit Ende vergangenen Jahres gibt es eine Vertretung für die GasthörerInnen. Warum? Sie werden doch vom ZWW unterstützt und informiert.

THORMANN: Die 500 Gasthörer-Innen sind wichtiger Bestandteil der Universität. Wir wollen uns um sie kümmern, damit sie sich besser zurechtfinden. Man mag als Gasthörer nicht mit jedem Kleinkram zum ZWW laufen. Wenn wir bestimmte Dinge selbst in die Hand nehmen, entlasten wir nicht nur das ZWW, sondern stärken uns selbst und können auch für bessere Kommunikation untereinander sorgen.

UNI-INFO: Gibt es da nicht schon lange einen Infokreis für Gasthörer?

MÜLLER: Seit 20 Jahren gibt es jetzt GasthörerInnen an der Universität und seitdem auch einen Informationskreis, der sich regelmäßig trifft. Aber es gibt keine Interessensvertretung aller GasthörerInnen wie an anderen Universitäten.

UNI-INFO: Sehen Sie sich als Konkurrenz zum Infokreis?

MÜLLER: Nein. Aber als wichtige Ergänzung. Der Infokreis sorgt für Kommunikation unter den Gasthörer-Innen, die über das Studium sprechen oder auch darüber hinaus miteinander diskutieren wollen. Das gewählte Team aber soll die GasthörerInnen auch nach Außen vertreten können, wenn es notwendig ist. Die Universität soll Ansprechpartner haben. Das sind wir.

UNI-INFO: Was haben Sie an konkreten Maßnahmen vor?

THORMANN: Wir beabsichtigen, Sprechstunden für Gasthörende einzurichten, in der sich neue Gasthörende oder auch bereits Eingeschriebene informieren können. Wir wollen versuchen als Scharnier zwischen Gasthörenden und Universität zu funktionieren. Wir wissen sehr wohl, dass die Universitätsleitung die 500 Gasthörer als einen wichtigen Faktor ansieht, und wir werden versuchen, diesen Eindruck zu verstärken.

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Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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