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Inhalt 7/2010

Das aktuelle Interview

Neue Synergien oder "Defizitmodell"?

Heide Ahrens zur Kooperation mit der FH

Im September wurde er unterschrieben und ist damit rückwirkend gültig seit dem 1. Juli 2010: der Rahmenvertrag, der die Kooperation der Universität Oldenburg mit der Jade Hochschule regelt. Vizepräsidentin Dr. Heide Ahrens im Gespräch über die Ziele und Folgen der Kooperation.

UNI-INFO: Frau Ahrens, vor rund einem Jahr wurde die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven defusioniert und die Kooperation der Universität mit der neu entstandenen Jade Hochschule gesetzlich festgeschrieben. Mit welchem Ziel?

AHRENS: Die Universität und die Jade Hochschule liegen räumlich nah beieinander. Mit der Kooperation hat das Ministerium – in einer eigenwilligen Variante – vorweggenommen, was der Wissenschaftsrat im Juli dieses Jahres gefordert hat, nämlich die Schaffung von Kooperationsplattformen zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Davon verspricht man sich eine Stärkung des Standorts, was mir im akademischen Bereich einleuchtet, sofern die Autonomie der Hochschulen gewahrt bleibt. Im Verwaltungsbereich stand das Ministerium vor der Herausforderung, dass durch die Defusionierung keine zusätzlichen Kosten entstehen durften. So entstand die Idee, durch die Kooperation mit der Universität Synergien zu schaffen.

UNI-INFO: Im akademischen Bereich gibt es ja schon länger eine Zusammenarbeit. Wie ist der aktuelle Stand?

AHRENS: Es wurden sieben Arbeitsgruppen gebildet, die Vorschläge erarbeitet haben. Einige Themen sind auch in den Vertrag aufgenommen worden. Dazu gehören z.B. die Hörforschung, in der wir schon lange zusammenarbeiten, die Informatik und die Meerestechnik, die gemeinsam entwickelt werden soll. Es wird aber auch darüber nachgedacht, ob wir in den Wirtschaftswissenschaften zusammenarbeiten können. Hier sieht man aber auch schon die Probleme: Die Wirtschaftswissenschaften sind stark nachgefragt, und wir können nicht zusagen, dass wir alle Bachelor-Absolventen der FH in unseren Masterstudiengang aufnehmen. Über diese Fragen soll letztlich der gesetzlich vorgesehene Lenkungsausschuss entscheiden, den das Ministerium aber bisher nicht eingesetzt hat.

UNI-INFO: Während es im akademischen Bereich mehr Autonomie gibt, ist die Kooperation im Verwaltungsbereich und bei den zentralen Einrichtungen insgesamt stärker festgeschrieben.

AHRENS: Ja. Im Verwaltungsbereich wurden qua Gesetz Felder festgelegt, z.B. die Kooperation in den Bereichen Personal, Finanzen und Gebäudemanagement. Bei den zentralen Einrichtungen sind das die Bibliothek, die IT und die Transferstelle.

UNI-INFO: In der IT soll die Kooperation die größten Auswirkungen haben. Was kommt da auf die Universität und die Kollegen aus der IT zu?

AHRENS: Das ist schwer zu sagen. Im Kooperationsvertrag heißt es, dass bis zum nächsten Sommer ein Konzept für ein gemeinsames Hochschulrechenzentrum erarbeitet werden soll – unter Leitung der Jade Hochschule. Das ist ein Problem, denn die Universität hat eigene Geschäftsprozesse, die wir nicht an die Jade Hochschule anpassen werden. Ebenso schwer wiegt der Bereich des wissenschaftlichen Rechnens. Wir haben erhebliche Mittel für Hochleistungsrechner eingeworben; die neuen Cluster-Rechner müssen natürlich auch wissenschaftlich betreut werden. In diesem Bereich hat die Jade Hochschule keine Erfahrung.

UNI-INFO: Sollen im Zuge der Kooperation Mitarbeiter der Universität oder der FH versetzt werden?

AHRENS: Versetzungen sieht der Vertrag nicht vor. Aber z.B. im Gebäudemanagement hat das Ministerium angeregt, dass Mitarbeiter per Abordnung unserem Dezernat 4
Gebäudemanagement zugeordnet werden. Für den Bereich IT kann man noch gar nichts sagen. Wir wissen noch nicht, wie das konkrete Konzept aussehen wird, das mit externer Beratung erarbeitet wird. Wir setzen aber darauf, dass die besonderen Belange und Anforderungen der Universität berücksichtigt werden.

UNI-INFO: Der Senat hat kürzlich eine Resolution verabschiedet und scharfe Kritik an dem Vertrag geübt. Will die Universität keine Kooperation?

AHRENS: Sie will die Kooperation, und der Senat hat sich in seiner Resolution auch dazu bekannt. Wir müssen aber sehen, dass wir von einer anderen, gestaltbareren Form der Kooperation ausgegangen sind, als das Ministerium mit dem Ansinnen an uns herangetreten ist. Nämlich in der Weise, dass die Bereiche zusammen betrachtet und gemeinsam Konzepte entwickelt werden. Das hat sich verändert. Die Leitungen beider Fachhochschulen wollen nun eine autonome Verwaltung. Inhaltlich ist das nachvollziehbar, es hat aber dazu geführt, dass wir jetzt ein „Defizitmodell“ haben. Konkret heißt das: Die Jade Hochschule macht alles alleine, soweit sie kann, und dort, wo sie nicht genügend Ressourcen hat – und das Ministerium diese auch nicht gewährt – muss die Universität einspringen. So entstehen aber keine neuen Synergien, sondern die Universität zahlt die Zeche für die schlecht ausgestattete FH. Und genau das bemängeln Präsidium und Senat.

UNI-INFO: Wie geht es jetzt weiter?

AHRENS: Um die Kooperation weiter umzusetzen, werden wir einen Kooperationsausschuss bilden, in dem die hauptberuflichen Vizepräsidenten und die Personalräte beider Hochschulen sitzen, und für jedes einzelne Feld detaillierte Kooperationsvereinbarungen erarbeiten. Das ist auch im Hinblick auf die Haftung sehr wichtig. Vordringliches Thema der Jade Hochschule ist zur Zeit die Personalsachbearbeitung, die die Universität übernehmen soll. Dafür finanziert die FH zwei Stellen an der Uni. Die besondere Herausforderung ist, dass die FH ein anderes SAP-Modell verwendet als wir oder die Emder Kollegen. Auch das ist nicht trivial.

Die Fragen stellte Corinna Dahm-Brey

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