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8. April 2003 101/03
"Gravierende ökologische Folgen"
Oldenburger
Wissenschaftler äußert sich zum Irak-Krieg
Oldenburg. "Der Irak-Krieg wird zwar nicht die gleichen ökologischen Folgen wie der Golfkrieg von 1991 haben, aber es wird mit Sicherheit ebenfalls zu gravierenden ökologischen Folgen kommen, ganz abgesehen von den Konsequenzen für die Menschen." Zu dieser Einschätzung gelangt Prof. Dr. Thomas Höpner, der mit der Golfregion sehr vertraut ist. Höpner, emeritierter Hochschullehrer an der Universität Oldenburg, ist international anerkannter Experte für Wattenökologie. Einen Namen machte sich der Biochemiker mit Forschungen zur Regeneration von Ökosystemen am Beispiel des Wattenmeeres sowie ab 1991 zu den ökologischen Folgen des Golfkrieges. Seit 1991 reiste Höpner insgesamt 15 mal in die Golfstaaten (mit Ausnahme des Irak), und zwar als damaliges Mitglied des Beirats für Naturschutz und Landschaftspflege. Der Oldenburger Wissenschaftler besuchte vor allem Kuwait und Saudi-Arabien, wo er an einer Langzeituntersuchung der Ölschäden von 1991 beteiligt ist. Derzeit befasst sich Höpner intensiv mit dem Thema Seewasserentsalzung und deren ökologischen Konsequenzen.
"Wir kümmern uns immer noch um die Folgen des letzten Golfkrieges, die bei weitem noch nicht überwunden sind, und schon wird der nächste Krieg dort gestartet", so Höpner. Der Hauptschaden von 1991 sei eine anhaltende Verölung von ungefähr 600 Kilometern Küste in Saudi-Arabien, verursacht durch die Einleitung von etwa einer Million Tonnen Öl in den Persischen Golf durch das irakische Militär. Trotz einer gewissen Regeneration würden die Langzeitfolgen noch jahrzehntelang zu spüren sein. Außerdem gebe es dramatische Folgen für die kuwaitische Wüste, die durch das massenhafte In-Brand-Setzen von Ölquellen entstanden seien. Höpner: "Die Ölfelder wurden später zwar wieder in Betrieb genommen, aber das aus den Ölquellen herausgelaufene Öl wurde nicht beseitigt. Damit sind große Wüstenflächen jetzt von jeder natürlichen Entwicklung ausgeschlossen. Die Gebiete sind allenfalls mit frischem Sand überdeckt worden, damit man da ungestört arbeiten kann. Also sieht man nicht mehr viel von dem Öl, aber es ist immer noch da. Für praktisch unabsehbare Zeit."
Für den Irak befürchtet der Oldenburger Wissenschaftler vor allem eine Zerstörung der Wüstengebiete, eine Beeinträchtigung der Bewässerungssysteme und damit der Landwirtschaft sowie eine Verschmutzung durch Öl. Die Wüstenvegetation würde durch die schweren Militärfahrzeuge beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen, so Höpner: "Die damit verbundene Zerstörung der Oberflächen und ihrer Vegetation werden erfahrungsgemäß Jahrzehnte anhalten, wie das Beispiel Kuwait zeigt. Kuwait ist nämlich nicht nur durch die Ölverschmutzung betroffen, sondern auch von einer großflächigen Bodenzerstörung durch schwere Fahrzeuge vor allem im Golfkrieg 1991."
Auch die traditionellen Bewässerungssysteme, gespeist aus den Flüssen Euphrat und Tigris, sieht Höpner in Gefahr: "Auch da wird mit Sicherheit jetzt viel zerstört werden - mit sehr langfristigen Folgen. Dabei muss man bedenken, dass der Irak schon jetzt mit Wasserknappheit zu kämpfen hat. Das bedeutet, dass der Krieg die ohnehin schon bestehenden Schwierigkeiten vermutlich noch drastisch verschärfen wird."
Schließlich warnt Höpner vor weiterer Ölverschmutzung als Folge des jetzigen Krieges: "Auch wenn bisher nur einige wenige Ölquellen in Brand gesteckt worden sind, so wird es in der Region dennoch mit einiger Wahrscheinlichkeit auch zu Ölverschmutzungen kommen. Das kann durch Panzer verursacht werden, die versehentlich auf Ölleitungen treffen, oder auch durch Luftangriffe. Im Krieg wird auf ökologische Belange wenig Rücksicht genommen."
Zusammenfassend sieht Höpner auf den Irak "schwerwiegende und langdauernde ökologische Schäden als Folge des Krieges zukommen".
Höpner legt in diesem Zusammenhang Wert darauf, "nicht das Geringste für Saddam Hussein und sein System" übrig zu haben. Gleichwohl habe er sich "nie vorstellen können, dass es möglich sein soll, in dieses Land Demokratie, so wie die Amerikaner sie verstehen, hineinzutragen, ob nun mit friedlichen oder mit kriegerischen Mitteln. Und das gilt nicht nur für den Irak, sondern auch für die benachbarten Staaten. Der Krieg ist und bleibt ein Irrweg."
Kontakt: Prof. Dr. Thomas Höpner,
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