Pressemitteilung
Kontakt
Pressemitteilungen
24. Oktober 2003 336/03
Was Europäer über Gesundheit
und Krankheit denken
Psychologische Studie der Universität Oldenburg
Oldenburg. Deutsche stehen Selbsthilfestrategien zur Vorbeugung
und Behandlung von Erkrankungen deutlich positiver gegenüber als
Franzosen, Briten und Spanier. Dies ist eines der Ergebnisse einer Befragung
von 184 Europäern, die unter der Leitung der Oldenburger Psychologin
Dr. Petra Scheibler-Meissner durchgeführt wurde (Fakultät IV
der Universität Oldenburg, Arbeitseinheit Gesundheits- und Klinische
Psychologie).
In Anlehnung an die im französischen Sprachraum entwickelte "Theorie
der Sozialen Repräsentationen" wurden in der Studie gesundheits-
und krankheitsbezogene Laienvorstellungen in kulturvergleichender Perspektive
untersucht. Dabei ging es um Fragen wie: Welche Vorstellungen haben Franzosen,
Briten, Spanier und Deutsche von Gesundheit, Krankheit oder einem "guten
Arzt"? Inwiefern ähneln oder unterscheiden sich diese Vorstellungen
innerhalb Europas?
Die empirischen Ergebnisse der europäischen Vergleichsstudie weisen
auf eine Vielfalt an europäischen "Mentalitäten" hin.
So unterscheiden sich die Vorstellungen der medizinischen Laien zu bestimmten
Krankheiten sehr deutlich. Ein Beispiel ist dafür ist die Hypertonie
(Bluthochdruck). Besonders unter den deutschen Befragten herrschte die
Meinung vor, dass man bei hohem Blutdruck deutliche Symptome wie z.B.
rotes Gesicht, geplatzte Adern im Gesicht oder nervöses Verhalten
aufweisen müsse. Dagegen gilt Hypertonie heutzutage in medizinischen
Fachkreisen im Anfangsstadium als weitgehend symptomlose Erkrankung. Ein
derartiges Missverhältnis zwischen Experten- und Laienwissen erschwert
nicht nur die Krankheitseinsicht, also den Gang zum Arzt, sondern auch
den Behandlungsprozess: Warum sollte man Medikamente nehmen oder das Gesundheitsverhalten
ändern, wenn man davon überzeugt ist, dass man nicht erkrankt
ist oder keiner Risikogruppe für Schlaganfall oder Herzinfarkt angehört?
Auch im Hinblick auf die sog. "Laienkompetenz" ließen
sich deutliche Unterschiede finden: Während die befragten Briten
und Deutschen ihren eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten im Umgang
mit Gesundheit und Krankheit eine große Bedeutung beimessen, plädieren
die spanischen Befragten mehrheitlich für Zurückhaltung in punkto
Selbsthilfe und vertrauen stattdessen auf das Expertenwissen des Arztes.
Nach Auffassung der Projektleiterin Scheibler-Meissner liefert die Studie
zahlreiche neue Impulse zur Entwicklung und Förderung eines "grenzüberschreitenden
Dialogs" zwischen Ärzten, Psycho-logen, Pflegekräften und
anderen Berufsgruppen in Forschung und Praxisfeldern des Gesundheitswesens.
Die Oldenburger Wissenschaftlerin plädiert dafür, einem Dialog
zwischen sog. "Experten" und "Laien" unterschiedlicher
nationaler Herkunft im Hinblick auf Gesundheitsaufklärung und Krankheitsbehandlung
angesichts aktueller europäischer Entwicklungen und steigender regionaler
Mobilität der Bürger künftig deutlich mehr Aufmerk-samkeit
zu schenken.
Kontakt: Dr. Petra Scheibler-Meissner, Fakultät IV, Inst.
f. Psychologie, Arbeitseinheit Gesundheits- und Klinische Psychologie,
Tel. 0441/798-5144,
E-Mail:petra.scheibler@uni-oldenburg