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Inhalt 1/2009

Das aktuelle Interview

"Es glänzt noch nicht alles, was wir getan haben"

Die Zahl der Studierenden der Universität ist auf unter 10.000 gesunken. Zwar hat es gegenüber dem Vorjahr einen leichten Anstieg der StudienanfängerInnen gegeben, aber insgesamt liegen die Einschreibungen deutlich unter denen vor 2004, als die Universität die Bachelor-Masterstudiengänge einführte. Dazu ein Interview mit der kommissarischen Präsidentin der Universität, Dr. Heide Ahrens (Foto), die auch eine Optimierung der gegenwärtigen Studiensituation für notwendig hält.

UNI-INFO: Frau Ahrens, Sie haben sich kürzlich besorgt über die Studierendenzahl der Universität Oldenburg geäußert. Sie liegt erstmals seit 18 Jahren wieder unter 10.000. Ist das nur ein schlechtes Zeichen?

AHRENS: Nein, nicht nur. Die niedrige Zahl ist auch Ausdruck dafür, dass die Studierenden schneller ans Ziel kommen wollen und weniger Semester benötigen, um ihr Examen zu machen. Wir haben nicht mehr so viele Langzeitstudierende. Ganz klar ist auch, dass wir durch die Bachelor-Master-Struktur weniger Studienplätze anbieten, um eine bessere Betreuung der Studierenden gewährleisten zu können. Das hat das Land so gewollt, und dagegen sollten wir uns auch nicht stemmen.

UNI-INFO: In etlichen Studiengängen werden aber selbst die vorhandenen Kapazitäten nicht genutzt.

AHRENS: Tatsächlich müssen wir feststellen, dass insbesondere im Masterbereich – wie an anderen Universitäten auch – noch viel zu wenige Studienplätze belegt sind, aber gleichzeitig Lehrkapazitäten vorgehalten werden. Das ist ein Problem, mit dem wir uns beschäftigen werden.

UNI-INFO: Die Universität bietet 43 Master-Studiengänge an. Ist das zu viel?

AHRENS: Das müssen wir genauer betrachten und darüber nachdenken, ob es nicht besser ist, weniger spezialisierte und damit auch größere Masterstudiengänge zu schaffen, innerhalb derer dann Schwerpunktsetzungen möglich wären. Damit würden wir mehr Lehrkapazitäten schaffen – auch für den Bachelorbereich – und damit insgesamt mehr Studienplätze anbieten.

UNI-INFO: Sie haben sich kürzlich bei einer Podiumsdiskussion kritisch über die derzeitige Studiensituation geäußert, obwohl die Universität Oldenburg zu den wenigen Hochschulen bundesweit gehört, die den Bologna-Prozess abgeschlossen haben und deren Studiengänge komplett akkreditiert wurden.

AHRENS: Das ist auch eine sehr große Leistung aller Beteiligten. Aber deshalb glänzt noch nicht alles, was wir auf diesem Gebiet getan haben. Um die Bologna-Ziele wirklich zu erreichen, werden wir meiner Meinung nach weitere Überlegungen anstellen und Entscheidungen treffen müssen, um Kinderkrankheiten dieses großen Reformprozesses zu beseitigen. Wir müssen zum Beispiel dafür sorgen, dass nationale und internationale Mobilität durch eine großzügige Anerkennung der Studienleistungen stärker gefördert wird und wir nicht Studierende abhalten, sich bei uns zu immatrikulieren.

UNI-INFO: Ein weiterer kritischer Punkt sind Ihrer Einschätzung nach die zu zahlreichen Prüfungsleistungen.

AHRENS: Die Erfahrungen mit der hohen Zahl der Prüfungsleistungen sollten uns eine Lehre sein. Das neue System hat die Zahl der Prüfungen auf das Achtfache, z.T. gar Zwölffache hochschnellen lassen – eine enorme Belastung für Studierende wie Lehrende, deren Sinn sich nicht jedem erschließt. Ich denke, dass es möglich sein sollte, die Zahl der Prüfungen pro Modul zu reduzieren oder nur eine Prüfung am Ende eines Moduls zu haben. Das sollte im Rahmen der Re-Akkreditierungen von den Fakultäten geprüft werden.

UNI-INFO: Wann glauben Sie, wird die Zahl in Oldenburg wieder deutlich über 10.000 stehen?

AHRENS: Wenn wir uns bemühen und uns im nächsten Jahr die Kapazitätserweiterung im Bachelor-Bereich gelingt, kann das sehr schnell gehen. Ich hoffe es wenigstens.

UNI-INFO: Stehen da nicht auch die Studienbeiträge im Weg? Alle Untersuchungen sagen, dass viele Abiturienten dadurch vom Studium abgehalten werden.

AHRENS: Wir können das nicht übersehen, und wir haben den besonderen Nachteil, unseren eigentlich besten Kooperationspartner vor der Tür zu haben: die Uni Bremen, die keine Beiträge erhebt. Aber das ist ein temporäres Problem. Ich bin davon überzeugt, dass sich Studienbeiträge langfristig auch in den anderen Bundesländern nicht verhindern lassen. Allerdings müssen wir Stipendiensysteme schaffen, die es jungen, begabten Menschen aus einkommensschwachen Familien ermöglichen, ihr Studium zu finanzieren. Und wir sollten eine Botschaft immer wieder betonen: Auch mit Studienbeiträgen ist das Studium ein Privileg, das sich in jeder Weise auszahlt – materiell und immateriell.

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