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Forschung


Deutsch-arabischer Dialog über die Rechte von Frauen

DAAD fördert Projekt zur Frauen- und Genderforschung / Von Lydia Potts*

Intensivierung des Dialogs: Islamische Frau im Jemen.
Foto: dpa

Frauen- und Genderforschung in der arabischen Welt, zumal auf der arabischen Halbinsel - das sprengt die im Westen gängigen Vorstellungen vom Geschlechterverhältnis in islamisch geprägten Gesellschaften. Welche Lebensperspektive, welche Entwicklungsmöglichkeiten hat denn ein junges Mädchen, wenn sie mit zwölf Jahren mit einem sehr viel älteren Mann verheiratet wird und mit vierzehn ihr erstes Kind bekommt? Welche Möglichkeiten haben Frauen, am politischen Leben teilzunehmen, wenn der Schleier sie bei allen öffentlichen Auftritten als Person, als Individuum unkenntlich macht? Welchen Handlungsspielraum haben Frauen, wenn sie Zeit ihres Lebens zumindest de jure unter der Vormundschaft des Vaters oder des Ehemanns, des Bruders oder des Sohns stehen? Und: Sind unter diesen Bedingungen Diskussionen und gemeinsame Forschungsprojekte mit westlichen Wissenschaftlerinnen über Frauenrechte in der Gesellschaft und die Wege zu ihrer Durchsetzung möglich, können sie produktiv sein? Gerade im Hinblick auf aktuelle Konfliktlagen scheint das schwer vorstellbar.

In der Tat hat sich jedoch die Frauen- und Geschlechterforschung in den letzten Jahrzehnten - und damit praktisch zeitgleich wie in Europa - in der arabischen Welt etabliert. Es sind an vielen Universitäten Zentren entstanden, die in Forschung und Lehre tätig sind, aber auch in die Gesellschaft hineinzuwirken versuchen. Das ist häufig mit Konflikten verbunden und führt immer wieder auch zu Krisen, aber: Es findet vielerorts statt und ist die Grundlage für einen Verbund zur Forschung, Curriculumentwicklung und Nachwuchsförderung, den die Universität Oldenburg koordinieren wird. Unter dem Dach-thema „Politik und Geschlecht“ wird zusammen gearbeitet mit universitären Zentren in Jemen und Marokko ebenso wie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in den beiden Ländern, die in dieser Hinsicht als führend in der arabischen Welt gelten.

Es wird dabei einerseits um Fragen der Staatsbürgerschaft von Frauen gehen: Welche Möglichkeiten zur politischen Partizipation und Repräsentation haben Frauen in Deutschland, in Marokko, im Jemen? Wie unterscheiden sich staatsbürgerliche Rechte entlang der Linien von Geschlecht und Klasse, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit? Was trennt, was verbindet? Welches Potenzial für Veränderung gibt es und welche Wege sehen WissenschaftlerInnen und AktivistInnen in ihren jeweiligen Ländern? Welche Formen der Unterstützung sind sinnvoll und gewünscht?

Als weiterer thematischer Schwerpunkt steht der Zusammenhang von Geschlecht und Gewalt im Mittelpunkt des Projekts. Was sind effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowohl im privaten wie öffentlichen Raum? Oder auch: Wie hängen die Konstruktionen von Maskulinität zusammen mit der Gewalt im Geschlechterverhältnis, und was kann dagegen getan werden?

Das auf drei Jahre konzipierte Projekt ist am Institut für Politikwissenschaft angesiedelt und wird im Rahmen des „Europäisch-Islamischen Kulturdialogs“ mit einem Gesamtvolumen von voraussichtlich ca. 270.000 € durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert. Kooperationspartner sind das Zentrum für Frauenforschung der Universität Fes in Marokko, das Zentrum für Geschlechterforschung und Entwicklung an der Universität Sana‘a sowie das Frauenforschungs- und Trainingszentrum der Universität Aden, beide im Jemen. Darüber hinaus ist eine Partnerschaft mit dem 1973 gegründeten Institut für Frauenstudien in der Arabischen Welt an der Libanesisch-Amerikanischen Universität Beirut geplant.

Aber zurück zu den eingangs aufgeworfenen Fragen: sie haben direkte Bezüge zu den Biografien der Projektpartnerinnen. Die Frau, die schon als Kind Mutter wurde, leitet heute professionell und engagiert eine Organisation, die für die Rechte von Frauen und Minderheiten im Jemen kämpft und politische Bildung in Dorfschulen etabliert - einer ihrer Söhne zählt dabei zu ihren Mitstreitern. Und im ganzen Land gibt es Frauen wie sie, die selbstbewusst ihr Gesicht zeigen, um am öffentlichen Leben teilzunehmen: sei es als Wissenschaftlerin in der Universität, als Politikerin bei Veranstaltungen und in den Medien oder als berufstätige Frau. Sicher, sie sind eine Minderheit - aber sie verschaffen sich Gehör und arbeiten an der Veränderung der herrschenden Verhältnisse, einschließlich der diskriminierenden Rechtslage - und sie sind lebhaft an internationaler Zusammenarbeit und interkulturellem Austausch interessiert.

