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Endlich: Erlaß zur Bevorzugung von Frauen

Die Ministerin für Wissenschaft und Kultur hat einen neuen Erlaß an die Hochschulen gesandt, mit dem die Frauenförderung wirksam umgesetzt werden soll. Der Titel "Empfehlungen zur Gewährleistung von Chancengleichheit bei Stellenbesetzungen" ist unzutreffend, da es nicht um Gleichbehandlung der Geschlechter, sondern um die Bevorzugung von Frauen geht. So sind in Besetzungs- und Berufungsverfahren alle Frauen in die engere Wahl zu nehmen, also zum Vorstellungssgespräch oder Vortrag einzuladen, die die Grundvoraussetzungen für die ausgeschriebenen Stelle erfüllen, mindestens aber soll die Hälfte der Eingeladenen weiblich sein. Demzufolge sind Frauen im Auswahlverfahren auch gegenüber (der Aktenlage nach) besser qualifizierten Männern zu bevorzugen. Die hinderliche Bestimmung in den bisherigen Gesetzen und Richtlinien, Frauen nur bei "gleicher Eignung und Befähigung" vorrangig zu berücksichtigen, ist damit endlich überwunden. Außerdem wird betont, daß es nicht sachgemäß ist, bei Auswahl und Besetzung allein die fachliche Qualifikation zu berücksichtigen. Die Fachbereiche haben sich um Bewerbungen von Frauen zu bemühen. Wenn sich keine Frauen beworben haben oder keine Frau auf einen Listenplatz kommt, soll neu ausgeschrieben werden.

Im Begleitbrief macht die Ministerin klar, daß durch die Ergänzung des Grundgesetzes um den Passus "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin" der Rechtsgrundsatz der Gleichbehandlung suspendiert ist. Entsprechend ist es nach Meinung der Ministerin auch gerechtfertigt, Qualifikationsstellen und Professuren nur für Frauen auszuschreiben.

Die genannten Bestimmungen gelten für Bereiche, in denen die Frauen stark unterrepräsentiert sind und damit für (fast) alle wissenschaftlichen Bereiche der Universität. Angesichts des Erlasses wäre es m. E. ratsam, daß die Universität beschließt, Professuren und Qualifikationsstellen künftig nur noch für Frauen auszuschreiben. Sollte eine solche Ausschreibung keinen Erfolg haben, dann sollte für ein dann nötiges zweites Verfahren allerdings beim Ministerium beantragt werden, Frauen und Männer ausnahmsweise gleich behandeln zu dürfen.

Die Ministerin ist erfreut, daß der Erlaß im Einvernehmen mit der Landeshochschulkonferenz erstellt werden konnte. Der Erlaß ist zunächst nur an die Hochschulen des Landes gerichtet. Man darf gespannt sein, wie die Ministerin ihn auf der Ebene der Rektoren und Präsidenten, in ihrem eigenen Ministerium und in der ganzen Landesregierung umsetzen wird.

In der Vergangenheit habe ich des öfteren halb im Scherz halb im Ernst behauptet, nach allen Kriterien der Sozialforschung sei ich eine Frau. Ich werde das unterlassen müssen: Es könnte als Versuch der Vorteilsnahme ausgelegt werden.

Ulrich Kattmann

 

Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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