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Kulturelles
"Wenn Ameisen vergiftet werden, fallen Sie immer nach rechts um"
Günther Willens außergewöhnlich Sammlung wissenschaftlicher
Erkenntnisse
Fünfzehn Jahre hat Günther Willen, Autor und Bibliothekar an der Universität Oldenburg, die Wissenschaftsteile von Zeitungen durchforstet. Herausgekommen ist Wer das liest, lebt länger, ein Lexikon für alle Lebenslagen mit 6666 Einzelmeldungen. Neben Antworten auf zentrale Fragen der Menschheit bietet es, wissenschaftlich abgesichert, Tipps und Tricks für ein besseres Leben. Willen, 1954 in Löningen geboren, studierte in Köln und Hamburg. Er arbeitete als Redakteur beim Humorfachblatt Kowalski und schreibt heute Buch-Anthologien sowie für Titanic und taz. Für seinen Uni-Film Schöne Aussichten erhielt er 2001 den Wanderpokal der Universität Budapest. Auszüge aus Willens Lexikon wurden in mehreren Folgen im Wissenschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlicht. Da kann Uni-Info nicht nachstehen.
Ameisen Sind im Grunde genommen faule Säcke. 70 Prozent
ihrer Zeit tun sie überhaupt nichts, sagt Insektenforscher
Cesare Baroni von der Universität Basel und fügt leicht frostig
hinzu: Jedenfalls tun sie nichts, was wir erkennen können.
Nur so viel ist sicher: Wenn Ameisen vergiftet werden, fallen sie immer
nach rechts um, entdeckten US-Forscher. Es geht aber auch ohne Insektengift,
so Experten. Ein Päckchen Backpulver hat die gleiche Wirkung. Das
Schöne daran: Man sitzt im Schlafrock neben dem kleinen Ameisengemetzel,
trinkt Kaffee und überlegt, wie man es technisch hinkriegen könnte,
mit Hilfe von Backpulver auch Atomkraftwerke für immer zu schließen
(Wiglaf Droste).
Angeln Alle lieben Angeln, dabei ist dieser Sport lebensgefährlich
(Karl-Heinz Rummenigge). Der Zeichner Kurt Halbritter starb beim Angeln
in Schottland. Von allen Sportarten ist die Todesrate beim Angeln am höchsten,
ermittelte der britische Sportmediziner Prof. David Bell. Die größte
Verletzungsgefahr dagegen besteht bei Sportarten wie Fußball und
Rugby. Ist Angeln überhaupt Sport?
Bürotasse Völkerkundler Matthias Henkel sagt, wie es
ist: Die persönliche Tasse am Arbeitsplatz drückt ein
Stück Individualität aus und gehört zum erweiterten Intimbereich.
Studie der Uni Göttingen: 71 Prozent der Büroangestellten trinken
nur aus der eigenen Tasse. Am beliebtesten ist der Henkelbecher mit Motiven
aus den Bereichen Comics, Tiere oder Blumen und Sprüchen wie Lieber
acht Stunden arbeiten als gar keinen Schlaf. Es gibt auch einen
Single-Becher mit dem Bekenntnis: Lieber öfter glücklich
als einmal verheiratet. Bei Untersuchungen entdeckten US-Forscher
in Bechern und Lappen gefährliche Kolibakterien, die Harnwegs- und
Lebererkrankungen aus-lösen können. Dr. Charles Gerba erregt:
Die Erreger können sich prächtig vermehren, weil viele
Tassen nicht vernünftig ausgewaschen und Lappen zu lange benutzt
werden. Eine Bürotasse hält im Schnitt 3 Jahre und 9 Monate,
ermittelte die Göttinger Studie. Der Becher eines Polizisten hielt
sogar 33 Jahre. Schwarz? Oder mit Milch und Zucker?
Dia-Abend Es ist immer das Gleiche, fanden zwei Volkskundlerinnen
aus Münster in Westfalen heraus. Wenn Urlaubsdias gezeigt werden,
bedient der Mann den Projektor und die Frau serviert Schnittchen. Jedes
fünfte Bild steht auf dem Kopf. Beliebtester Spruch auf einem Dia
Abend: Daraus könnte man eine Postkarte machen. Bitte
ausreichend frankieren.
Dienstag Die AOK weiß Bescheid: Nicht mehr am Montag, sondern
am Dienstag melden sich die meisten Arbeitnehmer in Deutschland krank.
Merkwürdig: Die meisten Kinderunfälle passieren an einem Dienstag
zwischen 17 und 18 Uhr, wie eine Untersuchung von Medizinern der Uni Würzburg
ergeben hat. Die wenigsten Kinderunfälle passieren demnach an einem
Sonntag. Cindy & Bert zerknirscht: Immer wieder sonntags kommt
die Erinnerung.
Heizöl Die Deutschen verbrauchen 17,75 Liter pro Quadratmeter
Wohnfläche, so eine Studie. Bei einem Vergleich von 145 Städten
hatte Oldenburg in Oldenburg mit 22,82 Liter Heizöl pro Quadratmeter
die Nase vorne. Die Wüste lebt.
