Hochschulzeitung UNI-INFO
Kontakt
Hochschulzeitung UNI-INFO
Forschung
- Unbekannte Bakterien in den Tiefen des Meeresbodens
Science-Veröffentlichung mit Beteiligung Oldenburger Wissenschaftler
- Kein Flächenbrand
Neue Studie zur Verschuldung junger Menschen
- Neue HWK-Forschergruppe
Menschliches Verhalten und Klimawandel
- Web of Science 2004
- Zwei der Besten
Unbekannte Bakterien in den Tiefen des Meeresbodens
Science-Veröffentlichung mit Beteiligung Oldenburger Wissenschaftler
Oben: Anreicherungskultur aus prähistorischem
Meeressediment. Die Bakterien wurden mit Hilfe eines fluoreszierenden
Farbstoffs sichtbar gemacht. |
Hunderte von Metern unter dem Meeresboden, in Sedimentschichten, die
vor vielen Millionen Jahren im pazifischen Ozean abgelagert wurden, leben
riesige Mengen unbekannter Mikroorganismen. Mehrere neue Arten von Bakterien
dieser so genannten tiefen Biosphäre konnten jetzt im
Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) isoliert werden.
Vorausgegangen war die erste mikrobiologische Expedition des internationalen
Ocean Drilling Program mit dem Forschungsschiff JOIDES
Resolution im Frühjahr 2002, die von WissenschaftlerInnen aus
den USA und dem Bremer Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie
geleitet wurde. Zu den TeilnehmerInnen der Expedition gehörte auch
der Leiter der Arbeitsgruppe Paläomikrobiologie am ICBM, Prof. Dr.
Heribert Cypionka. Auf der Fahrt wurden Proben aus dem Meeresboden sowohl
im offenen Ozean als auch in der Nähe der Galapagos-Inseln und vor
der Küste von Peru gewonnen. Die spezielle Bohrtechnik des Schiffs
erlaubt es, Proben aus dem Meeresboden durch Wassertiefen von mehreren
tausend Metern hindurch zu nehmen. Es wurden Sedimentschichten beprobt,
die bis zu 420 Metern unter dem Meeresboden liegen und vor mehr als 30
Millionen Jahren abgelagert wurden. Noch auf dem Schiff wurden zahlreiche
geochemische Analysen durchgeführt und erstmals neue Methoden angewendet,
die sicherstellten, dass die Proben nicht durch Bohrflüssigkeit oder
Meerwasser verunreinigt waren.
In aufwändiger Laborarbeit brachten nun Oldenburger WissenschaftlerInnen
Bakterien aus den Sedimentproben zum Wachsen und gewannen dabei mehr als
170 Reinkulturen. Molekularbiologische Analysen zeigten, dass sich darunter
mindestens vierzehn Arten aus ganz verschiedenen Verwandtschaftsgruppen
befinden. Die Kultursammlung enthält mehrere bisher unbekannte Arten,
und mindestens eine neue Gattung wird beschrieben werden müssen.
Bei vielen Isolaten handelt es sich um Sporenbildner, von denen bekannt
ist, dass sie sehr lange Zeiträume überdauern können. Es
wurden aber auch Bakterien gefunden, deren Verwandte man aus der Gartenerde
kennt. Noch haben die neuen Arten keine Namen, da die genaue Charakterisierung
noch nicht abgeschlossen ist.
Dass die neuen - oder besser alten - Bakterien der tiefen Biosphäre
für die Menschen gefährlich sein könnten, gilt als äußerst
unwahrscheinlich. Schließlich existieren die Populationen in den
Sedimenten schon länger, als es Menschen auf der Erde gibt. Die Mikroorganismen
müssen an extremen Druck und andauernden Hunger angepasst sein und
werden im Labor mit äußerst geringen Futtermengen gezüchtet.
Ein Bericht über die Ergebnisse ist kürzlich in der amerikanischen
Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlicht worden
(Steven DHondt u.a., Distributions of Microbial Activities in Deep
Subseafloor Sediments, Science, 24.12.2004). Zu den Autoren gehören
- neben Cypionka - die ICBM-WissenschaftlerInnen Anja Batzke, Dr. Bert
Engelen und Dr. Henrik Sass, die wesentlich an den mikrobiologischen Arbeiten
in Oldenburg beteiligt waren.
