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Hochschulpolitik
- Neue Budgetierung leistungsorientierter
Senat stimmt Neuordnung der Finanzen zu
- "Das Neue am Modell ist die größere
Transparenz"
Gerlinde Walter über das Budgetierungsmodell
- Bei den Drittmitteln an zweiter Stelle
Eine Rankinginterpretation von Volker Mellert*
Neue Budgetierung leistungsorientierter
Senat stimmt Neuordnung der Finanzen zu
Im Sachmittelbereich wird die Universität ihre Finanzen neu ordnen.
Der Senat nahm nach intensiver Diskussion das vom Präsidium vorgelegte
Modell zustimmend zur Kenntnis, das am 1. Januar 2005 in Kraft treten
wird. Das Modell sieht neue Indikatoren zur Verteilung des Sachmittelhaushalts
im Wissenschaftsbereich vor. Diese sollen zunächst im Jahr 2005 getestet
und gegebenenfalls für die Mittelverteilung 2006 modifiziert werden.
Darüber hinaus ist die Einführung von Zielvereinbarungen zwischen
dem Präsidium und den Fakultäten sowie mit den Zentralen Einrichtungen
und der Zentralverwaltung geplant. Erstmals wird es außerdem einen
abgesicherten Programmhaushalt geben.
Ziel des neuen Modells ist die aufgaben- und leistungsorientierte Mittelvergabe
an alle Einrichtungen der Universität und die Schaffung besserer
Steuerungsmöglichkeiten durch Präsidium und Fakultäten,
die die Förderung wichtiger Projekte für die Profilierung der
Universität gewährleisten. Präsident Prof. Dr. Uwe Schneidewind
betonte nach der Sitzung, die Änderung des Budgetierungsmodells mache
Institute, Fakultäten und auch das Präsidium handlungsfähiger
und werde insgesamt für mehr Transparenz sorgen.
Seit die Universität über den so genannten Globalhaushalt verfügt,
darf sie wie ein Unternehmen wirtschaften und Rücklagen bilden. Diese
gewinnt sie vor allen Dingen aus Stellen, die zeitweise nicht besetzt
sind bzw. nicht besetzt werden können. Bisher werden die daraus zur
Verfügung stehenden Gelder den Organisationseinheiten zu 80 Prozent
belassen. 20 Prozent gehen in einen zentralen Topf, über den das
Präsidium entscheidet. Künftig gilt folgender Schlüssel:
Wie bisher bleiben 80 Prozent bei den Instituten, 20 Prozent erhalten
aber die Fakultäten bzw. Dekanate, die damit erstmals über eigene
finanzielle Ressourcen verfügen können. Der zentrale Topf, der
künftig Programmhaushalt heißt, wird dennoch nicht leer bleiben.
Ihm fließen ab 2005 jährlich 10 Prozent aus den vorhandenen
Rücklagen aller Einrichtungen zu. Zusammen mit reduzierten Zahlungsverpflichtungen
- wie z.B. für den Innovationspakt der niedersächsischen Hochschulen,
der 2005 ausläuft - wird eine Summe zur Verfügung stehen, mit
der transparent und programmatisch besonders wichtige Projekte zentral
gefördert werden können. Im nächsten Jahr wird der Programmhaushalt
etwa 1,6 Millionen € betragen, wovon allerdings ein erheblicher Teil
z.B. für das Didaktische Zentrum, den Sonderforschungsbereich Neurokognition
und für Fakultäten gebunden ist.
Für die Berechnung der Sachetats der wissenschaftlichen Einrichtungen
(Institute u.a.) werden Lehr- und Forschungsindikatoren zugrunde gelegt,
die gleichgewichtig mit je 48 Prozent bewertet werden. Die Anstrengungen
für Gleichstellung schlagen mit einem Anteil von vier Prozent zu
Buche. Ausschlaggebend beim Lehrindikator ist, wie viele Studierende in
der Regelstudienzeit zum Examen geführt werden und wie stark die
Fächer einer Fakultät ausgelastet sind. In der Forschung werden
die Höhe der eingeworbenen Drittmittel (Forschungsgelder), die Publikationen
und die Anzahl der Promotionen und Habilitationen Hauptindikatoren für
die Zuwendungen sein.
