Pressemeldung der OLB
Außergewöhnlich kluge, innovative, neugierige und sympathische Köpfe
Alle drei Preise für Doktorarbeiten gehen an Absolventen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Die OLB-Stiftung hat den mit 22 000 Euro dotierten Wissenschaftspreis verliehen und will damit auf die Bedeutung von Wissenschaftsförderung aufmerksam machen. Alle drei Preise für Doktorarbeiten gehen an Absolventen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Insgesamt wurden sechs Absolventinnen und Absolventen von Universitäten und Hochschulen im Nordwesten ausgezeichnet. Drei Preisträger mit Masterarbeiten kommen von der Universität Osnabrück, der Universität Vechta und der Hochschule Osnabrück.
Die Ausgezeichneten der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sind Dr. Isabel Goßmann aus dem dänischen Aalborg (erster Preis, 5.000 Euro), Dr. Anna Schumacher aus Oldenburg (zweiter Preis, 3.500 Euro) sowie Dr. Jonathan Gößwein aus Bad Zwischenahn (dritter Preis, 2.500 Euro).
Die Themenvielfalt war beim OLB-Wissenschaftspreis sehr groß und die Verleihung der Preise daher eine spannende Reise durch verschiedene Felder der Wissenschaft – mit einer Gemeinsamkeit, wie es vom Vorstand der OLB-Stiftung hieß: „Hinter all dem stecken außergewöhnlich kluge, innovative, neugierige und sympathische Köpfe.“
So geht es in den ausgezeichneten Arbeiten um den Mikroplastikkreislauf im Gewässer (Dr. Isabel Goßmann), die Erklärbarkeit juristischer KI-Entscheidungen (Niklas Kruse), die körperliche Entlastung für Pflegekräfte durch kollaborative Robotik (Dr. Anna Schumacher), Wege zu einem kollektiven Handeln gegen den Klimawandel (Sophie de Lede), Anpassung von Hörgeräten (Dr. Jonathan Gößwein) sowie Herders Poesiekonzept: Linguistische Untersuchung (Patrizia Bahrsch).
Die OLB-Stiftung verleiht den OLB-Wissenschaftspreis seit dem Jahr 2000 nun zum dreizehnten Mal. Insgesamt sind bereits Preisgelder von rund 300.000 Euro an mehr als 80 Preisträger vergeben worden. Die Förderung von Wissenschaft steht ganz oben auf der Agenda der OLB-Stiftung. Damit leistet die Stiftung ihren Beitrag, um Fortschritte bei Erkenntnissen und wichtigen Innovationen für die gesamte Gesellschaft voranzutreiben.
Teilnehmen konnten an der aktuellen Auslobung Absolventen aller Fachbereiche der staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen im Nordwesten, die seit dem 17. Dezember 2022 eine Doktorarbeit oder eine Studienabschlussarbeit (Magister-, Diplom-, Staatsexamens-, Bachelor- oder Masterarbeit) vorgelegt haben und deren Prüfungsverfahren abgeschlossen ist.
Zur Beurteilung der Arbeiten wurden je nach Fachbereich mehrere Kriterien herangezogen wie Innovationsgrad, Theorie/Grundlagenforschung, Praxisrelevanz, Nutzen für Umwelt und Gesellschaft, Wirtschaftlichkeit, Form der Darstellung und Themenbezug. Bewertet wurde nicht nur das fachwissenschaftliche Niveau der Arbeit, sondern auch die gesellschaftliche Bedeutung, der Mut bei der Wahl des Ansatzes und die Fähigkeit, Themen besonderer Art zu entwickeln und überzeugend darzustellen.
Die Mitglieder der unabhängigen Jury: Prof. Dr. Bernadette Malinowski (Neuere Deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft der Technischen Universität Chemnitz), Prof. Dr. Günther Meschke (Lehrstuhl für Statik und Dynamik der Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Axel Meyer (Lehrstuhl für Zoologie/Evolutionsbiologie der Universität Konstanz), Prof. Dr. Anne Paschke (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Technikrecht und das Recht der Digitalisierung an der Technischen Universität Braunschweig), Univ.-Prof. Dr. Dres. h.c. Michael Quante (Philosophisches Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) und Prof. em. Dr. Joachim Treusch (Vorsitzender der Jury, Präsident a. D. der Constructor University Bremen).
Die Themen der Oldenburger Preisträger:
Dr. Isabel Goßmann
In der Arbeit von Dr. Isabel Goßmann um den Mikroplastikkreislauf im Gewässer: Mikroplastik ist ein weit verbreiteter Schadstoff aus winzigen Kunststoffteilchen, -fragmenten und -fasern unter einem Millimeter, der aus Quellen wie Straßenverkehr, Kleidung oder Verpackungen stammt und in Böden, Gewässern und der Luft vorkommt.
Ein Schwerpunkt der Dissertation war die Entwicklung einer Methode zur Messung von Reifenabrieb, mit der erstmals auch zwischen Pkw- und Lkw-Reifenabrieb in der Umwelt unterschieden werden konnte. Erste Anwendungen dieser Analysen zeigten, dass Oldenburger Straßenstaub stark mit Reifenabrieb belastet ist, insbesondere von Pkw-Reifen.
