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"Duo Diagonal" ist in der internationalen Tangowelt zu Hause
Sie gelten in der internationalen Tangowelt als Ensemble der Spitzenklasse: Hans-Christian Jaenicke (r.) und Jörg Sigloch (l.), genannt Jury, als „Duo Diagonal“. Kennen gelernt haben sich der Geiger und der Akkordeonist 1996 während ihres Studiums an der Universität Oldenburg über einen Aushang am Schwarzen Brett: „Tausche Russisch gegen Deutsch“.
UNI-INFO: Seit zwölf Jahren treten Sie gemeinsam auf. Hat man sich nach so langer Zeit musikalisch noch etwas zu sagen oder droht die ermüdende Routine?
JAENICKE: In einer Konzertsituation spielen Dinge wie der Kontakt zum Publikum eine Rolle, sodass die Musik darin immer wieder neu entsteht, auch wenn wir das Stück zum hundertsten Mal spielen. Wenn die Konzentration nachlässt und einer gewissen Mechanik Platz macht, reagieren wir mit schrägen Impulsen oder unerwarteten Akzenten. Daraus entwickeln sich oft die besten und lebendigsten Momente.
UNI-INFO: Bei Ihren Auftritten begeistern Sie Ihr Publikum nicht nur mit musikalischer Expressivität, sondern auch mit subtiler Komik. Ist das Absicht?
JAENICKE: Nein, gar nicht. Als Komik wird ja im Grunde empfunden, was die Leute überrascht. Das können beispielsweise Bewegung und Mimik sein, die intuitiv der Musik folgen, hat aber nichts mit Clownerie zu tun. Skurril können möglicherweise unsere sehr unterschiedlichen Temperamente wirken: Jury sitzt stoisch konzentriert auf seinem Stuhl, und ich laufe quer über die Bühne, um Musik aus der Bewegung zu entwickeln.
UNI-INFO: Sie sind ja nicht als Stars
auf die Welt gekommen, sondern haben anfangs als Straßenmusiker gespielt. Hatten Sie nie Angst vor dem Scheitern?
JAENICKE: Diese Frage stellt sich nur, wenn man glaubt, dass große Musiker selbstverständlich auch international Karriere machen müssen. Können ist ja nur die eine Seite. Genauso wichtig ist auch eine gute Portion Glück. Wir kennen viele sehr gute Musiker, die auf der Straße spielen, weil der Musikmarkt keinen Platz für sie hat. Wir hatten das Glück, dass wir uns für eine Musik interessierten, die damals im Kommen war. Allerdings funktioniert sowas nicht als Modegag: Tango muss schon ein ehrliches Anliegen sein, sonst kommt Theater dabei raus.
UNI-INFO: Sie sind bei Berlin und in Tadschikistan aufgewachsen. Was hat Sie beide zum Studium nach Oldenburg gezogen?
JAENICKE: Das war eher Zufall. Aber die Oldenburger Uni ist in Sachen Musik sehr attraktiv. Bei dem derzeitigen Hype um Elite-Unis bietet Oldenburg immer noch eine entspannte Alternative mit vielen Freiräumen. Während unseres Studiums hatten wir gute Leute und Gelegenheiten, um gemeinsam Musik zu machen, an der Uni, im Staatsorchester oder sonst wo. Für uns als Duo Diagonal war diese Zeit enorm wichtig, um in das Tangoprojekt zu investieren.
UNI-INFO: Und was würden Sie heute machen, wenn Sie sich damals nicht getroffen hätten?
JAENICKE: Interessante Frage. Ich denke, der Tango ist für uns beide so wichtig, dass wir auch unabhängig voneinander zu dieser Musik gefunden hätten. Mit welchem Erfolg ist schwer zu sagen. Unsere Kombination ist ja schon sehr speziell, und daher ist eine andere Besetzung kaum vorstellbar. Das Wichtigste jedoch: Uns verbindet über die Musik hinaus eine Freundschaft. Und die würde uns beiden fehlen, wenn wir uns damals nicht getroffen hätten.