Der auf die Fakultäten bezogene Verteilerschlüssel besagt aber
schon jetzt, dass die Fakultät V Mathematik und Naturwissenschaften
über 10 Prozent weniger Sachmittel erhält. Allerdings ist davon
auszugehen, dass die Fakultät durch den Verbleib der Mittel freier
Stellen und die gezielte Förderung neuer Projekte durch den Programmhaushalt
den Verlust problemlos auffangen kann .
Mit der Einführung der Zielvereinbarungen werden erstmals auch die
Verwaltung und die Zentralen Einrichtungen in eine aufgaben- und leistungsbezogene
Mittelvergabe einbezogen. Dafür müssen in den Zielvereinbarungsprozessen
allerdings noch Kriterien entwickelt werden.
"Das Neue am Modell ist die größere Transparenz"
Gerlinde Walter über das Budgetierungsmodell
UNI-INFO: Frau Walter, warum hat das Präsidium jetzt dem Senat ein
neues Budgetierungsmodell vorgelegt?
WALTER:
Mit der Einführung des Indikatorenmodells 1998 wurde gleichzeitig
seine Evaluierung innerhalb von fünf Jahren bestimmt. Dabei haben
wir festgestellt, dass das Modell zu wenig regelt, denn es beschränkt
sich nur auf die Verteilung der Sachmittel für die wissenschaftlichen
Einrichtungen. Mit dem neuen Modell sehen wir für alle Bereiche Zielvereinbarungen
vor. Für die Zentralen Einrichtungen wie die Bibliothek und die Studienberatung
gab es bisher noch keine Finanzierung nach Aufgaben und Leistung. Auch
nicht für die Verwaltung. Das ändern wir jetzt.
UNI-INFO: Das neue Modell wird den zentralen Topf des Präsidiums
stärken, der jetzt Programmhaushalt genannt wird. Und auch die Fakultäten
werden mehr Möglichkeiten haben, projektfördernd und profilbildend
zu handeln.
WALTER: Dass das Präsidium gestärkt wird, steht nicht im Vordergrund.
Wir stellen die zentrale Finanzierung, die es zu Steuerungszwecken natürlich
immer gegeben hat, auf eine neue Basis.
UNI-INFO: Hat das Präsidium jetzt nicht bessere Möglichkeiten,
etwas für die Profilierung zu tun?
WALTER: Der Programmhaushalt unterscheidet sich gegenüber den vorherigen
Möglichkeiten dadurch, dass er definiert, welche wichtigen Bereiche
und Projekte das Präsidium unterstützen will. Das Neue ist also
die Transparenz und dass alle sich darauf einrichten können, was
künftig zentral bezuschusst wird.
UNI-INFO: Wofür werden die kleinen Programmhaushalte, die der Fakultäten,
eingesetzt?
WALTER: Die Fakultäten, die bisher über keine großen Mittel
verfügten, sollen künftig für ihre Institute übergreifend
strategisch wirken und den bestmöglichen Ressourceneinsatz sicherstellen.
Das heißt, sie werden aufgrund der Zielvereinbarungen, die sie mit
dem Präsidium abschließen, die Mittel einsetzen. Wichtig ist
aber auch, dass sie sehr variabel mit den Mitteln umgehen können.
UNI-INFO: Was heißt das?
WALTER: Wir streben ein Bankenmodell an, das ein professionelles Wirtschaften
mit den insgesamt in der Fakultät vorhandenen Mitteln zulässt.
