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Forschung
- Ein großer Glücksfall
Cembalo-Konzert von Marianne Martines wieder entdeckt - Einfluss des Deutschen auf das Niederländische
Niederländische Bibel digitalisiert im Internet - Mensch und Umwelt
Projekt zur Lebenswelt der Vormoderne
- Studie: Tango kann gesund machen
- Tiefe Einblicke in die Welt ...
Ein großer Glücksfall
Cembalo-Konzert von Marianne Martines wieder entdeckt
Es ist ein großer Glücksfall, wenn Kompositionen, die verloren schienen, von MusikwissenschaftlerInnen wieder gefunden werden. So gelang es Prof. Dr. Melanie Unseld, Hochschullehrerin für Kulturgeschichte der Musik an der Universität Oldenburg, kürzlich, ein verschollen geglaubtes Cembalo-Konzert der Wiener Komponistin Marianne Martines aufzuspüren und im Oktober dieses Jahres im Oldenburger Staatstheater zur Aufführung zu bringen.
Als Musikwissenschaftlerin, die über Musikerinnen der Wiener Klassik forscht, sei sie, so Unseld, immer auf der Suche nach Quellen: Noten, Texten, Briefen, Stammbüchern, Nachlässen, Bildern etc. „Einiges habe ich auf diesem Weg bereits aufgefunden und die Forschungsergebnisse 2005 in dem Buch ‚Frauen um Mozart’ publiziert. Durch dieses Buch ist ein privater Sammler auf mich aufmerksam geworden, der in den 1970er Jahren die autographe Partitur des Martines-Konzerts erworben hatte.“
Martines (1744-1812), die als Komponistin, Cembalistin und Sängerin ihre Zeitgenossen tief beeindruckte, heute aber fast vergessen ist, gehörte zu den Berühmtheiten Wiens, ihr Salon war eine der ersten Adressen für Kultur, Politik und Wissenschaft. Kaiserin Maria Theresia und ihr Sohn, der spätere Joseph II., holten sie oft an den Wiener Hof und ihr Zeitgenosse Wolfgang Amadeus Mozart liebte es, vierhändig auf dem Cembalo mit ihr zu spielen. Ihre umfassende musikalische Ausbildung hatte Martines durch Joseph Haydn erhalten. Als komponierendes „Wunderkind“ in Wien bestaunt, berichten zeitgenössische Musiklexika über die Fülle und „Gelehrtheit“ ihres kompositorischen Werks: Martines komponierte mit Vorliebe Vokalmusik, vor allem Kantaten, Motetten, Messen und Oratorien, aber auch eine Sinfonie, zahlreiche Klaviersonaten sowie Cembalo-Konzerte.
Mit letzteren hat es eine auffallende Bewandtnis: Während im 19. Jahrhundert noch auf zwölf Cembalo-Konzerte verwiesen wurde, findet sich in heutigen Musiklexika der Hinweis auf lediglich drei Konzerte, die sich im Archiv der „Gesellschaft der Musikfreunde in Wien“ befinden. Der Verbleib der anderen neun Konzerte war bislang ungewiss. Zumindest in einem Fall aber ist dieser Befund zu revidieren, nachdem nun eins der vermissten Konzerte wieder aufgetaucht ist.
Die Partitur dieses Konzerts in E-Dur ist in Reinschrift erhalten. Es ist die Schrift einer 22-jährigen Frau, die den anspruchsvollen Cembalo-Part offenbar für sich selbst komponiert hatte. Begleiten ließ sie sich von einem Kammermusikensemble, das passgenau auf den Aufführungsort zugeschnitten war: Martines spielte häufig am Hof oder in ihrem Salon, aber nicht auf großer Bühne.
Nach der Wiederentdeckung des Konzerts ist es nun an der Musikwissenschaft, Licht in das Dunkel zu bringen, das die Komposition umgibt. Unseld hat sich zusammen mit Studierenden des Instituts für Musik die Partitur genauer vorgenommen: Fragen der künstlerischen Entwicklung von Marianne Martines, nach dem Einfluss ihres Cembalo-Lehrers Haydn, nach den Aufführungszusammenhängen, nach der „Gelehrtheit“, die Martines immer wieder attestiert wurde, lassen sich mit dem Blick in die Noten genauer beantworten. Die Forschung über das neu entdeckte Konzert stehe erst am Anfang, werde aber den musikgeschichtlichen Blick auf die Komponistin der Wiener Klassik erweitern helfen, sagte Unseld.
Einfluss des Deutschen auf das Niederländische
Niederländische Bibel digitalisiert im Internet
Seit September ist sie digitalisiert im Internet abrufbar: Die 1562 in Emden erschienene niederländische Deux-Aes-Bibel. Ein Team von 60 Ehrenamtlichen hat den gesamten Text in eineinhalbjähriger Arbeit abgetippt, weil sich die alte Frakturschrift nicht von Texterkennungsgeräten erfassen ließ. Koordiniert wurde das Projekt von dem Oldenburger Niederlandisten Drs. Hans Beelen.
Zwischen 1562 und 1637 war die Deux-Aes-Bibel in den Niederlanden die meist benutzte Bibel. Sie verdankt ihren Namen der Randnotiz „deux aes en heeft niet“. Im Würfelspiel bedeuteten deux aes (zwei und eins) einen niedrigen Wurf. Die Bedeutung: arme Menschen besitzen nichts. Die Bibel erschien zu der Zeit, als Protestanten in den Niederlanden von der spanischen Herrschaft verfolgt wurden. Zahlreiche Calvinisten flüchteten nach Emden, das sich zu einem Zentrum der niederländischen Reformation entwickelte. Hier veröffentlichte der flämische Buchdrucker Gillis van der Erven die Deux-Aes-Bibel, die aus zwei Teilübersetzungen zusammengefügt wurde: dem Alten Testament in der Übersetzung von Godfried van Wingen und dem von Johannes Dyrkinus übersetzten Neuen Testament. Beide Gelehrten hatten hoch- und niederdeutsche Lutherbibeln zu Rate gezogen.
