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Forschung und Lehre

Biozidberatungsstelle: "Heute genauso viel Arbeit "

Interview mit dem Biologen Olaf Hostrup*

UNI-INFO: Die Biozidberatungsstelle an der Universität Oldenburg wurde nach sieben Jahren Ende August geschlossen. Gibt es für die Biozidexperten nichts mehr zu tun?

HOSTRUP: Also, zu tun gibt es jede Menge. Auch wenn wir in den letzten sieben Jahren viel erreicht haben, konnten wir die vorhandenen Probleme nicht beseitigen. Letztendlich liegt heute genau so viel Arbeit vor uns wie am Anfang. Die beim Niedersächsischen Umweltministerium angesiedelte Umweltstiftung hat trotz beschränkter finanzieller Möglichkeiten die Beratungstätigkeit hier an der Universität finanziert, wohl weil sie die Bedeutung einer solchen Einrichtung erkannte. Die Stiftung kann ein solches Projekt nur für einen eingegrenzten Zeitraum unterstützen und hat daher ihre Unterstützung als Anschub verstanden. Wenn der Wissenstransfer weitergehen soll, sind nun andere gefragt.

UNI-INFO: Mit was für Anliegen hatte die Beratungsstelle zu tun?

HOSTRUP: Die Grundlage unserer Arbeit war die toxikologische Bewertung von Pestiziden. Pestizide oder Biozide werden nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch im Innenraum zur Bekämpfung von allen möglichen Lästlingen oder Schädlingen, also z.B. Mücken, Fliegen, Ameisen, Flöhen, gebraucht und das obwohl die Anwendung solcher Stoffe gerade hier gesundheitlich problematisch ist. Da die Anwendung dieser Stoffe außerdem eher die Regel als die Ausnahme darstellt, kommt jeder von uns regelmäßig mit Pestiziden in Kontakt. Dementsprechend kamen zwei Drittel der Anfragen von Privatleuten. Die Fragen reichten von "Ich habe Schädlinge im Haus. Wie werde ich die wieder los?" bis "Ich bin nach der Anwendung des Mittels XY krank geworden. Was kann ich tun?". Wir haben im Laufe der sieben Jahre zwischen drei- und viertausend Beratungen gemacht, wobei der Arbeitsumfang pro Beratung ausgesprochen unterschiedlich sein konnte. In Fällen, wo Gesundheitsschäden aufgetreten sind, hat es auch Betreuungen über Monate hinweg gegeben, bei denen mit den behandelnden Ärzten zusammengearbeitet wurde.

UNI-INFO: Wieso ist gerade der Innenraumeinsatz von Pestiziden so riskant?

HOSTRUP: Die Stoffe werden im Innenraum extrem viel langsamer abgebaut als draußen. Während man sie ausbringt, ist die Wahrscheinlichkeit, daß man die Stoffe einatmet, größer. Außerdem sind Anwendungen in Innenräumen gesetzlich überhaupt nicht geregelt, so daß die Produkte, mit gefährlich verharmlosender Werbung getarnt, von wirklichen Laien angewendet werden, die weder etwas von Schädlingsbekämpfung verstehen, noch wissen wie man sich schützen kann. Eine Studie, die wir zusammen mit anderen Institutionen durchgeführt haben, hat gezeigt, daß z.B. ein erhöhtes Risiko für verschiedene Krebserkrankungen besteht.

UNI-INFO: Bei Pestiziden denkt man ja zuerst einmal an die Landwirtschaft ...

HOSTRUP: Die Menge der Pestizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, ist tatsächlich gewaltig groß. Im Gegensatz zu anderen Einsatzgebieten für Pestizide, ist die Verwendung der Stoffe zum Pflanzenschutz hier aber gesetzlich geregelt. Dennoch führt die häufig zu findende Einstellung "Was zugelassen und geprüft ist, kann nicht gefährlich sein" zu gravierenden Fehleinschätzungen dieser brisanten Mittel. Der unsachgemäße Umgang mit Pestiziden ist daher auch hier geradezu vorprogrammiert.

UNI-INFO: Was müßte von Seiten der Politik geschehen?

HOSTRUP: Das Vordringlichste ist eine gesetzliche Regelung, inklusive einer Zulassungsregelung, für alle Einsatzgebiete von Pestiziden. Dabei muß den besonderen Bedingungen des jeweiligen Einsatzgebietes, z.B. Innenraum, Rechnung getragen werden. Nur Schädlingsbekämpfer mit einer umfangreichen Berufsausbildung sollten Biozide überhaupt anwenden dürfen. Schließlich müssen Informationen über die Eigenschaften der Mittel so beschaffen sein, daß sowohl der Anwender wie auch der Verbraucher wirklich erkennen kann, welche Gefahren von den jeweiligen Produkten ausgehen können.

UNI-INFO: Beratungsstelle an der Universität, das ist ja auf den ersten Blick eine recht ungewöhnliche Konstellation ...

HOSTRUP: Die Ansiedelung einer solchen Beratungsstelle an einer Universität machte Sinn, weil niemand den Transfer von der Wissenschaft zur Gesellschaft so gut leisten kann wie derjenige, der dicht an der Wissenschaft sitzt. Außerdem haben wir auf der anderen Seite aus der Beratungstätigkeit heraus Fragestellungen für die Forschung gewonnen, die auch in Drittmittelprojekte gemündet sind.

UNI-INFO: Wie geht es nach der Schließung weiter?

