Hochschulzeitung UNI-INFO

Uni-Info Kopf

Forschung


IT-Ideen für die Wirtschaft

Universität und OFFIS präsentierten drei neue Projekte auf der CeBIT

Eine Software für den Entwurf fehlerfreier Programme sowie IT für die Energieversorgung der Zukunft und ein Instrument zur Rollenzuweisung in Unternehmen - mit diesen drei Projekten präsentierten sich WissenschaftlerInnen der Universität Oldenburg im letzten Monat am Gemeinschaftsstand des Landes Niedersachsen auf der CeBIT 2006.

Das Department für Informatik stellte mit P-UMLaut eine Software für den Entwurf fehlerfreier Programme vor. Die Entwicklung elektronischer Steuerungen von Heizungsanlagen, Autos, Ampeln oder Windkraftanlagen wird immer komplizierter. Mit der Komplexität nimmt auch die Zahl möglicher Fehler drastisch zu. Die in der Abteilung „Parallele Systeme“ unter der Leitung von Prof. Dr. Eike Best entwickelte Software P-UMLaut bietet Werkzeuge für die Erstellung sicherer, zuverlässiger sowie korrekter Systeme. Für eine frühzeitige Überprüfung der Funktionsweise der Steuerungen erlaubt eine 3D-Sicht realistische Simulationen des Systems am Computer. Noch vor Fertigstellung der Steuerungen kann so getestet werden, ob sie erwartungsgemäß funktionieren.

Der Bereich „Betriebliches Informationsmanagement“ des Oldenburger Informatikinstituts OFFIS und die Fakultät II Informatik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Universität waren auf der CeBIT gemeinsam mit den beiden Projekten Dezentrales Energiemanagement (DEMS) sowie get-Role, einem neuartigen IT-Werkzeug zur Rollenermittlung und -zuweisung in Unternehmen, vertreten.

Der Energiemarkt in Europa befindet sich in einem grundlegenden Wandel und stellt Energieversorgung wie -management vor große Herausforderungen: Wie lässt sich die Verfügbarkeit von Energie an den jeweiligen Strombedarf anpassen? Welche Entwicklungen am Energiemarkt werden durch IT-Anwendungen unterstützt? Wie lassen sich die Daten zur Steuerung sicher und mit hoher Qualität bearbeiten? - Fragen wie diese werden im Rahmen des niedersächsischen Verbundprojekts DEMS untersucht, in das neben Universität und OFFIS eine Reihe von Praxis- und Forschungspartnern eingebunden sind. Auf der CeBIT wurde ein Prototyp für das dezentrale Energiemanagement vorgestellt.

Im Rahmen des Projekts RoleMining wurde das IT-Werkzeug getRole entwickelt. Es zielt auf die Administration von Zugriffsrechten in Unternehmen. Um den MitarbeiterInnen zielgenau die Ressourcen bereitzustellen, die für ihre jeweiligen Tätigkeiten benötigt werden, wird gewöhnlich auf Rollenkonzepte zurückgegriffen. Rollen in diesem Sinne beschreiben spezifische Aufgaben, die mit entsprechenden Zugangsberechtigungen verknüpft sind. In der betrieblichen Praxis gestaltet sich die Einführung eines Rollenkonzepts oft äußerst zeit- und kostenintensiv. Das IT-Werkzeug getRole setzt hier an: Statt herkömmlicher „Top-Down-Verfahren“ werden die Rollen „bottom-up“ ermittelt, indem vorhandene Berechtigungen erfasst werden, in denen sich die Rollen implizit widerspiegeln. So wird es möglich, die Zuweisung der Zugriffsrechte weitgehend zu automatisieren.


