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20. August 2003 272/03
Molekulare Spurensuche im Watt
Geochemische Biomarker verraten die Herkunft
organischen Kohlenstoffs in den Wattsedimenten
Oldenburg. Nach der letzen Eiszeit unterlag der Meeresspiegel
der Nordsee starken Schwankungen, im nordwestdeutschen Küstenraum
bildeten sich ausgedehnte Niedermoore, Übergangsmoore und seltener
auch Hochmoore, die später vom Meer teilweise wieder überflutet
wurden. Die Überreste dieser Moore liegen heute als "schwimmende
Torfe" im Untergrund des Wattenmeeres. Gelangen die Torfschichten
- etwa in Prieleinschnitten - wieder an die Oberfläche, werden sie
durch Gezeitenströmung, Wellengang oder durch Bohrmuscheln erodiert
und in die Wattsedimente eingelagert. Solches 2000 bis 8000 Jahre altes,
terrestrisches organisches Material bildet eine Hauptquelle im Kohlenstoffkreislauf
des Ökosystems Wattenmeer.
Bei dem Versuch, diese Umlagerungsprozesse besser zu verfolgen und zu
verstehen, versagen klassische Methoden wie die botanische Analyse von
im Torf enthaltenen Pflanzenresten: viel zu fein wird der erodierte Torf
im Sediment verteilt. An der Universität Oldenburg fahndet aus diesem
Grund Diplom-Umweltwissenschaftler Ralf Wöstmann von der AG Organische
Geochemie nach molekularen (Bio-)Indikatoren, mit denen er selbst hochverdünntes
Material den verschiedenen Torfen im Untergrund zuordnen kann.
Die Suche nach den Biomarkern beginnt mit einer Großrestanalyse
von Torfproben aus Nieder-, Übergangs- und Hochmooren, die klärt,
welche Pflanzen in den verschiedenen Moortypen zur Torfbildung beitragen.
Die ausgewählten Kandidaten, z. B. schmalblättriges Wollgras,
Schnabelsegge und Flatterbinse, werden am Ende der Wachstumsperiode geerntet.
Anschließend wird ihre Lipid-Zusammensetzung mit chromatographischen
und massenspektrometrischen Methoden identifiziert und quantifiziert.
Lipid-Moleküle bieten den Vorteil, dass sie nur sehr langsam zersetzt
werden und über lange geologische Zeiträume vergleichbare Proben
liefern. Als Biomarker eignen sie sich, wenn sie eine Unterscheidung von
charakteristischen Pflanzen oder Pflanzenvergesellschaftungen der verschiedenen
Moortypen erlauben. Zudem dürfen sich die Verbindungen während
der Ablagerung der Pflanze und Diagenese nicht verändern - dies wird
anhand der Lipid-Zusammensetzung der entsprechenden Torfe überprüft.
Findet man in einer Wattprobe solche Biomarker oder "molekulare Fossilien",
kann man sie direkt auf die entsprechenden torfbildenden Pflanzen zurückführen.
Dieses Vorgehen wird als Chemotaxonomie bezeichnet.
Zwei Stoffgruppen mit hohem chemotaxonomischem Potential hat Ralf Wöstmann
bereits identifiziert: Die Verteilung von in Blattwachsen (n-Alkane) und
bei verholzenden Pflanzen (pentacyclische Triterpenoide) vorkommenden
Lipiden in einer Probe erlaubt dem Oldenburger Forscher nicht nur zwischen
Nieder- und Hochmoortorfen zu unterscheiden. Sie ermöglicht ihm darüber
hinaus eine Feinzuordnung etwa zu Schilf-, Seggen- oder Bruchwaldtorfen.
Gefördert wird das von Prof. Dr. Jürgen Rullkötter geleitete
Projekt "Küstentorfe" mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG).
Info: www.uni-oldenburg.de/admin/daten/icbm/ogc/
Kontakt: Ralf Wöstmann, Diplom-Umweltwissenschaftler, ICBM,
AG Organische Geochemie, Tel.: 0441/798-3262, E-Mail:
Das Team bei der Probeentnahme im Watt
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Die fertigen Bohrkerne mit den dunklen Torfschichten
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Torf tritt im Watt an die Oberfläche
und wird erodiert
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Moorvegetation im Loyer Moor bei Oldenburg
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