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Hochschulpolitik

Das Sparkonzept wird umgesetzt

Universität Oldenburg mit 2,025 Millionen Euro belegt

Trotz zahlreicher Proteste hat die Landesregierung die Finanzmittel für die niedersächsischen Hochschulen um über 40 Millionen € gekürzt. Für die Universität Oldenburg, auf die ein Anteil von 2,025 Millionen € entfällt, sind die Folgen schmerzlich: Sie muss 2004 zunächst 25 Stellenäquivalente einsparen und 2005 nochmals 20. Für die Universität bedeutet das in der Konsequenz: Die Diplomstudiengänge Psychologie und Sozialwissenschaften müssen eingestellt werden. Die Sportwissenschaft, deren Erhalt zeitweise in Frage stand, geht dagegen gestärkt aus den Kürzungsplänen hervor: die Osnabrücker Sportwissenschaft wird nach Oldenburg verlegt.

Schon im September hatte das Präsidium für die Erbringung der einzusparenden 45 Stellenäquivalente (durchschnittliche Kosten einer Stelle) einen Vorschlag erarbeitet und dem Senat zur Stellungnahme vorgelegt. Danach entfallen 19,5 der Stellen auf den Wissenschaftsbereich und 25,5 auf den sogenannten MTV-Bereich - also auf die Verwaltung und die Zentralen Einrichtungen. Dem hatte auch der Senat letztlich zugestimmt, obwohl die Mehrheit der Professoren gern eine noch höhere Einsparungsquote im MTV-Bereich gesehen hätte. Das aber hatte das Präsidium strikt abgelehnt. Dagegen nahm Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch den ausdrücklichen Wunsch des Senats auf, das Wissenschaftsministerium dazu zu bewegen, zwei Psychologieprofessuren von der Kürzungsliste zu streichen, um die Psychologie möglichst vollwertig zu erhalten.

Die Hoffnung, die Kürzung der Kürzung zu erreichen, erfüllte sich aber nicht. Das Wissenschaftsministerium blieb in Gesprächen mit dem Präsidium hart. Dem Fach Psychologie, das mittelfristig nun mit fünf Professuren auskommen muss und vornehmlich in der Lehrerbildung tätig sein wird, soll allerdings die Möglichkeit gegeben werden, gemeinsam mit einer anderen Universität oder einem anderen Fach ein Graduiertenstudienangebot zu entwickeln, um damit auch das Promotionsrecht zu behalten. Darüber hinaus kündigte Grubitzsch an, er werde sich bei den Beratungen im Rahmen des hochschulinternen Solidarpakts darum bemühen, dass der Psychologie eine weitere Professur zur Verfügung gestellt wird.

Die Fächer Politikwissenschaft und Soziologie wollen schon bald ein Konzept für ein Bachelor- und Masterstudienangebot mit dem Schwerpunkt „Interdisziplinäre Gewalt- und Konfliktforschung“ anstelle des verloren gegangenen Diplomstudienganges vorlegen. Mit je vier Professuren in beiden Fächern sei dies möglich, sagte dazu der Politologe Prof. Dr. Eberhard Schmidt. Für die B.A. und M.A.-Studiengänge, für die wie bei einem möglichen Masterstudiengang im Bereich Psychologie die Akkreditierungspflicht gilt, werden der Diplomstudiengang Sozialwissenschaften und die Magisterstudiengänge Soziologie und Politikwissenschaften eingestellt.

Grubitzsch betonte wiederholt seine Kritik an der Politik der Landesregierung. Die Kürzungen seien nicht nur schmerzlich, sondern falsch, weil Bildung eine Zukunftsinvestition sei und keine Subvention. Doch die Entscheidungen seien gefallen. Der Universität bleibe nichts anderes als ihr Profil weiter zu schärfen, das durch die Kürzungen nicht grundsätzlich in Frage gestellt sei. Sorge bereite ihm allerdings die Nachwuchsförderung. Hier werde die Universität Oldenburg mit den Nachbarhochschulen - insbesondere mit der Universität Bremen - enger zusammenarbeiten, um gemeinsame Masterstudiengänge zu entwickeln.

Erfreut zeigte sich Grubitzsch über die Rettung und Stärkung der Sportwissenschaften durch die Zusammenlegung mit der Osnabrücker Sportwissenschaft. Damit werde die Oldenburger Sportwissenschaft, die ihr Profil durch den Schwerpunkt Freizeitsport gewonnen habe und durch Prof. Jürgen Dieckert geprägt worden sei, wieder ein Leuchtturm werden können. In Oldenburg zählt das Fach Sportwissenschaft über 800 StudentInnen, davon sind knapp 700 im Bereich Lehramt immatrikuliert. In Osnabrück gibt es z.Z. etwa 400 Sportstudierende.

Das Wissenschaftsministerium traf im Rahmen seines „Hochschuloptimierungskonzeptes“, wie es offiziell heißt, zwei weitere Entscheidung: Das Magisternebenfach „Jüdische Studien“ soll als Modul künftiger Bachelor- und Masterstudiengänge erhalten bleiben. Und auch die Technisch Bildung wird als Lehramtsstudiengang vorerst nicht verloren gehen, soll aber eng - der Optimierung wegen - mit der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven zusammenarbeiten.

Durch Kürzungen zur Exzellenz?

