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Grüne Elektrizität und Herde aus Getränkedosen

Studenten des Studiengangs "Renewable Energy" absolvierten ein Praktikum in Mali und Südafrika / Von Katrin Neuhalfen

Alejandro Bango und Marco Peter, frischgebackene Absolventen des Aufbaustudiengangs „Renewable Energy“, können auf ein bewegtes Jahr zurückblicken. Neben dem Studium in Oldenburg stand auch ein zweimonatiges Auslandspraktikum auf dem Programm: Der 27jährige Bango machte sich auf den Weg nach Mali, um sich mit dem Thema ländliche Elektrifizierung zu beschäftigen. Er arbeitete in einer Firma, die Solarenergie-Systeme an Privathaushalte und Krankenhäuser „vermietet“. Zurzeit können es sich nur wenige Menschen in Mali leisten, ihr Haus auf diese „natürliche“ Weise zu beleuchten oder einen Schwarz-Weiß-Fernseher zu betreiben.

Marco Peter profitierte wie viele seiner KommilitonInnen von dem weltweiten Absolventen-Netzwerk des Aufbaustudiengangs. Er fand auf diesem Weg seinen Praktikumsplatz in Südafrika. Der Maschinenbauingenieur beschäftigte sich in dem von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) geförderten Projekt ProBEC (Programme for Biomass Energy Conservation in Southern Africa) mit der Standardisierung von energiesparenden Technologien. Vor allem die Massenproduktion und die Verbreitung energiesparender Herde in Südafrika spielt dabei eine große Rolle.
Alejandro Bango und Marco Peter berichteten im Gespräch mit Uni-Info über ihre Erlebnisse in Mali und Südafrika:

UNI-INFO: Wie haben Sie Mali erlebt?
BANGO: Die Wärme der Menschen untereinander und mir gegenüber hat mich beeindruckt. Eine wichtige Erfahrung war für mich auch, dass die Firma SSD große Schwierigkeiten hat, den Menschen Solarenergie-Systeme näher zu bringen. Das liegt vor allem daran, dass die MitarbeiterInnen - sicherlich durch die schlechte Schulausbildung - kaum in der Lage sind, das so genannte „SolarHomeSystem“ (SHS) zu erklären. Anfangs war ich enttäuscht von diesen Zuständen.
UNI-INFO: Gibt es Versuche, daran etwas zu ändern?
BANGO: Ja. Zum Beispiel war eine meiner Aufgaben, bisher fehlende französische Gebrauchsanweisungen für das SHS zu schreiben. Außerdem veranstalteten wir Schulungen, um den Maliern etwas über Elektrizität und die Nutzung von „Grüner Elektrizität“ beizubringen. Ich war viel unterwegs, um herauszufinden, wie die ländliche Bevölkerung lebt und welche Art von SHS sie benötigen.
UNI-INFO: Können Sie diese Form der „Grünen Elektrizität“ kurz beschreiben?
BANGO: Im Grunde ist sie sehr einfach: eine Solarzelle, eine Batterie und beispielsweise Neonlichter und ein Batterieladegerät - das ist alles, was man braucht. Viel schwieriger ist es, dafür zu sorgen, dass das System auch bei 45°C und viel Staub einwandfrei arbeitet.
UNI-INFO: Wurde das Haus, in dem Sie in Mali gelebt haben, auch mit Solar-energie versorgt?
BANGO: Nein. Koutiala ist eine Stadt mit 10.000 Einwohnern und einem lokalen Elektrizitätsnetzwerk. Trotzdem leben in der Stadt viele Leute ohne Elektrizität, da der Anschluss Geld kostet und das haben die wenigsten. Einige Leute in der Stadt nutzen bereits das SHS.
UNI-INFO: War das Praktikum so, wie Sie es erwartet hatten?
BANGO: Es war viel, viel besser als erwartet. Ich würde jedem so ein Praktikum empfehlen.

Nachdem Marco Peter im Rahmen seines Praktikums in Südafrika einen Workshop zum Thema „Energiesparende Biomasseherde“ organisiert hatte, luden ihn ein deutscher und ein kanadischer Kollege spontan ein, gemeinsam mit ihnen einen Herd für die Bevölkerung in Lesotho zu bauen.

UNI-INFO: Was ist das Besondere an einem afrikanischen Herd?
PETER: Entscheidend ist, dass man nicht für Gesamt-Südafrika ein Herdmodell entwickeln kann. Gründe sind sehr unterschiedliche Topfformen, Brennstoffe, Kochstandorte und Lebensmittel. Außerdem müssen die Herde bezahlbar sein.
UNI-INFO: Wie haben Sie das Projekt in Lesotho umgesetzt?
PETER: Wir nutzten das Grundgerüstkonzept eines in Amerika entwickelten Herdes und passten es der örtlichen Umgebung an. Brennholz ist in Lesotho knapp und die Menschen verwenden daher auch getrockneten Kuhmist als Brennmaterial. Wir haben versucht, ei-nen energiesparenden und kostengünstigen Ofen zu entwickeln. Der Kollege aus Deutschland, Michael Hönes, hat ein Geschäft für Blechdosendesign und brachte seine Erfahrungen in die Neuentwicklung ein.
UNI-INFO: Und wie sieht dieser Ofen jetzt aus?
PETER: Im Grunde sieht es aus wie eine kunstvolle Konstruktion aus Getränkeblechdosen! Wir haben also Müll verarbeitet, der in Afrika ein großes Problem ist. In dem von uns konstruierten Ofen finden diese Dosen eine zweite Verwendung. Er ist damit bezahlbar. Der Herdbau war eine tolle und eigentlich ungeplante Erfahrung!

Rund 15 StudentInnen nehmen in jedem Jahr an dem Oldenburger Aufbaustudiengang „Renewable Energy“” teil. Das Pflichtpraktikum ist fester Bestandteil des einjährigen Programms, das seit 16 Jahren am Fachbereich Physik der Universität angeboten wird. Die Ingenieur-Innen und NaturwissenschaftlerInnen werden in Theorie und Praxis von Solar-, Wind- und Biomassenenergienutzung ausgebildet. Durch ein Netzwerk, das sich spinnenartig über alle Kontinente spannt, bleibt der Kontakt auch nach dem Masterabschluss erhalten. Hauptsächlich per E-Mail tauschen sich die mittlerweile 230 AbsolventInnen aus mehr als 60 Ländern aus. Ein Newsletter, Gastvorträge der AbsolventInnen in Oldenburg, Seminare in den Regionen und der Internetauftritt des Programms unterstützen zusätzlich die Ehemaligen-Arbeit.

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Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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