Gleichstellungsarbeit auch in der Schule nötig

Stereotype Handlungsmuster im Schulalltag

Große Resonanz fand der 1. Oldenburger Fachtag „Gender und Schule“ des Zentrums für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZFG) der Universität Oldenburg mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Prof. Dr. Karin Flaake (Universität Oldenburg) referierte dabei über adoleszente Geschlechterinszenierungen als Rahmenbedingungen schulischer Praxis, mit denen Lehrkräfte in ihrem beruflichen Alltag konfrontiert werden und die sie - bewusst oder unbewusst - in ihr pädagogisches Handeln einbeziehen. Der Erziehungswissenschaftler Dr. Jürgen Budde (Universität Hamburg) beleuchtete auf der Grundlage eigener ethnographischer Schulunterrichtsstudien, wie sich Lehrkräfte in ihren alltäglichen Interaktionen von stereotypen Handlungsmustern leiten lassen.

Fortgesetzt wurde der Fachtag mit einer internationalen Perspektive. Die schwedische Pädagogin Lena Sievers führte in Aufgaben und Arbeitsmethoden der Behörde JämO ein, die den vom schwedischen Staat vorgegebenen Auftrag der Gleichstellung in die Schulen vermittelt. Jede Schule ist verpflichtet, einen Gleichstellungsplan zu erstellen, der sich sowohl auf die schulische Alltagspraxis als auch auf curriculare Rahmenrichtlinien bezieht.

In den anschließenden Workshops hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, anhand verschiedener Schwerpunktsetzungen spezifische Dimensionen des Themas zu vertiefen und gemeinsam über praktische Konsequenzen für ihr berufliches Handeln zu diskutieren. Lena Sievers stellte konkrete Strategien zur Umsetzung von Genderarbeit im Schulalltag vor. Der Diplompädagoge Michael Herschelmann (Kinderschutzzentrum Oldenburg) präsentierte Materialien und Methoden für die Jungenarbeit im Unterricht. Prof. Dr. Astrid Kaiser (Universität Oldenburg) regte zur Auseinandersetzung mit Genderfragen im Grundschulalltag an und Dr. Sylvia Jahnke-Klein (Universität Oldenburg) fokussierte die Frage der Chancengleichheit der Geschlechter im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht.

Im Mittelpunkt der Abschlussdiskussion standen Veränderungsperspektiven für die schulische Praxis. Hervorgehoben wurde die Bedeutung politischer Legitimation für die Gender- und Gleichstellungsarbeit in der Schule, die sich in verbindlichen Rahmen- und Leitlinien niederschlagen sollte. Dies unterstütze, so die Meinung der TeilnehmerInnen, nicht nur bereits engagierte Lehrkräfte, sondern habe zudem Aufforderungscharakter. Betont wurde auch die Notwendigkeit einer schrittweisen und selbstreflexiven Sensibilisierung des Lehrpersonals für Gleichstellungs- und Genderbelange. Die Reihe Oldenburger Fachtage „Gender und Schule“ soll fortgesetzt werden.


Studentische Sozialisation in Hochschule und Stadt

Fallstudie über Herkunft, Lebensstil, Interessen und Einstellungen von Pädagogik und Jura-Studierenden

Für kaum jemanden ist die Studienstadt ein beliebig angesteuerter Lebensort, und einige wählen ihre Stadt bewusst als Ort für eine neue Biografiephase. U.a. mit dieser Thematik befasst sich die Dissertation von Dr. Klaus Vosgerau mit dem Titel „Studentische Sozialisation in Hochschule und Stadt“, die im vergangenen Jahr am Institut für Soziologie entstanden ist*. Vosgerau, der inzwischen beim Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover tätig ist, entwickelt in seiner Arbeit eine Theorie zum Verhältnis zwischen der Sozialisation im Studienfach und der Bedeutung des städtischen Umfelds für die Entwicklung in der Studienzeit. Schließlich präsentiert er die Idealtypen des Jura- und des Pädagogikstudierenden und verdeutlicht Voraussetzungen und Prozesse der Hochschulsozialisation exemplarisch an Fallbeispielen.

Jura-Studenten, so Vosgerau, stammten früher vornehmlich aus dem oberen Bürgertum. Sie sind in der Regel leistungsbewusst und streben ein effektives Studium an. Erkenntnis- und Lernprozesse erfolgen weitgehend zweckrational und instrumentell. Gesellschaftlich und politisch orientieren sich die Rechtswissenschaften am „herrschenden Pol der herrschenden Fraktion der Gesellschaft“ (Bourdieu), also z.B. an Staats- und Verwaltungsinteressen. Dies wird auch an oft konservativen kulturellen und gesellschaftspolitischen Einstellungen sichtbar. Damit korrespondiert ein Lebensstil, bei dem die durch den „Habitus“ bewirkte Orientierung an der „legitimen Kultur“ der Gesellschaft im Zentrum steht und durch individuelle Geschmacksausprägungen differenziert wird.