So soll eine wirkliche Bewirtschaftung der Rücklagen, die zumeist
aus unbesetzten Stellen kommen, möglich werden. Ein Beispiel: ein
Institut benötigt aktuell Geld für eine wichtige Tagung, kann
es aber erst später aufbringen. Hier können dann auf Fakultätsebene
Gelder von anderen Instituten ausgeliehen werden, die dort
erst später benötigt werden. Durch gezieltes Sparen
aus den Mitteln freier Stellen wird der vergebene Kredit wieder
aufgefüllt. Das Ganze kann sich natürlich auch im größeren
Maßstab abspielen. Und dafür müssen wir die neue Planungskompetenz
auf Fakultätsebene, nämlich die Geschäftsführer, in
die Lage versetzen, die finanzielle Situation der gesamten Fakultät
einzuschätzen: Was ist in den Instituten, der Fakultät an Rücklagen
vorhanden? Welche Mittel werden wann benötigt, um den gesamten finanziellen
Bedarf der Fakultät abdecken zu können? Es geht darum, Gelder
nicht nutzlos liegen zu lassen, sondern sie bestmöglich im Sinne
der Fakultät einzusetzen.
UNI-INFO: Das neue Modell sieht auch Zielvereinbarungen mit den Zentralen
Einrichtungen und der Verwaltung vor. Wie kann man sich das vorstellen?
WALTER: Die Zentralen Einrichtungen und die Zentralverwaltung sind Dienstleistungsbereiche
für die Wissenschaft. Hier wollen wir Aufgabenkataloge erstellen
und Transparenz ermöglichen, damit eine Entscheidung darüber
getroffen werden kann, welche Dienstleistungen benötigt und gewollt
werden. Die halten wir dann aus Landesmitteln vor. Der nächste Punkt
wird sein, dass wir versuchen werden, mit wenigen Kriterien die Leistungen
messbar zu machen. Diese sollen uns sagen: Hier ist erwartungsgemäß
und aufgabengerecht gearbeitet worden, hier werden die Ziele, die die
Universität mit diesen Infrastruktureinrichtungen verbindet, erreicht.
UNI-INFO: Die Definition solcher Leistungen verbindet sich eng mit dem
Profil der Universität, das sie weiter entwickeln will. Wäre
es nicht sinnvoller gewesen, das Budgetierungsmodell erst nach der vom
Präsidenten angekündigten Leitbild- bzw. Strategiediskussion
einzuführen?
WALTER: Das alte Budgetierungsmodell stand zur Revision an, weil sich
herausgestellt hat, dass es Mängel hatte. Mit dem Sachmittelbudget,
das wir indikatorengesteuert an den Wissenschaftsbereich verteilen, finanzieren
wir sozusagen den Alltag, die Grundversorgung, das operative Geschäft.
Die Entwicklung des Programmhaushalts wird eng mit der Strategiediskussion
verzahnt, d.h. wir werden sehr flexibel auf die Festlegung der strategischen
Ziele reagieren können.
Bei den Drittmitteln an zweiter Stelle
Eine Rankinginterpretation von Volker Mellert*
Im Oktober ist wieder ein Hochschulranking erschienen, diesmal im Focus
nachzulesen. Schwachsinnige Rankings (so Wissenschaftsminister
Lutz Stratmann wörtlich) sollten eigentlich nicht Gegenstand tiefer
gehender Analyse sein. Gleichwohl erlaubt der Vergleich mit anderen Universitäten,
die demselben - statistisch nicht unbedingt abgesicherten - Bewertungsverfahren
unterworfen sind, gewisse Tendenzaussagen. Unter dem genannten starken
Vorbehalt schauen wir auf die Oldenburger Physik im Focus-Ranking - eine
von 60 deutschlandweit bewerteten.
Gender Mainstream: Wir wissen alle, dass es in diesem wichtigen politischen
Feld noch sehr viel zu tun gibt. Hier führt Essen mit einem Anteil
von 27 Prozent, Oldenburg belegt einen nicht guten Platz 32 mit 16,4 Prozent.