Neben gemeinsamen Forschungsaktivitäten und Publikationen soll das Thema „Politics and Gender“ auch in die Curricula der BA-/MA-Studiengänge aller beteiligten Universitäten integriert werden. Diese Inhalte und Materialien werden zuvor in einer gemeinsam veranstalteten internationalen Summer School für Studierende erprobt.

Das Projekt reicht aber auch über den unmittelbar wissenschaftlichen Bereich hinaus: In allen beteiligten Ländern wird mit Frauenorganisationen aus den Bereichen der Menschenrechts- und Entwicklungspolitik zusammengearbeitet, was u.a. auch Praktika für die Studierenden ermöglicht. Mit zahlreichen Stipendien für Studierende und Doktorandinnen aus allen beteiligten Ländern, wird gezielt die transkulturelle fachliche Qualifikation arabischer und deutscher Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen sowie PädagogInnen gefördert.

politics.gender@uni-oldenburg.de

*Dr. Lydia Potts, Politikwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Migrationsforschung, leitet das DAAD-Projekt zum deutsch-arabischen Dialog.


Forschungsverbund Energie

Departement für Informatik und OFFIS beteiligt / 530.000 Euro Förderung

Energie-Systemtechnik, Energie-Speichertechnik und Energie-Management bei dezentral erzeugter elektrischer Energie: diese Bereiche stehen im Mittelpunkt des „Forschungsverbunds Energie Niedersachsen“ (FEN), der am 1. April 2006 gestartet ist, vom Wissenschaftsministerium des Landes mit 3,2 Mio. € gefördert wird und zunächst auf drei Jahre angelegt ist. Der Verbund unter der Federführung der TU Clausthal gliedert sich in elf Einzelprojekte (Elektrotechnik, Maschinenbau und Informatik) mit sieben Partnern. Aus Oldenburg sind das Informatikinstitut OFFIS mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Appelrath und das Department für Informatik der Universität mit Jun. Prof. Dr. Frank Slomka beteiligt. Auf die beiden Teilprojekte entfällt eine Förderung von 530.000 €.

Bei dem Forschungsverbund geht es vor allem darum, dezentral erzeugte elektrische Energie in bestehende elektrische Netze einzubinden und zu verteilen. „Es müssen neue Wege beschritten werden, um bei höherem, dezentralem Erzeugeranteil die Netzstabilität und Stromqualität auf heutigem Niveau zu halten. Hier hat insbesondere das Flächenland Niedersachsen mit relativ hohem Windenergieanteil und zunehmend dezentral erzeugtem Biogas- und Biomasse-Strom-anteil einen hohen Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Dem wollen wir mit dem Forschungsverbund Energie Niedersachsen Rechnung tragen“, so der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz Stratmann.

Niedersachsen verfügt über einen vergleichsweise hohen Anteil an regenerativen Energiequellen. Die entscheidenden Fragen der dezentralen Energiegewinnung und -verteilung sind aber: Wie kommt der Strom zum Verbraucher, ohne dass die Versorgungsnetze überlastet werden und der Strom ausfällt, ohne dass die Spannung zu stark schwankt und das Licht flackert? Wie lässt sich die Effizienz von Mini-Blockheizkraftwerken verbessern und wie können kleine Stromproduzenten technisch und wirtschaftlich effektiv mit den großen Energieversorgern zusammenarbeiten?

Im Teilprojekt „Simulationsmodell für die Verbundsteuerung von Anlagen im Niederspannungsnetz“ wird im OFFIS erforscht, wie in Zukunft viele kleine dezentrale Energieanlagen, z.B. Blockheizkraftwerke im Niederspannungsnetz, zu so genannten virtuellen Kraftwerken zusammengefasst werden können, die dann als kumulierte Einspeiser bzw. Verbraucher mit beeinflussbarem Verhalten im übergeordneten Netz auftreten. Im Teilprojekt „Entwurf, Simulation und Einsatz modularer Steuersysteme für das Energiemanagement auf Gebäudeebene“(Department für Informatik) wird ausgehend von einer zu entwickelnden modularen und skalierbaren Steuerrechnerplattform und bekannten Verfahren aus der Automatisierung des Entwurfs eingebetteter Hardware/Softwaresysteme eine neue Methodik für den Entwurf von Energiesteuerungen entwickelt.

Dr. Christoph Mayer, OFFIS. mayer@offis.de


Schnellmessungen und Mikroroboter

Universität Oldenburg auf der Hannover Messe 2006

Greifer unf Tisch im Rasterelektronenmikroshop (REM).

Die Messung von Gentoxizität im Schnellverfahren sowie Mikroroboter für die Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie - mit diesen beiden Projekten war die Universität Oldenburg im April 2006 auf der Hannover Messe vertreten. Vorgestellt wurden die Entwicklungen des Instituts für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) sowie des Departments für Informatik am Gemeinschaftsstand des Landes Niedersachsen.

