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Kulturelles
- "Fußball
unser"
WM als Religionsersatz / Von Jürgen Heumann*
- Ein rumänisches Requiem
Zehn Jahre Violeta Dinescus Komponisten-Colloquium - "Unser Parzival"
- "Alte und Neue"
- Richtfest
"Fußball
unser"
WM als Religionsersatz / Von Jürgen Heumann*
Im
Ernst, irgend etwas Göttliches scheinen sie ja an sich zu haben, unsere Kicker
vor, während oder nach der WM: Sie werden inbrünstig verehrt und angebetet,
ihre Devotionalien (Trikots, Schuhe) genießen bei vielen Fans Heilsstatus
und sie scharen eine Gemeinde um und hinter sich, wie es die christlichen Kirchen
kaum noch vermögen.
Religionen
zeigen, wohin der Lebensweg gehen soll, zeigen letzten Sinn im Leben und Sterben,
binden nicht nur Menschen an solch letzten Sinn, sondern bieten ihnen auch Verschmelzung
mit solchem Sinn an. Wie sehr das auch auf den Fußballsport als Massenphänomen
und -event zutrifft, zeigt sich nicht nur an Gebetsposen von Spielern, der Zelebration
des Kelchs beim Sieg oder der Aufteilung des profanen Jahres in die Heilszeit
der Bundesligaphasen. Erhellend sind hier im besonderen die lautstark intonierten
Vereinshymnen. Sie sind mehr als viele Posen Indiz für eine zunehmende religiöse
Grundierung des Massenfußballs. So heißt es z. B. in der Borussia-Hymne:
Leuchte auf, mein Stern Borussia, zeig mir den Weg, wohin er uns auch führt;
sakral überhöht gesungen nach der Melodie von amazing grace.
Manche Tränen in den Augen der Fans zeigen während des kollektiven Gesangsrausches:
Das ganze Leben hat keinen Wert mehr, wenn Borussia jetzt unterliegt.
Das machtvolle Singen im Stadion demonstriert die Größe und heroische
Bedeutung des einzelnen Fans und seiner Gemeinde, denn im Text der Borussia-Hymne
ist gerade von diesem letzten Sinn die Rede, von der Aufgehobenheit des Einzelnen
in einer Gemeinschaft, die mehr ist als er selbst.
Sogar der Stern von
Bethlehem steht in dieser Hymne Pate: Seh ich auf den Stern, den jeder
kennt, dann sag ich mir, er ist auch ein Stück von dir. Auch
das ganz Andere der Religion leuchtet auf. Borussia erhebt sich in
der Hymne aus den Niederungen eines profanen Sportvereins zu glanzvoll-transzendenter
Höhe, Skandale hin oder her, in eine Sphäre der Unangreifbarkeit, der
Entrücktheit, aber doch auch des Trostes für den Fan, dem klar ist,
dass er mehr ist als vielleicht ein arbeitsloser Angestellter. Er hat nicht nur
Anteil am Pantheon der Götter; er wird im Falle des Sieges selbst zum strahlenden
Fußballgott: Leuchte auf mein Stern, ich werd immer bei dir
sein.
Ein neuer Text, der die Fanherzen höher schlagen lässt,
heißt Schalke Unser. Dieses Fan-Gebet teilt viel mit vom Gemeinde-
und Gemeinschaftsverständnis der Schalke-Anhänger. Das Spiel ist nicht
nur Spiel, wie es Medien und Funktionäre glauben machen wollen. Es ist Kampf,
und für den Sieg müssen nicht nur die himmlischen Schalkegötter
herbeigerufen und gnädig gestimmt werden, wenn es in gewollter Parallelisierung
zur Vater-Unser-Bitte heißt:so wie wir dir geben die Unterstützung.
Auch muss die Mannschaft als Gottheit verteidigt werden: Verteidigt werde
dein Name, dein Sieg komme, denn niemals vergib denen aus der Nähe
von Lüdenscheid, wie auch wir ihnen niemals vergeben werden.
Könnte
das selige Singen der Borussia- oder anderer vergleichbarer Vereinshymnen im Rausch
der Siegesfeiern vielleicht etwas verdecken? Deutschland ist ein reiches Land
und trotzdem zeigt sich Verelen-dung an vielen gesellschaftlichen Orten, Arbeitslosigkeit,
Gewalt in den Schulen. Einzig der Fußballsport macht Furore, zwar auch von
Skandalen erschüttert, aber die Weltmeisterschaft wird vieles, allzuvieles
gnädig zudecken und die Menschen bei Laune halten. Diese Situation,
wenn auch historisch überhaupt nicht vergleichbar, erinnert zutiefst an die
Charakterisierung von Religion, die Karl Marx im Hinblick auf die Jenseitsvertröstung
der christlichen Religion vor fast 160 Jahren formuliert, und die zu viel Ärger
geführt hat. In seiner Einleitung in die Kritik der Hegelschen
Rechtsphilosophie postuliert er: Die Religion ist das Opium des Volkes.