Von Reformuniversität keine Spur. Die Quote müsste verdoppelt
werden.
Drittmittelquote: Oldenburg belegt einen sensationellen zweiten Platz,
errungen hinter der Spitzenuniversität TU München! Auch die
Schwester in Bremen kann sich mit Platz 5 sehen lassen.
Deuten sich hier Erfolge der Investitionen in den Forschungsstandort Nord-West-Niedersachsen
an? Gut so, Oldenburger Physik! Jetzt fehlt im Gegensatz zu Bremen nur
noch die nötige Infrastruktur an außeruniversitären
Forschungsinstituten (Max-Planck, Fraunhofer etc.).
Promotionsquote: Auch in der Zahl der Promotionen (die ja überwiegend
durch Drittmittel finanziert werden) ist Oldenburg in die Spitzengruppe
aufgerückt. Diese Tendenz muss gefestigt werden. Sie macht die Oldenburger
Physik weiterhin als Forschungsstandort attraktiv.
Studiendauer: Die Dauer des Physikstudiums ist seit langer Zeit Gegenstand
kritischer Besorgnis. Zwar wurden in Oldenburg eine Reihe von Maßnahmen
zur Straffung des Studiums eingeleitet, zufrieden kann man aber überhaupt
nicht sein, obwohl die rote Laterne abgegeben wurde.
Es muss Ziel bleiben, unter 12 Semester Studiendauer zu kommen. Auch das
Argument starken Drittmittelengagements kann nicht als Entschuldigung
her halten. Das verbindet uns zwar mit Kaiserslautern, aber auch Jena
liegt im Spitzenfeld und zeigt, dass Drittmittelforschung keineswegs auf
Kosten der Studiendauer gehen muss.
Anzahl der Studierenden: Eine erfreuliche Entwicklung in Oldenburg. Seit
Jahren beobachten wir, dass die Nachfrage des Oldenburg Physikangebots
gut ist. Auch im niedersächsischen Vergleich kann sich die Zahl der
Studierenden sehen lassen., ist faktisch gleichauf mit Hannover.
Betreuungsrelation: Das Argument lautet: Bei den vielen Studierenden und
den wenigen Lehrenden ist es ja kein Wunder, dass Oldenburg bei dieser
Kennziffer ganz weit hinten liegt. Aus eigener Kraft könnten wir
daher den Studierenden nur dann mehr (formale) Zuwendung geben, wenn wir
die Hälfte von ihnen vergraulen, aber das wollen wir nicht.
Zitationsindex: Im Vergleich zu Heidelberg (100 gesetzt) ist die Oldenburg-
Quote nur bei 10 Prozent. Das ist entschieden zu wenig und muss unbedingt
verbessert werden. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass
viele Oldenburger Publikationen aus der Physik in angewandten, technischen
Sachgebieten landen und damit eher den Ingenieurwissenschaften und nicht
der Physik zugerechnet werden. Hier wird gerade ein eigenes Ranking
unter Einbeziehung der genannten Wissenschaftsgebiete durchgeführt,
um deutlich zu machen, dass die Publikationsleistungen deutlich besser
sind als sie erscheinen.
Fazit: Die Oldenburger Physik zählt in manchen Bereichen durchaus
zur Spitze - besonders in der Forschung, was sich allerdings nicht hinreichend
in den klassischen physikalischen Publikationen niederschlägt. Die
Nachfrage durch die Studierenden ist erfreulich gut, aber erschwert ein
gutes Betreuungsverhältnis, das zum Renommee des Standorts beitragen
könnte. Innerhalb Niedersachsens hat Oldenburg ohne Zweifel ein wichtiges
und gewichtiges physikalisches Institut.
*Prof. Dr. Volker Mellert ist Experimentalphysiker und Spezialist
im Bereich Akustik