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Forschung

Langfrisitge Politik erforderlich

"Science": Emmissionsfreie Wirtschaft zu akzeptablem Preis in 100 Jahren möglich

Mit Hochspannung in den freien Markt.

Das Kyoto-Protokoll und die kurzfristigen Ziele zur Reduktion von Emissionen sind wichtige erste Schritte zur Minderung der Klimaerwärmung. Sie müssen jedoch mit einer langfristigen Klimapolitik Hand in Hand gehen. Modellrechnungen bis zum Jahre 3000 zeigen, dass ein allmählicher Übergang in eine emissionsfreie globale Wirtschaft zu einem akzeptablen Preis in den nächsten 50 bis 100 Jahren möglich sein wird. Diese Ergebnisse haben mehrere Mitglieder des Europäischen Klimaforums (ECF) kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Science veröffentlicht*. Unter den Autoren sind auch zwei Oldenburger Wissenschaftler: die Volkswirtin und Energieexpertin Jun.-Prof. Dr. Claudia Kemfert (Institut für Volkswirtschaftslehre und Statistik) und der Physiker Dr. Georg Hooss (Institut für Chemie und Biologie des Meeres).

Um eine dramatische Klimaerwärmung zu vermeiden, müssen die globalen Pro-Kopf-Emissionen in den nächsten hundert Jahren auf einen Bruchteil der derzeitigen Werte in den Industrieländern reduziert werden. Bei Nutzung sämtlicher geschätzter fossiler Ressourcen (Öl, Gas, Kohle sowie Ölschiefer, Teersände und Methanklathrate) würden nach Modellrechnungen der mittlere Meeresspiegel um bis zu acht Meter und die globale Mitteltemperatur um bis zu 9 Grad Celsius innerhalb dieses Jahrtausends ansteigen.

Wegen der mehr als hundertjährigen Verweildauer des CO2 in der Atmosphäre wird der Klimawandel weniger durch die aktuellen als durch die aufsummierten CO2-Emissionen bestimmt. Wichtig für den Erhalt des Klimas sind daher nicht die Details des Emissionspfads, also wie sich die Emissionen kurzfristig entwickeln, sondern die Erzielung einer langfristigen Reduktion der Emissionen über einen Zeitraum von 50 bis 100 Jahren. Die im Rahmen des Kyoto-Protokolls festgelegten einzelnen Reduktionsquoten sind weniger entscheidend als ein gelungener Einstieg in einen langfristigen Pfad ständig reduzierter Emissionen. Dieses erfordert politische Zielsetzungen, die deutlich über den Zeithorizont des Kyoto-Protokolls hinausreichen. Nach verschiedenen Schätzungen würde dabei eine effektive langfristige Klimaschutzpolitik zu einer Verzögerung des globalen Wachstums von lediglich ein bis zwei Jahren über einen Zeitraum von 50 Jahren führen - ein wohl erschwinglicher Preis, wenn damit die unberechenbaren Risiken einer gravierenden späteren globalen Klimaänderung vermieden werden können.

Im Energiebereich hat der Kapitalstock eine lange Lebensdauer. Daher sind klar formulierte langfristige politische Zielsetzungen, verbunden mit konkreten Förderungsmaßnahmen, schon heute erforderlich, um das Investitionsverhalten der Wirtschaft zu beeinflussen. Auch für die Öffentlichkeit, die die Politik verstehen und unterstützen muss, sind klare Zielvorstellungen wichtig. Schließlich sind diese auch für Entwicklungsländer entscheidend, die die gleiche Lebensqualität wie die der Industrieländer anstreben. Ein Nachahmen der auf fossilen Energieträgern basierten Evolution der Industrieländer würde einen enormen Anstieg der globalen CO2-Emissionen zur Folge haben. Eine Reihe von technologischen Optionen zur Emissionsreduktion existieren bereits. Einige von ihnen, wie zum Beispiel die Windkraft, sind schon jetzt wettbewerbsfähig. Um jedoch die künftig erforderlichen, deutlich stärkeren Reduktionen von Emissionen zu erreichen, müssen weitere Technologien wie die Solarkraft eingesetzt werden, die heute im Markt noch nicht konkurrenzfähig sind. Diese werden sich langfristig nur durchsetzen können, wenn sie von der Politik frühzeitig unterstützt werden. Alternative klimaneutrale Emissionspfade sind sowohl für Industrieländer als auch für Entwicklungsländer in Sicht, sie brauchen jedoch schon heute die Unterstützung durch belastbare langfristige politische Zielvorgaben.

Verbindliche Ziele zur kurzfristigen Emissionsreduktion müssen daher Hand in Hand gehen mit klar formulierten Strategien zur Erreichung deutlich stringenterer Ziele der Emissionsreduktion auf längere Sicht. Eine stärkere Ausrichtung auf langfristige Ziele könnte hierbei zur Überwindung der derzeitigen Schwierigkeiten beim Kyoto-Prozess und zur Reduktion des - die bisherigen Klimaverhandlungen ebenfalls erschwerenden - Nord-Süd-Gefälles beitragen.

www.sciencemag.org

www.icbm.de/~hooss/

* K. Hasselmann u.a.: The Challenge of Long-term Climate Change. Science magazine. Vol. 302, Nr. 5652, 12. Dez. 2003.