Für die Geschichte der niederländischen Sprache ist diese Bibel von großer Bedeutung. Mit einer Vielzahl Formulierungen wirkt die Sprache noch recht deutsch. Viele aus dem Deutschen stammende Wörter wurden in spätere Bibelübersetzungen übernommen und fanden so Eingang in die Umgangssprache. Mit der digitalen Edition im Internet lässt sich der Einfluss der deutschen auf die niederländische Sprache nun leichter und genauer erforschen. Die digitale Bibeledition ist das fünfte Projekt des „Bijbeldigitaliseringsprojects“, das von der Leidener Sprachwissenschaftlerin Dr. Nicoline van der Sijs geleitet wird. Bereits editiert sind die Delfter Bibel (1477), die Löwener Bibel (1584), die Statenbibel (1637) sowie die niederländische Lutherbibel (1648). Für die Entwicklung der niederländischen Nationalsprache, die Standardisierung der Schriftsprache und die Ausbildung der theologischen Begrifflichkeiten der frühen Neuzeit bieten diese und weitere geplante digitale Bibelausgaben eine ideale Forschungsgrundlage.
Die Deux-Aes-Bibel kann auf den Webseiten der Digitale Bibliotheek voor de Nederlandse Letteren, des Nederlands Bijbelgenootschap und des Instituut voor Nederlandse Lexicologie eingesehen werden.
www.bijbelsdigitaal.nl
Mensch und Umwelt
Projekt zur Lebenswelt der Vormoderne
Wie haben die Menschen im 18. und 19. Jahrhundert ihre Umwelt wahrgenommen? Wie sind sie mit den Ressourcen der Natur umgegangen? Seit wann spielen Nachhaltigkeit und Schutz der Umwelt eine Rolle? Um diese Fragen geht es im historischen Forschungsverbundprojekt, das vom Land Niedersachsen aus Geldern des Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung mit 540.000 €
gefördert wird und auf drei Jahre angelegt ist. Der Titel: „Mensch & Umwelt. Pilotprojekt zur Vernetzung von Forschung, museologischer Dokumentation und Didaktik.“ Beteiligt sind die Universitäten Oldenburg und Osnabrück sowie das Niedersächsische Freilichtmuseum – Museumsdorf Cloppenburg. Oldenburg ist durch den Geschichtsdidaktiker Prof. Dr. Dietmar von Reeken vertreten. Hier ist eines von drei Teilprojekten mit dem Schwerpunkt „Vermittlung von umweltgeschichtlichen Themen in der Schule“ angesiedelt. Mit dem Projekt wolle man, so von Reeken, den Stellenwert der Umweltgeschichte stärker in das Bewusstsein von LehrerInnen und SchülerInnen rücken und Unterrichtsmaterialien erstellen, erproben und evaluieren. Um dies zu erreichen arbeitet die Universität eng mit der Helene-Lange-Schule in Oldenburg und der Liebfrauen Schule in Cloppenburg zusammen.
Studie: Tango kann gesund machen
Tangotanzen macht nicht nur glücklich, sondern kann sich auch positiv auf menschliche Beziehungen auswirken. Den Nachweis dafür erbringt der Oldenburger Musikwissenschaftler Prof. Dr. Gunter Kreutz in einer Studie, die vor wenigen Wochen in der Fachzeitschrift „Music and Medicine“ veröffentlicht wurde. Im Körper der Tanzenden nimmt das mit Stress assoziierte Hormon Cortisol ab, und die Körper beider Partner beginnen vermehrt das Sexualhormon Testosteron auszuschütten.
Kreutz kam zu der Erkenntnis, dass Tango durch die aktive Partizipation an der Musik und die enge körperliche Nähe zum Tanzpartner sowohl gesundheitliche als auch emotionale Veränderungen bei den Tanzenden hervorrufen kann. Die körperliche Nähe und die rhythmischen Bewegungen führen zu einem verstärkten Ausstoß von Testosteron, während gleichzeitig das Stresshormon Cortisol hauptsächlich durch das Erleben der Musik reduziert wird. Die Studie gibt der wachsenden Gruppe von Paartherapeuten recht, die Tangotanzen in ihrer Praxis nutzen, um verfahrene Beziehungssituationen zu normalisieren. Kreutz untersuchte die emotionale und gesundheitliche Auswirkung des Tangotanzens bereits während seiner Zeit als Research Fellow am Royal Northern College of Music in Manchester, England. Nach seiner Berufung auf die Professur für Systematische Musikwissenschaft in Oldenburg im Jahr 2008 setzte er die Studien fort. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Musikkognition und -emotion, Psychologie der Musik, Performanceforschung sowie Musik und Gesundheit.
Tiefe Einblicke in die Welt ...
… der Übermorgenstadt Oldenburg und den Messpfahlnachbau des ICBM bekam Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff bei seinem Besuch am 19. Oktober. Er nutzte die Zeit, um sich über verschiedene Projekte der Stadt der Wissenschaft zu informieren. Dazu gehörten auch die Wissenschaftsbox „Energie für Übermorgen“ auf dem Schlossplatz und die Installation „Lebensadern der Übermorgenstadt“ auf dem Julius-Mosen-Platz. Wulff sieht in der Auszeichnung ein „Riesenpotenzial“ und betonte in seiner Begrüßungsrede, dass Oldenburg auch in Zukunft eine „Stadt der Wissenschaft“ sei.