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Forschung & Lehre
- Psychotherapiekongress setzt neue Impulse
Die Zukunft der Therapie: Schulenübergreifend und an den Bedürfnissen der Patienten orientiert
- Mit Nachbauten zu neuen Erkenntnissen
Internationale Instrumentenhistoriker zu Besuch
- Keine gemeinsame Arbeit vor Ort
Dennoch: Projekt mit palästinensischen und israelischen Wissenschaftlern wird fortgesetzt - Jaspers Vorlesungen: Phänomenologische Gratwanderungen
- Ergebnisse Forschungstag
Psychotherapiekongress setzt neue Impulse
Die Zukunft der Therapie: Schulenübergreifend und an den Bedürfnissen der Patienten orientiert
Für die Kongress-teilnehmer: "Raum der Seele" |
Mit der Situation der Psychotherapie und ihrer Zukunft beschäftigte
sich der bundesweit erste Kongress zur Entwicklung der Psychotherapie,
der vom 2. bis 4. Mai in Oldenburg unter Leitung von Dr. Joseph Rieforth,
Leiter der Akademischen Lehr- und Ausbildungsstätten Psychotherapie
am Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW), stattfand.
Annähernd 250 Therapeuten und VertreterInnen staatlicher Einrichtungen
nahmen daran teil. Ein wichtiges Ergebnis brachte schon zu Beginn des
Kongresses ein Treffen der VertreterInnen anerkannter Ausbildungsstätten
für Psychotherapeuten. Sie werden sich künftig in einer Arbeitsgruppe
organisieren, um sich über den Umgang mit den gesetzlichen Bestimmungen
auszutauschen und um eine stärkere Mitwirkung an der inhaltlichen
Gestaltung der Ausbildungsrichtlinien zu erreichen.
Die Hauptvorträge des Kongresses wurden mit Prof. Dr. Eva Jaeggi
(Berlin) und Prof. Dr. Peter Fürstenau (Düsseldorf) von zwei
Vertretern gehalten, die sich über mehrere Jahrzehnte mit der Entwicklung
der Psychotherapie beschäftigt haben. Jaeggi referierte über
die Bewusste Lebensgestaltung und die Bedeutung der Biografie für
die Psychotherapie während Fürstenau die Chancen
und Risiken der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie in
den Mittelpunkt stellte.
Auf die unbefriedigende Versorgungssituation für die Patienten, die
z. T. schwierigen Ausbildungssituationen und die damit verbundenen Nachwuchsprobleme
wies die Podiumsdiskussion mit Vertretern des Ministeriums, der Wissenschaft,
der Ausbildungsinstitute, der Psychotherapeutenkammer und der Fachgesellschaft
hin. Aber auch die Chancen, die in einer schulenübergreifenden und
integrativen Psychotherapie für alle Beteiligten liegen können,
wurden intensiv diskutiert. Die Entwicklung der Psychotherapie im Sinne
der Erforschung beziehungs-, problem- und lösungsorientierter Ansätze
sei eine wichtige Aufgabe, hieß es. Aufgrund der zu erwartenden
weiteren Zunahme psychischer Erkrankungen in den nächsten Jahren
seien auch Hochschulen besonders herausgefordert, sich diesem Thema zu
stellen.
Die Kongressworkshops mit Experten aus dem gesamten Bundesgebiet gaben
einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten psychotherapeutischer
Arbeit. Besonders spannend war der Hauptvortrag von Dr. Günter Heinz
zum Thema Psychotherapie und das Gehirn - Aspekte einer schwierigen
Beziehung. Die Möglichkeiten der Verknüpfung neuronaler
Funktionssys-teme mit der Bearbeitung individueller Erlebnisinhalte wurde
vom Referenten anschaulich und bildhaft dargestellt. Die daraus resultierenden
Auswirkungen auf die Grenzen und Möglichkeiten psychotherapeutischer
Behandlung wurden deutlich.
Das differenzierte Bild eines jungen, entwicklungsfreudigen Therapiemodells
gaben die Kurzvorträge wieder. Neue Möglichkeiten, Ideen und
Visionen für die kommenden Jahre wurden in der abschließenden
Podiumsdiskussion State of The Art2 diskutiert, bei der es die Forderung
gab, nicht nur an der Integration der vorhandenen Psychotherapieschulen
weiter zu arbeiten, sondern auch den Austausch mit Nachbardisziplinien
wie z.B. der Neurobiologie oder der Neurokognition zu fördern.
Die Kongressvorbereitungsgruppe zeigte sich mit der Veranstaltung sehr
zufrieden. Viele TeilnehmerInnen lobten neben den Inhalten auch die besondere
Atmosphäre des Kongresses. Zu diesem Erfolg trug auch die individuelle
Gestaltung des Hörsaalfoyers, die Errichtung eines eigenen Raumes
für die Seele, in dem die TeilnehmerInnen sich in den Pausen
erholen konnten, und ein in der Bibliothek produzierter Film von Gisela
Rieforth bei, der die Bedeutung der Tiefenstruktur zum Thema hatte.