Als unumgänglich hat Wissenschaftsminister Lutz Stratmann bei der Eröffnung des akademischen Jahres der Universität Oldenburg am 10. Oktober die Sparauflagen im Hochschulbereich verteidigt und erklärt, wenn das Ruder nicht herumgerissen werde, habe die Regierung in ein paar Jahren überhaupt keinen Spielraum mehr. Es gebe eine Verpflichtung gegenüber den nächsten Generationen, denen man nicht einen riesigen Schuldenberg aufladen dürfe. Für die Hochschulen seien die Einsparungen bitter, aber sie böten auch Chancen. In finanziell guten Zeiten sei es offensichtlich schwierig, notwendige Reformen durchzuführen. Erst die katastrophale Finanzsituation zwinge dazu, Optimierungskonzepte zu verwirklichen. Daraus zog er den Schluss: „Wenn die Verteidigung der Mittelmäßigkeit schwerer wird, ist die Forderung nach Exzellenz eher umzusetzen“. Er selbst habe sich zumindest den Ehrgeiz bewahrt, eine gestaltende Hochschulpolitik zu betreiben.

Als falsch bezeichnete indes Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch die Politik der Landesregierung. Kürzungen schwächten die Chancen der heranwachsenden Generation. Heftige Kritik übte auch ASTA-Sprecher Stefan Kühnapfel. Sparen allein sei noch kein Konzept. Kühnapfel beklagte zudem die mangelnde Transparenz der Gespräche zwischen Ministerium und Präsidium und sagte wörtlich: „Ich möchte nicht, dass über Bildung verhandelt wird. Bildung ist keine Ware.“

Eher zurückhaltend fiel die Kritik des ehemaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Oppositionsführers Sigmar Gabriel aus, der einen Tag zuvor die Universität Oldenburg besucht hatte. Er bemängelte lediglich, dass die wissenschaftliche Kommission, die die Landesregierung berät, bei den Kürzungskonzepten nicht genügend einbezogen würde.

Siebenköpfiger Hochschulrat konstituiert sich

Werner Brinker

Heindirk
tom Dieck

Jörg Menno
Harms
Martha
Lux-Steiner
Eske Nannen Hubert
Rothärmel
Karen Sonne
Jakobsen

Sieben Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft sind vom Senat der Universität Oldenburg und dem niedersächsischen Wissenschaftsministerium als Mitglieder des neuen Hochschulrats bestellt worden. Die konstituierende Sitzung des Hochschulrats findet am 17. November statt. Die Amtszeit beträgt vier Jahre und erstreckt sich vom 1. Juli 2003 bis zum 30. Juni 2007.
Der Hochschulrat wird als Beratungs- und Aufsichtsgremium dienen und eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Universität spielen. Er berät das Präsidium und den Senat der Universität und nimmt Stellung zu den Entwicklungs- und Wirtschaftsplänen sowie zur Gründung von Unternehmen oder zur Beteiligung an Unternehmen. Darüber hinaus müssen durch ihn die vom Senat gewählten Präsidiumsmitglieder bestätigt werden.
„Die Mitglieder unseres Hochschulrats bilden ein exzellentes Beratergremium, das die Zukunft unserer Universität entscheidend mitgestalten wird. Wir danken den Mitgliedern für ihr Engagement und ihre Bereitschaft, ihre Kompetenzen einzubringen“, so Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch zur Bestellung des ersten Hochschulrats.
Das Niedersächsische Hochschulgesetz sieht die Einrichtung eines Hochschulrats als besonderes Organ vor. Von den sieben stimmberechtigten Mitgliedern sollten mindestens drei Frauen sein. Der Senat bestellt vier, das Wissenschaftsministerium drei Mitglieder, die nicht der Hochschule angehören dürfen.
Die Mitglieder
Dr. Werner Brinker (Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns EWE AG und Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft VDEW); Prof. Dr. Heindirk tom Dieck (ehemaliger Generalsekretär der Gesellschaft Deutscher Chemiker GDCh); Jörg Menno Harms (Vorsitzender der Geschäftsführung Hewlett-Packard Deutschland); Prof. Dr. Martha Lux-Steiner (Hahn-Meitner-Institut, Berlin); Eske Nannen (Geschäftsführerin der Kunsthalle Emden); Hubert Rothärmel (Aufsichtsratsvorsitzender CeWe Color AG & Co. OHG, Oldenburg); Prof. Dr. Karen Sonne Jakobsen (Leiterin des „Institut for Sprog og Kultur“, Universität Roskilde, Dänemark).

Good bye Learning?

Schon lange hat es keine so große Kundgebung in Oldenburg gegeben: gegen die Kürzungen im Bildungsbereich demonstrierten am 16. Oktober in der Innenstadt etwa 800 Menschen - vornehmlich Studierende, WissenschaftlerInnen und MitarbeiterInnen der Universität. Unter dem Motto „Good bye Learning“ kritisierten sie die Sparpläne der Landesregierung als „Zerstörung der Zukunft“ künftiger Generationen. So hatte auch die Personalversammlung der Universität argumentiert, die am 1. Oktober einstimmig eine Resolution verabschiedet hatte. Darin heißt es, die Streichungen bedrohten nicht nur die Universität, sondern die gesamte Region, die ohnehin zu schwach mit wissenschaftlichen Einrichtungen ausgestattet sei. Hinter den Kürzungen stehe kein erkennbares Konzept, sondern lediglich der Versuch, „die Staatsfinanzen in einem Bereich zu sanieren, wo nur geringer Widerstand erwartet wird.“
Foto: Wilfried Golletz

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Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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