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< Inhalt 10/1995
Ehrendoktorwürde für Rudolf Arnheim
Rudolf Arnheim, einer der bedeutenden Kultur- und Medienkritiker dieses Jahrhunderts und einst Weggefährte Carl von Ossietzkys, ist zum Ehrendoktor der Fachbereiche 2 Kommunikation/Ästhetik und 11 Sprach- und Literaturwissenschaften der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg ernannt worden. Der Dekan des Fachbereichs 11, Prof. Dr. Dirk Grathoff, übergab dem 91jährigen US-Wissenschaftler, der eine Reise nach Deutschland nicht mehr auf sich nehmen konnte, am 22. September die Urkunde im Rahmen eines Festaktes am German Department der University of Michigan in Ann Abor, wo Arnheim lebt.Arnheim, 1904 in Berlin geboren, erhält die Ehrendoktorwürde für seine Verdienste auf den Gebieten der Kunstpsychologie, -geschichte und -philosophie, der Film- und Rundfunktheorie sowie der Kultur- und Medienkritik. Die Oldenburger Ehrung bezieht sich auf den Beginn seines wissenschaftlichen Werkes im Berlin der 20er Jahre und seine frühen filmtheoretischen und -kritischen Arbeiten vor dem amerikanischen Exil. Für seine wissenschaftlichen Leistungen in den USA wurde Arnheim mit sechs Ehrendoktorwürden amerikanischer Hochschulen bedacht.
Es gehörte zu den großen Verdiensten Arnheims, daß er schon in den 20er Jahren Photographie und Film als Kunstform begriff und analysierte - zu einem Zeitpunkt also, als die öffentliche Wahrnehmung der neuen Medien noch weit von einem Kunstverständnis entfernt war. "Film als Kunst" ist denn auch der Titel des ersten großen Buches, das er 1932 bei Rowohlt veröffentlichte und das 1974 und 1979 in deutschen Neuausgaben wiedererschien.
Arnheims Lebensweg und wissenschaftlicher Werdegang ist geprägt vom Schicksal eines deutschen Intellektuellen jüdischer Herkunft in diesem Jahrhundert. Nach dem Studium bei der Gestaltpsychologen Max Wertheim, Wolfgang Köhler und Kurt Lewin und der Promotion 1928 an der Berliner Universität wurde er Redakteur an der "Weltbühne", für die er bereits während des Studiums als freier Mitarbeiter geschrieben hatte und die von Carl von Ossietzky redaktionell geleitet wurde. Insgesamt schrieb er 174 Beiträge für die "Weltbühne". 1933 ging er zunächst ins faschistische Italien, wo ihm noch keine rassische Verfolgung drohte. Dort arbeitete er in einem Lehrfilminstitut des Völkerbundes für eine internationale Film-Enzyklopädie und schrieb das 1936 in London erschienene Buch "Rundfunk als Hörkunst", die erste bedeutende Analyse der akustischen Dimension des neuen Mediums Radio. In Deutschland wurde es erst 1979 veröffentlicht.
1939 mußte der Wissenschaftler Italien wegen der nun auch dort eingeführten Rassengesetze verlassen, emigrierte zunächst nach Großbritannien und ein Jahr später in die USA, wo er Psychologieprofessor am Sarah Lawrence College im Staat New York und zugleich Lecture und Visiting Professor an der berühmten Exiluniversität "New School for Social Research" wurde. 1968 - mit 64 Jahren - wurde er an die Havard University auf die Professur für Psychologie of Art berufen. Sechs Jahre lehrte er an der Eliteuniversität bis zu seiner Pensionierung 1974. Weitere zehn Jahre - bis zu seinem 80. Lebensjahr - unterrichtete er danach als Gastprofessor an der University of Michigang in Ann Arbor.
Zahlreiche hohe Funktionen und Ehrungen begleiteten Arnheims Lebensweg. U.a. war er Präsident der American Society for Aesthetics, Gastprofessor an der Columbia University und der Ochanomizu University in Tokio. Er erhielt Ehrendoktorwürden der Rhode Island School of Design (1976), des Bates College (1981), der Marquette University (1984), des Kansas City Institute (1985), des Massachusetts College of Art (1985) und des Sarah Lawrence College (1985).