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  • Großaufnahme des Versuchsaufbaus, im Zentrum ein durchsichtiger Glaswürfel, darumherum verschiedene kleine Geräte, die Laserstrahlen umleiten oder reflektieren.

    Die Arbeitsgruppe Quantenmaterialien beobachtet in ihren Laboren ungewöhnliche Wechselwirkungen von Licht mit Festkörpern. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

  • Grafik, die den Aufbau der 2D-Kristalle und der Versuchsanordnung schematisch zeigt.

    Einlagige Kristalle, die zwischen geeigneten Spiegeln platziert werden, können bei Raumtemperatur dazu gebracht werden, Laserlicht zu emittieren. Abbildung: Universität Oldenburg/AG Quantenmaterialien

Licht aus der Quantenwelt

Wenn Kristalle nur aus einer einzigen Lage bestehen, zeigen sie häufig seltsame Eigenschaften. Die Arbeitsgruppe Quantenmaterialien bringt die zweidimensionalen Halbleiter zum Leuchten – ein erster Schritt zu zukünftigen, winzigen Laser-Lichtquellen.

Wenn Kristalle nur aus einer einzigen Lage bestehen, zeigen sie häufig seltsame Eigenschaften. Die Arbeitsgruppe Quantenmaterialien am Institut für Physik bringt die zweidimensionalen Halbleiter zum Leuchten – ein erster Schritt zu zukünftigen, winzigen Laser-Lichtquellen.

Das Rohmaterial für zukünftige Nanolaser sieht so ähnlich aus wie Alufolie und steckt in einem dünnen Glasröhrchen. Dr. Carlos Antón-Solanas hält das Gefäß gegen das Licht, damit die winzige, metallisch glänzende Flocke darin überhaupt zu sehen ist: ein Stückchen des Halbleiters Wolframdiselenid. Die Probe ist kleiner als ein Fingernagel und deutlich dünner als ein menschliches Haar. Der Physiker benötigt allerdings noch viel, viel dünnere Schichten des Materials für seine Experimente. „Wolframdiselenid hat interessante optische Eigenschaften – aber nur, wenn man eine einzelne Lage dieses Kristalls verwendet“, sagt der Physiker.

Antón-Solanas und die anderen Forschenden der Oldenburger Arbeitsgruppe Quantenmaterialien um Prof. Dr. Christian Schneider experimentieren mit sogenannten zweidimensionalen Materialien – Festkörpern, die oft weniger als einen Milliardstel Meter (Nanometer) dick sind. Ziel der Physiker ist es, das Zusammenwirken von Licht und Materie in diesen ungewöhnlichen Stoffen besser zu verstehen. Außerdem arbeiten sie daran, die 2D-Kristalle in winzige Lichtquellen zu verwandeln. Werden die Halbleiter auf eine bestimmte Weise angeregt, strahlen sie Laserlicht ab: Elektromagnetische Strahlung, die einfarbig ist, also nur eine einzige Wellenlänge hat, und die sich in eine bestimmte Richtung ausbreitet. Zudem lassen sich die Emissionen mit anderen Lichtwellen so überlagern, dass Interferenzen entstehen.

Informationen mit Licht übertragen

Dieses in der Physik „kohärent“ genannte Licht eignet sich, um Informationen in winzigen Schaltkreisen zu übertragen. Winzige Laser könnten in zukünftigen Chips optische und elektronische Komponenten verbinden. Mit einer derartigen Technologie ließen sich Datenübertragung und Rechenleistung von Prozessoren drastisch steigern. „Anwendungen aus diesem Bereich haben das Potenzial, unser tägliches Leben zu beeinflussen“, sagt Schneider. Er erforscht die 2D-Kristalle im Rahmen des Projekts UnLiMIt-2D (Unique Light-Matter Interaction with Two Dimensional Materials), das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem „Starting Grant“ gefördert wird.

Die ersten Schritte auf ihrem Weg sind den Forschenden um Schneider bereits gelungen: Kürzlich berichteten sie in der Zeitschrift Nature Communications, dass sie eine Probe Wolframdiselenid dazu gebracht haben, bei Raumtemperatur Laserstrahlung auszusenden. Zuvor hatten sie vergleichbare Effekte nur im Vakuum und bei Temperaturen kurz über dem absoluten Temperaturnullpunkt erzeugen können. „Der Übergang von diesen kryogenen Temperaturen zu Raumtemperatur bedeutet, dass zweidimensionale Materialien wirklich interessant für Anwendungen werden“, sagt Schneider, der seit Mitte 2020 an der Universität Oldenburg forscht.