Mit Nachbauten zu neuen Erkenntnissen
Internationale Instrumentenhistoriker zu Besuch
Die Scientific Instrument Society, die größte wissenschaftliche
Vereinigung von InstrumentenhistorikerInnen mit Sitz in Oxford, besuchte
auf ihrer diesjährigen Exkursion, die sie im Mai durch Norddeutschland
führte, die Arbeitsgruppe für Hochschuldidaktik und Wissenschaftsgeschichte
im Fachbereich Physik.
Falk Rieß (Mitte) mit Mitgliedern der Scientific
Instrument Society vor Koules Schaufelrad-Apparatur zur Messung des
mechanischen Wärmeäquivalents. Foto: Golletz |
Die etwa 25 TeilnehmerInnen aus England, USA, Frankreich, Schweden,
Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Deutschland (WissenschaftlerInnen
von Universitäten und Museen, SammlerInnen und HändlerInnen)
interessierten sich für die inzwischen international bekannten Arbeiten
der Oldenburger WissenschaftshistorikerInnen, die mit Hilfe von Nachbauten
neue Erkenntnisse über historische Experimente, Geräte und Apparate
und ihre Entstehung und Verwendung gewinnen. Die Besuchergruppe erhielt
Einblick in einige neuere Projekte der Gruppe: Vergessene und verschollene
Geräte aus dem 18. Jahrhundert (Ladungswaage nach J. Robison, Permeometer
und Helioskop nach J.P. Marat), das Unifilar-Magnetometer nach C.F. Gauß
und W. Weber (1835), die Schaufelrad-Apparatur zur Messung des mechanischen
Wärmeäquivalents nach J.P. Joule (1849), das Torsionspendel
zur Messung der Viskosität von Gasen nach J.C. Maxwell (1865) und
die Nebelkammer zum Nachweis der Bahnen radioaktiver Teilchen nach C.T.R.
Wilson (1911).
Den historischen Experimenten ist gemeinsam, dass ihre Entstehungsgeschichte
und ihre wissenschaftliche Wirkung nur dann befriedigend und umfassend
erklärt werden können, wenn die materiellen Arbeitsbedingungen,
die kulturellen Einflüsse und die sozialen Beziehungen der beteiligten
Personen berücksichtigt werden. Hinzu kommt die Analyse der besonderen
intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten der Experimentatoren,
über die nur im praktischen Nachvollzug der experimentellen Tätigkeiten
gültige Aussagen gemacht werden können. Die BesucherInnen zeigten
sich, wie Peter de Clercq, der Sekretär der Society, betonte, beeindruckt
von dem hohen technischen und wissenschaftlichen Niveau der Oldenburger
Arbeiten.
Keine gemeinsame Arbeit vor Ort
Dennoch: Projekt mir palästinensischen und isrealischen Wissenschaftlern wird fortgesetzt
Zum Thema Abbau von Schadstoffen durch Cyanobakterienmatten
trafen sich am 17. und 18. Mai 2002 im Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst
auf Initiative der Universität Oldenburg etwa 25 Wissenschaftler
aus Dänemark, Frankreich, Israel, den Niederlanden, Palästina,
Spanien, den USA und Deutschland. Sie diskutierten die Ergebnisse eines
deutsch-israelisch-palästinensischen Forschungsprojekts zur Reinigung
von Abwässern und verunreinigtem Meerwasser durch Cyanobakterienmatten,
das seit vier Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert
wird, und verglichen sie mit einem thematisch ähnlich gelagerten
Forschungsprojekt der Europäischen Union.
Prof. Dr. Jürgen Rullkötter (ICBM), der das trilaterale DFG-Projekt
leitet, versprach sich von dem Gedankenaustausch Aufklärung über
den aktuellen Stand des Wissens zu Funktion und Fähigkeiten der außerordentlich
komplexen Lebensgemeinschaft der Bakterienmatten beim Schadstoffabbau.
Die Wissenschaftler gingen auch der Frage nach, ob sich kultivierte Cyanobakterienmatten
in Ländern mit nur gering ausgebauter Infrastruktur, aber einer hohen
Sonneneinstrahlung, die für ihr Wachstum äußerst günstig
ist, technisch zur Sanierung verschmutzter Gewässer einsetzen lassen.
Besonders die palästinensischen Projektpartner sind an einer derartigen
Entwicklung sehr interessiert.