Neue Bakteriengruppe entdeckt

Oldenburger Meeresbiologen veröffentlichen ihre Forschung in "Nature"

Meerwasser hat es in sich: In nur einem Milliliter tummeln sich bis zu zwei Millionen winzige Bakterien. Da wundert es nicht, dass das Wissen über die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften im freien Wasser der Weltmeere äußerst lückenhaft ist. Einen großen Schritt nach vorne macht die Wissenschaft jetzt durch die Forschungsergebnisse der Oldenburger Meeresmikrobiologen Prof. Dr. Meinhard Simon, Dr. Natascha Selje und Dr. Thorsten Brinkhoff, die in dem Wissenschaftsjournal NATURE* vorgestellt werden. Den WissenschaftlerInnen des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg gelang es, eine neue und sehr häufige Bakteriengruppe zu identifizieren. Diese neue Gruppe, die RCA-Cluster genannt wurde, gehört zur Familie der Roseobacteriaceen.

Die jetzt identifizierte Bakteriengruppe findet sich in vielen Meeresgebieten der gemäßigten Zone sowie im Nord- und Südpolarmeer. Während sie beispielsweise in der Nordsee und dem Nordpolarmeer 5 bis 10 Prozent aller Bakterien in der oberflächennahen Wasserschicht ausmacht, bringt sie es im Südpolarmeer sogar auf 20 Prozent. In tropischen und subtropischen Regionen mit höheren Wassertemperaturen kommen Bakterien dieser Gruppe nicht vor.

Bei ihren Untersuchungen im Südpolarmeer stellten die Oldenburger Forscher fest, dass sich die Zusammensetzung der neu identifizierten Gruppe nördlich und südlich der Polarfront unterscheidet (sog. Phylotypen). Damit konnten sie erstmals belegen, dass die Verbreitung von marinen Bakteriengruppen und -arten durch die Verteilung von Wassermassen reguliert wird und die Temperatur dabei eine wichtige Rolle zu spielen scheint.

Um Bakterien sicher identifizieren zu können, müssen sie zuvor im Labor kultiviert werden. Meeresbakterien verhalten sich dabei besonders eigensinnig: Bei dem Versuch, sie zu kultivieren, versagen oft die klassischen mikrobiologischen Methoden, da sich das Wachstumsmilieu und die Wachstumsbedingungen dieser Organismen fundamental von den Bedingungen unterscheiden, die im Labor gewöhnlich hergestellt werden können. Den Oldenburger WissenschaftlerInnen gelang es dennoch, die neue Bakteriengruppe zu identifizieren, indem sie zwei Methoden kombinierten: Sie untersuchten die genetischen Fingerabdrücke von Bakterien im Wasser und fanden so heraus, welche Bakterien besonders häufig vorkamen. Durch schonende Versuchsbedingungen regten sie selektiv das Wachstum dieser häufigen Bakterien an, so dass eine Identifikation möglich wurde.

Bisherige Untersuchungen in offenen Meeresgebieten gaben lediglich Aufschluss über das Vorkommen und die Häufigkeit von übergeordneten Bakteriengruppen. Die Oldenburger Wissenschaftler haben nun dafür gesorgt, dass für die neu identifizierte, sehr häufige Bakteriengruppe RCA-Cluster eine wesentlich differenziertere Analyse des Vorkommens möglich ist. Den großen Fortschritt, den dies bedeutet, kann man sich am Beispiel von Landpflanzen vor Augen führen: Eine grobe Vorstellung von der weltweiten Verbreitung der Familie der Kiefern (mit ihren Gattungen Kiefer, Fichte, Lärche und Zeder) sagt noch nichts über ihr reales Vorkommen an bestimmten Orten aus. Wenn aber dank neuer Untersuchungen die exakte Verbreitung einer ihrer wichtigsten Gattungen, etwa der Fichte, in bestimmten Klimazonen nachgewiesen werden kann, ist dies ein bahnbrechender Erfolg für die Wissenschaft.