Da Mikroplastik auch über die Luft verbreitet wird, wurden Spinnennetze in Oldenburg als einfache Indikatoren eingesetzt; einzelne Netze wiesen dabei Mikroplastik-Konzentrationen auf, die bis zu zehn Prozent des Gesamtgewichts der Spinnwebe ausmachten, wobei insbesondere Reifenabriebpartikel und synthetische Fasern häufig nachgewiesen wurden.
Eine Expedition in die Arktis zeigte zudem, dass Mikroplastik selbst dort in der Atmosphäre vorkommt und teilweise aus dem Meer wieder in die Luft gelangt, was bedeutet, dass der Ozean keinesfalls eine endgültige Senke für Mikroplastik ist, sondern auch eine Quelle.
Zur Untersuchung der vertikalen Verteilung von Mikroplastik wurden gleichzeitig Luft und verschiedene Wasserschichten beprobt. Dabei zeigte sich, dass Reifenabrieb sich besonders im Oberflächenfilm des Meeres anreichert, während andere Kunststoffe aus Schiffslack eher in tieferen Schichten vorkommen. Synthetische Fasern – meist aus Textilien – wurden sowohl in der Luft als auch im Wasser nachgewiesen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Kunststoffe nicht nur an Land, sondern auch in der Luft und im Meer zirkulieren. Zudem wurde deutlich, dass Mikroplastik eine äußerst vielfältige Schadstoffgruppe darstellt, die sich je nach Typ sehr unterschiedlich in der Umwelt verhält. Die Dissertation liefert wichtige Grundlagen, um Mikroplastikströme besser zu verstehen und gezielte Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung zu entwickeln.
Dr. Anna Schumacher
Dr. Anna Schumacher befasst sich in ihrer Dissertation mit der körperlichen Entlastung für Pflegekräfte durch kollaborative Robotik: Pflegefachpersonen sind täglich hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt - insbesondere bei wiederkehrenden Tätigkeiten wie dem Umlagern von Patienten. Diese Belastungen führen häufig zu Muskel-Skelett-Erkrankungen, Arbeitsunfähigkeit und einem vorzeitigen Berufsausstieg - ein Risiko, das angesichts des Fachkräftemangels gravierend ist.
Im Rahmen der Arbeit wurde weltweit erstmalig das Potential kollaborativer Robotik zur körperlichen Entlastung von Pflegefachpersonen experimentell quantifiziert. Durch den Einsatz eines Robotersystems konnte der maximale Kraftaufwand im Pflegeprozess um bis zu 51 Prozent reduziert werden. Stark asymmetrische Haltungen und Bewegungen während der Umlagerung korrespondierten mit ausgeprägten Maxima in den Muskelaktivitätsdaten der unteren Gliedmaßen und der Wirbelsäule und wurden um bis zu 87 Prozent reduziert. Dies führte zu einer signifikanten Reduktion der durchschnittlichen Muskelaktivität an der Wirbelsäule um bis zu 55 Prozent.
Die Arbeit zeigt die Machbarkeit der robotergestützten Umlagerung von Patienten und legt den Grundstein für zukünftige Forschungsarbeiten sowie den Transfer von interdisziplinärem Forschungswissen in die Praxis.
Dr. Jonathan Gößwein
Im Zentrum der Dissertation von Dr. Jonathan Gößwein aus Bad Zwischenahn steht die Anpassung von Hörgeräten: Er hat eine Methode entwickelt, die es Menschen ermöglicht, ihre Hörgeräte selbstständig und intuitiv an ihre individuellen Klangpräferenzen anzupassen. Etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung leidet an Hörminderung, aber viele nutzen ihre Hörgeräte nicht regelmäßig aufgrund schlechter Klangqualität. Traditionell wird die Feineinstellung von Hörgeräten durch Akustiker vorgenommen, was oft viele Sitzungen erfordert und von den Rückmeldungen der Nutzer abhängt, die ihre Klangpräferenzen nicht immer gut beschreiben können.
Die Methode von Dr. Jonathan Gößwein vereinfacht diesen Prozess durch eine benutzerfreundliche Schnittstelle auf Tablets oder Smartphones, die eine intuitive Anpassung der Geräte ermöglicht. Die Forschung wurde in Zusammenarbeit mit führenden Industriepartnern durchgeführt und zeigt, dass diese Selbstanpassungstechnik die Akzeptanz von Hörgeräten verbessern kann, indem sie die Anzahl und Dauer der Anpassungssitzungen reduziert. Zusätzlich wurde ein diagnostischer Test entwickelt, der die Vorlieben der Nutzer in Bezug auf die Störgeräuschunterdrückung erfasst und ihre Höranstrengung misst. Langfristig könnte diese Technologie dazu beitragen, dass mehr Menschen mit Hörproblemen Zugang zu besser abgestimmten Hörgeräten erhalten, was ihre Lebensqualität erheblich steigert. Die Ergebnisse wurden in mehreren wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht und praktisch in der klinischen Forschung angewendet.