Wichtiges Ergebnis für künftige Abschätzung der Rolle im Klimawandel
Oldenburg. Die Ozeane enthalten große Mengen an Kohlenstoff aus dem Abbau von Lebewesen und ihren Ausscheidungen. Wie die Kohlenstoffverbindungen aufgebaut sind und welche Rolle sie im Klimawandel spielen könnten, ist bislang weitgehend unbekannt. Die Meereschemiker Dr. Maren Zark und Prof. Dr. Thorsten Dittmar an der Universität Oldenburg sind mit ihren jetzt im Forschungsjournal Nature Communications veröffentlichten Ergebnissen einen wichtigen Schritt vorangekommen: Ein weit verbreiteter Teil der Stoffe ist möglicherweise identisch aufgebaut, unabhängig von seinem Ursprung an Land, in einem See, in Flüssen oder den Ozeanen.
Die Ausscheidungen lebender Organismen sowie die Überreste abgestorbenen Lebens werden üblicherweise abgebaut. Das geschieht unter mikrobiellem Einfluss und durch physikalisch-chemische Vorgänge – außerhalb der Meere ebenso wie in ihnen. Viele der Abbauprodukte an Land gelangen letztlich ebenfalls in die Ozeane. Regen zum Beispiel wäscht sie in Flüsse, die sie dann ins Meer transportieren. „Die Wissenschaft spricht von DOM, dissolved organic matter, gelösten organischen Stoffen“, sagt Prof. Dr. Thorsten Dittmar, Meereschemiker und Leiter der Max-Planck-Brückengruppe Marine Geochemie am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), und er ergänzt: „In den Ozeanen sammeln sich gewaltige Mengen davon an. Nimmt man alle Lebewesen der Erde zusammen, so entspricht die in ihnen gebundene Kohlenstoffmenge in etwa der, die wir noch einmal als DOM im Meer finden.“ Diese Verbindungen haben sich über Jahrtausende im Meer angereichert und werden nur ganz langsam abgebaut. Vor dem Hintergrund des aktuellen Klimawandels ist es besonders wichtig zu verstehen, was geschähe, wenn Teile dieses Kohlenstoffspeichers durch steigende Temperaturen künftig schneller umgesetzt würden. Um ein solches Szenario besser abzuschätzen, ist für die Wissenschaftler der räumliche Aufbau der Verbindungen so wichtig. „Was wir von vielen DOM-Verbindungen kennen, ist bislang lediglich ihre Summenformel,“ so Dittmar.
Dazu ein Beispiel: Traubenzucker, ein in der Biologie wichtiges Molekül, besteht aus sechs Kohlenstoff-, zwölf Wasserstoff - und sechs Sauerstoffatomen. Ergibt die Untersuchung einer unbekannten Probe C6H12O6 als Summenformel, ist das allerdings nicht zwangsläufig Glukose, wie Traubenzucker in der Wissenschaft heißt. Tatsächlich findet man inzwischen allein etwa 140 käuflich zu erwerbende Verbindungen mit dieser Summenformel, in denen die Atome aber ganz unterschiedlich miteinander verknüpft sein können. „Ähnlich verhält es sich mit den DOM-Substanzen. Und eine genaue Strukturaufklärung ist angesichts der Vielzahl sehr aufwändig,“ sagt Dittmar.
In ihrer Untersuchung nahmen die Forscher Proben aus der Nordsee, der nordatlantischen und antarktischen Tiefsee, dem Einzugsgebiet der Straße von Gibraltar im Atlantik sowie dem Zwischenahner Meer als Binnensee. In ihnen fanden sie durch Kombination eines ultra-hochauflösenden Massenspektrometrieverfahrens mit neuartigen statistischen Methoden insgesamt fast 6.200 verschiedene Summenformeln, wovon mehr als 2.500 in allen Proben verbreitet waren. Die Verbindungen sechs nahe beieinanderliegender Molekulargewichte schauten sich die Wissenschaftler eingehender an und kamen zu einem unerwarteten Resultat. „Unsere aktuellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass in Seen, Flüssen und Ozeanen ein global verbreiteter Grundbestand baugleicher Verbindungen vorhanden ist,“ so Dittmar. Gelänge es demnach, die räumliche Struktur der DOM-Bestandteile zum Beispiel für die Nordsee weiter aufzuklären, lieferte dies einen Schlüssel, die Strukturen der verbreiteten DOM-Verbindungen in Gewässern weltweit zu ermitteln und ihre Rolle bei klimabedingten Temperaturveränderungen abzuschätzen.
Zark, M. und Dittmar, Th. (2018). Universal molecular structures in natural dissolved organic matter. NATURE COMMUNICATIONS. doi: 10.1038/s41467-018-05665-9 Zum Originalartikel