Quantenmaterialien und flüssiges Licht

Die ungewöhnlichen physikalischen Eigenschaften der 2D-Kristalle beruhen vor allem auf den Elektronen, die sich innerhalb der hauchdünnen Schichten völlig anders verhalten als in dickeren Festkörpern. Weil Gesetze der Quantentheorie in diesen Materialien eine wichtige Rolle spielen, bezeichnen Fachleute die zweidimensionalen Festkörper auch als „Quantenmaterialien“. In Wolframdiselenid und verwandten Halbleitern lassen sich die Elektronen zum Beispiel dazu bringen, sich für kurze Zeit mit Lichtteilchen zu einer Art Mischwesen aus Licht und Materie zu verbinden. Die entstehenden physikalischen Objekte werden manchmal als flüssiges Licht bezeichnet. Sie haben sowohl Eigenschaften von Elektronen als auch Eigenschaften von Licht – eine aus physikalischer Sicht ungewöhnliche Kombination. Besonders interessant dabei: Wird die Anzahl der Teilchen groß genug, verschmelzen sie zu etwas, das die Forscher einen „makroskopischen Quantenzustand“ nennen. Dann verhalten sich die Partikel, als wären sie ein einziges Teilchen. Wenn diese Verwandlung stattfindet, fangen die dünnen Kristalle an, verstärkt Laserlicht abzustrahlen. Genau dieses Phänomen ist es, dem Schneider und sein Team auf der Spur sind.

Bei ihrem derzeit untersuchten Material, dem Halbleiter Wolframdiselenid, besteht eine Kristallschicht aus drei Lagen von Atomen. Wie in einem Sandwich liegt eine Lage Wolfram-Atome zwischen zwei Lagen aus Selen-Atomen. Weil die einzelnen Kristallschichten in diesem Material – ähnlich wie zum Beispiel auch in der Kohlenstoff-Verbindung Graphen – nur schwach durch elektrostatische Kräfte miteinander verbunden sind, lassen sie sich leicht voneinander trennen.

Tesafilm als wichtigstes Werkzeug

Ein Spezialist dafür, noch dünnere Kristallschichten von den ohnehin schon dünnen Proben abzuschälen, ist Dr. Bo Han, Postdoktorand in der Arbeitsgruppe Quantenmaterialien. Seine Kollegen nennen ihn „Quantenkünstler“. Sein wichtigstes Werkzeug: Tesafilm. „Man legt ein Stück Wolframdiselenid zwischen zwei Stellen des Klebebands, zieht diese wieder auseinander und wiederholt das immer wieder“, erläutert er. Auf diese Weise gelingt es ihm nach und nach, immer dünnere Schichten abzuziehen – bis hoffentlich irgendwann eine einzelne Lage irgendwo auf dem Klebeband haftet, was Han aufgrund von bestimmten Lichtreflexen erkennt. Anschließend bestätigen die Physiker den Fund unter dem Mikroskop. Selbst dort sind die dünnen Schichten nur für Spezialisten erkennbar – sie sind fast durchsichtig und zeichnen sich gerade mal als dünner Schleier vor dem Hintergrund ab.

Um die zweidimensionalen Halbleiter in winzige Laser zu verwandeln, arbeiten die Forscher mit Kolleginnen und Kollegen in aller Welt zusammen. Die Proben selbst stammen von Kooperationspartnern des Teams an der University of Arizona in den USA. Anschließend bedecken die Forscher ihre Proben mit einer schützenden Schicht des diamantähnlichen Materials Bornitrid, welches sie von Kollegen vom Nationalinstitut für Materialwissenschaften in Tsukuba in Japan erhalten. Im weiteren Verlauf werden die Fitzelchen zwischen zwei besonderen Spiegeln platziert, die Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Jena und Würzburg dem Team zur Verfügung stellen.

Winzige Laser im Blick

Anschließend kann das Team die Lichtemissionen der dünnen Halbleiter untersuchen. Die Experimente finden in einem Labor im ersten Stock des Hauptgebäudes auf dem Campus Wechloy statt. „Derzeit sind wir noch im Aufbau, aber wir haben das Labor in Rekordzeit in Betrieb genommen“, berichtet Antón-Solanas. In dem abgedunkelten Raum sind allerlei optische Geräte aufgebaut: Linsen, halbdurchlässige Spiegel und Spektrometer, die Licht analysieren können. Dazu ertönt das rhythmische Geräusch einer Pumpe, die flüssiges Helium auf Temperaturen nahe des absoluten Temperaturnullpunkts kühlt. Nach wie vor führt das Team auch Experimente bei extrem niedrigen Temperaturen durch, wo sich manche Materialien leichter in den gewünschten Quantenzustand bringen lassen.

Dass viele Versuche nun auch bei Raumtemperatur stattfinden können, erleichtert die Arbeit der Forschenden erheblich. Derzeit untersuchen sie, wie sich die Emissionen der winzigen Laser noch genauer kontrollieren lassen: Über externe elektrische Felder oder mechanische Spannungen könnte es beispielsweise möglich sein, die Farbe der Strahlung, aber auch ihre quantenstatistischen Eigenschaften zu verändern – was wiederum neue Anwendungsmöglichkeiten in den Blick rückt.

 

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