Inzwischen wurden auf einer weiteren Forschungsfahrt Sedimentproben gewonnen,
mit denen geklärt werden soll, wovon die Bakterien der tiefen
Biosphäre leben. Ausführliche Berichte von den Forschungsfahrten
sind im Internet unter
www.icbm.de/pmbio
und www.mpi-bremen.de zu finden.
Zahlreiche Bilder gibt es auch im virtuellen mikrobiologischen Garten
der Universität Oldenburg unter
www.mikrobiologischer-garten.de.
Kein Flächenbrand
Neue Studien zur Verschuldung junger Menschen
Es trifft wohl zu, dass sich immer mehr Haushalte in Deutschland bis
hin zur Privatinsolvenz verschulden und besonders jüngere Erwachsene
zu Schuldnern werden. Die Zahlen aus dem Schulden-Kompass 2004
der SCHUFA sprechen für sich, sagt der Hauswirtschaftsexperte
Prof. Dr. Armin Lewald (Inst. für Ökonom. Bildung und Techn.
Bildung). Allerdings ergebe sich bei näherer Betrachtung ein differenziertes
Bild. So könne man bei der Gruppe junger Menschen mit erstem eigenen
Einkommen keinesfalls von einem Flächenbrand hoher Verschuldungen
sprechen, wie manche Schlagzeile suggeriere.
Lewald hat in einer Studie - mit finanzieller Unterstützung der SCHUFA
Holding AG (Wiesbaden) - ca. 1.400 Auszubildende im Alter überwiegend
zwischen 18 und 24 Jahren zu ihrem Finanzverhalten befragt (Erstes
Geld, erste Schulden - Zur finanziellen Situation Auszubildender).
Schwerpunkte der Befragungen waren die Nordwest-Region einschließlich
Bremen sowie Dortmund. Auch wenn die Befragungen nicht repräsentativ
seien, ließen sich aus den Ergebnissen doch wichtige Rückschlüsse
z.B. auf mögliche Konzepte zur Schuldenprävention ziehen, so
Lewald, der sich schon 1999 mit der Verschuldung junger Menschen befasst
hatte.
Die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Studie:
- Schulden zu haben wird von der überwiegenden Zahl junger Menschen
als negativ eingestuft.
- Der Dispo-Kredit ist kein generelles Einfallstor für
eine massive und nachhaltige Verschuldung.
- Das Statussymbol Auto ist kein Anlass für eine massenweise
Überschuldung.
- Das Risiko, das mit der Aufnahme von Krediten verbunden ist, scheint
vielen jungen Menschen nicht bewusst zu sein.
- Das Leben im Hotel Mama, also zu Hause, ist für viele
Auszubildende ein Problem.
Bei der Bewertung von Schulden ergab sich, dass über 70 Prozent der
Befragten Schulden als unangenehm empfinden, während 14 Prozent eigene
Schulden nicht als negativ, sondern als zeitgemäß
einstuften. Die überwiegende Zahl der Auszubildenden ist nicht verschuldet
und macht von den Möglichkeiten erlaubter Kontenüberziehungen
(Dispo-Kredit) nur moderat Gebrauch (ca. 12 Prozent bis zum
Limit, 1,5 Prozent heftige Überziehung).
Als sehr bedeutungsvoll stuft Lewald die Hotel Mama-Situation
ein: Relativ viele junge Menschen leben lange im Familienhaushalt zu finanziell
günstigen Bedingungen. Dies ermöglicht jungen Menschen
einen konsumgeprägten Lebensstil, bei dem viele Wünsche problemlos
zu erfüllen sind, so Lewald.
Insgesamt zeige die Untersuchung, dass eine massive Verschuldung oder
gar eine Überschuldung bei jungen Menschen in der Ausbildung kein
Massenphänomen sei: Die Zahl derer, die als Auszubildende bereits
in wirtschaftlich gefährdende Verschuldungen verstrickt sind, liegt
bei etwa zehn Prozent. Daher bezweifle er, dass mehr oder weniger
flächendeckende Aktivitäten zur Schuldenprävention
einen Sinn machten.
Lewald ist überzeugt, dass Ver- und Überschuldung junger Menschen
weniger mit konkretem Wissen um Wirtschafts- und Finanzverhältnisse
zu tun hat, sondern eher mit Einstellungen und Werthaltungen. Konsumverhalten
als Ausdruck von Gruppen- und Statuszugehörigkeit spiele hier eine
sehr wichtige Rolle. Daher müssten Präventionskonzepte gezielt
bei Fragen des Wertekanons (Anspruchsverhalten, Konsum und seine Lebensbedeutsamkeit
usw.) ansetzen. Auch Programme zur Selbstwertstärkung seien sinnvoll.