Die Arbeitsgruppe Biochemie/Umwelttoxikologie am IBU unter Leitung von Prof. Dr. Irene Witte präsentierte ein Verfahren zur Erfassung krebserregender Substanzen, bei dem wesentlich mehr Proben in kürzerer Zeit als bislang bearbeitet werden können. Kernstück der Entwicklung ist eine so genannte Mikrotiterplatte mit spezieller Bodenbeschichtung und abnehmbaren Wänden, die eine gemeinsame Elektrophorese von 96 Proben ermöglicht. Das Verfahren ist zum Patent angemeldet. Es kann überall dort zum Einsatz kommen, wo hohe Probenzahlen anfallen. Hierzu zählen die Umweltüberwachung, die Entwicklung von Pharmaka, Kosmetika, Pestiziden und anderen Chemikalien. Geplant ist auch, die Durchführung von Gentoxizitätsmessungen als Dienstleistung anzubieten.

Die Abteilung für Mikrorobotik und Regelungstechnik (AMiR) unter der Leitung von Prof. Dr. Sergej Fatikow am Institut für komplexe integrierte Systeme und Mikrosensorik (KISUM) stellte Mikroroboter vor, die Objekte mit einer Genauigkeit im Nanometerbereich handhaben können. Seit es Roboter gibt, die mit einer Positioniergenauigkeit im Nanometerbereich agieren können und klein genug sind, um in der Vakuumkammer eines solchen Mikroskops untergebracht zu werden, ergeben sich für das Rasterelektronenmikroskop (REM) völlig neue Anwendungsmöglichkeiten, vor allem in der Mikroproduktion, Messtechnik, Materialforschung, Medizintechnik und Biotechnologie. Liegen Präzisionsanforderungen der Anwendung im Nanometerbereich, dann ist die Handhabung im REM oft der einzige Weg, um Bewegungen von wenigen Nanometern sichtbar und kontrollierbar zu machen, da die Lichtmikroskopie bei diesen Auflösungen an ihre natürlichen Grenzen stößt.

i www.uni-oldenburg.de/biochemie/4648.html und www.amir.uni-oldenburg.de


Ressourcen der Alten

UNESCO-Auszeichnung für "Senior Professor Service"

Das unter der Federführung der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) entwickelte Projekt „Senior Professor Service for Sustainability and Chemical Safety“ wurde vom deutschen UNESCO-Nationalkomitee als „offizielles Dekade-Projekt“ für die UN-Dekade „Bildung für die nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Beteiligt waren an dem Konzept neben den beiden Braunschweiger Initiatoren, Prof. Dr. Müfit Bahadir und Prof. Dr. Henning Hopf, die Chemiker Prof. Dr. Jürgen Metzger (Oldenburg) und Prof. Dr. Ulrich Schlottmann (Bonn).

Die Globalisierung führt dazu, dass immer neue Produktionsstätten der chemischen Industrie und verwandter Gebiete in den ärmeren Ländern entstehen. Die Schattenseite dieses wirtschaftlichen Aufschwungs sind oftmals hohe Risiken für die Umwelt. Das Projekt verfolgt das Ziel, in Entwicklungs- und Schwellenländern ein Graduiertenstudium auf Master-of-Science-Ebene zur umwelt- und nachhaltigkeitsorientierten Chemie-Ausbildung mit Hilfe von Senior-Professoren aufzubauen. Dabei werden die Prinzipien des umweltverträglichen Umgangs mit Chemikalien und des verantwortlichen Umgangs mit den begrenzten Ressourcen in die Ausbildung der StudentInnen eingeführt.

ProfessorInnen aus einschlägigen Gebieten der Umwelt und Nachhaltigkeit stellen sich nach Vorstellungen der Initiatoren des Projekts kurz vor oder nach ihrer Pensionierung als Lehrkräfte für eine „Deutsche Auslandsuniversität“ zur Verfügung, um an ausgewählten Standorten Kurse in „Nachhaltigkeit und Chemikaliensicherheit“ zu geben. Die Kurse werden zwischen einer deutschen Universität und einer Eliteuniversität des Gastlands in Form eines Dual-Degree-Abkommens modular aufgebaut.

Zurzeit werden Verhandlungen zum Abschluss eines Dual-Degree-Abkommens zwischen der TU Braunschweig und der Gadjah Mada University in Yogyakarta/Indonesien geführt. Eine Anschubförderung durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) ist beantragt und offensichtlich sehr aussichtsreich.

Metzger ist der festen Überzeugung, dass emeritierte Professoren auf diese Weise einer ausgesprochen wichtigen Aufgabe nachgehen können, für die sie freilich keine Honorare erhalten. Dabei solle nicht unterschätzt werden, welche Vorteile es für die Universitäten bringe, die hier initiativ würden. Sie könnten so u.a. viele sehr gute Studierende aus der Dritten Welt gewinnen. Die deutsche Partneruniversität für die Chemie sei nun die TU Braunschweig. Die Universität Oldenburg könne jedoch Partneruniversität für andere Fächer werden, wenn dieses Konzept der Chemie rechtzeitig und konsequent aufgegriffen werde.

Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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