Im Gegensatz dazu herrscht bei den Pädagogik-Studierenden, die oftmals aus der unteren Mittelschicht und dem Kleinbürgertum stammen, ein eher alternativer, postmaterialistischer Lebensstil vor. Die allgemeine soziale Haltung lässt sich als tendenziell „links-alternativ“ bis „liberal“ kennzeichnen. Dementsprechend gilt das Studium nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern auch als Wert an sich. Akademisch ist die Disziplin durch weiche und durchlässige Grenzen charakterisiert; die Wissensorganisation wie das soziale Innenleben folgen den Imperativen von Kooperation, Interesse am Randständigen und Uneinheitlichen und relativer, oftmals kritischer Distanz zum gesellschaftlich Gegebenen.

Am Fallbeispiel eines Hamburger Jura-Studierenden zeigt sich deutlich, dass der Studienort als Mittel zum Zweck gesehen wird - andere Städte wären für ihn genauso in Frage gekommen. Die Kenntnis Hamburgs ist auch nach mehreren Semestern sehr begrenzt und selektiv geblieben. Das Alltagsleben ist räumlich durch wenige, aber strikt eingehaltene Wege und Grenzen strukturiert, vor allem durch das Pendeln zwischen der Privatheit der Wohnung und dem Campus, wo mit Kommilitonen in einem sehr strukturierten, durchgeplanten Tagesrhythmus gelernt wird. Es werden lediglich wenige Orte der Freizeit integriert, wie der Stadtpark und ein Multiplex-Kino, während andere Räume (wie „soziale Brennpunkte“) auf der „subjektiven Landkarte“ schlicht nicht vorkommen.

Ganz anders dagegen die Stadtorientierung eines Pädagogen. Er fühlt sich in Hamburg mehr und mehr heimisch, was mit einer weitgehenden Erfahrungsoffenheit einhergeht - z.B. mit Blick auf die Obdachlosen im öffentlichen Raum, denen er alltäglich in der U-Bahn begegnet. Die Hansestadt bedeutet für ihn auch, in einem ausgewiesen vielfältigen, relativ toleranten Viertel leben zu können, wo auch Freunde und Mitstudierende wohnen. Stadtleben heißt aber zudem, den Stadtraum ausgiebig und frei umherziehend erkunden zu können, so dass hier die „subjektive Landkarte“ vergleichsweise umfassend ausfällt. Alles in allem bedeutet „Großstadt“ für den Pädagogikstudenten einen prinzipiell unerschöpflichen Erfahrungsraum (u.a. hinsichtlich des Kulturangebots: „Dafür ist die Stadt irgendwie da“).

Der Autor verweist auf zwei weitere mögliche Forschungsfragen. Die eine knüpft an die gegenwärtigen Hochschulreformen an (Bachelor/Master), was Auswirkungen haben könnte auf Art und Dauer der Fachsozialisation wie auch der Stadterfahrung. Die andere Frage betrifft die Annahme, dass das „Feld studentischer Sozialisation“ im zunehmenden Wettbewerb von Studiendepartments, Hochschulen und Hochschulstädten an Kontur und Relevanz gewinnen wird, wenn verstärkt um Studierende geworben wird. Erste Anzeichen hierfür liegen bereits heute vor, z.B. in der gemeinsamen Begrüßung der neu ankommenden Erstsemester nicht nur im Audimax, sondern auch im örtlichen Staatstheater, im altehrwürdigen Rathaus oder im lokalen Fußballstadion.

*Klaus Vosgerau, Studentische Sozialisation in Hochschule und Stadt. Theorie und Wandel des Feldes. Mit einer Fallstudie zur fachspezifischen Erfahrung der Großstadt. Peter Lang Verlag, Frankfurt a.M. u.a. 2005, 476 S.