Hirsche Schaden nicht dem Wald, sondern erhöhen die Artenvielfalt
der Pflanzen, sagen Bertil Krüsi und Martin Schütz von der Eidgenössischen
Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft durch die Blume.
Eine Hirschjagd dagegen schadet nicht nur dem Hirschen, sondern auch dem
Herzen, warnen US-Mediziner. Besonders Hobbyjäger haben durch die
Aufregung und die Anspannung auf der Pirsch ein 18 Prozent höheres
Herzinfarktrisiko. Waidmanns Heil!
Höhle Huhu! Ist da jemand? Wer im Urlaub abgelegene Höhlen
erkundet, sollte eine Atemschutzmaske tragen, empfehlen Tropenmediziner
der Uni Rostock. Denn der Fledermauskot in den Höhlen kann eine Histoplasmose
übertragen und zu schweren Atemwegserkrankungen führen. Warum
gehen Menschen überhaupt freiwillig in eine dunkle Höhle? Es
ist der Wunsch, Grenzen zu überschreiten, berichtet Psychologe
Dr. Andreas Herter aus Hannover und geht noch einen Schritt weiter: Man
nennt es Jules-Verne-Syndrom. Sigmund Freud bezeichnet es als Sehnsucht
nach dem Mutterleib. Hierzu ein Gedicht des großen Arnold
Hau: Der Haubenbär spricht mit Bedacht:/Die Bären werden
nachts gemacht!/Dann rennt er mit Gegröle/in seine Bärenhöhle.
Meise Meisenweibchen paaren sich am liebsten mit Meisenmännchen,
deren Bauchfedern leuchtend gelb sind, beobachteten schwedische Forscher
auf Gotland. Eine gute Wahl, denn je gelber, desto gesünder, so die
Forscher verwundert. Nein, auf den Kopf gefallen ist die Meise wirklich
nicht, betonen US-Forscher. Sie fanden heraus: Falls die Gehirnzellen
einer Meise nicht mehr ausreichen, legen sie sich einfach ein paar neue
dazu. Guten Morgen, liebe Studenten. Mona Lisa Das Lächeln der Mona
Lisa war früher anders, irgendwie nicht so ironisch wie
heute, findet der französische Forscher Jacques Franck. Möglicher
Grund: Risse in der Ölfarbe. Alles ist zaubrisch-verworren
(Jean Paul).
Pinguine Können bis zu 500 Meter tief tauchen und 15 Minuten
unter Wasser bleiben, haben britische Biologen beobachtet. Was haben Pinguine
und Schwangere gemeinsam? Den Watschelgang, erwidert US-Forscher Rodger
Kram von der University of Colorado prompt und erklärt: Die
Pendelbewegung beim Watscheln reduziert den Kraftaufwand, weil der Körperschwerpunkt
nach links und rechts verlagert wird, wie bei einem umgedrehten Pendel.
Der Wissenschaftler freut sich wie ein Schneekönig. Wir können
unser Pinguinwissen auf Schwangere und Übergewichtige anwenden,
sagt er sehr zufrieden. Auch wir könnten heulen vor Glück.
Presley, Elvis (1935-1977) Als EIvis Presley 1977 im Alter von
42 Jahren starb, gab es weltweit 48 Elvis-Imitatoren, 1995 waren es schon
7328. Wenn das so weitergeht, ist im Jahr 2012 jeder vierte Erdenbewohner
ein Elvis-Imitator, unkt Jean Wilson von der Uni Michigan. Love me tender.
Schneeschippen Ist bei minus 5 Grad morgens für Herzpatienten
nicht ungefährlich, stellt in diesem Zusammenhang die Deutsche Herzstiftung
in Frankfurt klar. US-Forscher von der Uni Boston legen noch eine Schippe
drauf und sagen eiskalt: Wer untrainiert ist und sich in der Arschkälte
überanstrengt, hat ein um 100 Prozent erhöhtes Herzinfarktrisiko.
Ist das nicht Schnee von gestern? Nein? Na, dann eben nicht.
Sommer Im Sommer gibt es nur halb so viele Herzinfarkte wie im
Winter, haben amerikanische Ärzte entdeckt. Dafür gibt es im
Sommer überhaupt kein Weihnachten.
Wissenschaftler 86 Prozent der Deutschen haben den größten
Respekt vor Wissenschaftlern, ergab eine Forsa-Umfrage. Auf Platz 2: Schriftsteller
(65 Prozent), gefolgt von den Sportlern (63 Prozent). Einen ehrenwerten
4. Platz belegen die Künstler (54 Prozent). Das haben Wissenschaftler
herausgefunden.
Günther Willen: Wer das liest, lebt länger! Das Lexikon für alle Lebenslagen. Scherz Verlag 2003, ISBN: 3-502-15835-3, 19,90 €