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"Die Sensibilität ist unterschiedlich"

Interview mit der Datenschutzbeauftragten Britta Alexandra Mester

Kürzlich hat Britta Alexandra Mester, seit 2004 Datenschutzbeauftragte der Universität Oldenburg, ihren Tätigkeitsbericht vorgelegt. Die Juristin ist - neben dieser Aufgabe - Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Rechtsinformatik.

UNI-INFO: Frau Mester, wie sieht ein typisches datenschutzrechtliches Problem in Ihrem Arbeitsalltag an der Universität aus?

MESTER: Ich muss mich oft mit Befragungen und Evaluationen beschäftigen, die ja Bestandteil vieler wissenschaftlicher Arbeiten sind, übrigens auch von Studierenden. Es ist dann zu klären, wie und welche Fragen erlaubt sind und in welcher Form sie weiterverarbeitet werden dürfen, d.h. wie kann z.B. die in der Regel beabsichtigte anonyme Erhebung tatsächlich erreicht werden. In diesem Bereich werden häufig aus Unkenntnis Fehler gemacht.

UNI-INFO: Was sind dabei die Hauptprobleme?

MESTER: Jeder ist von Natur aus neugierig, und für wissenschaftliche Arbeiten wollen wir viele Informationen haben, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten. Wenn den Befragten gesagt wird, dass es sich um anonyme Befragungen handelt, dann wird oft sehr bereitwillig Auskunft erteilt. Mir fällt eine Arbeit ein, in deren Rahmen Dozentinnen und Dozenten an der Universität befragt wurden. Aus den Informationen, die dort abgefragt wurden - Alter, Geschlecht, Art des Beschäftigungsverhältnisses, Themen von Lehrveranstaltungen - ließ sich ganz schnell ermitteln, um wen es sich bei dem bzw. der Befragten gehandelt hat. D.h. die Befragung ist tatsächlich nicht anonym, und das bedeutet, dass ich die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensweisen einhalten muss. Ich muss den Befragten bzw. die Befragte darüber aufklären, was mit seinen Daten geschieht, ich muss mir möglicherweise eine Einwilligung geben lassen, und ich muss bestimmte Regeln bei der Verarbeitung der Daten einhalten. Die größten Probleme ergeben sich meistens aus der Verknüpfung von Informationen, aus denen indirekt Rückschlüsse auf die Befragten möglich sind.

UNI-INFO: Aber es gibt ja nicht nur Befragungen innerhalb der Universität ...

MESTER: Nein, die sind auch gar nicht immer das Problem. Viel schwieriger ist es oder kann es sein, wenn z.B. nach Familienverhältnissen oder nach Krankheiten gefragt wird, d.h. es werden möglicherweise medizinische Daten erhoben, und das ist natürlich ein besonders heikles Gebiet.

Persönlicher Besuch ist sinnvoll

UNI-INFO: Welche Fächer sind hauptsächlich betroffen?

MESTER: Das betrifft viele Fächer, wobei die Sensibilität für Datenschutz nach meiner Erfahrung bei den sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen noch am ausgeprägtesten ist, d.h. da kommen die Wissenschaftler und auch die Studierenden meistens vor den Befragungen mit ihren Fragebögen zu mir - was viel Arbeit und datenschutzrechtliche Unklarheiten ersparen kann.

UNI-INFO: Also man sollte zu Ihnen kommen, bevor man mit Interviews und Befragungen Forschung betreibt?

MESTER: Unbedingt! Dafür bin ich ja da. Oft lässt sich schon durch einfache Umstellung der Fragen sicherstellen, dass keine Identifizierung der befragten Personen mehr möglich ist.

UNI-INFO: Muss man Sie eigentlich bei solchen Befragungen einbeziehen?

MESTER: Nicht mich persönlich, aber natürlich muss jeder die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen beachten. Und daher ist es, wie gesagt, sinnvoll, mich persönlich aufzusuchen.

UNI-INFO: Ist denn jeder an der Universität von dem Thema betroffen, oder gilt das nur für bestimmte Berufe?

MESTER: Nein, jeder ist betroffen. Immer dann, wenn es sich um Informationen und Daten handelt, die Personen betreffen, kommt der Datenschutz ins Spiel. Wobei die Sensibilität für Datenschutz eben sehr unterschiedlich ist. Manche haben dafür ein Bewusstsein, und die kommen auch eher zu mir, während andere diesem Thema keine große Bedeutung beimessen ...

UNI-INFO: ... und sicherlich mitunter auch nicht einsehen mögen, dass mit dem Datenschutz auch ihre eigenen Belange geschützt werden sollen. Viele Menschen geben ja im privaten Bereich ihre Daten, wie z.B. ihre Adresse, ohne weiteres weiter, oft sogar ihr Geburtsdatum.