Tausendstel einer Haaresbreite

Miniaturroboter sollen helfen, Strukturen im Nanobereich zu erzeugen

Miniatursteuerroboter mit Verdampfungsanlage, die zur Bereitstellung goldhaltiger Substanzen in der Vakuumkammer eines Rasterelektronenmikroskops (REM) dient. Der Roboter ist als „Scheibe“ sichtbar und hat einen Durchmesser von ca. 5 cm.

Gold findet als hervorragender elektrischer Leiter Einsatz in einer Vielzahl elektronischer Bauteile. Zur Herstellung mikroskopisch kleiner Goldleiterbahnen werden heutzutage chemische Ausgangsstoffe verwendet, die entweder Chlor oder Kohlenstoff enthalten. Verunreinigungen durch Kohlenstoff reduzieren jedoch die Leitfähigkeit von Gold. Und freigesetztes Chlor kann bestimmte Halbleitermaterialien ätzen, so dass diese Verbindungen nicht beliebig einsetzbar sind. Hier setzt ein Forschungsprojekt der Universität Oldenburg an, an dem WissenschaftlerInnen aus den Bereichen Chemie und Informatik beteiligt sind und das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 430.000 € gefördert wird. Es sollen neuartige Moleküle hergestellt werden, mit denen unter Einsatz eines Nanoroboters lokal kleinste Strukturen von bis zu 30 Nanometer Auflösung erzeugt werden können. Dies ist weniger als ein Tausendstel der Breite eines Haares.

Vorgesehen ist, Goldatome in leicht zersetzliche Moleküle einzubauen, die für die Herstellung der metallischen Strukturen (Abscheidevorgang) verwendet werden. Diese Moleküle werden maßgeschneidert und daher „Designerprecursor“ genannt (Prof. Dr. Mathias Wickleder, Anorganische Chemie). Außerdem wird untersucht, wie sich die Moleküle an Oberflächen unter Einfluss von Wärme, Elektronen oder Plasma tatsächlich zersetzen. Goldmetall ist zwar ausgesprochen reaktionsträge und wird seit Jahrtausenden als Schmuck verarbeitet, aber kleinste Anhäufungen von ein paar hundert Goldatomen zeigen eine überraschende Aktivität für katalytische Reaktionen. Unklar ist, ob dies hinderlich oder förderlich für den Abscheidevorgang ist (Prof. Dr. Katharina Al-Shamery, Oberflächenchemie).

In der Arbeitsgruppe des Informatikers Prof. Dr. Sergej Fatikow, einem Vorreiter in der Miniaturisierung von Robotern, soll getestet werden, wie sich mit kleinsten Robotern die Moleküle an den Ort der Reaktion transportieren lassen, um ressourcenschonend auch an Orten Nanostrukturen zu schreiben, die mit anderen Verfahren nicht zugänglich sind. Ein Mitglied der Arbeitsgruppe, der Doktorand Thomas Wich, hatte den Anstoß zu dem disziplinübergreifenden Oldenburger Projekt gegeben.

Die beteiligten WissenschaftlerInnen halten es für möglich, dass die Forschungsergebnisse auf das Abscheiden vieler anderer Metalle übertragbar sind, was für die künftige Entwicklung der Mikroelektronikindustrie von Bedeutung wäre. Darüber hinaus ist es nach Auffassung der Oldenburger ForscherInnen denkbar, besonders „milde“ Abscheidebedingungen zu erzeugen, so dass auch Strukturen auf empfindlichen Materialien wie z.B. Kunststoffen hergestellt werden könnten.


Schutz für Kultur

Unter dem Titel „Inhibitors of biofilm damage on mineral materials”, kurz BIODAM, hat das Team Geomikrobiologie am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg in den vergangenen vier Jahren ein internationales Forschungsvorhaben koordiniert und durchgeführt, das von der EU zum Schutz von Kulturgütern vor Umweltverschmutzung mit 400.000 € gefördert wurde. Die Gesamtfördersumme betrug eine Million €.

Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
Zum Seitananfang scrollen Scroll to the top of the page