*Selje, N., Simon, M., Brinkhoff, T.: A newly discovered Roseobacter cluster in temperate and polar oceans. Nature, Vol. 427: pp. 445-448 (29 January 2004).

nach oben Spin-Off IX: Unternehmerin im Glashaus

Wenn Elke Haase während der Arbeit aus dem Fenster schaut, streift ihr Blick über weite Anbauflächen. Unter dicken Planen warten Tausende von kleinen Rhododendren, Azaleen und Fliederbäumchen auf den Frühling. Der Weg in Hasses Büro führt durch ein gigantisches Gewächshaus. Grüne Sprosse, junge Stauden, frische Knospen inmitten computergesteuerter Bewässerungssysteme und Klimaanlagen. Und Mona, die verschmuste Rottweilerhündin, die alles im Auge behält. Die Oldenburgerin Haase ist eine, die im Glashaus sitzt. Als die Diplom-Biologin vor fünfzehn Jahren die Biotechnologie-Firma „piccoplant“ aufbaute, wuchsen hier noch Rüben und Mais. Heute unterhält sie eine Anlage, gut zwanzig Fußballfelder groß. Elf Hektar Heimat für Pflanzen aus der sogenannten Mikrovermehrung. „Die Methode habe ich während meiner Arbeit an der Universität Oldenburg kennen gelernt,“ erinnert sich die 48-jährige Unternehmerin, damals eine der ersten Biologie-Studentinnen der Universität Oldenburg.

Bei der Mikrovermehrung macht man sich die Fähigkeit von Pflanzen zunutze, aus einem beliebigen Schnipsel eine neue vollständige Pflanze zu bilden. Das „picco“-Teilchen der Mutterpflanze wird in einer Laborschale mit Nährboden - das Rezept ist streng geheim - bebrütet, bis es Triebe entwickelt. Diese werden geteilt und wiederum in Laborschalen kultiviert. Sind sie groß genug, werden sie in Erde gesetzt und in Gewächshäusern nach und nach abgehärtet. Ohne eine weitere Hege würden die verwöhnten Pflänzchen sofort sterben.

Gerade jetzt, mitten in der trüben Jahreszeit, herrscht im Labor Hochbetrieb. Wenn Sträucher und Zierpflanzen im tiefsten Winterschlaf liegen, sprießen in Elke Haases Labor schon Tausende Miniaturpflanzen. Dann gibt es alle Hände voll zu tun. Schneiden, zerteilen, neu einsetzen, bebrüten - und all das unter sterilen Bedingungen. „Auf diese Weise stellen wir etwa sechs Millionen Jungpflanzen pro Jahr her, die krankheitsfrei, robuster und ertragreicher sind als Stecklinge aus traditioneller Vermehrung“. Das wissen auch die Kunden, hauptsächlich Baumschulen, zu schätzen. Fünfzig Prozent der Produkte werden in die EU und nach China exportiert. Besonders gefragt sind zur Zeit winterharte Bambusstauden und cremefarbener Flieder. „Wir verfügen über ein wirklich historisches Flieder-Sortiment von etwa siebzig Sorten“, schwärmt Haase.

Und sie schwärmt von dem Darjeeling-Tee in ihrer Tasse. „Den habe ich von meiner letzten Indienreise mitgebracht. Aus ökologischem Anbau. Das findet man dort wirklich selten.“ Vor acht Jahren begründete Haase ein Joint-Venture mit einem indischen Familienkonzern in Bangalore. Bananen und die Aufzucht von Zimmerpflanzen für den amerikanischen Markt stehen im Vordergrund der Produktion. Die Begeisterung für dieses Projekt steht ihr ins Gesicht geschrieben. Ihre Passion ist obendrein die Forschung im Bereich pflanzlicher Biotechnologie und Produktionstechnik. „Viel Freude hat mir auch die Arbeit für ein Pharmaunternehmen bereitet, das aus dem Gemeinen Pestwurz ein pflanzliches Mittel gegen Migräne herstellt. Natürlich wächst die Pflanze auch in der Natur, doch soll sie nicht mehr wild entnommen werden. So haben wir den Pestwurz im Labor vermehrt.“ Darüber hinaus arbeitet „piccoplant“ an der Züchtung von Pflanzen zur Sanierung kontaminierter Böden, an nachwachsenden Rohstoffen und biologischem Pflanzenschutz.

Als energische Unternehmerin mit einem florierenden Betrieb tourt Haase um den Globus: nach Bangalore natürlich, nach China, dort ist ein neues Projekt geplant, und zu Messen in Frankreich, den Niederlanden oder England. Haase hat sich nicht nur als Frau, sondern auch als Wissenschaftlerin in der freien Wirtschaft durchgesetzt. Mit Fug und Recht wurde sie im Jahr 2001 zur Indien-Visite des Kanzlers geladen. Haase war eine von zwei Frauen der Wirtschaftsdelegation. Seite an Seite mit Gerhard Schröder, Wirtschaftsminister Werner Müller und 42 hochkarätigen Unternehmensvertretern nahm sie teil an Empfängen und besuchte High-Tech-Unternehmen wie SAP, Bosch und Siemens. Verstecken muss sich Haase gewiss nicht. Sie ist eine sowohl ökologisch ambitionierte als auch sozial engagierte Frau. „Als Integrationsfirma beschäftigen wir 17 MitarbeiterInnen, die in irgendeiner Form eine Behinderung haben. Die Zusammenarbeit ist toll.“

Susanne Adam

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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