MESTER: Das stimmt. Manche sagen, ich möchte eben Informationen erhalten, und das geht nur, wenn andere meine Kontaktdaten haben. Diese Haltung ist für mich und meine Arbeit natürlich ebenfalls ein Problem.

UNI-INFO: Sie haben vorhin den wissenschaftlichen Bereich angesprochen. Inwiefern sind die Mitarbeiter in Technik und Verwaltung von dem Thema Datenschutz betroffen?

MESTER: Datenschutz spielt überall dort eine Rolle, wo Informations- und Kommunikationstechnologie eingesetzt wird.

UNI-INFO: Es betrifft also jeden, der einen PC benutzt?

MESTER: Ja. Dort können sehr leicht Persönlichkeitsprofile erstellt werden. Also wenn ich mit meinem Rechner arbeite, dann ist nachvollziehbar, wann ich was gemacht habe.

UNI-INFO: Aber wer will und kann das prüfen?

MESTER: Ich sage nicht, dass unbedingt versucht wird, diese Daten zu erhalten, also Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf die Weise zu kontrollieren und auszuspionieren, aber die Möglichkeit besteht eben, und deshalb ist es meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass diese Daten entweder gar nicht erhoben oder doch zumindest möglichst schnell gelöscht werden.

UNI-INFO: Wie steht es mit meinem persönlichen Passwort für meinen PC? Muss ich es meinen Kollegen und meinen Vorgesetzten zur Verfügung stellen, damit sie in meiner Abwesenheit ggfs. an meinem PC arbeiten können, etwa um E-Mails zu prüfen?

MESTER: Nein, wir haben eine Regelung an der Universität, dass Passwörter nicht an andere weitergegeben werden dürfen, auch nicht an Vorgesetzte. In Ihrer Abwesenheit können Sie eine Abwesenheitsnotiz schalten mit der Information, an wen sich die bzw. der Anfragende wenden kann. Das ist ganz einfach.

Internet: Privatnutzung in Grenzen erlaubt

UNI-INFO: Darf ich eigentlich private E-Mails schreiben?

MESTER: Hier an der Universität ist der private E-Mail-Verkehr nicht verboten, weil gerade im wissenschaftlichen Bereich die Grenze zwischen privatem und dienstlichem Gebrauch häufig nicht eindeutig zu ziehen ist.

UNI-INFO: Und die Privatnutzung des Internets?

MESTER: In unserer Internet- bzw. Intranet-Nutzungsordnung ist festgehalten, dass die Privatnutzung in geringfügigem und angemessenem Umfang erlaubt ist, soweit z.B. die dienstlichen Belange dadurch nicht gestört werden. An einem rein privaten Internetspiel darf ich in der Regel sicherlich nicht teilnehmen. Zumindest dann nicht, wenn ich dadurch meine Arbeit vernachlässige.

UNI-INFO: Dürfen denn die Vorgesetzten kontrollieren, was ihre Mitarbeiter so alles am PC „treiben“?

MESTER: Nein. Eine Kontrollmaßnahme ist nur bei einem konkreten Missbrauchsverdacht möglich. In diesem Fall müssten der Personalrat und die Datenschutzbeauftragte hinzugezogen werden. Die konkrete Ermittlung wäre dann eine Sache der zuständigen Ermittlungsbehörde.

UNI-INFO: Ihre Wünsche für die Zukunft?

MESTER: Die Zusammenarbeit mit Einzelpersonen klappt inzwischen sehr gut, aber ich würde mir eine intensivere Einbindung bei größeren Projekten, insbesondere die dafür erforderliche Zeit wünschen. Manchmal erfahre ich erst hinterher von Änderungen und Entwicklungen, bei denen datenschutzrechtliche Belange betroffen sind. Außerdem wünsche ich mir mehr Sensibilität beim Gebrauch elektronischer Medien, etwa wenn es um die heute übliche Abfrage von Noten geht.

UNI-INFO: Aber das ist doch auch sehr praktisch und zeitsparend ...

MESTER: Natürlich ist es schön, wenn man jetzt von zuhause aus sich online erkundigen kann, aber viele Studierende wählen - aus meiner Sicht - leider den so genannten einfachen Weg, nur wenige den etwas aufwändigeren sicheren Weg. Auch wenn das jeder selbst entscheiden muss - für den Datenschutz sollte man ruhig ein wenig Zeit übrig haben. Denn die Vorstellung, dass womöglich andere mein Passwort ermitteln, sich anschließend über meine Noten informieren und diese vielleicht sogar ins Netz stellen, ist vielleicht nicht immer erstrebenswert. Schon jetzt gibt es über einzelne Personen im Internet eine Vielzahl von diversen Informationen - z.B. bei Abfrage über Google-, die vom Betroffenen vielleicht nicht immer bewusst bzw. gewünscht der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.

Britta Alexandra Mester, Tel.: 798-4133, britta.mester@uni-oldenburg.de

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Presse & Kommunikation (Stand: 06.09.2024)  | 
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