HOSTRUP: Die Umwelthygiene am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt in Hannover ist um den Bereich Biozide erweitert worden. Eine öffentliche Beratung, wie dies an der Universität bisher stattgefunden hat, wird dort allerdings nicht fortgesetzt.

*Dr. Olaf Hostrup war Leiter der Ende August geschlossenen Biozidberatungsstelle an der Universität.

Forschungstauchen

Oldenburger Gruppe auf dem Weg in die Selbständigkeit

Forschungstaucheinsatz im Juli 1997: Das Arbeitsgebiet nordöstlich von Hooksiel wird mit einem Schlauchboot angefahren. Auf einer per Satellitenpeilung festgelegten Position ankert das Boot - die Tiefe beträgt jetzt kurz vor Niedrigwasser rund fünf Meter. Der Oldenburger Biologe Jürgen Rahmel ist diesmal Einsatztaucher. Er geht mit der Leine gesichert ins Wasser und taucht ab. Geführt wird er von der Biologin und Forschungstaucherin Antje Hoffmann; Frank Donat steht als Reservetaucher voll ausgerüstet für den Notfall bereit. Bei einer Sicht von kaum mehr als 30 Zentimetern bewegt sich der Taucher nun langsam mit der Strömung über den Grund und sucht mit Hilfe einer Lampe nach allen sichtbaren Organismen. Vor allem ist er aber an den Sandriffen des Pumpwurms (Sabellaria), einer sehr selten gewordenen Borstenwurmart, interessiert. Erst der letzte Tauchgang dieses einwöchigen Einsatzes bringt dann den Erfolg: einige größere Riffstücke, die vom Pumpwurm gebildet wurden.

Mit kooperativen Einsätzen wie diesem für die Forschungsstelle "Küste" des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie auf Norderney versucht die Oldenburger Forschungstauchgruppe ihr eigenes Überleben zu sichern. "Außer den Semesterbeiträgen der Mitglieder von 25 DM stehen uns keine Mittel zur Anschaffung und Wartung der häufig sehr teuren Tauch- und Notfallausrüstung zur Verfügung. Daher werden Auftragsarbeiten zukünftig von entscheidender Bedeutung für den Fortbestand und die Weiterentwicklung unserer Tauchgruppe sein", erläutert Frank Donat, Biologe in der Arbeitsgruppe Aquatische Ökologie an der Universität Oldenburg und an der Leitung der Tauchgruppe beteiligt. Als Starthilfe für den ersten Einsatz hatte das ICBM 1.500 Mark zur Anschaffung eines Sauerstoffnotfallkoffers zur Verfügung gestellt, damit aktuelle Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden konnten.

Die Oldenburger Forschungstauchgruppe, die allen Fachbereichen offensteht, existiert seit 15 Jahren. Die Leitung der 1982 von Prof. Dr. Wolfgang Waegele (AG Zoomorphologie) gegründeten Gruppe wurde 1990 von Prof. Dr. Ekkehard Vareschi (AG Aquatische Ökologie) übernommen. Zur Zeit hat die Gruppe 21 Mitglieder, von denen sieben vollausgebildete ForschungstaucherInnen sind. Die Vorausbildung, die an der Universität ebenfalls seit 15 Jahren als semesterbegleitende Lehrveranstaltung angeboten wird, führt praktisch und theoretisch in das Forschungstauchen ein. Im Anschluß daran folgt die vierwöchige Endausbildung durch autorisierte Institutionen wie die Biologische Anstalt auf Helgoland.

Erwachsenenbildung: Was war in der alten DDR?

Wolfgang-Schulenberg-Institut erschließt Quellen

Erwachsenenbildung - Erwachsenenqualifizierung - Erwachsenenlenkung. Erschließung von Quellen in den neuen Bundesländern" heißt ein neues Forschungsvorhaben des nach einem Gründungsvater der Universität benannten Wolfgang Schulenberg-Instituts für Bildungsforschung und Erwachsenenbildung. Leiter des Projektes ist der Erziehungwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Dietrich Raapke. Kooperationspartnerinnen sind Prof. Dr. Martha Friedenthal-Haase (Friedrich-Schiller-Universität Jena), Prof. Dr. Wiltrud Gieseke und Dr. Karin Opelt (beide Humboldt-Universität Berlin).

Für das auf drei Jahre angelegte Projekt hat die Volkswagen-Stiftung Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt. Hauptziel der Arbeit wird die Erfassung und Sichtung der in den neuen Bundesländern vorhandenen archivwürdigen Quellen zur Erwachsenenbildung, insbesondere für den Zeitraum von 1945 bis 1989 (sowjetisch -besetzte Zone und DDR) bei Institutionen, Archiven und sonstigen Fundstellen sein. Die Informationen sollen in einer Datenbank aufbereitet werden. Geplant ist die Publikation wichtiger Ergebnisse in einem systematisch gegliederten und kommentierten Inventar. Das Vorhaben trägt zur Sicherung archivalischer Quellen in den neuen Bundesländern bei und erleichtert WissenschaftlerInnen, Forschungsinstitutionen und Erwachsenenbildungseinrichtungen den Zugang zu den Quellen der Geschichte der Erwachsenenbildung. Außerdem sollen Forschungs-, Dokumentations- und Ausstellungsprojekte angeregt und unterstützt werden.

Das Projekt wird am Montag, 3. November 1997, 18.00 Uhr im Bibliothekssaal von Willi B. Gierke (Schulenberg-Institut) im Rahmen der Ringvorlesung "Bildung in der gesellschaftlichen Entwicklung" näher vorgestellt.


Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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