Das mit viel Elan ins Leben gerufene deutsch-israelisch-palästinensische
Gemeinschaftsprojekt leidet seit dem Beginn der jüngsten Intifada
im September 2000 erheblich unter den politischen Spannungen im Nahen
Osten. Die Anreise der Wissenschaftler aus Gaza zu den gemeinsamen Treffen
in Deutschland war nur unter größten Schwierigkeiten und mit
massiver Unterstützung ihrer israelischen Kollegen zu erreichen.
Gemeinsame Arbeiten vor Ort sind mittlerweile nicht mehr möglich.
Indem die palästinensischen Wissenschaftler jedoch nach wie vor die
Experimentierbecken vor den Toren der Stadt Gaza betreiben, bringen sie
ihren Anteil weiterhin in das Projekt ein. Es gelingt zudem immer wieder,
Probenmaterial nach Deutschland zur Untersuchung zu schleusen, auch wenn
den Kurieren nicht immer klar ist, welchen wissenschaftlichen Wert ihre
Mitbringsel haben.
Jaspers-Vorlesungen: Phänomenologische Gratwanderungen
Die Phänomenologie steht im Mittelpunkt der Jaspers-Vorlesungen zu Fragen der Zeit, die vom 10. bis 12. Juni 2002 an der Universität Oldenburg stattfinden. Prof. Dr. Bernhard Waldenfels, der bis zu seiner Emeritierung 1999 an der Ruhr-Universität Bochum Philosophie lehrte, wird am 10. Juni um 16 Uhr im Hörsaalzentrum über die Aktualität der von Edmund Husserl zu Beginn des 20. Jahrhunderts begründeten philosophischen Tradition sprechen. Der Titel seiner öffentlichen Vorlesung lautet Phänomenologie zwischen Pathos und Response.Der Gastprofessor gilt als phänomenologisch orientierter Philosoph von nationaler wie internationaler Reputation, als Grenzgänger, der mit sprachlicher Brillanz und einem durch die französische Nachkriegsphilosophie geschulten Blick Gegenwartsprobleme sichtet und interpretiert. Das Denken und Philosophieren von Waldenfels kreist um eine philosophische Rekonstruktion der menschlichen Erfahrung, die die gewohnte Ordnung der Dinge, der Diskurse, der Systeme und des Wissens ins Wanken bringt. Was über die Grenzen existenter Ordnungen hinausführt, sind überschüssige Möglichkeiten, die, so Waldenfels, eine responsive Rationalität erfordern. Zu seinen neueren Publikationen zählen Der Stachel des Fremden (1990), Antwortregister (1994), Deutsch-Französische Gedankengänge (1995), Topographie des Fremden (1997), Grenzen der Normalisierung (1998), Sinnesschwellen (1999), Vielstimmigkeit der Rede (1999), Leibliches Selbst (2000) und Verfremdung der Moderne (2001).
Im Anschluss an die Vorlesung wird Dr. Rolf Elberfeld für seine Verdienste um eine interkulturelle Philosophie und Ästhetik, die Konvergenzen zwischen der abendländischen Phänomenologie-Tradition, insbesondere Heideggers und Merleau-Pontys, und der japanischen Philosophie aufspürt, den Karl Jaspers Förderpreis der Stiftung Niedersachsen verliehen. Prof. Dr. Tilman Borsche (Hildesheim) hält die Laudatio.
Am Dienstag, 11. Juni, findet eine Podiumsveranstaltung statt, bei der Borsche, Dr. Iris Därmann (Lüneburg) und Prof. Dr. Ulrich Ruschig (Oldenburg) mit dem Gastprofessor und dem Preisträger über die Gastvorlesung diskutieren.
Die von der Stiftung Niedersachsen geförderten Jaspers-Vorlesungen zu Fragen der Zeit an der Universität Oldenburg gibt es seit 1990. Zu den Gästen zählten weltweit anerkannte Philosophen wie Willard V.O. Quine, Jürgen Habermas, Richard Rorty und Agnes Heller.
Programme können im Sekretariat des Instituts für Philosophie (Tel. 0441/798-2299) oder bei Reinhard Schulz (Tel.: 0441/798-4402; E-Mail: reinhard.schulz@uni-oldenburg.de) angefordert werden.
Reinhard Schulz
Ergebnisse Forschungstag
Die Ergebnisse des ersten Forschungstages der Geistes- und Sozialwissenschaften
(FOG) im Februar werden auf der Veranstaltung Förderung und
Vernetzung in den Geistes- und Sozialwissenschaften am Mittwoch,
12. Juni 2002, um 15.00 Uhr im Senatssitzungssaal im Hörsaalzentrum
vorgestellt. Außerdem informiert die Referentin der Volkswagen Stiftung,
Dr. Vera Szöllösi-Brenig, über Fördermöglichkeiten
sowie Projektbeispiele aus den Geistes- und Sozialwissenschaften.