Zur Prävention muss aber auch die Anbieterseite beitragen,
so der Experte. Wenn jungen Menschen, die schon finanzielle Probleme
haben, Handy-Verträge gewährt werden, ist das Beklagen von Handy-Schulden
etwas zweischneidig. Auch Banken sollten bei sich abzeichnenden
Problemen mit jungen Kunden rechtzeitig das Gespräch suchen, wobei
das Ziel nicht primär in einer Umschuldung liegen müsse, sondern
darin, Wege zur Entschuldung aufzuzeigen.
Neue HWK-Forschergruppe
Menschliches Verhalten und Klimawandel
Am Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst (HWK) wird im August 2005 eine
neue internationale und disziplinübergreifende Forschergruppe eingerichtet,
die das menschliche Verhalten und Handeln vor dem Hintergrund des Klimawandels
untersuchen und verstehen will. Beteiligt sind die Oldenburger Wirtschaftswissenschaftler
Dr. Volker Barth, Dr. Thomas Beschorner und Jun.-Prof. Dr. Bernd Siebenhüner
(Fakultät II) sowie Prof. Dr. Claudia Kemfert (ehemals Fakultät
II, heute Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin).
Bisher existieren in kombinierten Modellen der ökonomischen und ökologischen
Auswirkungen des Klimawandels (Integrated Assessment Modelle) nur sehr
vereinfachte Annahmen über das menschliche Verhalten. Die Gruppe
versucht daher, realitätsnähere Konzepte zu entwickeln und Möglichkeiten
ihrer Integration in die bekannten Modelle auszuloten. Insbesondere interessiert
dabei die Frage, wie der technologische Wandel in Richtung auf erneuerbare
Energien und andere Maßnahmen zum Klimaschutz modelliert werden
kann. Auf dieser Basis könnten dann bessere Abschätzungen der
zukünftigen Möglichkeiten zum Klimaschutz und zur Anpassung
an die Auswirkungen des Klimawandels vorgenommen werden.
Ab August 2005 werden am HWK vier WissenschaftlerInnen für drei Monate
an der neuen Fragestellung arbeiten.
Web of Science 2004
Mitarbeitergespräche werden trotzdem positiv bewertet / BWL-Projekt
279 Publikationen sind im Jahr 2004 von Oldenburger WissenschaftlerInnen
im Web of Science registriert, zwei mehr als 2003. Dabei hat
die Chemie ihre führende Stellung verloren. Sowohl die Biologie als
auch die Physik weisen mehr Veröffentlichungen auf.
Das Web of Science erfasst die wissenschaftliche Literatur
der Welt, überwiegend in den Naturwissenschaften, aber auch in den
Sozial- und Geisteswissenschaften. In den Universitäten vieler Länder
ist das Web of Science die Grundlage für wichtige Kennzahlen
der Mittelverteilung.
Die Ökonomie ist mit 13 (2003: 8), die Psychologie mit 9 (22) und
die Sprach- und Literaturwissenschaften sind mit 2 Publikationen vertreten.
Die Sportwissenschaft und das Interdisziplinäre Zentrum für
Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM) sind im Web
of Science je einmal präsent.
|
2004: 279
|
2003: 277
|
Biologie Physik Chemie ICBM Informatik Mathematik |
55
64 51 48 19 15 |
54
48 60 48 17 17 |
Zwei der Besten
Das Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Oldenburg
ist bei einem an der Universität Hamburg durchgeführten Forschungsranking
mit zwei Professoren unter den 75 führenden europäischen Energie-
und Klimaschutz-ökonomen vertreten. Die Volkswirte Prof. Dr. Heinz
Welsch und Prof. Dr. Wolfgang Pfaffenberger belegten im europäischen
Vergleich die Plätze 11 und 50. Der einzige deutsche Besserplatzierte
ist der Hamburger Ökonom Prof. Dr. Richard Tol. Die im letzten Jahr
von Oldenburg an das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin
(DIW) berufene Juniorprofessorin Dr. Claudia Kemfert kam auf Platz 55.
www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/15/Sustainability/top75eurenecon.pdf