Aber, und diese Einsicht Marxens wird meist nicht mit zitiert, sie ist darin,
dass es sie gibt und dass die Menschen sie offenbar benötigen (wie sie offenbar
ebenso die Massenspiele des Sports benötigen) auch Ausdruck des wirklichen
Elends und darin, so Marx, Protestation gegen das wirkliche Elend.
Könnte
es sein, dass der Stern Borussia nicht nur Ausdruck einer Verschmelzung
des Fans mit seiner Fußballgemeinde und ihrem Gott ist, sondern darin auch
ein höchst ernst zu nehmender Protest aufscheint, ein Protest gegen die Ohnmacht
des Einzelnen, gegen Vereinsamung, Vereinzelung, Uniformierung und Existenznot
in der Medien- und Massengesellschaft? Insofern kann der Massenfußball bei
nicht wenigen Menschen wie eine Religion wirken. Aber ist er auch eine? Wohl kaum.
Religionen, zumindest denen der jüdisch-christlichen Tradition, geht es um
die Stiftung einer neuen Wirklichkeit, jenseits vom Pathos aus Kampf und Heldentum.
Es geht um das Einstehen für alle Anderen - nicht nur für die Mannschaft,
um die Schaffung einer gerechten, gottes- und menschenwürdigen Welt. Für
das Zeug zur Religion fehlt dem Massenfußball also der letzte Kick - auch
bei der WM.
* Prof. Dr. Jürgen Heumann ist Religionspädagoge
an der Universität Oldenburg.
Ein
rumänisches Requiem
Zehn Jahre Violeta Dinescus Komponisten-Colloquium
Seit
dem Sommersemester 1996 bietet das Institut für Musik der Universität
regelmäßig das Komponisten-Colloquium an. Zum zehnjährigen Jubiläum
ist Stefan Niculescu zu Gast. Pomenire - Ein rumänisches
Requiem, unter diesem Titel spricht der international renommierte Komponist,
Musikwissenschaftler und Kompositionslehrer am 30. Juni 2006 (18.00 Uhr, Kammermusiksaal,
A11) über sakrale Musik in seinem Schaffen. Danach interpretiert das rumänische
Ensemble Contraste eine Auswahl seiner Werke. Ein zweitägiger Workshop mit
Niculescu schließt sich an.
Initiiert wurde das Komponisten-Colloquium
von Prof. Violeta Dinescu unmittelbar nachdem sie 1996 als Hochschullehrerin für
Komposition an die Universität berufen wurde. Seither ist es ihr gelungen,
über hundert KomponistInnen nach Oldenburg einzuladen, die über ihre
Arbeit berichtet und ihre Werke vorgestellt haben. Die Veranstaltungen des Colloquiums
Musik unserer Zeit sind offen für alle Interessenten und ermöglichen
Begegnungen und Diskussionen zwischen Musikern, Komponisten, Studierenden und
musikalisch Interessierten. Dabei, so Dinescu, entstehen immer
wieder Dialoge, die authentische Perspektiven zu musikalischen Entstehungsprozessen
initiieren - eine Art Wechselspiel zwischen Produktion und Interpretation, zwischen
kreativem Denken und Reflexio.
"Unser
Pazival"
Ein Theaterprojekt mit viel Musik von Kindern und Jugendlichen
aus Quelkhorn (bei Ottersberg) hat eine ganze eigene Art gefunden, mit dem großen
klassischen Stoff Parzival umzugehen. Unser Parzival nannten sie ihr
Stück, das unter Regie von Peter Vollhardt (Institut für Musik) entstand
und am 10. Juni 2006, 20.00 Uhr, in der Aula der Universität aufgeführt
wird. Die Premiere im April in Ottersberg sorgte für Begeisterungsstürme.
Eintritt: 8 €, ermäßigt 4 €. Kartenvorbestellung unter Tel:
0441/798-4907 oder peter.vollhardt@uni-oldenburg.de
www.unserparzival.de
"Alte
und Neue"
"Die Alte und die Neue ist der Titel einer
Gemeinschaftsausstellung von Barbara Habermann und Natascha Kaßner, die
vom 7. bis 21. Juni 2006 in der Galerie Kegelbahn am Uhlhornsweg zu sehen ist.
Die beiden Künstlerinnen zeigen je vier Werkgruppen, die sich durch die Vielfalt
künstlerischer Mittel auszeichnen. Habermann war mehr als zwanzig Jahre als
Lehrbeauftragte im Kunstbereich tätig. Kaßner ist ihre Nachfolgerin.
Die Galerie Kegelbahn (hinter dem Unikum) ist von Montag bis Freitag, 12.00 bis
15.00 Uhr sowie nach Vereinbarung (Tel.: 0441/85716) geöffnet.
Richtfest
"Richtfest
nennt der Kabarettist An-dre Eberlei sein Programm, dass er am Donnerstag, 1.
Juni 2006, 20.00 Uhr, im Unikum präsentiert. In dem kabarettistischen Selbstverteidigungskurs
wird Eberlei verrückte Dinge so lange drehen, bis sie normal erscheinen.
Eintritt: 10 €, ermäßigt 7 €.